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TUI Cruises investiert 55 Mio. € in das zweite »Wohlfühlschiff«. Neben umfangreichen Arbeiten am Interieur wurde die Verdrängungsfläche vergrößert, damit das Kreuzfahrtschiff mehr Auftrieb hat

Christian Eckardt

Die rund 55 Mio. € teuren Umbauarbeiten an dem neuen TUI-Cruises-Kreuzfahrtschiff »Mein Schiff 2« (ehemals »Celebrity[ds_preview] Mercury«) bei der Lloyd Werft in Bremerhaven, wo das Schiff Mitte März eintraf, sind voll im Zeitplan beendet worden.

Ende Februar hatte TUI Cruises das Schiff von Celebrity Cruises in Baltimore / USA übernommen und unter der Leitung von Kapitän Kjell Holm auf dem direkten Weg an die Unterweser geschickt, um das 1997 auf der Papenburger Meyer Werft als »Mercury« erbaute Schiff auf die Bedürfnisse für den deutschsprachigen Gast anzupassen. Bereits während der Überführungsfahrt quer über den Atlantik wurden von den rund 200 Crewmitgliedern, 80 Mitarbeitern der Lloyd Werft und diversen Zulieferbetrieben erste Vorbereitungsarbeiten für den geplanten Umbau durchgeführt. Die Zeit war auch bei diesem Umbau wieder knapp bemessen, denn für den 14. Mai war die Taufe für das zweite »Wohlfühlschiff« von TUI Cruises, einem Joint Venture der TUI AG und RCCL in Hamburg, durch die mehrfache Olympiasiegerin im Fechten, Anja Fichtel, terminiert worden. Nach der Ablieferung von der Werft unternahm der Kreuzfahrer noch einige Vorstellungs- bzw. Charterfahrten von der Elbmetropole in die Nordsee. Unter anderem lief das Schiff voll ausgebucht mit über 2.000 Gästen für die Beiersdorf AG (Anlass war 100 Jahre Nivea) mit dem Popstar Rihanna aus; auch der Telefonanbieter Vodafone lud Geschäftspartner für eine Reise auf das Schiff ein. Diese Gästefahrten nutze TUI Cruises gerne, um die Besatzung mit den Arbeitsabläufen an Bord des neuen Schiffes noch vertrauter zu machen, sagte Richard J. Vogel, CEO von TUI Cruises.

Für diesen Umbauauftrag hatten sich wieder mehrere nationale und internationale Werften beworben. Bereits im Januar 2010 gab es von TUI Cruises intensive Überlegungen für den Umbau der »Mercury« zu »Mein Schiff 2«, so dass im Frühjahr 2010 die Spezifikationen an die an der Ausschreibung beteiligten Werften ausgegeben werden konnten. Die Entscheidung von TUI Cruises fiel dann nach einem halben Jahr erneut, wie schon bei dem Umbau der »Galaxy« zu »Mein Schiff 1« auf die Lloyd Werft, die in den vergangenen 20 Jahren immer wieder umfangreiche Umbauten bewältigte.

Bis zu 2000 Handwerker an Bord

Die Gesamtkosten für den Umbau belaufen sich nach Angaben von Vogel auf rund 55 Mio. €, wobei rund die Hälfte der Kosten für Stahl- und Technikarbeiten im Schiff investiert wurden. Die Arbeiten wurden vor Ort gemeinsam mit einer Vielzahl von Partnerfirmen ausgeführt und beanspruchten dabei die gesamte Werftinfrastruktur im Bremerhavener Überseehafen. Bis zu 2.000 Handwerker aus ganz Europa arbeiteten zeitweise gleichzeitig im Schichtbetrieb am Umbau der »Mein Schiff 2«, wobei auch ein Großteil der aus 720 Personen bestehenden Crew dauerhaft die Arbeiten unterstützte. So wurden Teile der Crew für Reinigungsarbeiten oder auch Brandwachen während der Schweißarbeiten auf der Werft eingeteilt.

Unter der Projektleitung des Schiffbauingenieurs Sven May von der Lloyd Werft wurden alle Arbeitsschritte für den Arbeitsablauf genau festgelegt, wobei viele Erfahrungen aus dem Umbau der »Mein Schiff 1« bei den Werftarbeitern noch vorlagen, so dass diese Umbauarbeiten routiniert abliefen. »Wir arbeiten in zwei Schichten«, sagte Sven May. Zeit und Koordination seien eine große Herausforderung.

Schon kurze Zeit nach Ankunft der »Celebrity Mercury« Mitte März im Trockendock II der Werft machten sich die ersten Schiffbauer an die Arbeit und brannten für die Verstrebungen der neuen Balkone Löcher in die Außenhaut. Andere Arbeiter und Subunternehmer waren beauftragt worden, zwischen Deck 8 und 10 nicht nur 200 neue, knapp 4 m2 große Balkone an die Kabinen zu beiden Seiten anzubauen, sondern auch noch 202 bereits bestehende Balkone zu verlängern und in Veranden umzuwandeln.

