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Die Insolvenz von Korea Line zwingt Management und Anleger der »Bulkerflotte1« zu einem umfangreichen Sanierungskonzept. Die Banken zeigen wenig Entgegenkommen.

Er sollte ein Schmuckstück unter den deutschen Schiffsfonds werden, mit kompetenten, zuverlässigen Partnern, gesicherter Beschäftigung, preisgünstig und sogar mit (gewisser[ds_preview]) Risiko-Streuung. Nun aber ist, nur zweieinhalb Jahre nach Platzierung des Fonds, der GAU eingetreten – und das, während man noch mitten in der Investitionsphase steckt. Das Krisen-Management hat zwar gut funktioniert, für alle akuten Probleme wurden professionelle Lösungen erarbeitet, doch über die Peinlichkeiten und den Frust des Abenteuers – aus Anlegersicht auch Empörung – hilft das nicht hinweg. Die Rede ist von Nordcapitals »Bulkerflotte 1«, dem mit 170 Mio. $ Anlegerkapital größten Schiffsfonds aus dem Hause der gerade im Shipping-Business so ambitionierten Deutschen Bank (DB). Sie zeichnete für die Zusammenstellung und den Exklusiv-Vertrieb verantwortlich; als Fremdkapitalgeber ist sie nicht engagiert.

Mit Post vom 9. Mai, vier Monate nach dem Zusammenbruch des Bulk-Operators Korea Line, präsentierten Nordcapital und die zur DB-Gruppe gehörende Zweiundzwanzigste Paxas Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH den 5.650 Anlegern die Rechnung zur Rettung ihres Geldes: Sie sollen 30,654 Mio. $ neues Kapital nachschießen – bezogen auf ihre Einlage sind das satte 18 %. Auf der Gesellschafterversammlung am 1. Juni im Hamburger Atlantic-Hotel wurde das vorgelegte Liquiditätssicherungskonzept (LSK) nach intensiver Diskussion mit einer Zustimmung von 96,25 % beschlossen.

Besonders bitter: Ein Teil des Geldes wird benötigt, um noch in Bau befindliche Schiffe in Fahrt zu bringen. Man kann auch sagen, um nicht bereits investierte 57,6 Mio. US$ zu verlieren. Für Schiffe, die man eigentlich gar nicht mehr will. Für Schiffe, denen mit dem Charterausfall der Korea Line schlagartig die wirtschaftliche Grundlage entzogen wurde. Schiffe, die mit ihren 48 Mio. $ Kaufpreis aus heutiger Sicht hoffnungslos überteuert sind. Schwestern aus derselben Serie preist Nordcapital-Anlegern seit einem Jahr für nur 36 Mio. $ an; im Markt werden für charterfreie Neubauten gar um die 30 Mio. $ geboten. Die zur Endfinanzierung ausstehenden Schiffshypothekendarlehen von rd. 34 Mio. $ überstiegen im Verwertungsfall glatt den Marktwert.

Um die Dringlichkeit und absolute Notwendigkeit des benötigten Nachschusses durfte sich denn auch kein Gesellschafter Illusionen hingeben. Das Rundschreiben schloss mit dem unmissverständlichen Appell: »Die Geschäftsführung der Nordcapital Bulkerflotte 1 GmbH & Co. KG, der Beirat, der Treuhänder und die Deutsche Bank empfehlen grundsätzlich, das Liquiditätssicherungskonzept durchzuführen. Nur so kann die drohende Insolvenz der betroffenen Schiffsgesellschaften vermieden und ein damit verbundener Verlust des darin investierten Kapitals vermieden werden.«

Da gerade an diesem Beispiel eines von der Krise geschüttelten Schiffsfonds die sowohl aktuellen als auch rückwärtig gerichteten Ansichten über Prospektierung und Vertrieb, Struktur und Marktbeurteilung, Krisen-Management, Ausgewogenheit und Fairness aufeinanderprallen, lohnt ein Blick in die Tiefe.

