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Anleger von lediglich anplatzierten Schiffsfonds stecken in der Falle zwischen Platzierungsgarant und Bank.

Geschlossene Fonds wurden in der Vergangenheit häufig mit Platzierungsgarantien beworben, die von den Garanten nicht erfüllt werden. Viele der Fonds[ds_preview] leiden noch heute unter den Folgen. Die Initiatoren müssen auch strafrechtliche Konsequenzen befürchten.

Zur Illustration des Problems mag folgender Fall dienen: Herr Wagner erwarb im Oktober 2008 eine 50.000-€-Beteiligung an einem Schiffsfonds. Der Fonds, eine Schifffahrtsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, sollte eigene Gesellschaftsbeteiligungen für insgesamt 21 Mio. € an Anleger verkaufen. Bereits vor Beginn der Platzierung hatte die Gesellschaft drei kleinere Tankschiffe erworben. Preis: 84 Mio. US$ (ca. 54 Mio. €) zzgl. Kaufnebenkosten. Der Kaufpreis war von einem Bankenkonsortium vorfinanziert worden. Das Gesamtdarlehen teilte sich auf in ein Finanzierungsdarlehen, das über zehn Jahre getilgt werden sollte, und eine Eigenkapitalzwischenfinanzierung, die aus dem eingeworbenen Kommanditkapital bei Schließung des Fonds zurückgeführt werden sollte. Zur Sicherheit für die beitretenden Anleger und für die Banken hatte das Emissionshaus für diesen letzten Teil des Darlehens eine Garantie abgegeben: sollte es nicht gelingen, das notwendige Eigenkapital bis zum vorgesehenen Stichtag auf dem Kapitalmarkt einzusammeln, versprach das Emissionshaus zu diesem Datum selbst als Kommanditist der Fondsgesellschaft beizutreten und das fehlende Eigenkapital einzuzahlen.

Aufgrund der im September 2008 einsetzenden Wirtschaftskrise geriet die Platzierung ins Stocken. Beteiligungen an Schiffsgesellschaften waren nicht mehr verkäuflich. Von den benötigten 21,3 Mio. € Eigenkapital waren Ende Dezember 2008 lediglich 1,575 Mio. €, also gerade mal 7,4 % verkauft. Die prospektierten Erlöse aus dem Betrieb der Schiffe ließen sich am Markt nicht mehr erzielen. Das Beteiligungsangebot musste vom Markt genommen werden.

Die Anleger des Fonds erwarteten nun, dass das Emissionshaus die Platzierungsgarantie erfüllen und das fehlende Eigenkapital zur Verfügung stellen würde. Der Stichtag für die Ablösung der Eigenkapitalzwi-

schenfinanzierung verstrich allerdings, ohne dass etwas geschah. Die Geschäftsführung des Fonds (alles Angestellte des Emissionshauses) unternahmen selbst dann monatelang nichts, um die Erfüllung der Platzierungsgarantie einzufordern, als sie auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter hierzu angehalten wurden. Die Fondsgesellschaft steht vor dem Ruin. Nur durch das (vorläufige) Stillhalten der Banken ist die Insolvenz noch nicht offenbar geworden.

Das Beispiel ist aus der Praxis gegriffen und typisch für das, was sich während und nach der Finanzkrise in der Branche vielfach ereignet hat. Platzierungsgarantien wurden (und werden weiterhin) nicht erfüllt, weil die Garanten zur Erfüllung gar nicht in der Lage sind und zumeist schon bei der Prospektherausgabe nicht in der Lage waren. So wie in dem hier beschriebenen Fall wurden viele in den Jahren 2008/2009 im Vertrieb befindliche Fonds nicht ausplatziert. In den seltensten Fällen sind die Platzierungsgaranten eingetreten. Betroffen sind Hunderte von Anlegern (Vergleiche Jürgen Doberts Jahresanalysen und Tabellen »Platzierte Schiffsbeteiligungen« 2008 bzw. 2009 in HANSA 5/2009 und 7/2010).

