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Mit seinen hochwertigen Schiffsantriebssystemen hat Schottel schon mehr als 60 Jahre Erfolg – und das als Global Player weltweit. Einen Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte des vor 90 Jahren gegründeten Unternehmens gibt Hans Jürgen Witthöft

Die Schottel GmbH, im Sprachgebrauch der maritimen Fachwelt einfach mit dem kurzen Namen »Schottel« ein Begriff, zählt zu den weltweit[ds_preview] führenden Herstellern hochwertiger Schiffspropulsionssysteme, insbesondere steuerbarer Antriebe. Gegründet 1921 von Josef Becker in Spay am Rhein, ist die Schottel-Gruppe nach wie vor ein eigenständiges Familienunternehmen und verfügt außer dem Stammsitz in Spay heute über weitere Produktionsstandorte in Wismar und dem chinesischen Suzhou. Das Service- und Vertriebsnetz umspannt außer den deutschen Standorten die Niederlande, Frankreich, USA, Brasilien, Fernost und China mit insgesamt 100 Vertretungen. Der 2010 erzielte Umsatz lag bei 250 Mio. €. Weltweit sind knapp 800 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig. Sie blicken nicht nur mit berechtigtem Stolz auf eine nunmehr neunzigjährige erfolgreiche Unternehmens­entwicklung zurück, sondern profitieren gleichfalls von den in den vergangenen Jahrzehnten gesammelten Erfahrungen.

Begonnen hat alles, wie erwähnt, 1921 in einer bekanntermaßen wirtschaftlich und politisch überaus schwierigen Zeit. Davon ließ sich der 24-jährige Maschinenbaumeister Josef Becker nicht abschrecken, als er in einer alten Scheune im heutigen Ortsteil Niederspay den Grundstein für die heute weltweit operierende Firmengruppe legte. Damals nahm er für seinen kleinen Handwerksbetrieb zunächst jede sich bietende Arbeit an, um überhaupt Beschäftigung zu haben. Mit zwei Mitarbeitern und einem bereits 1922 eingestellten Lehrling reparierte und produzierte er Geräte und Maschinen für die heimische Landwirtschaft.

Anfänge im Bootsbau 1925

»Ideenreich und mit großem Fachwissen«, so lobten später Schottel-Mitarbeiter, die den 1973 verstorbenen Josef Becker noch persönlich kennengelernt hatten, suchte und fand er stets neue Produkte und Kundenkreise für seine allmählich auf immer festerem Fundament ruhende kleine Firma. Und sie wuchs: Schon 1925 begann er mit dem Bootsbau, eine Entscheidung, die durch die Nähe zum Rhein und die regen Kontakte zu den Rheinschiffern quasi auf der Hand lag.

Das erste von Josef Becker selbst konstruierte Boot war dann gleich auch ein Volltreffer und wurde unter dem Namen Becker-Schaluppe und später Schottel-Schaluppe weltweit bekannt. Dieses unsinkbare Boot wurde in Schalenbauweise über Kopf gebaut und erhielt seine Festigkeit durch Längsrippen ohne Spanten. Mit nahezu inzwischen 20.000 Einheiten ist die Schottel-Schaluppe wohl das meistgebaute Serienboot für die Berufsschifffahrt.

Einen weiteren Meilenstein brachte das Jahr 1928, in dem das erste Motorboot entstand. Bald darauf wurden auch Proviantboote und kleinere Fahrgastschiffe in das Bauprogramm aufgenommen. 1931 erregte Josef Becker in Fachkreisen großes Aufsehen, als er dazu überging, seine Boote entgegen der damals üblichen Vernietung im Schweißverfahren zu fertigen. Schon bald liefen auch Fährschiffe, Inspektionsboote, Schleppschiffe und Motoryachten in Spay vom Stapel. Sie alle trugen die »Handschrift« des Firmengründers und seiner wachsenden Belegschaft.

Umzug an Rheinkilometer 578,5

Für das aufstrebende Unternehmen war inzwischen der Standort zu klein geworden. Außerdem waren damals die Stapelläufe jedes Mal ein Abenteuer, da die Schiffe mit einem Slipwagen durch den Garten und über die öffentliche Rheinpromenade zu Wasser gelassen werden mussten. Deshalb erwarb Josef Becker 1934 stromaufwärts ein größeres, günstiger gelegenes Grundstück bei Rheinkilometer 578,5. Der Stromabschnitt dort trägt den Namen »Schottel«, und diesen Namen wählte der Firmengründer für sein Unternehmen: Schottel-Werft.

