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Eigel Wiese gibt einen Ausblick auf die Themen, mit denen sich die Veranstaltung Mitte Juni befassen wird.

Die Piraterie im Indischen Ozean weitet sich aus. Um fern der afrikanischen Küsten auf Raubfahrt gehen zu können, setzen die[ds_preview] Seeräuber mittlerweile große gekaperte Seeschiffe als Mutterschiffe ein. Die als Geiseln genommenen Besatzungen müssen diese Schiffe unter Waffengewalt fahren. Ein Beispiel dafür ist das 113 m lange indonesische Frachtschiff »Sinar Kudus«, das Mitte März 320 sm nordöstlich von Sokotra gekapert worden war. Zeitweise waren bis zu 50 Piraten an Bord, um Überfälle auf hoher See zu verüben. Anfang Mai kam das Schiff gegen Zahlung von angeblich 4,5 Mio. US$ Lösegeld wieder frei.

Große Seeschiffe als Basis erlauben es den kriminellen Banden, an Bord auch Waffen mit größeren Kalibern einzusetzen, als dies von kleinen Schnellbooten aus bisher möglich war.

In einem Gespräch mit der Hansa äußerte Dirk Steffen vom Hamburger Büro des dänischen Unternehmens Risk Intelligence die Befürchtung, es könnten zukünftig auch Überfälle direkt von den großen gekaperten Schiffen aus auf Handelsschiffe in diesem Gebiet verübt werden. »Das entwickelt sich immer mehr zu Formen, die einem Seekrieg ähneln«, so Steffen. Nach den Analysen des Unternehmens seien auf diesen Schiffen bereits großkalibrige Waffen beobachtet worden.

Mit Möglichkeiten, sich gegen Piratenangriffe zu schützen, beschäftigt sich die internationale Konferenz Maritime Security & Defence vom 15. bis zum 17. Juni in Hamburg. Sie wird zum zweiten Mal als eigenständige Veranstaltung von der Hamburg Messe und Congress GmbH (CCH) und der Fachzeitschrift »Naval Forces« ausgerichtet.

Das Datum wurde von den Veranstaltern bewusst vor die Kieler Woche gelegt, während der die Deutsche Marine traditionell Gastgeberin internationaler Marineeinheiten ist. Damit bietet sich für einige ausländische Marineschiffe die Möglichkeit, bereits zur MS&D den Hamburger Hafen anzulaufen, der verstärkt für Vorführungen und Präsentationen der Konferenz genutzt werden soll.

Die Veranstalter erwarten wieder mehr als 1.300 Teilnehmer von allen Kontinenten zur Fachkonferenz und mehr als 60 Aussteller für die begleitende Fachausstellung.

Zur Struktur des Kongresses sagt Jan Wiedemann, Herausgeber des Magazins »Naval Forces«: »Nach einem allgemeinen Teil, in dem die internationale Sicherheitslage auf den Meeren der Welt behandelt wird, widmet sich der Kongress in zwei Panels zum einen dem Thema Sicherheit, zum anderen dem Thema Verteidigung.

Im Panel Sicherheit wird die Frage untersucht, wie unsere Häfen, Hoheitsgewässer, Ausschließliche Wirtschaftszonen (AWZ) und Seeverkehrswege vor asymmetrischen Bedrohungen wie Piraten- und Terrorangriffen, illegaler Einwanderung, Drogenhandel, Schmuggel und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen geschützt werden können. Das Sicherheits-Panel wird sich nicht darauf beschränken, die heutige Situation zu erläutern oder eine Zukunfts­prognose der Bedrohungen zu erstellen. Vielmehr wird es auch der Frage nachgehen: »Wodurch entstehen Bedrohungen der maritimen Sicherheit?« Denn der Kampf gegen asymmetrische Bedrohungen könne nur erfolgreich sein, wenn die Ursachen erkannt würden, um dann deren Wurzeln zu zerstören.

