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Nikolaus H. Schües, Chef der Reederei F. Laeisz, sieht für das KG-Modell eine Zukunft. Sein Unternehmen will künftig auch nach der Emissionsphase stärker mit eigenem Kapital an den Schiffen der Flotte beteiligt bleiben.

Herr Schües, wie beurteilen Sie aktuell den Markt für Schiffsfinanzierungen, vor allem im Hinblick auf das KG-Modell?

Nikolaus[ds_preview] H. Schües: Das deutsche KG-Modell ist international absolut konkurrenzfähig. Die Insolvenzen von Korea Line und Beluga sind für die Branche natürlich sehr kontraproduktiv – gerade erst hatten die Investoren im vergangenen Jahr angefangen, neues Vertrauen ins Anlageobjekt Schiff zu fassen. Das gilt es nun wieder herzustellen, mein Gefühl ist da recht optimistisch.

Hat die Finanzierung über Einschiffgesellschaften überhaupt noch eine Chance?

Schües: Die Zeit der 100-%-Eigenkapital-Vorfinanzierung ist vorbei. Nur ein aus Banksicht finanziell sehr viel sicheres KG-Modell hat Zukunft, bei dem das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital deutlich ausbalancierter ist als zuletzt. Wir planen, als Reederei künftig auch nach der Emissionsphase eine maßgebliche Eigenkapitalbeteiligung an Schiffen zu halten. Damit gehen wir zurück zum Modell vor dem KG-Markt-Boom, als die Reedereien noch stärker finanziell in ihren Schiffen involviert waren. Die Finanzfachleute nennen das »skin in the game«.

Woher soll das übrige Eigenkapital kommen?

Schües: Die Nachsteuerrendite von 8 bis 9 % einer soliden Schiffsbeteiligung ist, gemessen am inhärenten Risiko, sehr wettbewerbsfähig. Für private Anleger bleibt es eine attraktive Investition. Die große Frage der Zukunft ist: Kommt erst das Eigenkapital, dann die Ware – also Blindfonds? Oder erst die Ware, dann das Eigenkapital – also für das Fondshaus Dienstleistungsgeschäft?

Sehen Sie mit diesem neuen Modell einen Wettbewerbsvorteil für sich?

Schües: Ja. Ich bin sicher, dass wir als solide finanzierte Familienreederei, die behutsam im Neubaugeschäft vorgeht, das Vertrauen der Anleger bekommen. Zunächst muss aber die Grundstimmung zur Schiffsbeteiligung besser werden. Bezogen auf den Anlegermarkt bedeutet das also für unser Haus erst die Ware, dann das Eigenkapital. Das Fondshaus wandelt sich vom Initiator zum Kommissionär, dieses Modell werden einige Reedereien so betreiben.

Das letzte Schiff haben Sie mit Ihrem Tochterunternehmen Hamburgische Seehandlung 2009 emittiert. Wann machen Sie wieder Neugeschäft?

Schües: Die Hamburgische Seehandlung ist kontinuierlich am Markt, zurzeit mit Flusskreuzfahrtschiffen. Für Frachtschiffplatzierungen müssen sich zunächst die Charterraten weiter stabilisieren, aber erste neue Angebote sind ja schon im Markt.

Was muss sich ändern, damit der typische Schifffahrtszyklus mit Übertreibungen bei der Neubautonnage nicht direkt in die nächste Krise führt?

Schües: Neubauten müssen sich am nachfragegetriebenen Markt orientieren. Schiffsfinanzierung war zeitweilig stark angebotsgetrieben, die Einstiegshürden für Reedereien und Emissionshäuser waren niedrig. Das scheint sich zumindest in Deutschland zu verändern. Insofern wird die Finanzkrise konsequenterweise zu einer Konsolidierung führen.

Glauben Sie, dass neben klassischen Bankkrediten und Schiffsfonds künftig andere alternative Finanzierungsmittel eine größere Rolle spielen?

Schües: International ist das doch schon voll im Gange. Bezogen auf Deutschland müssen wir überlegen, für wen sie in Frage kommen. Es sind nur einige Reedereien groß genug und für den Kapitalmarkt ad­äquat aufgestellt. Daher erwarte ich nicht, dass wir in großem Stil Börsengänge sehen werden. Private-Equity-Investitionen in Reedereigesellschaften spielen sich im Hintergrund ab, das bekommt der Markt häufig gar nicht mit – und es werden Einzelfälle bleiben. Vielmehr sehe ich im deutschen Markt einige große Fondshäuser, die als Dienstleister für viele Reedereien auftreten. Das Investitionsrisiko wird so auf viele Schultern verteilt.

Würde die hanseatische Kaufmanns- mit der vor allem angelsächsisch geprägten Investmentkultur überhaupt zusammen passen?

Schües: In der Tat dürfte hier eine Zusammenarbeit auch unter geschäftskulturellen Gesichtspunkten schwierig sein. Insbesondere, wenn man Renditeerwartungen von Private-Equity-Investoren von 20 % und mehr betrachtet. Das Investment von Oaktree bei Beluga hat auch nicht gerade dazu beigetragen, dass sich Reedereien gern solchen Investoren öffnen werden.

Griechische Reeder ordern kräftig Containertonnage, unterfüttert von chinesischen Krediten und US-Börsenkapital. Auch andere ausländische Marktteilnehmer – etwa die gerade von Carlyle mit viel Geld ausgestattete Seaspan – treiben die Expansion ihrer Flotte voran. Drohen die deutschen Reeder abgehängt zu werden, weil ihnen finanziell die Hände gebunden sind?

Schües: Eine Marktverschiebung bei Containerschiffen in Richtung Griechenland und China findet ganz offensichtlich statt. Was bleibt, ist die Kapitalintensität der Expansion, dass also Liniengesellschaften aufgrund der eigenen Bilanzstruktur für Wachstum Chartertonnage benötigen. Der Kuchen ist riesig und das maritime Cluster in Deutschland wird einen guten Teil davon verteidigen können.

Für wie wettbewerbsfähig halten Sie den maritimen »Standort D« noch?

Schües: Die Bundesregierung muss mittelfristig die Rahmenbedingungen denen anderer Länder angleichen. Im Vorwege der Nationalen Maritimen Konferenz sah es nach dem Gegenteil aus. Es ist aber wohl gelungen, die einhellige Meinung des VDR, der Küstenländer und ver.di der Bundesregierung näher zu bringen. Das gibt Grund zur Zuversicht. Die Tonnagesteuer ist übrigens keine Subvention, sondern Standortsicherung.

Interview: Nikos Späth


Nikos Späth