Ausgangslage

Der Verkaufsprospekt des Fonds »Nordcapital Bulkerflotte 1« trägt das Herausgabedatum 15. Mai 2008. Auswahl der Schiffe für diesen Flottenfonds und Projektierung fielen somit in die ersten Monate des Jahres 2008. Es war das Jahr zwei der Finanzkrise. Die Schifffahrt boomte noch. Die gigantischen Neubau-Ordervolumen – an die 1.800 Aufträge deutscher Reeder und Emissionshäuser, weitgehend »durchfinanziert« zu 100 % von leichtsinnig gewordenen Banken – beunruhigten damals wohl nur notorische Skeptiker. Gedanken über aufziehende Probleme passten nicht in die heile Welt der Erfolgreichen. Schiffsfonds genossen einen, von PR-und Marketing-Strategen intensiv gepflegten, ausgezeichneten Ruf. Die Nachfrage war entsprechend groß. Zu den gewissermaßen Neuentdeckungen gehörten die prosperierenden Bulkermärkte, die von deutschen Reedern und Emissionshäusern nach den Reinfällen der 70er- und 80er-Jahre in der Zwischenzeit eher gemieden worden waren.

Niemanden konnte verwundern, dass sich neben anderen Banken und Vertrieben folglich auch die Deutsche Bank für die exklusiven Vertriebsrechte von Bulkern interessierte. Mit Erck Rickmers und Nordcapital verband einen eine langjährig gepflegte Kundenbeziehung: als Schiffskreditgeber seitens der DB-Shipping in Hamburg sowieso, aber auch als platzierungsstarke Sammelstelle für Eigenkapital, initiiert und gesteuert aus Frankfurt und Köln/Düsseldorf. Die »Bulkerflotte 1« – zu einer Nr. 2 kam es nicht mehr – wurde der vierte Schiffsfonds der Deutschen Bank mit Nordcapital / E.R. Schifffahrt als Partner.

Auffällig an der Konzeption des Fonds war, dass hier nicht etwa in verschiedene Schiffstypen oder -größen gestreut, sondern in eine Flotte von bis zu zwölf identischen Schwesterschiffen – Supramax-Bulker von 55.783 tdw mit Kranen – investiert werden sollte. Insgesamt hatte E. R. Schiffahrt 14 dieser Bulker bei Hyundai Mipo in Korea bestellt, zu bauen bei deren Werfttochter in Vietnam, Hyundai Vinashin. Erck Rickmers und seine E. R. Schiffahrt wären das Investitionsrisiko im Optimalfall bei Vollplatzierung somit praktisch los gewesen. Für alle Schiffe lagen Fünf-Jahres-Chartern mit Korea Line und Hanjin Shipping vor zu Raten zwischen 23.500 und 25.500 $. Nach Auslauf ihrer Charterverträge in den Jahren 2014–2016 sollte die Flotte sich in einem Pool gegenseitig stützen. Das Klumpenrisiko, sich zu zwei Dritteln allein auf einen Charterer / Operator einzulassen, schien für die erfahrenen Experten aus dem Kreis der Initiatoren kaum Thema gewesen zu sein. Im Übrigen hatte sich die Deutsche Bank die Option offen gehalten, den Fonds »Bulkerflotte 1« bereits ab Realisierung von 50 % des Platzierungsvolumens, mithin einer Mindestabnahme von sechs Schiffen, zu schließen.

In das Kreuzfeuer der Kritik war Nordcapital mit diesem Fonds geraten, weil hier ein Gewinnverteilungssystem zum Tragen kam, durch das die weichen Anschaffungs-Nebenkosten – Provision für Nordcapital – zugunsten einer später anfallenden erhöhten Gewinnaufteilung zwar verringert wurden. Der Weg: Vom eingezahlten Anlegerkapital wurde nur ein Drittel der (ausschüttungsberechtigten) Kommanditeinlage zugeführt, während der Rest in die Rücklagen »verbannt« wurde. Das Gründungskapital von Nordcapital und E.R. Schiffahrt hingegen vermochte damit ihren Anteil von lediglich 2,9 % auf 8,3 % des Gesellschaftsvermögens hoch zu hebeln.

