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Die Atomkatastrophe in Japan hat die Schifffahrt beim Thema Strahlung an Bord

vor viele Fragen gestellt. Einen Überblick über radioaktive Stoffe, ihre Klassifizierung und den Umgang damit gibt Uwe Kraft

Radioaktive Stoffe sind im IMDG-Code der Gefahrklasse 7 zugeordnet. Der Code enthält Vorschriften für die Klassifizierung, Verpackung und Beförderung dieser[ds_preview] Stoffe. Die Beförderungsvorschriften enthalten auch spezielle Regelungen für den Schutz der Schiffsbesatzung vor ionisierenden Strahlen. Es gibt auch Erze, die radioaktive Bestandteile enthalten. Die­se können unter bestimmten Voraussetzungen unverpackt mit Massengutschiffen befördert werden. Das Nähere hierzu regelt der ISMBC-Code.

Radioaktive Stoffe

Ein Atom besteht aus einem positiv geladenen Atomkern und negativ geladenen Elektronen, die sich um den Kern bewegen. Der Kern besteht aus positiv geladenen Protonen und elektrisch neutralen Neutronen. Die Masse der Elektronen ist sehr gering, nahezu die gesamte Masse des Atoms ist im Kern konzentriert. Ein Proton hat etwa die gleiche Masse wie ein Neutron. Die Anzahl der Protonen eines Atoms bestimmt die chemische Eigenschaft des Elements und entspricht der Ordnungszahl des Elements im Periodensystem. Viele Elemente kommen in unterschiedlichen Abwandlungen als Isotope vor. Die verschiedenen Isotope eines Elements unterscheiden sich voneinander durch die Anzahl der Neutronen im Kern. Die Kernladungszahl der Isotope eines Elements ist identisch, die Massenzahl (Summe der Protonen und Neutronen) ist verschieden. Die Isotope werden daher durch die Massenzahl gekennzeichnet, beispielsweise Uran-238 im Unterschied zu Uran-235.

Das Zahlenverhältnis zwischen Protonen und Neutronen kann derart ungünstig sein, dass der Kern instabil ist: er zerfällt. Beim Zerfall senden diese Kerne eine energiereiche Strahlung aus. Diese instabilen Kerne werden daher Radionuklide genannt. Die ausgesendete Strahlung wird als ionisierende Strahlung bezeichnet, da sie aufgrund des hohen Energiegehalts elektrisch neutrale Atome in Ionen umwandeln und größere Moleküle zerteilen kann, wodurch chemische Radikale entstehen. Ionen und Radikale sind instabil und bestrebt, die fehlenden Elektronen aus der Umgebung zu holen. Dies führt zu Veränderungen in lebenden Zellen und erzeugt die schädliche biologische Wirkung.

Radionuklide können auf unterschiedliche Arten zerfallen und dabei unterschiedliche Strahlungsarten erzeugen. Es gibt:

• die Aussendung von Heliumkernen ( -Strahlung),

• die Aussendung von Elektronen, nachdem sich ein Neutron in ein Proton und ein Elektron umgewandelt hat ( –Strahlung), und

• die Aussendung von Positronen, nachdem sich ein Proton in ein Neutron und ein Positron umgewandelt hat ( +-Strahlung).

Bei den Kernumwandlungen entsteht zusätzlich eine energiereiche Wellenstrahlung ( -Strahlung). Bei einigen Kernprozessen kommt es zur Freisetzung von Neutronen (Neutronenstrahlung).

Aktivität

Unter der Aktivität eines Radionuklids versteht man die Anzahl der Kernumwandlungen pro Zeiteinheit. Bei jeder Kernumwandlung wird ein Teilchen ( -, – oder Neutronenstrahlung) oder ein Energiequant ( -Strahlung) ausgesandt. Die Anzahl der Kernumwandlungen entspricht der Anzahl der emittierten Teilchen/Quanten. Die Maßeinheit der Aktivität ist Becquerel. Ein Becquerel ist eine Kernumwandlung in einer Sekunde (1 Bq = 1 · s-1).

Jeder radioaktive Atomkern wird irgendwann zerfallen. Es lässt sich aber nicht vorherbestimmen, wann der Zerfall eines einzelnen Kerns eintreten wird. Bei einer größeren Menge von radioaktiven Kernen in einer Substanz lässt sich aber bestimmen, wann die Hälfte der Kerne zerfallen sein wird. Dieses ist die Halbwertszeit. Die Halbwertszeiten sind sehr unterschiedlich: für Uran-238 beträgt sie beispielsweise 4,468 · 109 Jahre, für Caesium-137 sind es 30,17 Jahre, für Iod-131 nur 8,02 Tage, für Radon-220 beispielsweise nur 55,6 Sekunden. Die Aktivität einer radioaktiven Substanz steigt direkt proportional mit der Masse. Hat beispielsweise 1 mg Iod-131 eine Aktivität von 4,6 ·1012 Bq, so hat die tausendfache Masse (1 g) die tausendfache Aktivität (4,6 · 1015 Bq).

Das Vorhandensein einer ionisierenden Strahlung kann mit einem Zählrohr (nach seinen Erfindern auch Geiger-Müller-Zählrohr genannt) nachgewiesen werden. Das Zählrohr ist mit einem Edelgas gefüllt, in der Mitte des Rohres befindet sich ein Anodendraht, der über eine Spannungsquelle, einen Widerstand und ein Zählwerk mit dem Rohrkörper verbunden ist, der so als Kathode wirkt. Wenn ein -Teilchen, ein -Teilchen oder ein -Energiequant in das Rohr eintritt, trennt dieses Teilchen oder Quant die Elektronen des Edelgases von den Atomkernen. Die Elektronen bewegen sich zur Anode und bewirken einen Stromfluss zwischen Anode und Kathode. Jedes in das Rohr eingedrungene Teilchen bzw. jedes Energiequant erzeugt somit einen Impuls am Zählwerk. Die Impulsrate wird in Impulsen pro Sekunde (s-1) angegeben.