In rascher Folge errichtete Becker dort Bootsbauhalle, Schreinerei, Schmiede, Helling und sonstige Werkstätten mit damals modernsten Maschinen. In diese Zeit fällt auch ein interessantes, heute oft vergessenes Produkt in der Geschichte des Unternehmens, der Schottel-Trecker, von dem zwar nur rund 25 Einheiten gebaut wurden, der sich aber bei den Landwirten in der Umgebung wegen seiner Robustheit und hohen Zuverlässigkeit großer Beliebtheit erfreute. Aus logistischen Gründen musste die Fertigung während des Zweiten Weltkriegs jedoch eingestellt werden.

Nach dem Krieg widmete sich Josef Becker mit seiner inzwischen wieder 18 Mann zählenden Belegschaft ausschließlich der Berufsschifffahrt. Vor allem konzentrierte er sich auf die Lösung eines Problems, das ihn schon lange beschäftigte, und dessen Resultat letztlich den Weg für die weiteren Erfolge des Unternehmens bahnen sollte. Der Maschinenbaumeister suchte nach einem Schiffsantrieb, der wenig Platz beansprucht, leicht ein- und ausbaubar ist und Schiffen vor allem exzellente Manövrierfähigkeiten verleihen sollte. Ausgehend vom Prinzip des damals schon bekannten Außenbordmotors baute Josef Becker aus Teilen alter Lkw-Differenzialgetriebe einen Z-Antrieb, dessen Unterwasserteil mit dem Propeller um 360 Grad endlos gesteuert werden konnte.

Das war der erste, 150 PS starke Schottel-Ruderpropeller (SRP). Mit diesem Propeller wurde 1950 die firmeneigene Motor­yacht »Magdalena« ausgerüstet – ein Referenzprojekt also.

Innovation Ruderpropeller

Dieser neuartige Schiffsantrieb war damals geradezu eine Sensation, da er Antrieb und Steuerung in einem Aggregat vereinte. Die Vorteile dieses Ruderpropellers sprachen sich in Fachkreisen rasch herum. Sein weltweiter Durchbruch kam vor allem nach seinem vermehrten Einsatz in Zoll- und Polizeibooten sowie auf Fahrzeugen der französischen Rheinarmee. Sie alle zeichneten sich durch hohe Geschwindigkeit und exzellente Manövrierfähigkeit aus. Für einen immer größer werdenden Kundenkreis wurde der Schottel-Ruderpropeller zum Synonym für einen rundum steuerbaren Antrieb mit höchster Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Parallel dazu setzte in der Binnenschifffahrt die Entwicklung ein, bisher geschleppte Kähne und Schiffe mit einem Eigenantrieb zu motorisieren. Hierfür entwickelte Schottel den Navigator, der auf jedem Fahrzeug einfach zu installieren ist. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine mobile Großaußenbordanlage. Ein Grundrahmen, der auch den Tagestank aufnehmen kann, trägt den unter einer Schutzhaube montierten Antriebsmotor. In einem integrierten Schaltschrank sind die elektrischen bzw. elektronischen Überwachungselemente installiert.

Die Schaltkupplung zwischen Motor und Ruderpropeller überträgt die Leistung über eine elastische Kupplung und Gelenkwelle zum Ruderpropeller, der rückwärtig am Grundrahmen montiert ist. Er kann handmechanisch oder hydraulisch durch eine Tiefgangsverstellung in vertikaler Richtung verstellt werden: so wird in jedem Fall die richtige Propellertauchung entsprechend dem Schiffstiefgang zur Erreichung des maximalen Propellerschubes sichergestellt.

Im Hafen und auf See

Ein wichtiger Einsatzbereich für Schottel-Ruderpropeller sind Hafen- und seegehende Schlepper. Bereits 1967 wurde mit dem schon fast legendär gewordenen Schlepper »Janus« der erste »Tractor Tug« im Hamburger Hafen in Dienst gestellt. Seine zwei 342 kW leistenden SRP waren im vorderen Drittel seines Rumpfes angeordnet. Vorausgegangen waren Überlegungen, einen modernen Schlepper zu bauen, der bei optimaler Manövrierfähigkeit ein Höchstmaß an Sicherheit, Zugleistung und Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Dieses Ziel wurde mit der Anwendung des SRP erreicht.