Gewichtausgleich am Heck

Nach Abschluss der Werftarbeiten verfügt das Schiff nun über insgesamt 956 Kabinen – davon 652 Außenkabinen, 427 mit Balkon oder Veranda. Durch den Anbau der zusätzlichen Balkone vergrößert sich auch das Gewicht des Schiffes. Daher musste ein Gewichtausgleich am Heck geschaffen werden. Ein ca. 220 t schwerer, so genannter »Ducktail« oder auch »Entenbürzel« wurde von der Bremer Stahlbaufirma BVT vorgefertigt und am Schiff angebracht. Dieser vergrößert die Verdrängungsfläche der »Mein Schiff 2« und schafft mehr Auftrieb. Teilweise mussten auch auf den vorderen Außenkabinen auf Deck 5 und 6 aufgrund neuester Sicherheitsbestimmungen andere Außenscheiben eingesetzt werden. Damit die Schiffsführung auch zukünftig vom Arbeitsplatz auf Deck 10 bei den Anlegemanövern an den neu angesetzten Balkonen vorbeischauen kann, musste zu beiden Seiten die Brückennock um rund 2 m verbreitert werden.

Für die neue Außenoptik des Schiffes waren rund 30.000 l Farbe sowie 2.000 m2 Spezialfolie für die Buchstaben nötig, die auch hier wieder von der Hamburger Firma Orca Maritime auf dem dunkelblauen Schiffsrumpf angebracht wurden. Rund 40.000 m2 frisch verlegter Teppichboden, mehr als 5.000 neue Möbelstücke und tausende neue deutschsprachige Tür- und Hinweisschilder sowie ein komplett umgebauter Spa-Bereich und zahlreiche neu erbaute oder umgestaltete Restaurants und Bistros verwandelten die ehemalige »Mercury« in das neue »Wohlfühlschiff« von TUI Cruises.

Die gesamte Klima- und Lüftungstechnik wurde im Schiff während der Werftzeit überholt, weiterhin fanden im Trockendock II der Lloyd Werft Wartungs- und Reparaturarbeiten an der Antriebs- und Wellenanlage sowie den Bugstrahlrudern des Schiffes statt. Abschließend wurde auf dem Unterwasserschiff ein neuer hellblauer Silikonanstrich aufgetragen, der unter anderem dazu beitragen soll, durch den verminderten Algenbewuchs am Unterwasserschiff Treibstoff zu sparen. Weiterhin verschwand am Schornstein das bisherige Reedereilogo von Celebrity Cruises, das große weiße »X«. Es wurde durch ein rund 4 t schweres, rotes TUI-Logo zu beiden Seiten ausgetauscht.

Highlight »Blaue Welt Bar«

Auch im Innern des Schiffes wurde in allen Kabinen und Räumen von den Mitarbeitern der Lloyd Werft sowie der vielen Partnerfirmen Hand angelegt. Zu den Arbeiten gehörte der Einbau eines neuen, rund 1.700 m2 großen Spa- und Fitness-Bereiches, wobei der Fitness-Bereich im Vergleich zur »Mein Schiff 1« ein Deck höher auf Deck 12 gezogen ist. Dieser Bereich konnte dadurch um rund 150 m2 vergrößert werden. Weiterhin erhielt der Spa- und Saunabereich durch die Verlegung der Fitnesszone direkt oberhalb der Brücke einen eigenen offenen Liege- und Erholungsbereich.

Die bestehenden Restaurants und Bars auf dem Schiff wurden teilweise umgebaut und auch neu errichtet. Insgesamt umfasst diese Fläche mehr als 4.700 m2. Etliche Restaurants, Bistros und Bars wie beispielsweise das Steakhouse »Surf & Turf« oder die »Blaue Welt Bar« wurden komplett neu gebaut. Letztere ist sicherlich eines der innenarchitektonischen Highlights auf dem Schiff. Sie erstreckt sich über drei Decks. Hier finden die Gäste unter anderem auch die Sushi-Bar. Viele Barbereiche wurden aufgrund des erfolgreichen, im Herbst 2010 auf der »Mein Schiff 1« eingeführten All-Inclusive-Konzepts umgestaltet. Dazu gehört auch das Menürestaurant »Atlantik« und das Buffetrestaurant »Anckelmannsplatz«.

Ganz wichtig war bei den Umbauarbeiten, dass bestehende Deko-Elemente wie beispielsweise die Wandpaneele aus Echtholzkirsche, abgesetzt mit gebürsteten Stahlplatten, in den öffentlichen Räumen und Restaurant erhalten bleiben. Neu eingebaut wurden aber beispielsweise die Sushi-Bar und die helle »TUI Bar«, die nun inmitten des Schiffs im Bereich des Atriums auf Deck 7 platziert wurde. Im Außenbereich entstanden die »Außenalster-Bar« ebenso unter freiem Himmel wie die »Überschau-Bar«. Im Bereich des weitläufigen Sonnendecks wurde mit neuen Sonnen- und Relaxliegen, einer Teakausstattung sowie einem neuen Fußbodenbelag ebenfalls ein ganz neues Aussehen vor allem im Bereich des Pooldecks geschaffen.