Es gibt auf der Erde eine natürliche Hintergrundaktivität, die sich aus der kosmischen Strahlung und der terrestrischen Strahlung zusammensetzt. Die terrestrische Strahlung kann in einzelnen Baustoffen auch konzentriert auftreten. Daher wird mit einem Zählrohr immer eine gewisse niedrige Impulsrate (Nullrate) gemessen. Eine gegenüber der Nullrate erhöhte Impulsrate ist ein Hinweis auf das Vorhandensein weiterer Radionuklide und einer daraus resultierenden erhöhten Gefahr ionisierender Strahlung.

Die mit einem Zählrohr gemessene Impulsrate entspricht nicht der Aktivität des Materials, das diese Impulse verursacht hat. Der Unterschied resultiert zum einen daraus, dass nur ein Teil der beim Zerfall des Materials entstehenden Teilchen und Quanten in das Zählrohr gelangt, ferner hat das Zählrohr eine für die unterschiedlichen Strahlungsarten unterschiedliche Anzeigeempfindlichkeit und schließlich haben die verschiedenen Radionuklide unterschiedliche Eigenschaften, beispielsweise hinsichtlich der Selbstabsorption in der Strahlenquelle. Für die Bestimmung der Aktivität ist daher die gemessene Impulsrate mit einem für das jeweilige Messinstrument und für das untersuchte Radionuklid spezifischem Korrekturfaktor (Kalibrierfaktor) zu multiplizieren. Absolutmessungen der Aktivität erfordern eine aufwändige Berechnung des Korrekturfaktors. Daher erfolgt meist die Kalibrierung mit einer Kalibrierquelle, deren Aktivität in Bq/g (für die Messung von Aktivitätskonzentrationen) oder Bq/cm² (für die Messung von Oberflächenkontaminationen) bekannt ist. Für die direkte Messung von Oberflächenkontaminationen sind auch spezielle Messgeräte verfügbar, die vom Anwender auf einzelne vorbestimmte Radionuklide eingestellt werden können und die über einen einprogrammierten Korrekturfaktor die gemessene Impulsrate in den Aktivitätswert (Bq/cm²) umrechnen.

Dosisleistung

Der Energiegehalt der ionisierenden Strahlung entspricht der Energie, die aufgebracht werden muss, um in der durchstrahlten Materie Ionen zu bilden. Je höher der Energiegehalt der Strahlung ist, umso mehr Ionen werden gebildet. Die von der Materie aufgenommene und zur Bildung von Ionen aufgewendete Energie wird als Energiedosis bezeichnet. In Luft wird zur Bildung eines Ionenpaares die Energie von 34 eV benötigt (1 eV = 1,6 · 10-19 J). Es wird die Energie betrachtet, die bei der Ionisation auf die Luftmoleküle übertragen worden ist. Die Energiedosis einer ionisierenden Strahlung gibt die pro Masse eines durchstrahlten Stoffes absorbierte Energie an. Die Maßeinheit der Energiedosis ist Gray (1 Gy = 1 J / 1 kg). Wenn ein Körper von der Masse 1 kg eine Energie von 1 J aufgenommen hat, beträgt die Energiedosis 1 Gy.

Mit der Energiedosis allein kann die biologische Strahlenwirkung nicht beurteilt werden. So ist bei gleicher Energiedosis die schädigende Wirkung von -Strahlung auf lebende Zellen 20mal stärker als die Wirkung von – oder -Strahlen. Daher wird zur Beurteilung der Einwirkung ionisierender Strahlung auf lebende Organismen die Äquivalentdosis herangezogen. Die Äquivalentdosis ergibt sich aus der Energiedosis, multipliziert mit einem Qualitätsfaktor, der für -Strahlung den Wert 20 hat, für Neutronenstrahlung den Wert 10 und für – oder -Strahlung den Wert 1. Die Maßeinheit der Äquivalentdosis ist Sievert (Sv).

Die Äquivalentdosisleistung (zumeist abgekürzt als Dosisleistung bezeichnet) ist die Äquivalentdosis, die in einer bestimmten Zeitspanne aufgenommen worden ist. Die Maßeinheit ist Sv pro Zeiteinheit, wegen der meist geringen Werte als Teileinheit angegeben, z.B. Sv/h, mSv/h oder mSv/a.

Die Energiedosis kann nicht direkt gemessen werden. Die Bestimmung erfolgt über die Messung des Ionisationsstroms in einer gasgefüllten Ionisationskammer (Zählrohr) und durch Umrechnung. Fällt in das Zählrohr ionisierende Strahlung ein, werden durch Wechselwirkung der Strahlung mit den Gasmolekülen Ladungsträger (Ionen) gebildet. Die Ionen wandern bei genügend hoher Kammerspannung zu den Elektroden, so dass ein Ionisationsstrom fließt, der mit einem Elektrometer gemessen werden kann. Aus dem Ionisationsstrom lässt sich zunächst die Ionendosisleistung bestimmen, aus dieser kann wiederum die Energiedosisleistung (auch kurz Dosisleistung genannt) berechnet werden. Gebräuchliche Dosisleistungsmessgeräte messen den Ionisationsstrom von -Strahlung, rechnen das Messergebnis in Dosisleistung um und liefern eine Anzeige in Sv/h oder mSv/h.

