Politik und Peanuts

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Es gab einmal einen großen Banker, der das kleine Wort von den »Peanuts« in den Mund nahm. Dafür wurde er[ds_preview] sehr gescholten – und es verfolgt ihn bis heute, auch in seine aktuelle Position, in der er nicht wenig mit Schifffahrt zu tun hat. Dieser Tage ist das geflügelte Wort wieder in aller Munde. Doch diesmal geht es nicht um einen Millionenbetrüger, sondern um gewagte politische Manöver. Die Rede ist von den staatlichen Finanzbeihilfen an Reedereien, welche die Mehrkosten der deutschen Flagge kompensieren sollen. Der Finanzminister hat sie kurzerhand auf knapp 29 Mio. € halbieren lassen – wobei 2011 außer 5 Mio. € für Ausbildungsplatzförderung wohl kein einziger Cent mehr fließt, weil Ansprüche aus dem Vorjahr mit dem Budget aus dem Folgejahr befriedigt werden.

Herr Schäuble und seine Mannen sparen also schlappe 29 Mio. €. Wenn das bei einer Staatsverschuldung von mehr als zwei Billionen Euro (sic!) und deutschen Rettungsschirm-Garantien von 211 Mrd. für notleidende »€-päer« keine Peanuts sind, was dann? Für viele Reedereien indes hat die vermeintlich kleine Summe große Wirkung. Da die Mehrkosten für deutsches Personal auf ihren Schwarz-Rot-Gold-geflaggten Schiffen nun mit bis zu 500.000 € pro Jahr voll durchschlagen, sind sie im internationalen Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähig. Es bleibt keine Wahl: ausflaggen – oder die Eigner entziehen ihnen die Schiffe und geben sie an günstigere Manager, die unter ausländischer Flagge fahren.

Das Fatale an diesem unpatriotischen Akt der Bundesregierung, die ein erfolgreiches Bündnis ohne Not aufkündigt, sind die möglichen Langzeitfolgen. Noch in Wilhelmshaven meldeten sich enttäuschte Reeder zu Wort, die nun das »Gesamtpaket« in Frage stellen – sprich: die regulatorischen Rahmenbedingungen am maritimen Standort D mit denen im Ausland vergleichen. Die Flagge ist dabei nur das Einfallstor für Überlegungen, die über das Tonnagesteuersystem bei der Frage enden, von wo aus man künftig seine Schiffe lenkt.

Es scheint, als hätten die Politiker vergessen, dass sie es bei der Schifffahrt mit der globalsten, beweglichsten Branche überhaupt zu tun haben. Anders als in der produzierenden Industrie geht es hier nicht um Maschinenhallen, die mit viel Mühe und großem Kostenaufwand ins Ausland verlagert werden. Schiffe fahren ohnehin von Kontinent zu Kontinent. Und die Landarbeitsplätze – allesamt von Wissensarbeitern – könnten schneller nach Limassol, Valletta, Amsterdam oder Singapur folgen, als sich manch ein Finanzpolitiker vorstellen kann. An diesen Standorten ist genug maritimes Know-how vorhanden. Zudem sind sie allemal so attraktiv, dass die Reeder auch Teile ihrer deutschen Belegschaft problemlos dorthin lotsen könnten. Ist der Brain Drain erst einmal im Gange, gefährdet er das gesamte maritime Cluster mit seinen 400.000 Arbeitsplätzen. Denn ein Dampfer – um in der Schiffsallegorik zu bleiben –, der mit Vollgas in eine Richtung fährt, hat einen langen Bremsweg. Und auch Wendemanöver brauchen bekanntlich Zeit.

Bleibt zu hoffen, dass die Politiker sich besinnen und nicht – bei allen ehrbaren Bemühungen der Schuldenbremse – an der falschen Stelle sparen. Sonst werden sie noch lange an den Peanuts zu knabbern haben.


Nikos Späth