Bemerkenswert: Die Deutsche Bank stoppte / schloss ihren Fonds – glücklicherweise oder klug in weiser Voraussicht? – im Laufe des August 2008. Bei einem Platzierungsstand von 75 % bzw. der Abnahme von nur neun Schiffen. Offizielle Begründung: Im Hause Deutsche Bank pflege man Platzierungen von Fonds nicht überlang im Angebot zu halten, maximal sechs Monate. Soll wohl heißen: man möchte den Geruch von »Regalware« vermeiden. Der Prospekt war allerdings gerade erst drei Monate alt.

Vor dem Hintergrund der kurz darauf einsetzenden Lehman-Brothers-Pleite am 15. September 2008 und dem sich daran unmittelbar anschließenden jähen Absturz des Bulkermarktes stellte sich dieser Schritt schnell als sehr glücklich gewählt heraus: Der Fonds war geschlossen, bevor es zum Marktknall gekommen war! So etwas Positives hatte damals Seltenheitswert. Dies insbesondere im Vergleich zu den zahlreichen Schiffsfonds (auch Bulkern), die noch »nach Lehman« aufgelegt wurden bzw. in der Platzierung blieben, als sei nichts geschehen (vgl. HANSA 5/09, Dobert: »Zu viele Schiffe – zu wenig Eigenkapital« mit etlichen aufgeführten Beispielen). Wäre die »Bulkerflotte 1« nicht schon geschlossen gewesen, hätte nicht nur ein Prospektnachtrag über die plötzlich erhöhte Risikolage aufklären müssen, sondern möglicherweise eine Rückabwicklung gedroht, sie hätte zumindest im Raum gestanden.

Spekulation des Autors: Denkbar wäre natürlich auch, dass die Deutsche Bank rechtzeitig Schlussfolgerungen aus Marktkenntnissen gezogen hat, die sich im Laufe des Sommers bzw. Spätsommers 2008 zu einer Warnung vor Gewitterwolken verdichteten. Man erinnere sich an die Olympiade in China, die damals zunächst eine Schließung zahlreicher Fabriken und Stahlwerken bewirkte – zwecks Aufhellung des versmogten Himmels. Viele veraltete Anlagen blieben danach geschlossen. China hatte sich reichlich eingedeckt und saß auf angehäuften Erz- und Kohlehalden. Kurz: In der Branche gingen die Meinungen über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf den Bulkermärkten heftig auseinander. Skepsis über einen bevorstehenden Marktverfall war eine der Varianten.

Wackelkandidat Korea Line?

Die Bonität eines Charterers wie Korea Line zu diesem Zeitpunkt vermag der Autor nicht zu beurteilen. Er erinnert sich allerdings, dass im vierten Quartal 2008 – nach dem Absturz – sich Experten im Markt große Sorgen darüber machten, ob Korea Line und einige andere Operateure diesen überstehen könnten. Man sah eben das Missverhältnis zwischen echtem eigenem Geschäft und eigenen Assets gegenüber den teuren Charter-Verpflichtungen auf hohem Ratenniveau und einer riesigen Neubau-Pipeline. Mit großer Erleichterung wurde zur Kenntnis genommen, dass besorgte Anfragen nach dem Durchhaltevermögen der Koreaner banktauglich positiv beschieden worden sein sollen; KLC präsentierte sich den Kunden in einer eigens dazu organisierten Roadshow vor Ort. Was das Klumpenrisiko Korea Line im Schiffsfonds »Bulkerflotte 1« anging, hatte sich dieses wegen der Schließung nun allerdings auf 7 zu 2 Schiffe bzw. rd. 78 % Korea Line als Charterer (!), bei nur noch 22 % Hanjin, erhöht.

