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Die Direktive der AIFM-Richtlinie wird die Struktur von geschlossenen Fonds nachhaltig verändern. Was bedeutet das für den deutschen Reeder? Und welche Handlungsoptionen ergeben sich daraus?

Die Richtlinie zu alternativen Investmentfondsmanagern (AIFM) wird, stärker noch als die anstehende Regulie­rung durch das Vermögensanlagengesetz, die Struktur der[ds_preview] geschlossenen Fonds in Deutschland nachhaltig verändern. Die Intensität des regulatorischen Eingriffs macht eine frühzeitige Ausrichtung der davon betroffenen Unternehmen auf den neuen Regelungsrahmen notwendig. ­Doch fehlen gegenwärtig in vielen Bereichen die erforderlichen konkreten Vorgaben.

Eines der Besonderheiten im Gesetzgebungsverfahren zur AIFM-Richtlinie ist die Aufteilung in verschiedene Gesetzgebungsphasen, die zunächst Rahmenricht­linien zum Gegenstand haben (Level 1), welche dann im Rahmen von Level 2 konkretisiert werden. Während Level 1 mit den allgemeinen Vorgaben bereits 2010 verabschiedet wurde, ist mit einer offiziellen Veröffentlichung der Level-2-Regelungen nicht vor November 2011 zu rechnen.

Eine wichtige Weichenstellung wird dabei die Fragestellung sein, ob sich die AIFM-Richtlinie an der bestehenden Banken- oder Investmentfondsregulierung orientieren wird. Unabhängig davon führt die Qualifizierung als alternativer Fondsmanager zu einer Lizenzpflicht, deren Erfüllung weitreichende Eingriffe in die Unternehmens- und Leitungsstruktur nach sich zieht. Diese reichen von der Eignungsprüfung der Geschäftsleiter über die Meldung der Gesellschafter bis hin zu den organisatorischen Vorschriften des Risikomanagements und des laufenden Meldewesens.

Naturgemäß ist die Richtlinie abstrakt formuliert und muss auf die Begrifflichkeiten des deutschen geschlossenen Fonds und die Rolle der Vertragsreederei heruntergebrochen werden. Auf Grundlage der bisherigen Fassung der AIFM-Richtlinie ist nun einzuschätzen, ob überhaupt oder in welchem Umfang Reedereien von der AIFM-Richtlinie betroffen sind sowie welche Handlungsoptionen sich für diese hinsichtlich der AIFM-Regulierung ergeben.

Der Vertragsreeder unter der AIFM-Richtlinie

Für diese Einschätzung wird von dem klassischen Modell eines geschlossenen Fonds im Schifffahrtsbereich ausgegangen, bei dem ein Reeder für eine Bereederungsgebühr das technische und kaufmännische Management des betreffenden Schiffes ausübt. Dazu können Tätigkeiten gehören, die grob in die Kategorien Auswahl des Schiffstyps, Beauftragung der Werft sowie laufende Bewirtschaftung des einsatzfähigen Schiffes eingeteilt werden. Zur laufenden Bewirtschaftung zählen unter anderem die Beschäftigung des Schiffes, die Versorgung mit den notwendigen Ausrüstungsgegenständen, die Auswahl der Besatzung sowie die Instandhaltung und das Finanzmanagement. Um zu entscheiden, ob oder in welcher Form der Vertragsreeder von der AIFM-Richtlinie betroffen sein wird, ist zu prüfen, ob eine bzw. alle der obigen Aktivitäten in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Dazu sind folgende Szenarien denkbar:

• Der Vertragsreeder entscheidet über einen Schiffstyp oder entwickelt diesen, führt selbständig die Vertragsverhandlungen mit der Werft durch, sucht eine Charter und wendet sich anschließend an ein Emissionshaus, um die Bauzwischenfinanzierung durch die Platzierung von KG-Anteilen abzulösen. Anschließend übernimmt die Reederei die laufende Bewirtschaftung.

• Der Vertragsreeder und das Emissionshaus entscheiden über den Schiffstyp, organisieren die Platzierung der KG-Anteile, verhandeln mit der Werft und suchen eine Charter. Anschließend übernimmt die Reederei die laufende Bewirtschaftung.