Gefährliche Güter der Klasse 7

Durch die Atemluft und mit den Nahrungsmitteln nimmt jeder Mensch radioaktive Stoffe (beispielsweise Radon) auf. Hinzu kommen die Auswirkungen der terrestrischen Strahlung, die von den natürlichen Radionukliden in den Böden und Gesteinen der Erdkruste emittiert wird und auch in fast jedem Baustoff enthalten ist, und die Auswirkungen der kosmischen Strahlung. Die gesamte natürliche Strahlenexposition in Deutschland beträgt durchschnittlich 2,1 mSv pro Jahr. Je nach Wohnort, Ernährungs- und Lebensgewohnheiten reicht sie im Einzelnen von 1 bis zu 10 mSv/a.

Gefahren können sich nun aus dem Umgang mit künstlichen Strahlenquellen ergeben oder auch dann, wenn natürliche Radionuklide zum Zweck technischer Anwendungen verarbeitet werden oder verarbeitetet worden sind. Der Umgang mit Strahlenquellen schließt auch deren Beförderung ein. Als Ergebnis der internationalen fachwissenschaftlichen Diskussion sind Aktivitätsgrenzen für diese Strahlenquellen festgelegt worden, unterhalb derer eine Gefährdung der Bevölkerung absolut auszuschließen und daher eine Regelung des Umgangs und der Beförderung durch besondere Vorschriften nicht erforderlich ist. Als Grenzwert wurde für die unterschiedlichen Radionuklide eine Aktivität festgelegt, die beim Umgang mit dem jeweiligen Material bewirkt, dass eine Einzelperson der Bevölkerung einer Exposition von nicht mehr als 10 Sv/a ausgesetzt ist, also eine Belastung bewirkt, die höchstens ein Tausendstel der natürlichen Strahlenexposition erreicht.

Für jedes Radionuklid gibt es somit einen bestimmten Aktivitätsgrenzwert, bei dessen Überschreitung ein Material, das dieses Radionuklid enthält, den Vorschriften der Gefahrgutklasse 7 unterliegt. Dieser Aktivitätsgrenzwert für ein bestimmtes Radionuklid besteht aus zwei Werten: der erste Wert ist die Aktivitätskonzentration in Bq/g für das beförderte Material, der zweite Wert ist die Gesamtaktivität einer Sendung (consignment), wobei unter Sendung die Gesamtmenge der von einem Versender zur Beförderung aufgegebenen Ladung zu verstehen ist. Besteht die Sendung aus mehreren Versandstücken, gilt der Grenzwert für die Summe der Versandstücke. Die Sendung ist dann als Gefahrgut der Klasse 7 einzustufen, wenn sowohl die Aktivitätskonzentration als auch die Gesamtaktivität der Sendung die Grenzwerte in den Spalten 4 und 5 der Radionuklidtabelle in Abschnitt 2.7.2.2 des IMDG-Codes übersteigt (siehe Tabelle 1).

Begrenzung der Aktivität

Standardmäßige Gefahrgutverpackungen unterliegen Baumusterprüfungen und sind in der Lage, die beförderungsbedingten Belastungen zu überstehen. Sie sind allerdings nicht für Unfallbeförderungsbedingungen ausgelegt. Aus diesen Gründen muss die Aktivität in einer Standardverpackung (einer so genannten Typ A-Verpackung) derart begrenzt werden, dass bei einem Freiwerden des Materials nach Beschädigung der Verpackung die Belastung, der eine Person ausgesetzt ist, die sich 30 Minuten im Abstand von 1 m von der Verpackung aufhält, einen Höchstwert von 50 mSv nicht übersteigt.

Für die Festlegung der maximalen Aktivität, die in einer Typ A-Verpackung enthalten sein darf, wird unterschieden, ob das Material nicht dispergierbar ist (nicht dispergierbar ist beispielsweise ein fester Gegenstand) bzw. ob es in einer Kapsel derart eingeschlossen ist, dass es nur durch Zerstörung der Kapsel entweichen kann (radioaktives Material in spezieller Form), oder ob es in dispergierbarem Zustand befördert wird, so dass es sich bei einer Beschädigung der Transportverpackung leicht in der Umgebung verteilen kann (radioaktives Material in nicht spezieller Form). Wegen des unterschiedlichen Gefahrenausmaßes sind die Grenzwerte für Material in spezieller Form (A1-Werte) bei den meisten Radionukliden höher als die Grenzwerte für Material in nicht spezieller Form (A2-Werte). Die für die unterschiedlichen Radionuklide anwendbaren Grenzwerte sind in der Radionuklidtabelle in den Spalten 2 und 3 angegeben (siehe Tabelle 1).

Radioaktives Material, dessen Aktivität die A1- bzw. A2-Werte übersteigt, stellt eine derart hohe Gefahr dar, dass es nur in besonderen unfallsicheren Verpackungen befördert werden darf. Diese Verpackungen werden besonderen Prüfungen unterzogen und gewährleisten, dass auch nach einem Unfall die Freisetzung von Aktivität gering bleibt. Unfallsichere Verpackungen gibt es in den Typen B(U), B(M) und C.

Für Stoffe und Gegenstände, deren Aktivität sehr gering ist, gelten reduzierte Anforderungen an die Qualität der Verpackung. Beträgt die Aktivität nur einen kleinen Bruchteil (beispielsweise 10-3) der Höchstgrenze für eine Typ A-Verpackung, kann das Material in einem freigestellten Versandstück (excepted package) befördert werden. Die diesbezüglichen Grenzwerte sind in der Tabelle 2 dargestellt. Zusätzlich gilt die Anforderung, dass die Dosisleistung an der Oberfläche eines freigestellten Versandstücks nicht mehr als 5 Sv/h betragen darf.