Wie wir wissen, erholten sich die Bulkermärkte 2009/2010 erstaunlich schnell auf ein wieder erträgliches Niveau, so dass sich das Problem zunächst auflöste, zumindest aufgeschoben werden konnte. Geschäftsführung und Beirat der »Bulkerflotte 1« trauten sich sogar, die prospektierten 7 % Auszahlungen für 2010 freizugeben. Die neue Abwärtswelle jedoch erfasste Korea Line (KLC) dann schneller als erwartet. Anfang 2011 musste man sich zur Insolvenzgefährdung bekennen und versuchte es zunächst mit freiwilligen Charterreduzierungen »auf Marktniveau«, die man den Reedern, so auch E. R. Schifffahrt / Nordcapital, abzutrotzen versuchte – was aber nicht fruchtete. Am 25. Januar stellte KLC Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Seit 26. Januar wurden keine Charterraten mehr gezahlt. Insgesamt sollen von der Pleite 200 Charterschiffe betroffen worden sein. Man kann sich vorstellen, dass dies Verwerfungen auf den Chartermärkten auslöste. Unter der Insolvenzverwaltung im Februar bot KLC schließlich die Weiterführung der Charterverträge mit einer Reduzierung von 24.600 auf 16.000 $ an, was nach Abstimmung mit dem Beirat ebenfalls abgelehnt wurde.

Krisenmanagement

Die Herausforderungen im Überblick:

• Umgang mit den alten KLC-Charterverträgen (prüfen, lfd. Reisen abschließen, Forderungen von Drittgläubigern abwehren bzw. regeln / Arreste verhindern, kündigen Schadenersatzforderungen)

• neue Beschäftigung finden für sieben von neun Schiffen

• Übernahme von vier Neubauten ohne Beschäftigung regeln bzw. sicher stellen

• Banken befrieden (Liquidität, Stillhalten, Krediterhalt bzw. Auszahlung sicherstellen, Zusatzsicherheiten)

• Fortführungskonzepte kurz- und mittelfristig erarbeiten

• Liquidität bis Annahme /Abschluss des Sanierungskonzeptes sicherstellen; Zahlungsunfähigkeit einzelner Schiffs-KGs vermeiden

Der Fonds »Bulkerflotte 1« wurde in einer äußerst misslichen Situation von Korea Lines Insolvenz überrascht. Erst drei KLC-Bulker sowie die beiden an Hanjin vermieteten »E. R. Bergamo« und »E. R. Barcelona« waren in Fahrt. Für die Nr. 6 resp. Nr. 4 für KLC, »E. R. Basel«, galt es, kurzfristig die Übernahme am 27. Januar sicher zu stellen. Die drei restlichen Bulker mit Planablieferung 2011 waren bzw. sind noch im Bau; hohe Anzahlungen waren bereits geleistet worden – insgesamt 57,6 Mio. $ (»E. R. Bern«, »E. R. Bornholm«, »E. R. Bogense«).

Der Erck-Rickmers-Gruppe selbst konnte der Fall der Korea Line außer ihrer Beteiligung an der Bulkerflotte 1 nichts mehr anhaben. Ihr war es gelungen, sich im Rahmen von Nachverhandlungen zu wesentlich verbesserten Konditionen aus der »Bulker-Affäre« zu ziehen (vgl. folgenden Beitrag »Ein Reeder räumt sein Auftragsbuch auf«). Dabei befreite man sich spätestens 2010 auch vom Chartervertrag mit Korea Line für die (ursprünglich für den DB-Fonds gebuchte) »E. R. Bordeaux«.