• Das Emissionshaus beschafft das Schiff in Eigenregie, organisiert die Platzierung der KG-Anteile und beauftragt den Vertragsreeder ausschließlich mit der laufenden Bewirtschaftung des fertigen Schiffes. Je nach Szenario ist der Vertragsreeder ausschließlich bis gar nicht in die Beschaffung des Schiffes involviert.

Dies wirft die Frage auf: Wie werden nun obige Szenarien unter AIFM behandelt?

Die Vertragsreederei als alternativer Investmentfonds (AIF)

Insgesamt betrachtet die AIFM-Richtlinie den Vertragsreeder, das Emissionshaus, die Treuhandgesellschaft oder die Fondsgesellschaften nicht separat, sondern zieht einen Kreis um alle Mitwirkenden – wobei diese bei geschlossenen Schiffsfonds nicht konzernmäßig miteinander verflochten sein müssen. Am Anfang der Prüfung durch die AIFM-Richtlinie ist zu klären, ob ein alternativer Investmentfonds (AIF) vorliegt. Dies erfolgt anhand folgender kumulativ zu erfüllender Kriterien: Wird von einem dieser Mitwirkenden Kapital von einer Anzahl von Anlegern eingesammelt? Investiert dieser Mitwirkende zum Nutzen der Anleger gemäß einer festgelegten Anlagestrategie?

Daraus lässt sich schließen, dass der Vertragsreeder in sämtlichen der obigen Szenarien nicht damit betraut ist, Kapital von Anlegern einzusammeln. Ebenfalls investiert er dieses Kapital nicht in eigenem Namen zum Nutzen dieser Anleger. Vielmehr investiert die gegründete Fonds-KG Mittel, die sie durch Ausgabe von Kommanditanteilen erhalten hat. Insgesamt wäre ein Vertragsreeder daher kein alternativer Investmentfonds, sondern jede einzelne Fonds-KG.

Die Vertragsreederei als Manager eines alternativen Investmentfonds (AIFM)

In einem zweiten Schritt wird nach der AIFM-Richtlinie geprüft, wer einen alternativen Investmentfonds »verwaltet«. Dies wäre dann der aufsichtspflichtige alternative Investmentfondsmanager (AIFM). Wichtig ist dabei, dass im erwähnten Kreis der Mitwirkenden immer ein Manager identifiziert werden muss, sobald eine Fonds-KG besteht, die Anlegergelder entgegengenommen und investiert hat.

In allen obigen Szenarien ist die Reederei mit der laufenden Bewirtschaftung betraut. Erfüllt dies nun den Tatbestand der »Verwaltung«? Die laufende Bewirtschaftung kann man nochmals einteilen in: Instandhaltung und Wartung des Schiffes, Bemannung und Befrachtung (technische Bewirtschaftung) sowie laufende Buchhaltung, Finanz- und Währungsmanagement und gegebenenfalls Unterstützung der Fonds-KG bei deren Jahresabschluss (kaufmännische Bewirtschaftung).

Die AIFM nimmt regelmäßig die Perspektive des Anlegers ein. Dieser hat entweder direkt in ein oder mehrere Schiffe anhand eines Verkaufsprospektes investiert und bedarf eines Schutzes für seine Investition in Form eines Anlageverwalters – wobei der Anlageverwalter mindestens die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement übernehmen muss. Gemeinsam ist beiden Tätigkeitsbereichen, dass sie eine strategische Ausrichtung verfolgen, die von den operativen Aktivitäten zu unterscheiden sind. Trotzdem verbleibt ein weiterer Interpretationsspielraum hinsichtlich der Frage, was insbesondere unter der »Portfolioverwaltung« zu verstehen ist. Aus der Entwicklungsgeschichte des Begriffs der »Portfolioverwaltung« ist jedoch zu erkennen, dass vor allem ein enger Zusammenhang zwischen einer Tätigkeit als Vermögensverwalter, dem Außenauftritt gegenüber dem Kunden, dem Einwerben des Kapitals und dem Entwurf des Anlageproduktes besteht.

Verhältnis zu den Anlegern

Bei der Frage, wer diese Kernaktivitäten im geschlossenen Fonds übernimmt bzw. übernehmen soll, helfen folgende Indikatoren:

• Wer kommuniziert die Anlagestrategie mit den Anlegern?

• Wer tritt auf dem Markt als Urheber und Anbieter des Anlageproduktes auf?

• Wer ist zivilrechtlich und / oder faktisch den Anlegern gegenüber für die Performance des Anlageproduktes verantwortlich?