Spezielle Regelungen gelten für Stoffe mit niedriger spezifische Aktivität (low specific activity – LSA) und oberflächenkontaminierten Gegenständen (surface contaminated objects – SCO). Die LSA-Stoffe sind wiederum unterteilt in LSA I, LSA II und LSA III, wobei die geringste Gefahr von den LSA-I-Stoffen, die höchste von den LSA III Stoffen ausgeht. Die Aktivität beträgt hier jeweils ein Bruchteil der A2-Werte (höchstens 0,1 A2), die Einzelheiten sind in Abschnitt 2.7.2.3 des IMDG-Codes aufgeführt. Wegen des geringen Gefahrenpotentials können diese Stoffe in so genannten Industrieversandstücken (IP) befördert werden, die nach bestimmten Standards gefertigt werden müssen, aber keine Bauartzulassung benötigen.

Kontaminiert ist ein Gegenstand, wenn auf seiner Oberfläche ein radioaktiver Stoff in folgenden Mengen vorhanden ist:

• für Beta- und Gammastrahler und für Alphastrahler geringer Toxizität: > 0,4 Bq/cm²

• für alle anderen Alphastrahler: > 0,04 Bq/cm².

Alphastrahler geringer Toxizität sind: natürliches Uran, abgereichertes Uran, natürliches Thorium, U-235, U-238, Th-232, Th-228, Th-230, wenn sie in Erzen oder Konzentraten enthalten sind, oder Alphastrahler mit einer Halbwertszeit von < 10 Tagen. Bei Kontamination ist zwischen nicht fest- haftender und fest-haftender Kontamination zu unterscheiden. Eine nicht fest-haftende Kontamination ist für Menschen gefährlicher, da die strahlenden Partikel leichter inkorporiert werden können.

Oberflächenkontaminierte Gegenstände sind in die Kategorien SCO I und SCO II unterteilt:

• Bei SCO-I-Gegenständen beträgt der Höchstwert der nicht fest-haftenden Kontamination (über 300 cm² gemittelt) 4 Bq/cm² für – und -Strahler und geringtoxische -Strahler, bzw. 0,4 Bq/cm² für andere -Strahler. Der Höchstwert der fest-haftenden Kontamination beträgt 4 x 104 Bq/cm² für – und -Strahler und geringtoxische -Strahler bzw. 4 x 103 Bq/cm² für andere -Strahler. SCO I Gegenstände dürfen unverpackt befördert werden.

• Bei SCO-II-Gegenständen beträgt der Höchstwert der nicht fest-haftenden Kontamination (über 300 cm² gemittelt) 400 Bq/cm² für – und -Strahler und geringtoxische -Strahler bzw. 40 Bq/cm² für andere -Strahler. Der Höchstwert der fest-haftenden Kontamination beträgt 8 x 105 Bq/cm² für – und -Strahler und geringtoxische -Strahler bzw. 8 x 104 Bq/cm² für andere -Strahler. SCO-II-Gegenstände müssen in Industrieversandstücken befördert werden.

Die Dekontamination einer Verpackung mit radioaktiven Stoffen oder eines Beförderungsmittels, in dem radioaktive Stoffe befördert wurden, ist erforderlich, wenn folgende Werte überschritten sind:

• nicht fest haftende Kontamination: 4 Bq/cm² bzw. 0,4 Bq/cm² (nach Art des Strahlers)

• fest haftende Kontamination: 5 Sv/h.

Begrenzung der Dosisleistung

Radioaktive Stoffe und Gegenstände sind derart zu verpacken, dass die vom Material ausgehende ionisierende Strahlung so weit wie möglich durch die Verpackung abgeschirmt wird. Durch spezielle Abschirmmaterialen, beispielsweise Blei, lassen sich – und -Strahlen recht gut abschirmen, bei – und Neutronenstrahlen ist jedoch eine vollständige Abschirmung nicht möglich, so dass an der Oberfläche und in unmittelbarer Nähe des Versandstücks eine bestimmte Dosisleistung wirkt, die allerdings mit dem Quadrat der Entfernung vom Versandstück abnimmt. Der IMDG-Code teilt die Güter der Klasse 7 entsprechend der an der Oberfläche und in unmittelbarer Nähe des Versandstücks wirkenden Dosisleistung in drei Kategorien ein (I-WHITE, II-YELLOW und III-YELLOW). Die zutreffende Kategorie wird im Beförderungsdokument angegeben und durch die Kennzeichnung der Versandstücke und Beförderungseinheiten (siehe unten) signalisiert. Freigestellte Versandstücke unterliegen wegen der geringen von ihnen ausgehenden Gefahr keiner der drei Kategorien.

Für die Zuordnung einer Sendung zur zutreffenden Kategorie ist neben der Dosisleistung an der Oberfläche des Versandstücks die Dosisleistung in einem Meter Abstand vom Versandstück von Bedeutung. Die Dosisleistung in einem Meter Abstand wird in mSv/h gemessen und mit dem Faktor 100 multipliziert. Der so erhaltene Wert ist der Transportindex (Transportkennzahl) TI. Dieser TI-Wert ist für die Kontrolle der Strahlenexposition während der Beförderung von großer Bedeutung. Der Zusammenhang zwischen Beförderungskategorie, Dosisleistung an der Oberfläche und TI-Wert ist in Tabelle 3 dargestellt.

Der TI-Wert dient der Kontrolle der Strahlenexposition, wobei davon ausgegangen wird, dass die Strahlung mit dem Quadrat der Entfernung von der Quelle abnimmt. Diese Grundannahme gilt jedoch nur für punktförmige Strahler. Bei großflächigen Strahlern nimmt die Strahlung zunächst nur linear mit der Entfernung ab. Um diesen Effekt zu berücksichtigen, muss der TI-Wert für großflächige Strahler entsprechend den Werten in Tabelle 4 korrigiert werden.

