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Im Subventionswettbewerb mit China kann Deutschland nicht mithalten. Daher brauchen Schiffbauer und Zulieferer kreative Lösungen für Finanzierungsengpässe, so der Tenor in Wilhelmshaven.

In seinem Impulsreferat des Schiffbauindustrie-Workshops stellte Alexander Nürnberg, geschäftsführender Gesellschafter von Hatlapa, fest, dass die deutschen Werften weiterhin die[ds_preview] Nummer eins in Europa seien und die Schiffbau-Zulieferer weltweit führend. Allerdings sei die Branche trotz der positiven Konjunkturentwicklung noch nicht im Aufschwung, da sie immer etwas hinter dem Konsumgütersektor herlaufe. Die Schiffbaubranche habe auch in der aktuellen Krise ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bewiesen und innerhalb der vergangenen fünf Jahre einen weitgehenden Produktwechsel bewältigt, so Nürnberg. Die strategische Ausrichtung sei jetzt auch den jüngsten Chancen in der Offshore-Windenergie angepasst. Nachdem die Zulieferindustrie bereits vor einigen Jahren Szenarien für das Jahr 2021 durchspielte, sei jetzt zu beobachten, dass sich die reale Entwicklung den eher optimistischen Szenarien annähere, so das Fazit von Nürnberg, der im VDMA auch dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie vorsitzt.

Der Berichterstatter der FDP-Fraktion für die maritime Industrie, Torsten Staffeldt, formulierte drei Wünsche: Erstens den aktiven und hartnäckigen Einsatz der Bundesregierung für gleiche internationale Spielregeln für den Wettbewerb. Als zweiten Wunsch nannte Staffeldt, dass die Politik intelligent in die maritime Zukunftsbranche investieren möge. In der Evaluierung des letzten maritimen F+E-Förderprogrammes wurde festgestellt, dass ein Fördermitteleinsatz von 90 Mio. € neues Geschäft im Volumen von 1 Mrd. € generiert habe. F+E-Fördermittel seien daher eine Investition, keine Subvention. Der dritte Wunsch galt kreativeren Lösungen für die Finanzierungsengpässe im deutschen Schiffbau. Dabei sollten auch Best-Practice-Ansätze und Tax-Lease-Modelle ernsthaft geprüft werden.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts­minister Jürgen Seidel (CDU) forderte mehr industriepolitische Unterstützung durch die Bundesregierung und erklärte deren Notwendigkeit am Beispiel der Werften als Kristallisationskerne für viele mittelständische Unternehmen in einer industrie­armen Region. Er wies daraufhin, dass die öffentliche Hand bisher keine einzige Bürgschaft abschreiben musste, sondern sogar an den Zinsen verdient habe. Meinhard Gerken als Vertreter der IG Metall sah Länder, Industrie und Gewerkschaft auf fast gleichen Positionen.

Werftenchef Meyer beklagt Know-how-Abfluss nach China

Die derzeitige Lage im internationalen Wettbewerb brachte CESA-Präsident und Werftinhaber Bernard Meyer auf die Kurzformel »Konfuzius gegen Abendland«. Er schilderte dabei die systematischen strategischen Bemühungen Chinas, in allen Gliedern der maritimen Wertschöpfungskette die Führung zu übernehmen zu wollen – auch im Sinne des exportgesteuerten Wechselkurses des Renminbi. Meyer warnte vor einem Verschwinden der Schiffbauindustrie hierzulande und erinnerte daran, dass von jedem 300 Mio. € teuren Kreuzfahrerneubau, der die Ems herab fährt, etwa 100 Mio. € in die deutschen Sozialkassen fließen, davon 75 % durch die vielen lokalen Zulieferer. Er beklagte auch die, wie er es formulierte, »technische Prostitution«, namentlich den Know-how-Abfluss nach China durch europäische Klassifikationsgesellschaften, Reeder und Berater.

Bei den Finanzierungen stellte Meyer fest, dass man inzwischen Rückschritte gegenüber der letzten LeaderShip-Konferenz gemacht habe. Seidel ergänzte, es gäbe für Mecklenburg-Vorpommern nur noch zwei Banken, die die notwendigen Finanzierungswerkzeuge für die Werften bereitstellen, daher seien die Länder gefordert. Der Koordinator der CDU-Fraktion im Bundestag, Eckhard Rehberg, verwies dagegen darauf, dass die Bundesregierung und der Haushaltsausschuss die CIRR- und Hermes-Regularien höchst flexibel gehandhabt hätten und damit unter anderem verhindern konnten, dass drei Kreuzfahrtschiffe nach Italien gehen. Er gab zu bedenken, dass eine Fortführung des Deutschlandfonds auch Bonitätsnachteile und wesentlich höhere Zinsen für die Werften bedeuten würde.