Das mit der »Janus« eingeleitete neue Schlepperkonzept, das beispielsweise im Hamburger Hafen zu einem deutlichen Rückgang der Havarieunfälle führte, war so überzeugend, dass weitere Schlepper auch für Reedereien außerhalb Deutschlands gebaut wurden. Heute liefert Schottel SRP in die ganze Welt. Je nach Einsatzfall und Tiefgang der Schlepper sind sie im vorderen Schiffsdrittel oder im Heckbereich eingebaut, mit Fest- oder Verstellpropellern ausgerüstet und leisten Pfahlzüge von 55 t oder mehr.

Eine besondere Herausforderung für das Unternehmen war Mitte der 80er-Jahre die Entwicklung, Konstruktion und der Bau der mit 6000 kW leistungsstärksten Ruderpropeller vom Typ SRP 4500 für das damals größte Kranschiff der Welt, die »Micoperi 7000«. Mit vier dieser Antriebsgiganten fährt das halbtauchende Kranschiff mit eigener Kraft über die offenen Meere zu seinen weltweiten Einsätzen. Andere wichtige Aufträge aus dem Offshore-Bereich folgten. Unter den vielen soll als nur ein Beispiel das von der Langsten-Werft in Tomrefjord gebaute norwegische Hochsee-Forschungsschiff »Marjata« genannt werden, das schon allein durch seine dreiecksförmigen Wasserlinien ein außergewöhnliches Schiff war. Schottel lieferte das Antriebs- und Manövriersystem: Zwei SRP 3030, angetrieben von 3000 kW leistenden Elektromotoren, dienten als Hauptantrieb; ergänzt wurden sie von einem ausfahrbaren Ruderpropeller SRP 1212 CP im Bug zum dynamischen Positionieren. Die komplette Antriebsanlage war so ausgelegt, dass strengste Anforderungen hinsichtlich der Geräuschminimierung erfüllt wurden.

Querstrahlanlagen und Pump-Jets

Auf der Basis der bewährten Ruderpropeller-Getriebe baut Schottel seit Mitte der 60er-Jahre auch Querstrahlanlagen mit Fest- oder Verstellpropellern. Die sehr guten Manövriereigenschaften des SRP werden mittels Querstrahlanlagen und Schnittstellen zu einem DP-System kombiniert, das den höchsten Positionierungsansprüchen der Schifffahrt und der Offshore-Industrie genügt.

Seit Anfang der 70er-Jahre stellt Schottel in Ergänzung des innovativen Programms auch leistungsstarke Jet-Antriebe für die Berufsschifffahrt her. Die ersten Anlagen waren noch mit einem Propeller ausgerüstet und wurden wegen ihrer Robustheit und ihres guten Wirkungsgrades bekannt. Nach Ablauf der Schutzrechte bauten andere Hersteller Pump-Jets nach. Jedoch weisen alle Jet-Antriebe, die mit Propellern arbeiten, systembedingte Nachteile wie hohen Auftriebsverlust, hohes Gewicht, aufwendigen und kostenintensiven Einbau, starke Sogwirkung und deutlich nachlassenden Schub bei fahrendem Schiff sowie in flachem Wasser auf.

Dies hatte Schottel bereits frühzeitig erkannt und deshalb in den 70er-Jahren mit der Entwicklung eines neuartigen Jetantriebs, dem Schottel Pump-Jet (SPJ), begonnen, der bei kompakter Bauweise mit geringem Auftriebsverlust und mit geringer Sogwirkung hohen Schub in flachem Wasser und in einem breiten Geschwindigkeitsbereich entwickelt. Ein SPJ verbirgt sich komplett im Schiffsrumpf. Das Wasser wird von einem Laufrad unter dem Schiffsboden angesaugt und in ein Pumpengehäuse befördert. Die Austrittsdüsen sind in einer um 360° steuerbaren Bodenplatte angeordnet, die flach in den Schiffsboden integriert ist. Keines der Antriebsteile ragt unter dem Schiffsboden hervor.

Dieses Antriebskonzept findet immer mehr als leistungsstarkes und zuverlässiges Manövriersystem in Schiffen unterschiedlichster Typen Anwendung. Inzwischen sind mehrere hundert entsprechend ausgerüstete Schiffe im Einsatz. Die Erweiterung des Einsatzspektrums für den SPJ von kleineren Binnenschiffen und militärischen Fahrzeugen über große Binnenschiffe bis hin zu seegängigen Schiffen hat zu ständigen Weiterentwicklungen und Leistungssteigerungen geführt (heute bis zu 3.500 kW). Der SPJ eignet sich auch als Manövrierhilfe zum Vortrieb und als redundanter Hilfsantrieb (»take-me-home device«) im Bug konventionell angetriebener Schiffe.