Grundsätzlich soll die Dosisleistung an der Oberfläche eines Versandstücks den Wert von 2 mSv/h und der TI eines Versandstücks den Betrag 10 nicht übersteigen. Eine Überschreitung dieser Grenzwerte ist nur zulässig, wenn das Versandstück in einem Straßenfahrzeug oder Frachtcontainer befördert wird, das/der unter ausschließlicher Verwendung durch einen einzigen Versender steht (exclusive use). Unter ausschließlicher Verwendung darf die Dosisleistung an der Oberfläche des Versandstücks maximal 10 mSv/h betragen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

• Verwendung eines geschlossenen Frachtcontainers oder geschlossenen Fahrzeugs oder, bei einem offenen Fahrzeug/Container, der Einsatz einer Ummantelung, die verhindert, dass Personen einen direkten Zugang zum Versandstück haben,

• Höchstwert von 2 mSv/h an der Außenfläche des Fahrzeugs/Containers bzw. an der entsprechenden Projektionsfläche, wenn das Fahrzeug/der Container offen ist,

• Höchstwert von 0,1 mSv/h in 2 m Abstand vom Fahrzeug/Container.

Der TI-Wert für ein Fahrzeug oder für einen Container wird ermittelt, indem entweder die TI-Werte der im Fahrzeug/Container befindlichen Versandstücke addiert werden oder indem die Dosisleistung in einem Meter Abstand vom Fahrzeug/Container in mSv/h gemessen und mit dem Faktor 100 sowie mit dem Faktor nach Tabelle 4 multipliziert wird. Der höchstzulässige TI-Wert für ein Straßenfahrzeug oder einen Frachtcontainer beträgt 50. Die höchstzulässigen TI-Werte auf einem Schiff werden weiter unten im Abschnitt »Stauung an Bord« dargestellt.

Spaltbare Stoffe

Spaltbar (»fissile«) im Sinne des IMDG-Codes sind Uran-233, Uran-235, Plutonium-239, Plutonium-241. Diese Radionuklide werden durch Beschuss mit Neutronen in zwei Trümmerkerne gespalten, wobei eine große Energiemenge freigesetzt wird. Neben den Trümmerkernen entstehen freie Neutronen, die weitere Kerne spalten und somit eine sich selbst tragende Kettenreaktion in Gang setzen. Die Kettenreaktion setzt ein, wenn eine bestimmte kritische Masse des spaltbaren Radionuklids zusammengeführt wird.

Unterkritisch ist die Menge eines spaltbaren Materials, die in ihrer Masse oder in den unterschiedlichen Versandstücken so angeordnet ist, dass sich in ihr eine Kettenreaktion nicht aufrechterhalten lässt. Bei der Beförderung spaltbarer radioaktiver Stoffe ist darauf zu achten, dass die zusammen in einem Versandstück oder in einer Beförderungseinheit beförderte Menge immer unterkritisch bleibt. Zur Kontrolle der Kritikalität dient die Kritikalitätssicherheitskennzahl (Criticality safety index) CSI.

Der CSI wird durch zwei Prüfungen und eine Vergleichsbewertung bestimmt:

• In der ersten Prüfung wird die Neutronenvermehrung ohne Moderator (Stoff, der die Neutronen abbremst) untersucht. Die Versandstücke mit dem spaltbaren Material werden zu einer Anordnung zusammengestellt, in der sich nichts zwischen den Versandstücken befindet und die Anordnung außen allseitig durch mindestens 20 cm Wasser reflektiert wird. Die Anzahl »N« ist so zu bestimmen, dass es bei 5 N zur maximalen Neutronenvermehrung und zum Abbruch der Kettenreaktion kommt.

• In der zweiten Prüfung wird die Neutronenvermehrung mit Moderator untersucht. Die Versandstücke mit dem spaltbaren Material werden zu einer Anordnung zusammengestellt, in der sich ein wasserstoffhaltiger Moderator zwischen den Versandstücken befindet und die Anordnung außen durch mindestens 20 cm Wasser reflektiert wird. Die Anzahl »N« ist so zu bestimmen, dass es bei 2 N zur maximalen Neutronenvermehrung und zum Abbruch der Kettenreaktion kommt.

• Der CSI errechnet sich nun wie folgt: die Zahl 50 wird durch den kleineren der beiden Werte für »N« dividiert (CSI = 50 / N).

Der CSI kann auch den Wert Null haben. Der CSI ist dann gleich Null, wenn eine unbegrenzte Anzahl von Versandstücken unterkritisch ist, d.h. wenn N gegen unendlich geht.

Zur Verdeutlichung soll folgendes Beispiel dienen: In der unmoderierten Anordnung sind 31 Versandstücke noch eben unterkritisch. In der moderierten Anordnung sind es 16 Versandstücke. (Hinweis: Durch den Moderator werden die Neutronen gebremst. Dadurch steht eine größere Anzahl von Neutronen für die Kernspaltung zur Verfügung. Die kritische Masse ist daher in der moderierten Anordnung geringer.)

N1 = 31 / 5 = 6,2 also 6 Versandstücke

N2 = 16 / 2 = 8,0 also 8 Versandstücke.

Der kleinere Wert für N ist 6.

Für den CSI ergibt sich 50 / 6 = 8,33.

Damit während der Beförderung keine kritischen Massen zusammenkommen, ist der CSI in einer Beförderungseinheit (Straßenfahrzeug, Eisenbahnwaggon, Frachtcontainer) jeweils auf einen Höchstwert von 50 begrenzt. Auf einem Seeschiff sind in den Laderäumen und an Deck jeweils Abteilungen bzw. Decksbereiche zu bilden, in denen der CSI einen Wert von 50 nicht übersteigen darf. Zwischen den Abteilungen ist ein Abstand von jeweils mindestens 6 Metern einzuhalten. Unter dieser Voraussetzung darf auf dem gesamten Seeschiff ein CSI von 200 akkumuliert werden, wenn die Versandstücke in konventioneller Form befördert werden. Bei Beförderung in großen Frachtcontainern ist der Gesamt-CSI auf dem Schiff unbegrenzt. Wenn eine Beförderungseinheit unter der ausschließlichen Verwendung durch einen Versender steht, darf der maximale CSI-Wert für diese Beförderungseinheit von 50 auf 100 heraufgesetzt werden. Der Inhalt wäre dann noch gerade unterkritisch, die ausschließliche Verwendung schließt die Zuladung weiterer spaltbarer Stoffe durch andere Versender aus.

