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VSM-Jahresbilanz: Auslieferungen steigen 2010 auf ein Rekordniveau, doch Folgeaufträge fehlen.

»Es ist Land in Sicht – aber wir können auf Rettungswesten noch nicht verzichten«, lautete das Fazit des VSM-Vorsitzers Werner[ds_preview] Lüken auf der Jahresmitgliederversammlung des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e. V. (VSM) am 18. Mai in Hamburg. Zwar habe es 2010 erste Lichtblicke gegeben, die jedoch noch nicht alle Werften gleichermaßen erreichten, so Lüken.

Der Auftragseingang des vergangenen Jahres dokumentiert, dass auch traditionsreiche Containerschiffswerften ihr Portfolio neu ausgerichtet haben. Es wurden fast ausnahmslos Spezialschiffe und innovative Schiffstypen akquiriert. »In Standardmärkten werden wir auf absehbare Zeit nicht erfolgreich sein«, sagte VSM-Hauptge­schäfts­führer Werner Lundt.

Zu den 24 Neubestellungen zählen Schiffe für den Bau von Offshore-Windparks, Fähren, Kreuzfahrtschiffe und Megayachten. Mit einem Auftragseingang im Jahr 2010 von 2,7 Mrd. € Volumen bleiben die deutschen Werften allerdings deutlich unter einer notwendigen Jahresproduktion. Storniert wurden sieben Aufträge im Wert von 0,3 Mrd. €. Damit verringerten sich die Auftragsbestände auf 74 Schiffe mit 1,5 Mio. Neubautonnen (CGT) und einem Wert von 7,4 Mrd. €, der zu 97 % auf Exporte entfällt.

Anschlussaufträge seien daher dringend erforderlich, so Lundt. Allerdings sei die Bestelltätigkeit auch in den ersten Monaten des Jahres 2011 »sehr verhalten« gewesen. Konkrete Befürchtungen, dass einige Werften dieses Jahr nicht überleben könnten, gebe es trotz der prekären Lage jedoch nicht, sagte Lundt. Perspektivisch eröffnen die immer anspruchsvollere Sicherheits- und Umweltgesetzgebung neue Perspektiven für die Schiffbauzulieferindustrie, erwartet der VSM. Aktuell böten sich große Marktchancen bei der Nachrüstung mit Umweltschutztechnologie, etwa mit Abgasnachbehandlungssystemen zur Senkung von Schwefelemissionen. Auch der durch die energiepolitische Wende der Bundesregierung wieder stärker in den Fokus gerückte Offshore-Windkraftmarkt biete dem Schiffbau Chancen.

49 Schiffe für 4,7 Mrd. € abgeliefert

Aufgrund der guten Auftragslage vor der Wirtschaftskrise kann sich die Jahresbilanz im Handelschiffbau 2010 dennoch sehen lassen. Die deutschen Werften lieferten insgesamt 49 Schiffe mit rund 1 Mio. CGT im Wert von knapp 4,7 Mrd. € ab – ein Rekordniveau. Rund 60 % der Ablieferungen entfielen auf Fähren, Passagierschiffe und Yachten.

Der Umsatz im Marineschiffbau blieb 2010 mit ca. 1 Mrd. € in etwa auf Vorjahresniveau. Im Mittelpunkt der Bestellungen der Deutschen Marine stehen in den kommenden Jahren der Bau der Fregatten F 125, der Bau zweier U-Boote und des dritten Einsatzgruppenversorgers. Im Auslandsgeschäft dominieren die Exporte von U-Booten. Die internationale Konkurrenz, vor allem aus China, Korea, Indien und der Türkei, wachse indes stetig, sagte der stellvertretende VSM-Vorsitzer Friedrich Lürßen. Zudem sei zu befürchten, dass Kürzungen im Verteidigungsetat auch die Marine betreffen, was Anschlussprogramme, etwa an die Fregatte F 125, vermutlich erschweren werde. Bei Reparaturen, Umbauten und Wartungen gingen die Umsätze 2010 auf 0,9 Mrd. € zurück. Viele Reeder hätten als Sparmaßnahme Dockaufenthalte verkürzt. In Anbetracht der stetig anwachsenden Welthandelsflotte mit einem großen Anteil veralteter Tonnage sowie durch die Bemühungen zur Reduzierung der Schiffsemissionen und der Reisegeschwindigkeiten rechnet der VSM aber mit einem positiven Entwicklungspotenzial für diesen Marktbereich.

Der Branchenumsatz aller Schiffbaubetriebe, einschließlich des See-, Binnen- und Marineschiffbaus, der Reparatur und des Umbaus sowie des Boots- und Yachtbaus für das Jahr 2010 stieg auf insgesamt rund 8 Mrd. €. Dieses Ergebnis sei auf die Ausrichtung auf höherwertige Schiffe, aber auch auf eine terminliche Häufung von Ablieferungen mit hohen Auftragsvolumina zurückzuführen. Die Zahl der Beschäftigten sank erneut von knapp 22.000 auf 19.100.

Mit einer gewissen Verzögerung bekam die Schiffbau-Zulieferindustrie die Folgen des Abschwungs zu spüren. Die Umsätze fielen auf 12 Mrd. €, die Zahl der Beschäftigten ging auf 72.000 zurück. Die Exportstärke der Unternehmen und die weiterhin umfangreichen Auftragsbestände im Weltschiffbau federten jedoch die Krisenauswirkungen ab.

Wettbewerbssituation verschäft

Allerdings hat sich aus Sicht des VSM auch die Wettbewerbssituation für die deutsche Zulieferindustrie verschärft, da die Regierungen der asiatischen Schiffbauländer zunehmend den Aufbau und die Förderung der eigenen Zulieferindustrie zum Bestandteil ihrer Industriepolitik machen.

»Während in Europa die Unterstützungsmaßnahmen überschaubar und zeitlich begrenzt blieben«, teilte der Verband mit, »fielen sie in den asiatischen Konkurrenzländern – vor allem China und Korea – weitaus umfangreicher aus und bezogen sich nicht nur auf die Werften, sondern auch auf die Zulieferindustrie.« Dadurch seien die Überkapazitäten weiter ausgebaut worden.

VSM-Vorsitzer Lüken appellierte vor dem Hintergrund der im Dezember gescheiterten OECD-Verhandlungen an Bundesregierung und EU-Kommission, sich nun im Rahmen bilateraler Abkommen unfairen Markteingriffen entgegenzustellen. Auf nationaler Ebene müsse der erfolgreiche LeaderSHIP-Prozess unter veränderten Vorzeichen fortgesetzt werden.