In welchem Ausmaß Scheinsicherheiten das Finanzierungsgeschäft in diesem Metier bestimmten, offenbart beispielhaft der Blick in den letzten Geschäftsbericht eines der großen Emissionshäuser:

Das Modell einer sonst auf dem Kreditmarkt völlig unüblichen 100-%-Finanzierung wird hier in unverblümter Offenheit vorgestellt: Da der Auftrag zum Bau des jeweiligen Schiffes schon vergeben wurde, ehe überhaupt Anleger eingeworben worden waren, »wurden in der Vergangenheit ergänzend zu langfristig strukturierten Investitions- bzw. Bauzeitdarlehen im Rahmen der Projektfinanzierungen seitens der beteiligten Banken regelmäßig kurzfristige Eigenkapitalzwischenfinanzierungen seitens der Banken bereitgestellt«. Einfacher ausgedrückt: Auch das Eigenkapital der Bestellergesellschaft ist (zunächst jedenfalls) Fremdkapital und der Sockel für weiteres (längerfristig zur Verfügung gestelltes) Fremdkapital. Für beides musste das Emissionshaus Sicherheiten stellen. Für die Absicherung der Bauzeitfinanzierung gab das Emissionshaus Bürgschaften, für die sog. Eigenkapitalzwischenfinanzierung trat die Fondsgesellschaft ihren Anspruch aus den vom Emissionshaus gegebenen Platzierungsgarantien an die Bank ab.

Doch von welcher Qualität waren diese für die Schiffsfinanzierung gegebenen Sicherheiten?

Im Geschäftsbericht für 2009 werden die Verpflichtungen aus Bürgschaften mit 1.122 Mio. €, aus Platzierungs- und Eigenkapitalgarantien mit 496 Mio. € und aus Ankaufsverpflichtungen mit 36 Mio. € benannt. Insgesamt handelt es sich um versprochene Sicherheiten in Höhe von 1,654 Mrd. €. Das bilanziell ausgewiesene Eigenkapital belief sich hingegen auf 33,1 Mio. €, so dass die Verfasser des Geschäftsberichts mit der Feststellung nicht Unrecht hatten, die herausgegebenen Sicherheiten – euphemistisch als »Eventualverbindlichkeiten« bezeichnet – überstiegen das Eigenkapital »um ein Vielfaches« (tatsächlich um das Fünfzigfache). Dass es mit diesen Sicherheiten keiner der Beteiligten wirklich ernst gemeint hat, wird dann auch unverhohlen ausgesprochen: »Das hohe Volumen dieser Verbindlichkeiten korreliert mit der Platzierungskraft in einem normalen Marktumfeld.« Eben: die Sicherheiten gelten nur für den Fall, dass sie nicht gebraucht werden – in einem »normalen Marktumfeld«, nicht aber in Zeiten der Krise.

Die betroffenen Fonds, die weiterhin auf die Erfüllung der Platzierungsgarantien warten, stecken fest. Für eine geordnete Rückabwicklung fehlt das Geld, das längst für die Finanzierung der Fondsobjekte, für Vertriebs- und Projektierungskosten ausgegeben wurde. Die Banken halten (vorerst) still. Die Fonds sind jedoch im Kern insolvent, weil sie nicht in der Lage sind, die längst fälligen Eigenkapital-Zwischenfinanzierungsdarlehen zurückzuzahlen. Die Zahlungsunfähigkeit der Fonds wird durch das Stillhalten der Banken lediglich verdeckt. Das gibt den Banken eine sehr starke Position: Da die (Zwischenfinanzierungs-) Darlehen fällig sind, die Fondsgesellschaften also mit ihren Zahlungsverpflichtungen im Verzug sind, haben die Banken jederzeit das Recht, die Fondsobjekte zu verwerten. Die Anleger müssen befürchten, dass die Banken zu gegebener Zeit von ihrem Recht Gebrauch machen, ohne Rücksicht darauf, ob die Verwertungserlöse auch zur Rückzahlung des (nachrangigen) Eigenkapitals ausreichen.

Auch wenn die Banken nicht zur Verwertung schreiten, besteht für die Anleger dieser Fonds wenig Hoffnung. Die zukünftig erwirtschafteten Erträge werden zunächst in den Kapitaldienst fließen, der durch die Eigenkapital-(Zwischen-) Finanzierung im Verhältnis zu den Prospektprognosen überdimensional aufgebläht ist. Entsprechend verlängert sich auch der Tilgungszeitraum gegenüber den Prospektprognosen u. U. um viele Jahre. Insbesondere bei Wirtschaftsgütern mit begrenzter Nutzungsdauer (wie z. B. bei Schiffen) muss bezweifelt werden, dass die nach erfolgter Tilgung verbleibende Restnutzungszeit (bei zumeist reduziertem Nutzungswert) ausreicht, um die Rückzahlung des Eigenkapitals zu erwirtschaften (von einer angemessenen Rendite ganz zu schweigen).