Für spaltbare Stoffe gibt es spezielle Verpackungen, welche die Aufrechterhaltung des unterkritischen Zustands während der Beförderung sicherstellen. Unter bestimmten Voraussetzungen, (beispielsweise, wenn sich nicht mehr als 15 g spaltbares Material in einem Versandstück befindet und die Menge der gesamten Sendung eine festgelegte Höchstmasse nicht übersteigt) ist das Material von diesen besonderen Verpackungsanforderungen ausgenommen (»spaltbar freigestellt / fissile excepted«). Bei »spaltbar freigestelltem« Material ist die Angabe des CSI-Wertes nicht erforderlich.

Zuordnung von UN-Nummern und Kennzeichnung

Die unterschiedlichen radioaktiven Stoffe und Gegenstände sind entsprechend den jeweils zutreffenden Verpackungsanforderungen verschiedenen UN-Nummern zugeordnet (siehe Auflistung).

Für die Beförderung von Uranhexafluorid (UF6) sind besondere, speziell für UF6 zugelassene Verpackungen erforderlich, die eine Beförderung bei geringem Unterdruck ermöglichen. UF6 ist ein fester Stoff, der heftig mit Luftfeuchtigkeit reagiert und dabei giftiges und ätzendes Fluorwasserstoffgas freisetzt. Bei 56,5°C geht UF6 direkt in den gasförmigen Zustand über. Uranhexafluorid (UN 2977 und UN 2878) hat die Zusatzgefahr 8 (ätzend).

Wenn die Einhaltung der regulären Beförderungsvorschriften aus bestimmten technischen Gründen nicht möglich ist, können die zuständigen Behörden der von der Beförderung berührten Staaten zusammen mit dem Flaggenstaat des Schiffes spezielle, auf den Einzelfall abgestimmte Beförderungsbedingungen vereinbaren. Die Beförderungen erfolgen dann unter Sondervereinbarung (special arrangement) gemäß UN 2919 bzw. UN 3331.

Versandstücke, die radioaktive Stoffe oder Gegenstände enthalten, sind mit den Kennzeichen gemäß Abbildung 1 zu versehen. Ausgenommen sind freigestellte Versandstücke, die außen lediglich mit der UN-Nummer und der Angabe des Versenders oder Empfängers gekennzeichnet sein müssen. Bei Versandstücken, die Instrumente oder Fabrikate der UN 2911 oder geringe Mengen radioaktiven Materials gemäß UN 2910 enthalten, muss auf den Fabrikaten beziehungsweise auf der Innenseite des Versandstücks die Aufschrift »RADIOACTIVE« angebracht werden. In den Gefahrkennzeichen sind jeweils der Name des Radionuklids und die Aktivität (Betrag bei Beginn der Beförderung) einzutragen. In den Kennzeichen für Material der Kategorie II und III ist außerdem der TI-Wert einzutragen. Versandstücke mit spaltbaren Stoffen sind zusätzlich mit dem Kennzeichen »Fissile« zu versehen. In dieses Kennzeichen ist der CSI-Wert einzutragen.

Die Kennzeichen für Versandstücke haben eine Seitenlänge von 10 cm. Fahrzeuge und Frachtcontainer sind mit den gleichen Kennzeichen sowie entsprechenden Eintragungen in den Kennzeichen zu versehen, jedoch mit dem Unterschied, dass die Kennzeichen (Placards) auf Fahrzeugen und Containern eine Seitenlänge von 25 cm haben.

Stauung von Gütern der Klasse 7 an Bord von Schiffen

Da SCO-I-Gegenstände unverpackt befördert werden dürfen und SCO-II-Gegenstände und LSA Stoffe in Industrieverpackungen befördert werden können, die ein geringeres Sicherheitsniveau bieten als die Baumuster-zugelassenen Typ A-Verpackungen, ist die Gesamtaktivität von SCO-Gegenständen und bestimmten LSA Stoffen in einem Beförderungsmittel wie folgt begrenzt:

• SCO: 100 A2

• LSA II und LSA III (brennbare feste Stoffe, flüssige Stoffe, Gase): 100 A2.

Bei der Beförderung mit Seeschiffen ist ein Straßenfahrzeug oder ein Frachtcontainer als Beförderungsmittel (conveyance) anzusehen. Werden die Güter in konventioneller Form als Stückgut mit einem Seeschiff befördert, gilt der Schiffsladeraum bzw. der Bereich an Deck, in dem die Güter gestaut sind, als Beförderungsmittel.

Der maximal zulässige TI-Wert für Fahrzeuge und Container ist 50. Für konventionell verladene Stückgüter beträgt der höchstzulässige TI-Wert je Laderaum bzw. Decksbereich, in dem diese Güter gestaut sind, ebenfalls 50. Versandstücke mit einem TI > 10 müssen unter ausschließlicher Verwendung befördert werden. Das bedeutet, dass sie in ein Straßenfahrzeug oder in einen Frachtcontainer geladen werden müssen, das/der der ausschließlich durch einen einzigen Versender verwendet wird. Wenn es sich um ein offenes Fahrzeug oder einen offenen Container (beispielsweise ein Flat) handelt, muss das Versandstück mit einer Ummantelung versehen sein. Wenn der TI des Fahrzeugs bzw. Containers den Wert 50 nicht übersteigt, braucht weder das Schiff noch ein Teil des Schiffes unter ausschließlicher Verwendung zu stehen. Sollte der Wert 50 überschritten sein (was in der Regel nicht zu erwarten ist), kann die Beförderung nur unter Sondervereinbarung (special arrangement – UN 2929 oder UN 3331) durchgeführt werden.