Twin Propeller und Combi Drive

Ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte und das Ergebnis intensiver Forschung war die Entwicklung des Schottel Twin Propellers (STP), der 1996 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dabei handelt es sich um einen Antrieb, der mit zwei gleich großen, auf einer gemeinsamen Welle angeordneten und im gleichen Drehsinn laufenden Propellern ausgerüstet ist. Der STP stellt die erfolgreiche Optimierung des Gesamtsystems Ruderpropeller mit einem wesentlich höheren Wirkungsgrad dar und ist laut Schottel der ideale Antrieb für Schiffe im mittleren Geschwindigkeitsbereich mit einsatzspezifisch höheren Propellerbelastungen. »Der STP bietet eine hohe Zuverlässigkeit durch einfache Bauweise«, wirbt das Unternehmen. »Weitere Vorteile sind die Reduzierung des Propellerdurchmessers ohne Einschränkung im Wirkungsgrad, niedrige Kraftstoffkosten und geringer Wartungsaufwand.«

2003 begann die Entwicklung des Schottel Combi Drives (SCD). Er vereint die wichtigsten technischen und ökonomischen Charakteristika eines mechanischen Ruderpropellers und Podantriebs. Der Elektromotor ist vertikal in das Tragrohr des Ruderpropellers integriert. Damit wird ein Aggregat geboten, das die Vorzüge eines leistungsstarken Antriebs mit einer hydrodynamisch vorteilhaften, schlanken und wartungsfreundlichen Konstruktion kombiniert. Oberwassergetriebe, Wellenleitung und Platz für den Motor entfallen, so dass dieser extrem kompakte Antrieb besonders für Offshore-Versorgungsschiffe (OSV), RoPax-Fähren, Tanker und Containerschiffe geeignet ist. Aus der Sicht von Schottel kann er problemlos und sehr platzsparend sowie ohne weitere Fundamente im Schiff installiert werden. 2006 wurden SCDs erstmals in Fähren und OSV eingebaut.

Forschung und Entwicklung

Wie die vielfältigen Produktinnovationen zeigen, misst Schottel dem Bereich Forschung und Entwicklung seit jeher eine große Bedeutung bei, um die Expertise auf dem Gebiet steuerbarer Schiffsantriebe immer wieder unter Beweis zu stellen. Hierbei arbeitet das Unternehmen eng mit renommierten in- und ausländischen Versuchs- und Forschungsanstalten zusammen. Durch kontinuierliche Umsetzung neuer Erkenntnisse auf den Gebieten Hydrodynamik, Mechanik und Metallurgie ist Schottel stetig bemüht, den Nutzen seiner Antriebssysteme für die Anwender zu verbessern. Besonderes Augenmerk legt das Unternehmen nach eigenen Angaben auf Zuverlässigkeit und Lebensdauer seiner Anlagen, was sich für die Betriebssicherheit der Schiffe auszahlt.

Zwei bemerkenswerte Ereignisse aus jüngerer Zeit müssen im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung genannt werden. Es sind die 2010 erfolgten Gründungen der Schottel Academy und des Josef Becker Forschungszentrums. Mit der Einrichtung der Schottel Academy setzt das Unternehmen auf eine noch bessere Aus- und Weiterbildung aller bedienten Zielgruppen. Bei den ständig steigenden Anforderungen an Schiffsantriebe und Steuerungen, deren Kommunikationsfähigkeit an Bord, sowie der stetig wachsenden Komplexität der Aufgaben in den Werften hat auch die Einweisung und Schulung stark an Bedeutung gewonnen, denn jede Anlage ist nur so gut wie das Service-, Montage- und Bedienpersonal.

Das Josef Becker Forschungszentrum hat Schottel zur weiteren Verstärkung seiner Innovationskraft gegründet. Ingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen erarbeiten in diesem Think Tank neue Lösungen. Dabei greift Schottel zum einen auf das eigene erfahrene Stammpersonal zurück und sucht, ergänzend dazu, neue Techniker, die bereits Kenntnisse auf dem Gebiet des Schiffbaus vorweisen können.

