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Trotz Weiterentwicklungen bei elektrischen Antriebsanlagen werden ihre Vorteile in bestimmten Schiffstypen noch unterschätzt.

Obwohl bei der weitaus größten Anzahl von Schiffen die Propeller heute von Dieselmotoren angetrieben werden, hat es in den letzten[ds_preview] Jahren eine Reihe von Entwicklungen auf dem Gebiet der elektrischen Schiffsantriebsanlagen gegeben und es wurden verschiedenartige Schiffe mit elektrischem Antrieb gebaut. Je nach Schiffstyp und Einsatzbedingungen hat der elektrische Antrieb jeweils spezielle Vorteile gegenüber diesel-mechanischen Anlagen, die die Nachteile einer größeren Anlagenkomplexität, eines meist höheren Gewichtes und höherer Investitionen überwiegen. Vorteile können zum einen in der Flexibilität der Anordnung der Propeller und der Primär­energieerzeuger (z. B. Dieselmotoren) ge­sehen werden. Besonders die als »podded drive« bezeichneten Bauform, bei der der Elektromotor zusammen mit ein oder zwei Propellern in einer Gondel unterhalb des Schiffes angebracht ist, ermöglicht eine besondere Schiffsgestaltung und gibt dem Schiff spezielle Manövriereigenschaften. Aber auch bei speziellen Schiffsformen wie z. B. SWATH-Schiffen (Abb. 1) wird es als Vorteil angesehen, dass in den engen Auf­triebskörpern unter Wasser kompakte Elek­tromotoren die Propeller antreiben, die nur über elektrische Kabel mit den Frequenz­umrichtern und den Dieselaggregaten im Maschinenraum oberhalb der Wasserlinie verbunden sind.

Zum anderen können Vorteile aber auch darin bestehen, dass die Energieversorgung flexibel betrieben werden kann. Insbesondere können auch unterschiedliche Energieerzeuger wie z. B. Dieselmotoren, Turbinen und künftig möglicherweise auch Brennstoffzellen parallel Energie in das zentrale Netz einspeisen.

Zwar ist zu erwarten, dass dieselelek­trische Antriebsanlagen wegen der mehrfachen Energiewandlung einen etwas geringeren Wirkungsgrad haben als diesel-me-

chanische Anlagen. Dem stehen aber bei einigen Schiffstypen und Einsatzbedingungen auch erhebliche Vorteile gegenüber, und oft wird der schlechtere Wirkungsgrad durch bessere Effektivität an anderer Stelle mehr als ausgeglichen. Bei Schiffen mit häufigem Betrieb bei Schwach- oder Teillast wie beispielsweise Kreuzfahrtschiffe, Schlepper und Offshore-Fahrzeuge ist es von Vorteil, dass die Dieselaggregate so betrieben werden können, dass sie in einem Betriebspunkt mit gutem Wirkungsgrad arbeiten. Das Abschalten der nicht benötig­ten Dieselmotoren spart zudem auch Wartungskosten.

Wegen der Verschiedenartigkeit der möglichen Vor- und Nachteile ist in den vergangenen Jahren eine große Anzahl von Varianten entworfen und gebaut worden. In Abb. 2 sind diese Varianten nach Art des Propulsors, der Konstruktion und Bauart des elektrischen Motors, der Art des Frequenzumrichters und der Ausführung des Bordnetzes gegliedert. Bei der Motorbauform wird unterschieden, ob ein üblicher Elektromotor über eine Kupplung an die Propellerwelle angeschlossen ist (separate Bauform) oder ob Elektromotor und Propeller in einer Einheit zusammengefasst sind (integrierte Bauform). Tabelle 1 zeigt an Beispielen, dass von den vielen aus Abb. 2 ableitbaren Varianten auch eine große Anzahl tatsächlich gebaut wurde.

Die aktuelle Weiterentwicklung ist vor allem durch zwei Entwicklungen beeinflusst: Erstens ist es durch die Entwicklungen in der Leistungselektronik heute möglich geworden, auch bei großen Leistungen von mehreren MW Pulswechselrichter einzusetzen. Voraussetzung dafür war zunächst die Entwicklung leistungsfähiger Transistoren (Isolated Gate Bipolar Transistors IGBT) und dann die Einführung schnell schaltbarer Thyristoren (Integrated gate-commutated thyristor IGCT). Die in Tabelle 1 angeführte »Celebrity Solstice« gilt als das erste große Kreuzfahrtschiff, das mit Wechselrichtern dieser Art betrieben wird. Bei kleineren Leistungen sind Pulswechselrichter seit vielen Jahren Standard. Der Cycloconverter ist demgegenüber für Schiffsantriebe bedeutungslos geworden, seine ehemals vorhandenen Vorteile sind spätestens mit der Entwicklung der Pulswechselrichter nicht mehr gegeben.

Pulswechselrichter sind immer so aufgebaut, dass aus der versorgenden Drehspannung mit einem Gleichrichter zunächst eine Gleichspannung erzeugt wird, die dann wieder mit einem Wechselrichter in einen Drehstrom der gewünschten Frequenz gewandelt wird. Daraus resultiert nun die Idee, das Drehstrom-Sammelschienensystem durch ein Gleichstrom-Sammelschienensystem zu ersetzen (Abb. 3, rechts). Es gibt nur noch wenige den Generatoren bzw. dem Landanschluss zugeordnete Gleichrichter. Bei Gleichstrom erfordert prinzipbedingt das Zuschalten eines zusätzlichen Generators deutlich weniger Zeit als bei Drehstrom, weil ein Synchronisieren nicht erforderlich ist. Zudem können auch die Dieselaggregate bei Teillast mit verminderter Drehzahl betrieben werden.

Während bei Wechselstrom das Abschalten eines Kurzschlusses im natürlichen Nulldurchgang des Stromes vergleichsweise einfach ist, muss bei einem Gleichstromnetz mangels natürlichem Stromnulldurchgang der volle Kurzschlussstrom abgeschaltet werden können. Dies gelingt, weil das Gleichstromnetz durch schnellschaltende Leistungselektronik versorgt wird, die in der Lage ist, Fehler schnell zu erkennen und die Versorgung sehr schnell abzuschalten. Das Konzept eines Gleichstromnetzes wurde 2009 bei einem Flusskreuzfahrtschiff umgesetzt. Einige Hersteller haben inzwischen wesentlich größere Anlagen projektiert.

Als zweite wesentliche Entwicklung sind die Fortschritte im Bereich der magnetischen Werkstoffe anzuführen. Zusammen mit Leistungselektronik werden neuartige Antriebskonstruktionen möglich. Bei dem »Inline-Propulsor« (Abb. 4) als Beispiel sind die Propellerblätter an einem Ring angebracht, der zugleich der Rotor eines Permanentmagnet-Elektromotors ist. Durch den Einsatz der Permanentmagneten hat der Motor in radialer Richtung eine geringe Höhe und es sind auch keine elektrischen Verbindungen über Schleifringe zu dem Rotor erforderlich. Insgesamt ergibt sich somit eine kompakte Einheit aus Motor und Propeller. Aktuell ist der bisher größte Antrieb dieser Art mit 1500 kW Leistung und 2,3 m Durchmesser für ein Hubschiff zur Errichtung von Windkraftanlagen im Bau.

Autor:

Prof. Dr.-Ing. Günter Ackermann

Technische Universität Hamburg-Harburg

Institut für Elektrische Energiesysteme und Automation

Eißendorfer Str, 38, 21073 Hamburg

Tel. 040/42878-4204, Fax -3967


Prof. Dr.-Ing. Günter Ackermann