Der IMDG-Code beschränkt die Summe der TI für eine Abteilung oder einen definierten Decksbereich, in dem Frachtcontainer geladen sind, auf 200. Diese Begrenzung ist aber ohne praktische Bedeutung, da mehrere Abteilungen und mehrere definierte Decksbereiche unmittelbar nebeneinander liegen dürfen. Für die Kontrolle der Strahlenexposition auf einem Schiff ist daher ausschließlich die Abstandstabelle in Abschnitt 7.2.9.9 des IMDG-Codes maßgeblich. In dieser Tabelle (siehe Tabelle 5) wird für akkumulierte TI-Werte bis 400 der erforderliche Mindestabstand angegeben, der zu den Wohn- und Aufenthaltsräumen einzuhalten ist. Die Abstände basieren auf einer Berechnungsgrundlage, die davon ausgeht, dass die Dosisleistung mit dem Quadrat der Entfernung von der Strahlenquelle abnimmt. Für die in der Tabelle aufgeführten akkumulierten TI-Werte ergibt sich bei Einhaltung der zugeordneten Abstände jeweils eine Dosisleistung von 0,003 mSv/h. Die für den Strahlenschutz bedeutsamen Grenzwerte von 1 mSv/a bzw. 6 mSv/a (siehe unten) sind in dieser Konstellation nach 14 Tagen bzw. nach 84 Tagen erreicht.

Gemäß IMDG-Code ist bei der Beförderung in Frachtcontainern der Höchstwert des TI auf dem gesamten Schiff unbegrenzt. Die Abstandstabelle liefert aber hinsichtlich der erforderlichen Abstände von Wohn- und Aufenthaltsräumen nur Ergebnisse bis zu einem akkumulierten TI von 400. Sollte auf einem Schiff eine noch größere Menge radioaktiven Materials (TI > 400) befördert werden, müssen die erforderlichen Abstände individuell berechnet werden.

Die Trenntabelle in Anschnitt 7.2.1.16 des IMDG-Code regelt die Trennung von Gütern der Klasse 7 von Gütern anderer Gefahrklassen wie folgt:

• gegenüber Gütern der Klassen 6.1 und 9: keine Trennung vorgeschrieben,

• gegenüber Gütern der Gefahrklassen 2.2., 2.3, und 5.1: »entfernt voneinander«,

• gegenüber Gütern der Gefahrklassen 1 (mit allen Unterklassen), 2.1, 3, 4.1, 4.2, 4.3, 5.2: »getrennt voneinander«,

• gegenüber Gütern der Gefahrklasse 6.2: »getrennt durch eine ganze Abteilung«.

Die Erläuterung dieser Trennbegriffe findet sich in Kapitel 7.2 des IMDG-Codes.

Dosiseinschätzungsprogramm

Der Betreiber eines Schiffes hat ein Dosiseinschätzungsprogramm zu erstellen, wenn zu erwarten ist, dass Beschäftigte einer Dosisleistung zwischen 1 und 6 mSv/a ausgesetzt werden. Wenn der Wert von 6 mSv/a wahrscheinlich überschritten wird, ist eine Individualüberwachung der Besatzungsmitglieder (beispielsweise mit Filmdosimetern) erforderlich. Die Strahlenbelastung eines Beschäftigten darf einen Höchstwert von 20 mSv/a nicht überschreiten.

Grundlagen für die Einschätzung sind:

• erwartete Zahl der Beförderungen

• jeweils akkumulierte TI-Werte

• Sicherheitsabstände nach Tabelle 7.2.9.9 = Überwachungsbereich

• Art der Arbeiten, die innerhalb des Überwachungsbereichs anfallen

• Dauer der Exposition

• Identifizierung betroffener Personen.

Die Erstellung eines Dosiseinschätzungsprogramms soll an zwei Beispielen erläutert werden.

Beispiel 1: Auf einem Containerschiff werden aufgrund eines regelmäßigen Beförderungsauftrags voraussichtlich pro Reise vier Container mit einem TI von jeweils 20 befördert. Die Stauung erfolgt an Deck im Block. Die Container sind jeweils 15 Tage an Bord. Die Schiffsleitung bestimmt einen Sperrbereich von 2 m im Umkreis der Container, der nur mit Einzelerlaubnis betreten werden darf. Gemäß der Abstandstabelle (siehe Tabelle 5) wird ein Überwachungsbereich von 18 m festgelegt, in denen keine Arbeiten stattfinden sollen. Es ist aber erforderlich, dass Besatzungsmitglieder diesen Bereich passieren. Für das Passieren des Überwachungsbereichs werden täglich 6 Minuten, also 0,1 h angesetzt.

Bei einem akkumulierten TI von 80 beträgt die Dosisleistung in 1 m Abstand 0,8 mSv/h. Bei 2 m (verdoppelter Abstand) reduziert sich die Dosisleistung auf 0,2 mSv/h (Quadrat der Entfernung, also ein Viertel). Bei einer Expositionszeit von 0,1 h am Tag ergibt dies 0,02 mSv/d, bei 15 Tagen Expositionsdauer somit 0,3 mSv pro Reise. Wird ein Besatzungsmitglied vier Reisen im Jahr auf dem Schiff eingesetzt, ergibt sich eine Dosisleistung von 0,3 4 = 1,2 mSv/a.