Zu den bereits fahrenden Schiffen: Da KLC nach strammer Sanierung weitergeführt werden soll, galt es zunächst abzuwägen und in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter herauszufinden, ob es ratsam sei, die Charterverträge zu kündigen oder auf Weiterbeschäftigung zu setzen. Reisen mussten zu Ende geführt und rechtliche Positionen »durchgespielt« werden. Zu alledem saß man auf Kosten von Gläubigern des Charterers, die sich aber an den Schiffen schadlos halten konnten. Am Ende wurden alle Charterverträge aufgekündigt, entweder durch die jeweilige Schiffsgesellschaft oder auch durch KLC. Die eingereichten Schadenersatzforderungen gegenüber KLC belaufen sich auf insgesamt rund 314 Mio. $. Dem Management gelang es, neue Beschäftigungen beim norwegischen »Bulkhandling«-Pool der Klaveness-Gruppe zu finden. Dem Pool gehören von deutscher Seite auch die Reedereien Ahrenkiel und Oskar Wehr an. So werden seit dem 1. April wieder Chartereinnahmen erzielt. Da das aktuelle Charterraten-Niveau (12.000–14.000 $ für Ein-Jahres-Chartern) zwar zur Deckung der Betriebskosten, aber nicht des vollen Kapitaldienstes ausreicht, benötigt die Fondsgesellschaft zusätzliches Kapital. Dazu kommen die Liquiditätsausfälle der 38 bis 46 Tage beschäftigungslosen Zeit.

Weitaus schwieriger und teurer gestaltete sich die Situation für die vier Neubauten. Sowohl aufgrund des Ausfalls der KLC-Chartern als auch der gefallenen Marktwerte, die die Höhe der vereinbarten Schiffshypothekendarlehen nicht mehr decken (kalkuliert worden war mit rd. 34 Mio. $ pro Schiff), verlangten die finanzierenden Banken – dem Vernehmen nach Konsortien unter jeweiliger Führung der DVB Bank und der französischen Calyon –, um diese überhaupt bereitzustellen, zusätzliche Sicherheiten: Ausfallbürgschaften von 10 Mio. $ pro Schiff, also 40 Mio. $ insgesamt. Diese hat die Nordcapital-Gruppe zugesagt und bei der »E. R. Basel« bereits vorab gewährt. Im Gegenzug zu den Ausfallbürgschaften gelang es, der Bauwerft bei den drei letzten Neubauten einen Beitrag von 2 Mio. $ abzuhandeln.

Die alternative Frage, ob die Fonds-KG in Anbetracht der gefallenen Preise lieber auf die Abnahme ihrer 48 Mio. $ teuren Schiffe hätte verzichten sollen, und damit ihre Anzahlungen als Verlust hätte abschreiben sollen, wird im Rahmen des Liquiditätssicherungskonzept mit den Gesellschaftern nicht diskutiert. Sie kann so abwegig nicht sein, da ein (sehr schifffahrtskundiges) Beiratsmitglied eben diese Alternative für den besseren Weg gehalten hätte, mit dieser Ansicht allerdings alleine blieb. Das Gesellschafterrundschreiben enthält einen solchen Hinweis: »Nur ein Beiratsmitglied des insgesamt fünf Mitglieder umfassenden Beirats vertritt die Meinung, dass eine Verwertung der Neubauten und der damit verbundene Eigenkapitalverlust der Gesellschafter den besseren Weg darstelle und begründet dies mit den aktuell niedrigen Schiffswerten sowie einer seiner Meinung nach nicht ausreichenden Beteiligung der Banken und Initiatoren am Konzept.« Der Eigenkapitalanteil pro Schiff beträgt übrigens 17,15 Mio. $.

Die beteiligten Banken zeigten sich bis auf kleine Schritte wenig bis gar nicht entgegenkommend. Sie setzten auf ihre Rechte in einem gefallenen Markt. Stillhalten bis zur Durchführung des Sanierungskonzeptes war das Äußerste. Tilgungsstundungen, wie sie hierzulande, gerade bei jungen Schiffsfonds, selbstverständlich sind, oder gar neue Kredite kamen offenbar nicht in Frage. Im Gegenteil, ein Bankkonsortium kündigte sofort nach Insolvenz von Korea Line die Kontokorrentkreditlinien auf.