Schottel-Geschäftsführer Professor Gerhard Jensen weiß um die Bedeutung von »Denkfabriken«, die jenseits der üblichen Hektik des Tagesgeschäfts an Innovationen arbeiten. Und er kennt die Notwendigkeit kreativer Teams auch für Schottel, »denn der Name steht für Ideen, die den Schiffbau nachhaltig vorangetrieben haben«, so Jensen: »Unser Firmengründer Josef Becker hat noch nach seinem Tod als dritter Deutscher in der fünfzigjährigen Geschichte den von amerikanischen Ingenieursvereinigungen verliehenen renommierten Elmer A. Sperry Award für seine bahnbrechende Erfindung, den Ruderpropeller, erhalten. Seinen Namen trägt das Forschungszentrum und in seinem Sinn arbeiten wir an neuen Konzepten nicht nur für die Schifffahrt.«

Schottel handelt damit auch antizyklisch im klassischen Sinn. Jensen weiter: »Unser Unternehmen konnte sich in der Weltwirtschaftskrise sehr gut behaupten. Für eine nachhaltige Entwicklung ist es aber gerade jetzt wichtig, noch mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren. Der Think Tank wird dazu beitragen, dass wir auch weiterhin zu den weltweit führenden Propulsionsspezialisten zählen werden.«

Expansion und Kooperation

Neben der eigentlichen technischen Entwicklung ist eine Reihe wichtiger Schritte in der Firmengeschichte festzuhalten, die von großer Bedeutung für die Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis der Gruppe waren. Zu nennen ist zunächst das Engagement im Zukunftsmarkt China durch Gründung der Tochtergesellschaft Suzhou Schottel Propulsion Co. Ltd. (kurz SSPC) im Jahre 1998. Mit einem Investitionsvolumen von damals umgerechnet rund drei Mio. € wurden auf einer Grundstücksfläche von 12.000 m2 zwei moderne Produktionsgebäude, ein integriertes Lager und ein Verwaltungsgebäude errichtet. Infrastruktur und der Maschinenpark entsprachen in jeder Beziehung westlichem Standard.

Die offizielle Eröffnung fand am 16. April 1999 statt. Die Schwerpunkte von SSPC mit seinen zunächst 30 Mitarbeitern waren die Fertigung von Querstrahlanlagen mit Fest- und Verstellpropellern bis Typ STT 550, Ruderpropeller bis Typ SPP 170, die Vorproduktion von Navigatoren und die Vorproduktion von Teilen für die Endfertigung größerer Anlagen in Deutschland. Inzwischen ist verstärkt in die Erweiterung und Modernisierung des Maschinenparks investiert und die Mitarbeiterzahl auf über 100 gesteigert worden. Die Leistungsfähigkeit von SSPC verdeutlicht allein folgende Zahl: Bereits im Januar 2007 ist der tausendste Bugstrahler ausgeliefert worden. Schon deutlich vorher, wenige Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, hatte Schottel mit der Wismarer Propeller- und Maschinenbau GmbH (WPM) eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Sie mündete in die im Herbst 1999 beginnende Übernahme von WPM, welche Mitte 2001 ihren Abschluss fand, als WPM unter dem neuen Namen Schottel-Schiffsmaschinen GmbH firmierte. Die Einweihung einer neuen Produktions- und Montagehalle für Schiffsantriebe im April 2001 stellte für das auf demselben Gelände ansässige Schwesterunternehmen Schottel-Antriebstechnik GmbH den erfolgreichen Abschluss eines im Oktober 1999 begonnenen Investitionsvorhabens dar. Mit dieser Baumaßnahme sah sich Schottel für die Produktion von Großanlagen in der Hansestadt bestens gerüstet. Die Schottel Werft Josef Becker GmbH & Co. KG firmierte in dieser Zeit um in Schottel Werft GmbH & Co. KG.

Am 31. März 2007 überraschte die Meldung, dass 15 % der Anteile an der Schottel-Gruppe an die norwegische Frydenbo Industri AS übertragen worden sind. Dahinter steht eine strategische Allianz, wie Geschäftsführer Jensen betont. Die Frydenbo Power AS, Tochtergesellschaft der Frydenbo Industri, war bereits vorher langjähriger Vertriebspartner in Norwegen. Frydenbo Industri ist einer der größten Lieferanten von Dieselmotoren, Aggregaten und Propelleranlagen in Norwegen, mit einer starken Position auf den Gebieten Vertrieb, Kundendienst, Service und Ersatzteillieferungen. Ein geradezu idealer Partner also.