Beispiel 2: Unter den in Beispiel 1 eingeführten Rahmenbedingungen wird nun die Strahlenbelastung für die bei Lasch­arbeiten eingesetzten Personen betrachtet. Der Überwachungsbereich beträgt, wie im Beispiel 1 dargestellt, 18 m. Für das Laschen und Entlaschen der Container muss aber innerhalb des Sperrbereichs von 2 m gearbeitet werden. In unserem Beispiel stehen im gesamten Überwachungsbereich 96 Container. Das Laschen und Entlaschen dauert jeweils 2 Stunden. Bei der Hälfte der Container ist ein Abstand von 1 m zur Strahlenquelle anzunehmen, bei den übrigen ein Abstand von 2 m. Die Berechnung ergibt: TI 80 0,8 mSv/h [1 m Abstand] + 0,2 mSv/h [2 m Abstand] = 1,0 mSv/h.

In diesem Beispiel sind die Mitarbeiter der Laschcrew bei jedem Ladungssicherungsvorgang einer Exposition von 1,0 mSv/h ausgesetzt. Werden die Arbeiten durch Hafenbeschäftigte ausgeübt, ist ihr Arbeitgeber über das Ergebnis der Dosiseinschätzung zu informieren. Würden diese Arbeiten von der Schiffsbesatzung durchgeführt, ergäbe sich bei zwei Vorgängen pro Reise und vier Reisen im Jahr insgesamt eine Exposition von 8 mSv/a. Somit wäre eine Individualüberwachung der Personen erforderlich.

Beförderung radioaktiver Erze mit Massengutschiffen

Uran- und Thoriumerze und physikalische Konzentrate dieser Erze sowie andere Erze mit natürlich vorkommenden Radionukliden sind als LSA-I eingestuft und können in loser Schüttung mit Massengutschiffen befördert werden. Das Material ist im Beförderungsdokument als »Radioactive material, low specific activity (LSA-I) UN 2912, group B« zu bezeichnen. Beim Ladungsumschlag und bei der Beförderung sind folgende Vorsichtsmaßnahmen zu beachten:

• Stauung getrennt von Nahrungs- und Futtermitteln und getrennt von anderen Gefahrklassen,

• Ladung trocken halten, nicht bei Niederschlag umschlagen,

• beim Umschlag eingesetzte Personen mit Schutzkleidung, Schutzbrille und Staubmaske ausrüsten,

• Laderäume während der Reise nicht belüften,

• Laderäume nach dem Entladen dekontaminieren.

Bei Uran- und Thoriumerzen und deren Konzentraten können die höchstzulässigen Dosisleistungen an jedem Punkt in 1 m Abstand von den Außenflächen der Ladung mit 0,4 mSv/h angenommen werden. Für das Dosiseinschätzungsprogramm ist daher der TI-Wert eines mit Uranerz beladenen Laderaums mit 0,4 · 100 = 40 anzusetzen. Nach der Dekontamination darf die Aktivität im Laderaum einen Wert von 4 Bq/cm² nicht überschreiten.

Umgang mit möglicherweise kontaminierten Schiffen

Aufgrund der Havarie der Atomkraftanlage Fukushima in Japan wurden die Behörden in Deutschland mit der Frage konfrontiert, ob von Schiffen, die japanische Gewässer durchfahren haben und jetzt europäische Häfen anlaufen, eine Gefahr für die Allgemeinheit, insbesondere für Beschäftigte in den Häfen ausgeht. Da die havarierten Reaktoren unverändert größere Mengen Radionuklide in die Atmosphäre abgeben, besteht die Gefahr, dass diese Radionuklide aus der Luft wieder absinken oder bei Niederschlag auf ein Schiff herabregnen (Fallout). Nach übereinstimmender Einschätzung durch die IAEA, die IMO und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit liegt der Gefahrenbereich, in dem eine Kontamination durch radioaktiven Fallout möglich ist, im Umkreis von 50 Seemeilen (ca. 100 km) um den Reaktor. Dieser Kontrollbereich ist erheblich größer, als der Bereich aus dem die Bevölkerung evakuiert wurde (der Evakuierungsbereich beträgt nur 30 km). Nur Schiffe, die sich in dem Kontrollbereich von 50 sm aufgehalten haben, stellen eine mögliche Gefahr dar, andere Schiffe nicht.

Aufgrund dieser Einschätzung wurde am 19.04.2011 eine Regelung eingeführt, nach der jedes Seeschiff, das einen deutschen Hafen anlaufen will, aufgefordert wird, dem Maritimen Sicherheitszentrum (Point of Contact) Auskunft darüber zu geben, ob seit dem Unfall der Kontrollbereich durchfahren wurde, und falls ja, ob bereits in einem anderen Hafen eine Kontaminationsmessung durchgeführt worden ist. Aufgrund dieser Antworten wird eine Risikobewertung durchgeführt. Danach wird festgelegt, ob von dem Schiff eine Gefahr ausgeht und eine Kontaminationsmessung zwingend erforderlich ist, oder ob keine Gefahr besteht. Wenn keine Gefahr besteht, kann das Schiff dennoch für eine Stichprobenkontrolle ausgewählt werden. Mit diesen Stichproben soll die Grundannahme verifiziert werden, dass außerhalb des Kontrollbereichs keine Gefahr zu erwarten ist. Bei Schiffen, die Bremerhaven oder Bremen anlaufen, wird die Risikobewertung gemäß dem in Abbildung 2 dargestellten Ablaufdiagramm durchgeführt.

Sofern eine einzelne Ladung aus dem Kontrollbereich von 100 km um den havarierten Reaktor heraus versendet wurde, kann eine Kontamination der Ladung nicht ausgeschlossen werden. Daher führen die Zolldienststellen stichprobenartige Kontrollen durch. Bei diesen Kontrollen wird der Grenzwert von 4 Bq/cm² zugrunde gelegt, der auch, wie oben dargestellt, bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Dekontamination von Beförderungsmitteln heranzuziehen ist.


Uwe Kraft