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Am Zeitchartermarkt für Containerschiffe sitzen die Befrachter wieder am längeren Hebel und nutzen das temporäre Überangebot im Panamaxsektor, um die Raten zu drücken. Marktteilnehmer sind gespalten über die Aussichten.

Für die Tramp-Reeder und Kommanditisten der Schiffe ist der Traum von der fortwährenden Markterholung zunächst einmal geplatzt. Die Charterer[ds_preview], von denen die Mehrzahl mit ihren Liniendiensten unterm Strich schon wieder Verluste einfahren, können hingegen aufatmen. So sind die Tagesraten für neu geschlossene Schiffe in den vergangenen Wochen kontinuierlich gesunken – in den oberern Chartermarkt-Segmenten von 3.000 bis 5.000 TEU sogar rasant. Das ConTex-Marktbarometer zeigt für den Zeitraum vom 21.07. bis 18.08. einen durchschnittlichen Rückgang der Raten um 9 % an. Die Dynamik der vergangenen 18 Monate wurde dabei auf den Kopf gestellt. Nachdem große Schiffstypen seit Beginn der Erholung Anfang 2010 fast durch­gehend die höchsten Steigerungen vorgelegt hatten, sind sie aktuell wieder die größten Verlierer. So sank die Durchschnittsrate der 4.250-TEU-Schiffe auf Basis einer 24-Monats-Charter laut dem ConTex im selben Zeitraum sogar um 16%. Nachdem es wochenlang gar keine repräsentativen Abschlüsse von Tramp-Schiffen mehr gegeben hatte, weil die Linienreeder sich nur noch gegenseitig Schiffe untervermieteten, für die sie keine Verwendung mehr fanden, gibt es nun wieder Abschlüsse bzw. Charterverlängerungen, an denen sich Tramp-Reeder orientieren können. Die Ergebnisse sind durchweg enttäuschend. So verlängerte MSC per Ende August die 2004 gebaute »HS Humboldt« (4.992 TEU) für weitere zwölf Monate zu einer Tagesrate von 17.000 US$. Derselbe Befrachter sicherte sich nach Maklerangaben auch die 1997 gebaute »Buxstar« zu 16.000 US$ pro Tag für sechs Monate sowie im Postpanamaxsegment das 8.000-TEU-Schiff »Bunga Seroja Dua« für ein Jahr zu mageren 36.000 US$ plus Option. Ferner soll die israelische Linie Zim einen 3.500-TEU-Frachter für eine flexible Periode in der Asien-Europa-Fahrt eingechartert haben, die Vereinbarung stehe aber noch unter Vorbehalt, hieß es. Vor einigen Monaten erzielten Panamaxe bei neuen Abschlüssen und Verlängerungen noch Tagessätze von 26.000 bis 28.000 US$. Viele Marktteilnehmer hatten zuletzt noch gehofft, dass im zweiten Halbjahr wieder Schwung aufkommt und man an die Jahreshöchststände von März/April anknüpfen könnte. Allmächlich verdüstert sich die Stimmung, weil die Linien bis auf wenige Ausnahmen keine Anstalten machen, größere Chartermarktschiffe einzuchartern und die Verfügbarkeit von Tonnage immer weiter steigt. Mitte August war das Angebot der prompten Einheiten, die also kurzfristig zur Rücklieferung kommen, wieder leicht gesunken, nachdem die Befrachtungsaktivität spürbar zunahm. Im längerfristigen Vergleich ist die Verfügbarkeit aber weiterhin sehr hoch. Nach Aussage eines britischen Schiffsmaklers waren zu Jahresanfang in den Segmenten über 700 TEU nicht einmal 200 Containerschiffe innerhalb von 60 Tagen am Markt verfügbar. Bis Juli sei ihre Anzahl auf 263 gestiegen und im August sogar auf 425.

Mittelgroße Schiffe gefragt

In den liquideren Bereichen unterhalb von 3.000 TEU hielten sich die Tagesraten bislang besser. Vor allem in Fernost und in Südostasien herrschte Maklern zufolge noch recht rege Nachfrage in den Größenklassen 1.300 bis 1.800 sowie zwischen 2.500 und 3.000 TEU. Neben Anfragen für kurzfristige Adhoc-Einsätze während der laufenden Hochsaison für Exportverschiffungen aus Asien ging eine Reihe von Subpanamaxen (2.500–2.800 TEU) zu flexiblen Perioden bis maximal 12 Monate aus dem Markt – je nach Position und Periodendauer zu Raten von 12.500 bis 13.800 US$ pro Tag. Neben Maersk und CMA CGM nutzten auch Hapag-Lloyd und Pacific International Lines die Gunst der Stunde. Zumindest schien der Rückgang der Raten dadurch zunächst einmal gebremst worden zu sein. Die zuletzt verfügbaren Abschlüsse deuten zumindest auf eine Seitwärtsbewegung und zum Teil leichte Befestigung hin. So nahm Hapag-Lloyd die 2005 gebaute »Cape Moreton« (2.742 TEU) zu einem stabilen Tagessatz von 13.400 US$ für fünf bis sieben Monate in den Fernost-Australien-Dienst auf. Auch der Abschluss der 2.700 TEU tragenden »Minerva« in Europa durch United Arab Shipping Co. zu 13.450 US$ kann sich Einschätzung von Maklern unter den derzeitigen Gegebenheiten gut sehen lassen.

Die Raten der 1.100- und 1.700-TEU-Typen wiesen geringere wöchentliche Einbußen als die der großen Schiffe auf. Allerdings deutete sich bei Redaktionsschluss der Hansa an, dass die Entwicklung in beiden Segmenten auseinanderdriften könnte. Während die 1.700-TEU-Typen weiterhin stabile Tagessätze von rund 10.500 US$ erzielten, kamen die CV-1100er zunehmend unter Druck, vor allem im Atlantik. So konnte MSC die 2006 gebaute »Magnus« (1.080 TEU) laut Maklerberichten zu nur 7.600 US$ pro Tag in Europa für sechs Monate verlängern. Die Konkurrenz um Zeitcharterbeschäftigung sei sehr intensiv, hieß es aus dem Markt. In den kommenden drei Monaten stünden weltweit mindestens 70 1.100-TEU-Schiffe mit Ladegeschirr zur Rücklieferung oder Verlängerung an.

Damit die Nachfrage am Chartermarkt wieder in Gang kommt, muss vor allem das Ladungsaufkommen weiter wachsen. Die jüngsten Umschlagzahlen zeigen hingegen eine deutliche Verlangsamung des Wachstums an. Dem Datendienstleister Container Trades Statistics (CTS) zufolge nahm das Verschiffungsaufkommen auf der wichtigen Asien-Europa-Route im Juni nur um 1.7 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat zu und sank sogar im Vergleich zum Vormonat um 4 %. Unter dem Eindruck der verschärften Staatsschulden- und Währungskrisen in Europa und den USA haben große Seefrachtspeditionen wie Kühne + Nagel und Panalpina ihre Wachstumsvorhersagen für den globalen Containerverkehr nach dem zweiten Quartal deutlich reduziert. Der europäische Seeverkehrs-Index der dänischen Danske Bank lag zuletzt mit 61 Zählern noch oberhalb der 50-Punkte-Grenze, die Wachstum signalisiert. Im Vormonat lag er jedoch bei 67 Punkten, und die Erwartungen der Umfrageteilnehmer aus dem Speditionssektor deuten auf eine erneute Abschwächung hin.
Michael Hollmann