In seinem einleitenden Vortrag wird Vizeadmiral Axel Schimpf, Inspekteur der Deutschen Marine, über Entwicklungen und Perspektiven der Maritimen Sicherheit sprechen. Während eines Interviews im Vorfeld des Kongresses sagte der Inspekteur: »Das vor uns liegende 21. Jahrhundert ist ein maritimes Jahrhundert. Die Globalisierung wird trotz gelegentlicher internationaler Krisen weiter voranschreiten. Die heute global vernetzten Wirtschaftsprozesse sind ohne sichere Seeverbindungen, auf denen die Waren in großen Mengen transportiert werden, gar nicht mehr vorstellbar. Sowohl heute wie in Zukunft gilt: Der Seeverkehr ist die zuverlässigste, wirtschaftlichste und sicherste Option für den weltweiten Warenaustausch. Unser Land ist und bleibt von einem reibungslos funktionierenden Import und Export über die Weltmeere abhängig. Vor diesem Hintergrund ist die Deutsche Marine auch künftig ein unverzichtbares Instrument unserer politischen Führung und der politischen Handlungsfähigkeit. Nur über die Sicherstellung eines freien, sicheren und preiswerten Handels über See kann die Politik dazu beitragen, die Sicherheit und den Wohlstand unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Für die Sicherstellung der freien Nutzung der See haben wir in den vergangenen Jahren nahezu alle Fähigkeiten der Marine – also alle ihre verschiedenen Schiffs- und Bootsklassen sowie unsere Flugzeuge – im Rahmen von multinationalen Einsätzen eingebracht. Neben unseren Verpflichtungen gegenüber der NATO haben wir in den vergangenen Jahren auch im Rahmen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen positive Erfahrungen mit maritimen Operation gemacht. Die Vorteile von Seestreitkräften treten daher sehr deutlich hervor: Als Beispiele seien hier die aktuellen, seit Jahren laufenden Einsätze der Operationen Eunavfor Atalanta und Unifil angeführt. An beiden ist unsere Marine beteiligt. Man muss kein Hellseher sein, um abschätzen zu können, dass diese multinationalen Institutionen auch künftig nicht auf den Einsatz von Seestreitkräften verzichten können«.

Pottengal Mukundan, der Direktor des International Maritime Bureau zieht in seinem Vortrag eine Bilanz der derzeitigen Situation, spricht über die zu erwartende Entwicklung und die Rolle des IMB bei der Pirateriebekämpfung. Das IMB ist eine Gründung der seit 1919 bestehenden Internationalen Handelskammer (ICC), die sich zum Ziel gesetzt hat, den freien, fairen und grenzüberschreitenden Handel zu fördern. Das zum IMB gehörende Piracy Reporting Centre (PRC) ist führend im Kampf gegen die Seepiraterie. Es ist die weltweit einzige Einrichtung, die rund um die Uhr Berichte über Piraterievorfälle erhält und verarbeitet. Es fordert Kapitäne und Schiffseigner auf, alle tatsächlichen, versuchten und mutmaßlichen Vorfälle von Piraterie und bewaffneten Angriffen an das IMB Piracy Reporting Centre zu melden. Dies ist unerlässlich, um Behörden von der Dringlichkeit des Piraterieproblems zu überzeugen. Dabei können die transparenten Statistiken einer unabhängigen, nicht politischen internationalen Organisation wie der ICC als Katalysator für die Behebung dieses Problems dienen. »Die Gewalt und die Techniken, die Piraten vor der somalischen Küste einsetzen, nehmen dramatisch zu«, berichtet Kapitän Mukundan. Der Großteil der Schiffsentführungen habe sich östlich und nordöstlich des Golfs von Aden ereignet. Die Positionen einiger Piratenmutterschiffe seien zwar bekannt, um aber weiteren Entführungen vorzubeugen, seien umfangreiche Maßnahmen gegen diese Schiffe notwendig, so Mukundan. Einige Länder setzen inzwischen ihre Seestreitkräfte ein, die hart gegen die Piraten vorgehen. Erst kürzlich habe die indische Marine im Arabischen Meer 61 somalische Piraten auf einem entführten Schiff festgenommen.

Ein weiterer Bereich der Hamburger Konferenz beschäftigt sich in dem Panel Defence mit den veränderten Aufgaben der Marinen. »Die Schwerpunkte der Aufgaben haben sich für die Marinen in den letzten Jahren verändert. Das spiegelt sich auch in den Konferenzthemen der MS&D 2011 wider«, erläutert Ulrich Otto, Konteradmiral a.D. und bis Januar 2008 Amtschef des Marineamts der Deutschen Marine. Otto ist Chairman des Defence Panels der internationalen MS&D-Fachkonferenz. In der begleitenden Fachmesse zeigen internationale Unternehmen neueste Entwicklungen der Piratenabwehr.