Die Initiatoren weisen demgegenüber gern darauf hin, dass die geringe Eigenkapitalquote die Stellung der Anleger am Ende verstärkt, weil sich die Erlöse aus dem Betrieb und aus der Liquidation nach der Abtragung der Darlehen auf ein geringeres Eigenkapital verteilen. Das ist zwar richtig, lässt aber außer Betracht, dass den Anlegern dafür in der Tilgungsphase ein deutlich erhöhtes Totalverlustrisiko aufgebürdet wird. Übersehen wird bei dieser Betrachtungsweise außerdem, dass sich durch die Verlängerung der Tilgungsphase der Zeitraum, in dem der Anleger den Ertrag aus der Anlage erntet, nicht nur erheblich verkürzt, sondern auch deutlich nach hinten verschiebt. Insbesondere bei Investitionsgütern mit begrenzter Nutzungsdauer, ist dadurch mit dem Beginn der Hauptertragsphase (also nach Ablauf der verlängerten Tilgungsphase) der Nutzungswert und damit auch der Ertrag des Anlagegutes bereits deutlich reduziert. Durch die zeitliche Verschiebung der Ertragsphase kommt es schließlich auch zu geringeren Liquidationswerten, weil der Investitionsgegenstand durch Zeitablauf bereits stärker an Wert verloren hat.

Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen dem Anleger in dieser Situation zur Verfügung?

Der Anleger kann die Rückabwicklung seiner Beteiligung von dem Prospektverantwortlichen verlangen, wenn er seine Anlageentscheidung auf der Grundlage eines fehlerhaften Prospektes getroffen hat (§ 13 VerkaufsprospektG i.V.m. §§ 44–47 BörsenG).

Der Fehler liegt in Fällen wie diesen darin, dass der Prospekt mit einem Garantieversprechen wirbt, das von vornherein wertlos ist, weil der Garant schon bei der Prospektierung nicht in der Lage war, Garantieverpflichtung zu erfüllen. Das Emissionshaus kann sich demgegenüber auch nicht darauf berufen, dass solche Garantien in der Vergangenheit nur selten oder nur für geringe Beträge in Anspruch genommen wurden, denn die Garantien werden gerade für den Fall abgegeben, dass die Platzierung nicht gelingt. Für die Werthaltigkeit der Garantie kommt es also allein auf die Finanzkraft des Garanten an, nicht aber auf frühere Platzierungserfolge.

Das Landgericht Hamburg hat im Übrigen in drei jüngst ergangenen Urteilen entschieden, dass der Prospekt auch auf die Risiken hinweisen muss, die sich aus der Abtretung der Garantien an die finanzierenden Banken ergeben, wenn die Abtretung dazu führt, dass die Fondsgesellschaft ihre Verfügungsbefugnis über die Garantieansprüche verliert. Ein Prospektfehler kann also auch darin liegen, dass dieser Hinweis fehlt (Die Urteile sind nicht rechtskräftig, die Berufungen sind beim Hanseatischen Oberlandesgericht anhängig).

Die Prospektverantwortlichen müssen aber nicht nur befürchten, von den geworbenen Anlegern auf Rückabwicklung der Einlagen in Anspruch genommen zu werden, wenn sie mit Platzierungsgarantien geworben haben, die von den Garanten von vornherein nicht erfüllt werden konnten. Darüber hinaus drohen auch strafrechtliche Konsequenzen:

Strafbar macht sich gemäß 264a StGB, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Unternehmens-

anteilen in Prospekten gegenüber einem größeren Kreis von Personen hinsichtlich der für die Anlageentscheidung erheblichen Umstände unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt (Kapitalanlagebetrug). Der erforderliche Vorsatz wird in diesen Fällen in aller Regel gegeben sein, denn der Prospektverantwortliche wird seine (Un-)Fähigkeit, die Platzierungsgarantie in voller Höhe zu erfüllen, natürlich gekannt haben und hätte auf diese nachteilige Tatsache an geeigneter Stelle im Prospekt hinweisen müssen.


RA Dr. Gerhard Strate, RA Karl-Georg von Ferber