Anders als auf der »Mein Schiff 1« entfallen auf der neuen Schwester beispielsweise der FKK-Bereich auf Deck 13 und das Casino auf Deck 7, dafür ist dort die »Schau Bar« eingebaut worden, die Live-Musik und ein vielfältiges Angebot an Cocktails und Platz zum Tanzen bietet. Weiterhin gibt es nun eine eigene Teenslounge mit dem Namen »Sturmfrei« auf Deck 12. Dort haben junge Gäste die Möglichkeit, sich einmal ganz ohne Eltern zu amüsieren. Der Bereich ist unter anderem mit der neuesten Generation von »Xbox Kinect«-Spielkonsolen ausgestattet, so dass mehrere Akteure zeitgleich an bewegungsgesteuerten Sportsimulationen teilhaben können.

Ina Müller gestaltet Themensuite

Die Kabinen wurden durch neue Deko­elemente, Teppiche und moderne Technik wie etwa Flatscreens aufgewertet und an den zeitgemäßen Anspruch der Gäste angepasst. Zusätzlich wurde jede Kabine mit einer Nespresso-Kaffeemaschine ausgestattet. Auch in den Nasszellen wurde Hand angelegt: So wurden neue Sanitäreinrichtungen eingebaut und der bisherige Duschvorhang gegen neue, gläserne, blaue, nun im Vergleich zur »Mein Schiff 1« vollständig schließende Duschabtrennungen ausgetauscht. Diese Änderung wird vermutlich auch bei der nächsten Dockung im Winter auf der »Mein Schiff 1« umgesetzt. Auf welcher Werft diese Arbeiten durchgeführt werden, steht derzeit noch nicht fest.

Weiterhin verfügt die »Mein Schiff 2« nun über zwei neue exklusive Themensuiten, die vom Einrichtungsspezialisten Furncon, ein Objekteinrichter der Hüls-Gruppe, ausgestattet worden sind. Eine davon wurde von Ina Müller, der bekannten Fernsehmoderatorin und Taufpatin der »Mein Schiff 1«, im norddeutschen Stil gestaltet. Die Ina-Müller-Themensuite sorgt für warme Farben und verspielte Accessoires für ein Strand- und Meeresfeeling – nicht umsonst ist Norddeutschland das Thema der Gestaltung. Als besonderes Highlight wurde ein Möbelstück – ein Esszimmertisch –, aus der Wohnung von Ina Müller in die Suite eingebunden – sowie echter Strandsand von der Nordseeinsel Sylt, wo Ina Müller viele Jahre zuhause war. Die zweite Themensuite ist elegant und modern im Bauhausstil eingerichtet. Gerade Formen und dunkle, glänzende Farben ziehen sich durch beide Räume. Während der Schlafraum in Purple gehalten ist, erscheint der Wohnraum in Petrol. Ein besonderer Blickfang ist die glitzernde Tapete.

Für einen Großteil der Neugestaltung der Innenräume zeichnet – wie schon auf der »Mein Schiff 1« – der Hamburger Innenarchitekt Ralf Claussen verantwortlich, der während des Umbaus an Bord in einer der Kabinen Quartier bezogen hat. So ist die Konzeption des 1.700 m2 großen Spa-Bereiches eine Idee von Claussen. Dieser wurde komplett neu auf Deck 11 errichtet, wobei vom bisherigen Spa-Bereich nichts mehr zu sehen ist. Hier finden die Gäste unter anderem lichtdurchflutete Außen-Spa-Behandlungsäume und die nach Angaben von TUI Cruises größte finnische Sauna auf einem Kreuzfahrtschiff – einen Panoramablick aufs Meer gibt es für die über 60 Saunabesucher inklusive dazu.

Die Flotte von TUI Cruises soll in den nächsten Jahren noch weiter expandieren. In diesem Jahr peilt man rund 130.000 Passagiere auf den beiden Schwesterschiffen an, die in den Sommermonaten Mittelmeerreisen vom neuen Basishafen Valetta in Malta bzw. Nordland- und Baltikumreisen vom Basishafen Kiel unternehmen. Nach ursprünglichen Planungen des Unternehmens sollte im Jahr 2012 ein drittes Schiff zum Einsatz kommen. Diese Planung wurde mittlerweile von TUI Cruises überarbeitet, wie Vogel kürzlich mitteilte: »Es wird im Jahr 2012 definitiv keine ›Mein Schiff 3‹ geben«, sagte er, ohne weitere Details zu nennen. Branchenkenner berichten derzeit aber, dass TUI Cruises mit einem Neubau liebäugelt, wobei als bevorzugter Bauplatz die Meyer Werft in Papenburg genannt wird. Dieser Neubau könnte aber frühestens 2013/2014 in Fahrt kommen.