Solche Strenge mag in Deutschland als ungerecht, weil ungewohnt, empfunden werden. Es dürfte aber zum einen die Situation des Schuldners, zum anderen die Unabhängigkeit der Banken in diesem Fall wiederspiegeln. Denn hier handelt es sich um einen voll platzierten Fonds, dessen Eigenkapital – vergleichsweise ungewöhnlich – bereits in die Anzahlungen von Neubauten geflossen ist. Der Fonds steht im Risiko, das Geld zu verlieren, nicht die Bank. Und mit den Schuldnern – überwiegend private Anleger – besteht kein weiteres Geschäftsverhältnis, das die Banken zur Rücksichtnahme veranlassen könnte. Die Bindung an die Unternehmensgruppe Erck Rickmers als Initiator dürfte in diesem Fall auch keine besondere Rolle mehr gespielt haben.

Das Krisenmanagement hat alle Aufgaben lösen können. Das Ergebnis wurde den Gesellschaftern im Liquiditätssicherungskonzept (so der Begriff im Hause Nordcapital für Sanierungsprogramme) erläutert, über das auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 1. Juni abgestimmt wurde. »Nur mit dessen Umsetzung kann der vollständige Kapitalverlust des in diese Schiffe investierten Eigenkapitals der Gesellschafter vermieden und eine Teilnahme an einer erwarteten Markterholung ermöglicht werden«, so appellierte die Geschäftsführung um Zustimmung.

Das Sanierungskonzept

Die Kernpunkte des Liquiditätssicherungskonzeptes (außer den bereits erwähnten) lauten:

Der erforderliche Kapitalbedarf bis Ende 2013 wurde mit 49 Mio. $ ermittelt. Davon sind 14,65 Mio. $ an Überbrückungsfinanzierung rückzahlbar, d. h. kurzfristig bis zum 26. Juli dieses Jahres fällig. Aufgebracht wird die Summe in erster Linie durch die eingangs erwähnte Kapitalerhöhung um 30,564 Mio. $ durch die Anleger zzgl. 1,2 Mio. $ durch die Nordcapital-Gruppe. Weitere 15,3 Mio. $ errechnen sich aus dem Cashflow bzw. den planmäßig vorgesehenen Auszahlungen der gesunden, an Hanjin vercharterten Schiffe »E. R. Bergamo« und »E. R. Barcelona«. 1,9 Mio. $ resultieren aus Treuhandgebühr-Stundungen.

Kurzfristiges Überbrückungskonzept bis Ende Juli: Bis hierhin übergangsweise gestundete jeweils zwei Quartalstilgungen der Banken sind über das Neukapital sofort nachzuholen. Nordcapital gewährte zusätzlich ein Überbrückungsdarlehen über 4,925 Mio. $, das ebenfalls per Ende Juli zurückzuführen ist. Nordcapital beteiligt sich quotal zu ihrer bestehenden Einlage von 4,6 Mio. $ mit 1,2 Mio. $ an der Kapitalerhöhung.

Einbeziehung der gesunden, an Hanjin vercharterten Schiffe »E. R. Bergamo« und »E. R. Barcelona«: a) freie Liquidität darf 2011 bis 2013 für den Kapitalbedarf der notleidenden Schwestern verwendet werden. b) Banken verzichten auf diverse Rechte wie z. B. Auszahlungsbeschränkungen, so dass für diese beiden Schiffe »ausgeschüttet« werden darf. c) Gründungsgesellschafter (Nordcapital-Gruppe) stunden Anspruch auf Auszahlungen in Höhe 1,4 Mio. $ bis Ende 2013.

d) Nordcapital stundet bis Ende 2013 die Hälfte ihrer Treuhandvergütungen (1,9 Mio. $).

Zu den Banken (Fremdkapital): Zusage zur Auszahlung der Endfinanzierung der drei restlichen Schiffe, Wiederaufleben der Kontokorrentkreditlinien bis Ende 2014, moderate Margenerhöhung, Währungsklausel bis Ende 2013 von 105 auf 120 % angehoben.

