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Reeder befürchtet angesichts der wenig konkreten Zusagen der Regierung eine Schwächung des Schifffahrtsstandorts Deutschland

Auf der Nationalen Maritimen Konferenz in Wilhelmshaven hat die Bundesregierung der maritimen Wirtschaft eine außergewöhnliche Bedeutung für den Erfolg[ds_preview] der Exportnation Deutschland beigemessen. Sehen Sie sich bei Ihrer Arbeit von dieser Seite auch grundsätzlich entsprechend unterstützt?

Claus-Peter Offen: Bislang würde ich diese Einschätzung teilen. Die vorgesehenen Änderungen der Bundesregierung kommen jedoch einer einseitigen Kündigung des Maritimen Bündnisses sehr nahe und werden erhebliche negative Auswirkungen auf den Fortbestand der deutschen Flagge haben.

An Bord Ihrer Schiffe wird auch ausgebildet. Wie beurteilen Sie die Rahmenbedingungen durch die derzeitige Ausbildungsplatzförderung?

Offen: Die bisherige Form der Ausbildungsplatzförderung kann als vorbildlich angesehen werden, was durch den Erfolg ja auch unterlegt wird. Diese soll in der jetzigen Form wohl auch unverändert fortgesetzt werden. Die geplante drastische Kürzung der sonstigen Unterstützungsmaßnahmen könnte jedoch dazu führen, dass die Übernahme der Auszubildenden in feste Beschäftigungsverhältnisse sich als außerordentlich schwierig erweisen könnte.

Sie haben mit 20 Schiffen einen vergleichsweise großen Anteil Ihrer Schiffsflotte unter deutscher Flagge. Sehen Sie die Lohnnebenkostenzuschüsse als geeignet an, die Attraktivität der deutschen Flagge zu steigern? Gibt es Ihrer Meinung nach Alternativen?

Offen: Auch mit Lohnkostenzuschüssen ist die deutsche Flagge im internationalen Wettbewerb nicht wettbewerbsfähig. Allenfalls wird der Kostennachteil zum Teil ausgeglichen. Dieses haben zahlreiche Reedereien in der Form akzeptiert, viele andere leider nicht. Dass die Zahl von 600 Schiffen unter deutscher Flagge bislang nicht erreicht werden konnte, ist ja überwiegend darauf zurückzuführen, dass viele Reedereien nicht bereit oder in der Lage waren, diese Mehrkosten für sich zu akzeptieren. Die Streichung dieser Zuschüsse wird dazu führen, dass die Reedereien, die das Maritime Bündnis bislang aktiv unterstützt haben, ihre bisherige Haltung überprüfen müssen und möglicherweise auch aus diesem Bündnis ausscheiden werden. Man muss sich hierbei immer vor Augen halten, dass die Mehrkosten eines Schiffes unter deutscher Flagge jährlich rund 500.000 € oder rund 2.000 US$ pro Tag betragen. Das ist für die meisten Schiffe nicht tragbar.

Die Tonnagesteuer soll als Standortsicherungsinstrument erhalten bleiben. Welche Maßnahmen wären für Sie sinnvoll, um den deutschen Schifffahrtsstandort auch zukünftig im europäischen Wettbewerb zu stärken?

Offen: Der deutsche Schifffahrtsstandort wird durch die Tonnagesteuer auch weiterhin wettbewerbsfähig bleiben. Gefährdet durch die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung – wenn sie denn in dieser Form durchgesetzt werden – ist vor allen Dingen der Fortbestand der deutschen Flagge und damit letztlich auch die Ausbildung seemännischen Nachwuchses.

Der bürokratische Aufwand wird auch als Hinderungsgrund für mögliche Rückflaggungen gesehen. Wie sind Ihre diesbezüglichen Erfahrungen?

Offen: Der bürokratische Aufwand ist ärgerlich und in Teilen sicherlich unnötig. Grund für mangelnde Einflaggungen oder sogar für weitere Ausflaggungen ist dieser nach meiner Einschätzung jedoch nicht. Insofern ist eine angedachte Erleichterung bei diesem bürokratischen Aufwand auch nicht in Ansätzen ein Ausgleich für die Streichung der Zuschüsse.

Interview: Birgit Nolte-Schuster
Birgit Nolte-Schuster