Kapazitätsausbau und Optimierung

Darüber hinaus wurden 2008/09 mit Kapazitätserweiterungen in den Produk­tionsstätten entscheidende Weichen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe unter allgemein schwieriger gewordenen weltweiten Wirtschaftsbedingungen gestellt. Diese umfassten an den beiden deutschen Standorten unter anderem umfangreiche Baumaßnahmen, die Erweiterung des Maschinenparks, die Optimierung der Produktionsabläufe und die Aufstockung der Mitarbeiterzahlen um bis zu 40 in Spay und etwa 30 in Wismar. Auch die ausländischen Tochtergesellschaften, vor allem in China und Brasilien, wurden modernisiert. Mit Blick auf das Ergebnis betont Geschäftsführer Jensen: »Als eigenständiges, global operierendes deutsches Unternehmen haben wir so die Chance, uns nachhaltig in der ersten Reihe der weltweiten Produzenten von Schiffsantrieben zu behaupten.«

Der Standort Spay, nach wie vor Stammhaus der Schottel-Gruppe und auch der neuen Denkfabrik, ist zum Zentrum der Zerspanung und Getriebefertigung ausgebaut worden. Hier werden alle Ruderpropeller-Anlagen bis zu einer Maximalleistung von 2300 kW montiert. Von diesem strategisch bedeutenden Schritt verspricht sich das Unternehmen eine weitere Verbesserung seiner Produktqualität. Der Standort Wismar wurde für die Montage für Antriebe mit höheren Leistungen eingerichtet. Die Montagekapazität für große Ruderpropelleranlagen wurde auf nunmehr rund 180 pro Jahr verdoppelt. Nach Überzeugung der Unternehmensleitung festigt diese Arbeitsteilung beide Standorte gegen Markt- und Ausrüstungsschwankungen.

Dazu passt als Ergänzung die Inbetriebnahme eines neuen Ersatzteil-Logistikzentrums am Stammsitz im März 2010. Eine schnelle Ersatzteilversorgung reduziert Stillstandszeiten und ist damit von außerordentlicher Wichtigkeit für Schiffseigner und -betreiber. Mit dem neuen Lager hat Schottel die Ersatzteillogistik für den Service von der Produktionslogistik für die Neuanlagenfertigung getrennt. Damit werden alle Kundenbestellungen mit oberster Priorität behandelt – von der Kommissionierung bis zum Versand bleibt der Service verantwortlich. Darüber ist auch ein eigener Einkauf angesiedelt worden, der ausschließlich für den Service verantwortlich ist und ein besonderes Augenmerk auf die schnelle Beschaffung in ganz dringenden Fällen legt. Neben Regallagerplätzen wird ein computergesteuertes vertikales Liftsystem eingesetzt. Es sorgt für eine schnelle Verfügbarkeit von Kleinteilen und erfüllt auch die sensibelsten Lageranforderungen etwa für Dichtungen oder Elektroteile, wie Schottel betont.

Service als Grundpfeiler

Als einer der Grundpfeiler des Unternehmens steht der Service gleichberechtigt neben Produkt­ion sowie Forschung und Entwicklung. Schottel nimmt unter dem Stichwort »Professionell Partnership ein Schiffsleben lang« hierzu folgendermaßen Stellung: »Wir erkundigen uns umfassend bei Reedern und Werften nach deren Erfordernissen, bevor wir Propulsions- und Manövriersysteme entwickeln und fertigen. Gleichzeitig stehen wir mit intensiver Beratung und einem umfassenden After-Sales-Service an der Seite unserer Kunden. Über die Begutachtung der Schiffslinien, die Propulsionsberechnung, Einbauplanung und Inbetriebnahme hinaus entwickeln unsere Ingenieure auch Lösungen zur vorbeugenden Instandhaltung. Mit unserem Condition Monitoring System (CMS) ermöglichen wir die kontinuierliche Überwachung der Antriebe und gewährleisten so deren jahrzehntelangen reibungslosen Einsatz.«

Zusammenfassend erklärt Schottel seine Kompetenz und sein umfassendes Know-how damit, dass beides nicht nur aus jahrzehntelangen eigenen Anstrengungen erwachsen ist, sondern auch das Ergebnis intensiver Zusammenarbeit mit Reedern, Werften und Designbüros sowie international renommierter Forschungseinrichtungen widerspiegelt.


Hans Jürgen Witthöft