Mit allgemeiner Verstimmung und Enttäuschung vermerkt wurde, auch auf der Gesellschafterversammlung, dass von der Deutschen Bank als Exklusivvertrieb über die verbale Unterstützung hinaus keine Beiträge geleistet wurden. Dabei stundet die Geschäftsbesorgerin Zweiundzwanzigste Paxas ebenso wie Nordcapital Treuhand 50 % ihrer Gebühren der Jahre 2011–2013. Auf die Anfrage des Autors hinsichtlich der Nichtbeteiligung sowie des Klumpenrisikos Korea Line ging die Deutsche Bank in ihrer Antwort nicht ein. Sie verwies darauf, »das Fondsprojekt sorgfältig geprüft« und in Beratungsgesprächen »auf die mit einer unternehmerischen Beteiligung verbundenen Chancen und Risiken ausführlich hingewiesen« zu haben. Wer nachbohrt, dem wird bedeutet, dass es wohl vertraulich gehaltene Absprachen gebe, die »für den Fall der Fälle« irgendeine Art von Hilfe bedeuten mögen. Nordcapital betonte auf Anfrage, das Liquiditätssicherungskonzept sei »in enger Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Deutschen Bank erstellt und begleitet« worden. Derzeit sei die DB intensiv mit der Kapitaleinwerbung beschäftigt.

Vergütungen / Entschädigung der Nord­capital-Gruppe: Die im Rahmen des Krisen-Managements erbrachten Leistungen und erzielten Ergebnisse der Unternehmensgruppe Erck Rickmers mit Nordcapital und E. R. Schiffahrt sind nicht zu unterschätzen, zumal des öfteren über die beschriebenen Beiträge hinaus in der Zwischenzeit immer wieder, wo Not am Mann war, mit Liquidität, Stundungen und kurzfristigen Darlehen beigesprungen wurde. Unterm Strich bleibt aber auch festzuhalten, dass sich nach Realisierung der Sanierung die Arbeit für die Gruppe ordentlich gelohnt haben wird.

So werden die Überbrückungsdarlehen von 4,295 Mio. $ mit 8 % p.a. verzinst. Auf Gebühren für Bauaufsicht und Treuhandgesellschaft wird nicht verzichtet, lediglich in Teilen gestundet. Auch die auf Nordcapital (Gründungsgesellschafter) entfallenden Auszahlungsansprüche aus den beiden gesunden Hanjin-Charterschiffen bis Ende 2013 werden lediglich gestundet, mithin nicht wie seitens der Anleger / Gesellschafter dem Gesamtfonds zur Verfügung gestellt.

Die Bürgschaften über 4 x 10 Mio. $ werden zum einen mit einer Avalprovision von 3 % p.a. vergütet. Darüber hinaus erhält die Nordcapital-Gruppe eine Einmalvergütung von 640.000 $ pro Bürgschaft für die »E. R. Bern«, »E. R. Bornholm« und »E. R. Bogense«. Diese Vergütung steht in unmittelbarem Zusammenhang eines Beitrags der Bauwerft Hyundai Mipo in Höhe von 2,0 Mio. $, aus dem diese bezahlt wird. Die restlichen 1,36 Mio. $ werden jeweils zur Reduzierung der Schiffshypothekendarlehen eingesetzt.

Für den Fall des Scheiterns des Liquiditätssicherungskonzeptes oder auch im Verwertungsfall hat man sich die Option gesichert, die Neubauten gegen Ablösung der Restverbindlichkeiten vom Fonds zu übernehmen. »Diese Regelung soll die Möglichkeit eröffnen, eventuell unter der Bürgschaft eintretende Verluste durch den späteren Einsatz des Schiffes wieder kompensieren zu können«, lautet die Begründung.

Zur Lage der Investoren / Anleger: Anleger (oder Dritte), die an der Kapitalerhöhung teilnehmen, erhalten einen bevorrechtigten Gewinnvorab in Höhe 12 % p.a., sie werden bei Verkaufsergebnissen von Schiffen mit einem erhöhten Faktor von 1,5 belohnt und sollen bei Liquidation des Fonds ihr Kapital bevorrechtigt vor dem Altkapital zurückerhalten.