Der Maritime Koordinator Hans-Joa­chim Otto bezeichnete den Schiffbau erneut als unverzichtbare Branche von vitalem nationalen Interesse und rief die Branche auf, gemeinsam mit ihm für ein positiveres Bild bei den Bankvorständen zu sorgen. Eine Frage aus dem Publikum, warum die Bundesregierung nicht einen Finanzierungs-Pool aus staatlichen und privaten Banken initiiere, blieb allerdings unbeantwortet. Einen Zugang der Werften zum neuen 5-Mrd.-€-Offshore-Kreditprogramm der KfW hatte Wirtschaftsminister Philipp Rösler zuvor abgelehnt.

Bundeswehrreform betrifft Marine unterproportional

Für den Marineschiffbau wies Friedrich Lürssen darauf hin, dass die geplanten Einsparungen von 8 Mrd. € im Haushalt des Verteidigungsministers die Erhaltung der wehrtechnischen Kernfähigkeiten bedrohen. Die Konstruktionsphase für die neuen Fregatten liefe 2013 aus – Anschlussaufträge seien nicht in Sicht. Auch der Export von Marineschiffen sei inzwischen schwierig geworden, man habe einen großen Minenjäger­auftrag an neue koreanische Wettbewerber verloren. Manchmal dürfe man sogar mangels Exportgenehmigung nicht mitbieten, während europäische Wettbewerber damit keine Probleme hätten. Rehberg erinnerte daran, dass der Haushaltsausschuss eine Vergrößerung des Reparaturtitels um 20 % auf 50 Mio. € erstritten habe, und Staatssekretär Otto sagte eine generösere Unterstützung des Exports von Marineschiffen zu. Die Marine werde bei der Bundeswehrreform unterproportional verkleinert.

Zum Thema Ausbildung forderte die IG Metall die Möglichkeit des Erwerbs von akademischen Ingenieurs-Abschlüssen auch durch betriebliche Weiterbildung. Bernhard Meyer erinnerte daran, dass die Werften mehr ausbildeten als der Durchschnitt der deutschen Industrie. Er äußerte die Bitte an die Länder: »Gebt uns gute Hochschulen.«

Bernard Meyer trug als Berichterstatter des Workshops im Plenum folgende Ergebnisse vor: Der deutsche und europäische Schiffbau muss sich mit koordinierter chinesischer Expansion nie gekannter Dimension auseinandersetzen. Andererseits ist er nach Angaben der Regierung unverzichtbar und von vitalem nationalen Interesse. Die Bundesregierung wird daher um Unterstützung auf folgenden Feldern aufgefordert:

• Forschung und Entwicklung müssen weiter konsequent gefördert werden.

• Deutschland soll sich in der EU für ein Fortbestehen des Rahmens einsetzen, der den Fortbestand der Innovationshilfen ermöglicht.

• Das Programm LeaderShip 2020 der CESA soll unterstützt und der LeaderShip-Prozess in Deutschland weitergeführt werden.

• Neue kreative Wege für Zwischen- und Endfinanzierung sowie Avale müssen gefunden werden.

• Ein neues Kreditprogramm für schwimmendes Offshore-Installations- und War­tungsgerät ist notwendig.

• Die Bundesregierung muss sich aktiv in allen Gremien für weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen einsetzen. Die neuen OECD-Richtlinien dürfen nicht zum Exportförderprogramm für China werden.

• Die Erhaltung der Kernfähigkeiten im Marineschiffbau muss durch den nationalen Auftraggeber sichergestellt werden. Flankierende Exportunterstützung ist erforderlich, einschließlich der Beseitigung von Ungleichheiten innerhalb Europas bezüglich Exportgenehmigungen.

• Wirtschaftliche Anreize für eine früh­zeitige Nachrüstung von Umwelt- und Sicherheitstechnologien sollten geschaffen werden. Deutschland sollte sich im europäischen Rahmen für ein Flottenerneuerungsprogramm in der europäischen Schiff­fahrt (Shortsea-Shipping) einsetzen.

• Duale Ausbildungs- und Studiengänge sollen gestärkt werden.
Michael vom Baur