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Die KfW stellt Kredite in Höhe von 5 Mrd. € für die Errichtung von Windparks bereit. Werften sind davon aber ausgenommen. Ihre Perspektiven sind laut einer KPMG-Studie dennoch gut.

Eine gute Nachricht aus Berlin hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler den Vertretern der Offshore-Windenergie-Branche schon bei seiner Rede zur[ds_preview] Eröffnung der Nationalen Maritimen Konferenz überbracht: Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages habe zwei Tage zuvor das lange angekündigte KfW-Sonderprogramm »Offshore Windenergie« in Höhe von 5 Mrd. € passieren lassen, berichtete er. Für Werften und damit für den Bau von Spezialschiffen solle das Programm allerdings nicht geöffnet werden, machte der Minister indes deutlich.

Das KfW-Programm soll die Finanzierung der ersten Windparks auf hoher See durch Kredite zu marktüblichen Zinsen sichern und damit der Offshore-Windtechnologie zum Durchbruch verhelfen. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, waren sich die Teilnehmer des Workshops »Offshore-Windenergie« in Wilhelmshaven einig – folgen müssten nun allerdings weitere Programme zum Ausbau der Hafeninfrastruktur und zur Finanzierung von Spezialschiffen. Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG in Kooperation mit dem Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), die im Rahmen der Konferenz vorgestellt wurde. Sie untersucht im Speziellen die Potenziale der Offshore-Windkraft für die deutsche Schiffbauindustrie. Es müsse ein funktionierendes Finanzierungsumfeld im Schiffbau geschaffen werden, heißt es dort: Das gelte sowohl für die Endfinanzierung der benötigten Schiffe als auch für die Bauzeitfinanzierung der Werften. Sinnvolle Ansätze könnten Bürgschaftsprogramme sowie ein weiteres Finanzierungsprogramm in Analogie zum KfW-Sonderprogramm für die Windparks sein.

18 Mrd. € Umsatzpotenzial

Im Ergebnis belegt die KPMG-Studie, für die 30 Werften, Reeder, Projektentwickler und -betreiber sowie Banken befragt und eigene Recherchen angestellt worden waren, dass die deutsche Schiffbauindustrie erheblich vom Ausbau der Offshore-Windenergie profitieren kann. Bis 2020 könne die Branche in diesem Bereich bis zu 18 Mrd. € Umsatz erzielen, schreiben die Autoren – davon 6,5 Mrd. € aus »klassischen« Werfttätigkeiten wie Schiffbau, Umbau und Wartung sowie 11,5 Mrd. € aus Offshore-Strukturen wie Jackets und Plattformen.

KPMG-Studie Offshore-Windenergie

Eine erfolgreiche Ausnutzung des Potenzials würde im Prognosezeitraum bis zu 6.000 Arbeitsplätze auf deutschen Werften sichern, heißt es weiter. Positive Beschäftigungseffekte seien zudem für die Schifffahrt und die Bereederung zu erwarten. Verwirklichen lasse sich dieses Szenario allerdings nur, wenn Investoren attraktive Rahmen- und günstige Finanzierungsbedingungen vorfänden. Das KfW-Programm und die anstehenden Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (z. B. Integration des Sprinterbonus in die Anfangsvergütung, Einführung eines »Stauchungsmodells« sowie Verschiebung des Degressionsbeginns) könnten hier für Rückenwind sorgen. Weitere wesentliche Entscheidungen aus der Politik, unter anderem zum Netzausbau, seien allerdings notwendig. Und nicht zuletzt müssten sich die Werften selbst verstärkt um einen Eintritt in den Offshore-Windmarkt bemühen. »Eine klare Positionierung und der Ausbau notwendiger Kompetenzen (unter anderem Design, Integration, Aftersales) sind im internationalen Wettbewerb unerlässlich«, heißt es in der Studie abschließend.

Bestätigt wurde diese Aussage im Offshore-Workshop von Rüdiger Fuchs, Vorsitzender der Geschäftsführung der Sietas Werft. Als bisher einziger deutscher Werft ist es dem Hamburger Schiffbauunternehmen im Dezember vorigen Jahres gelungen, den Auftrag für ein Windanlagen-Transport- und Installationsschiff an Land zu ziehen und damit in den Offshore-Markt einzutreten. »Der erste Schritt ist die Frage: Was können die Werften selbst tun?« machte Fuchs auf dem Podium in Wilhelmshaven deutlich. Sein Unternehmen beispielsweise habe zwei Jahre lang gezielt Konzepte erarbeitet, um in den Markt zu kommen. Der Auftraggeber sei mit der niederländischen Van-Oord-Gruppe ein internationaler Partner: »Auf Basis von wettbewerbsfähigen Lösungen müssen wir künftig auch zu nationaler Zusammenarbeit finden«, so Fuchs. Wesentliche Kostentreiber seien derzeit die Logistik- und Installationskosten – hier müssten noch viele technische Fortschritte erarbeitet werden, und zwar firmenübergreifend. »Zuerst denken und zusammenarbeiten, da liegen unsere Chancen«, betonte Fuchs und war sich darin mit Rüdiger Schaaf, Vorstandsvorsitzender der SIAG Schaaf Industrie AG, einig. Nur im gemeinsamen Schulterschluss könne es der deutschen Industrie gelingen, in einer marktführenden Position zu sein: »Die Politik kann da nur die Rahmenbedingungen schaffen«, so Schaaf.

Vor allem die Fragen des Netzanschlusses, der Hafeninfrastruktur und der Qualifizierung von Fachpersonal wurden im Verlauf der Diskussion als Problemfelder benannt, für die noch Lösungen gefunden werden müssten – und das möglichst schnell. Das Offshore-Wind-Geschäft sei derzeit weltweit in einer entscheidenden Phase, betonte Frank Zimmermann vom Windkraftanlagenbauer Repower. In den kommenden Jahren werde die Schlagzahl bei neuen Projekten deutlich erhöht, 2016 rechne er dann mit einer »Explosion des weltweiten Wettbewerbs«: Bis dahin müsse sich Deutschland gut aufgestellt haben, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Offshore-Hafenatlas liegt vor

Als wichtigen Fortschritt werteten die Workshop-Teilnehmer die Tatsache, dass der vom Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) erstellte Offshore-Hafenatlas mittlerweile vorliegt und im Internet einzusehen ist (www.zds-seehaefen.de). Er informiert über die vorhandenen sowie konkret geplanten Kapazitäten in den deutschen Seehäfen zum Umschlag und zur Lagerung von Offshore-Komponenten sowie über verfügbare Gewerbeflächen für Unternehmensansiedlungen und Vormontage. Ziel ist es, Betreiber, Hersteller und Zulieferer über Potenziale in den Häfen zu informieren. Zudem soll der Hafenatlas als Grundlage für die Erarbeitung eines Masterplans »Offshore-Infrastrukturen« der Bundesregierung dienen.

Ebenfalls zur Maritimen Konferenz fertig geworden ist der Zwischenbericht des ständigen gemeinsamen Arbeitskreises »Vernetzung der maritimen Wirtschaft mit der Offshore-Windenergie«, der sich im Mai 2010 konstituiert hatte und inzwischen drei Fachgruppen eingesetzt hat: die Gruppen »Häfen / Investoren von Offshore-Windparks«, »Internationale Standards und Standardisierung« sowie »Aus- und Weiterbildung«. Die gemeinsame Arbeit sei erfolgreich angelaufen und solle auf jeden Fall fortgeführt werden, berichtete Jörg Kuhbier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore-Windenergie.
Anne-Katrin Wehrmann