Prognose: Die dem Prospekt zugrunde liegende Prognose von 2008 mit jährlichen Auszahlungen von 7–10 % und einem Überschuss von 122 % nach 19 Jahren (6,4 % p.a.) ist natürlich nicht mehr zu halten. Im Sanierungskonzept gehen die Konzeptionäre von sich wieder erholenden Marktverhältnissen ab 2013 aus. Angesetzt sind dann Raten von 17.500 $, steigend auf 20.000 und 21.000 $ brutto (im Prospekt waren nach Auslauf der Erstchartern Erlöse von 22.000 $ unterstellt worden). Die prognostizierte Ergebnisübersicht »verspricht« dem Sanierungskapital die Rückführung über Gewinnvorab-Auszahlungen binnen acht Jahren (2019). Das ursprüngliche Kapital miteinbezogen, heißt die Zielvorstellung nach einem unverändert für das Jahr 2026 angesetzten Komplettverkauf der Flotte: Überschuss 44,25 % nach 19 Jahren, im Durchschnitt also nur noch 2,3 % p.a. Gesellschafter, die sich nicht an der Rettung beteiligen, sollen nach dem aktuellen Zahlengerüst erst ab 2018/2019 wieder erste Auszahlungen von 1 und 3 % sehen. Würde es zu den Prognose-Schiffsverkäufen im Jahr 2026 kommen mit Rückflüssen von unterstellten 64,5 %, bekämen die Alt-Anleger ihr Kapital gerade eben zurück, mit einem »Schnaps« obendrauf (5,2 %). Aus den einst erhofften regelmäßigen Auszahlungen und Gewinnen ist ein zerplatzter Traum geworden.

Bei Redaktionsschluss lagen nach Auskunft Nordcapitals Zusagen in Höhe von etwa 50 % der benötigten Mittel vor.

Fazit

Derart umfassend kalt erwischt zu werden von der Pleite eines einzigen Vertragspartners, und das noch mitten in der Investitionsphase, ist ebenso bitter wie peinlich. Es ist kein gutes Zeugnis für die Initiatoren Nordcapital und Deutsche Bank. Dennoch: Das Krisenmanagement hat zweifellos seinen Job in schwieriger Zeit gut gemacht. Die Unternehmensgruppe hat tat- und zahlungskräftig zur Seite gestanden, um der »Bulkerflotte 1« das Überleben zu sichern. Respekt! Gleichwohl ist den Vereinbarungen im Rahmen des Liquiditätssicherungskonzeptes so manches Mal anzumerken, dass Leistung und Gegenleistung auf derselben Seite eines Tisches verhandelt worden sind.

Die Kohlen aus dem Feuer zu holen haben letztlich allein die Gesellschafter. Sie bezahlen für alle ihnen angediehenen Leistungen. Dabei ist die Sanierung auch eine Rettung für die Initiatoren, die für die Konstruktion des Fonds verantwortlich sind. Zweifel darüber, dass der Fonds doch nicht so sicher war, wie er angepriesen wurde, kommen zu spät.

Als Beobachter fragt man sich, ob private Reeder in vergleichbarer Ausgangslage dieselben Verhandlungsergebnisse akzeptiert hätten, was zum Beispiel die Abnahme der drei Neubauten zu nahezu unverändertem Preis angeht. Anleger der »Bulkerflotte 1« werden schwer nachvollziehen können, dass Schwesterschiffe, die für denselben Pool, sogar mal für die »Bulkerflotte 1« vorgesehen waren, seit 2010 mit dem Prädikat »besonders preiswert« Anlegern 12 Mio. $ billiger verkauft werden.

Zum Autor:

Jürgen Dobert, Fachjournalist

juergen.dobert@t-online.de


Jürgen Dobert