• Wer legt die Einzahlungsverpflichtungen, Ausschüttungsrechte und weiteren Bedingungen fest, welche die Rendite beeinflussen, die den Anlegern in Aussicht gestellt wird?

Diese nicht abschließende Liste illustriert, dass für Zwecke der AIFM in erster Linie nicht die Beschaffung bzw. die laufende Bewirtschaftung des Schiffes relevant sind, sondern die Konzipierung der Eigenkapitalaufnahme bei den Anlegern. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass bei dem gegenwärtigen Modell eines geschlossenen Schiffsfonds davon auszugehen ist, dass eher das Emissionshaus bzw. der Initiator als AIFM qualifiziert wird, da dieses die Produktkonzeption übernimmt und die Fonds-KG unterstützt, Anlagegelder einzusammeln und diese zu investieren.

Doch auch bei diesem Grundszenario wird sich die Regulierung auf die Reederei auswirken. Denn das Emissionshaus ist zu einem aktiven Risikomanagement verpflichtet und bedarf hierzu oftmals der Unterstützung durch die Reederei. Da die Involvierung des Emissionshauses in den laufenden Schiffsbetrieb eher gering ist, ist davon auszugehen, dass das Know-how und die Informationen der Vertragsreederei benötigt werden, um die Risikosteuerungs- und Berichterstattungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden zu erfüllen. Denkbar ist hier eine breite Palette, die von der reinen Erstellung von Jahresabschlussdaten bis zur Generierung von Risikomanagementberichten durch die Reederei reicht.

Optionen der Vertragsreederei

Die Regulierung wird die Landschaft der geschlossenen Fonds nachhaltig verändern. Der Reederei ermöglicht sie, durch eine rechtzeitige strategische Positionierung folgende Optionen wahrzunehmen:

• Die Reederei übernimmt im Rahmen der laufenden Bewirtschaftung ausschließlich technische Aufgaben, die gegebenenfalls um eine laufende Buchhaltung ergänzt werden.

• Die Reederei unterstützt neben diesen Aufgaben das Emissionshaus im Risikomanagement in mehr oder weniger deutlichem Umfang.

• Die Reederei tritt aus der oben skizzierten Dienstleistungsposition heraus und nimmt selbst Aufgaben der Produktkonzeption und Eigenkapitalbeschaffung wahr, während das Emissionshaus die Generierung von Anlageideen übernimmt, die als solche regulierungsfrei bleibt.

Damit ergeben sich vielfältige Handlungsalternativen für die zukünftige Ausrichtung einer Reederei. Von der regulierungsfreien Dienstleistung für das regulierte Emissionshaus in den beiden ersten Fällen bis hin zu einer integrierten Lösung, wie im dritten Fall, in der die Reederei durch die Eigenkapitalbeschaffung selbst in die Position des regulierten alternativen Fondsmanagers hineinwächst. Zu beachten ist, dass lediglich im dritten Fall die Reederei unmittelbar von der Lizenzpflicht und den sich daraus ergebenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen betroffen ist.

Entscheidung im November

Grundsätzlich ist die weitere Entwicklung bis November 2011 abzuwarten, da erst dann feststehen wird, ob sich die Regulierung geschlossener Fonds in Zukunft die Banken- oder die Investmentfondsregulierung zum Vorbild nehmen wird. Bereits jetzt kann man ein Produktmodell erkennen, das bei dem Entwurf der Richtlinie Pate stand: Die Vorstellung von »Vermögenstöpfen«, in die der Anleger investiert, als auch die Vorstellung einer (gemeinsamen) Rechnung, die von einem Vermögensverwalter gesteuert werden.

Dabei ist nicht auszuschließen, dass sich durch eine Neupositionierung der Reeder neue Produktmöglichkeiten ergeben. So kann die Reederei ihr kaufmännisches und technisches Know-how dazu einsetzen, selbst ein Portfolio von Schiffsgesellschaften zu begründen und diese werterhöhend für die Anleger zu verwalten.

Auch bei einer Fortführung des klassischen Tätigkeitsbereiches als Vertragsreeder ist jedoch zu erwarten, dass die Reederei wichtige Aufgaben der Risikoüberwachung und Risikoberichterstattung für die AIFM erbringen muss, damit diese ihre Risikomanagementpflichten gegenüber Anlegern und Aufsichtsbehörden erbringen kann.

Martin Hertwig