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Schiffsbeteiligungen sind seit vielen Jahren eine beliebte Form der Kapitalanlage, aber die momentan schwierige Lage in der Schifffahrt ruft selbsternannte Anlegerschützer auf den Plan, die nur Verunsicherung schüren.

Schmeißfliegen sind eine Familie der Fliegen innerhalb der Zweiflügler. Die Schmeißfliege liebt geruchsintensive organische Stoffe und lässt sich mit Vorliebe[ds_preview] auf Exkrementen nieder. Deswegen werden diese Fliegen als besonders lästig und eklig empfunden. Lästige Dinge lösen Assoziationen zu dieser Fliege aus.

Überall, wo es in der Welt der Kapitalanlage Instabilität oder Probleme gibt, zieht es Rechtsanwälte, die sich selbst vollmundig als Anlegerschützer titulieren, hin wie Schmeißfliegen. Nicht die ins Straucheln geratenen Kapitalanlagen, sondern die scheinbar wirtschaftliche Perspektivlosigkeit der selbsternannten Retter der Anlegergelder produziert diese Spezies, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aus der Schlacht vor Gericht siegreich hervorzugehen. Doch das klappt eher selten.

Diese Spezies hat sich nun auf den Bereich der Schifffahrt kapriziert. Die Formen, in denen diese kleine Schar der Anwälte dabei in Erscheinung tritt, sind sehr unterschiedlich, gleichwohl aber effizient, denn sie lösen bei den Anlegern Verunsicherung aus. Genau das ist der tiefere Sinn dieser Aktionen, denn daraus lassen sich schnell Mandatsverhältnisse entwickeln, die überwiegend dem Geldbeutel der Anlegerschützer nützen.

Natürlich ist es nahe liegend, dass sich diese Anwälte auf die Schifffahrt stürzen. Die Schifffahrt hat unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise in den letzten drei Jahren besonders gelitten. Neben diesen Schwierigkeiten hat sich die Schifffahrt eigene, quasi hausgemachte, Probleme beschert, indem zu viele Schiffe in verschiedenen Einsatzbereichen bestellt wurden. Die logische Konsequenz aus dieser Situation sind wirtschaftliche und liquiditätswirksame Engpässe, unter denen verschiedene Schiffsgesellschaften zu leiden haben und somit auch die Anleger.

Die wirtschaftlichen Notlagen bestehender Schiffsgesellschaften haben Betriebsfortführungskonzepte (BFK) notwendig werden lassen, mit der Folge, dass Anleger gebeten wurden, zusätzliche Mittel bereitzustellen, damit die Schiffsgesellschaft die Krise überstehen kann. In vielen Fällen hat das geholfen und war sinnvoll. Viele BFKs haben die Planzahlen im positiven Sinne schon weit hinter sich gelassen. Die von solchen Maßnahmen betroffenen Anleger sind aber bezüglich ihrer Kapitalanlage sensibilisiert. Die nachhaltige, negative und teils schlecht recherchierte Berichterstattung über die Schifffahrt in vielen Printmedien hat dazu beigetragen, dass Kapitalanleger in der Schifffahrt verunsichert wurden.

Genau an diesem Punkt betreten die Anlegerschützer die Bühne und sorgen vollends für Verwirrung. Zwei Vorgehensweisen fallen dabei besonders ins Auge. Eine Methode ist die direkte Ansprache der Anleger durch diese Anwälte. Dies geschieht zum Beispiel durch Presseartikel, die sich mit der Schifffahrt beschäftigen. Wird darin ein solcher Anlegerschützer um eine Stellungnahme gebeten, was häufig geschieht, zielt dessen Statement natürlich auf mögliche Prospektfehler oder Beratungsfehler beim Verkauf der Anlage ab.

Erfahrungsgemäß reagieren manche Anleger auf solch einen Artikel, bedingt durch die eigene Unzufriedenheit, und melden sich bei dem Anlegerschutzanwalt. Der hat so seine erste Hürde genommen, denn er kennt das Schiff, das Emissionshaus und hat damit sämtliche Daten, um einen Handelsregisterauszug anzufordern. Mit Hilfe des Handelsregisterauszuges werden die Wohnsitzdaten der Anleger ermittelt. Dann erfolgt die erste persönliche Ansprache der ermittelten Anleger. Sie erhalten ein Schreiben, das ungefähr einen gleichlautenden Tenor hat, den alle dieser Anlegerschützer verwenden.

Darin heißt es sinngemäß, dass sie die Interessen eines betroffenen Kapitalanlegers, der an dem im Betreff genannten Schiffsfonds beteiligt ist, vertreten. Das Auftragsverhältnis laute auf die Geltendmachung von Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung durch eine Bank oder eine Finanzberatung. Der Mandant habe ferner darum gebeten, dass die Kanzlei Kontakt zu Mitgesellschaftern des Fonds aufnimmt, damit der Sachverhalt weitergehend aufgeklärt werden kann.

Dann folgen Ausführungen, aufgrund welcher vermeintlichen Verfehlungen die Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Dies erfolgt mit Formulierungen in der Art: Der Mandant wolle sein Geld sicher anlegen und kein Verlustrisiko eingehen, sei aber über die tatsächlichen Risiken nicht belehrt worden. Es fehlte auch der Hinweis, wieviel der Berater als Provision »heimlich« für den Vertrieb der Fondsbeteiligung erhält. Daraus leiten die Kanzleien den Regulierungsanspruch wegen Falschberatung ab. Dieser besteht in der Erstattung des eingesetzten Geldes gegen Beteiligungsübertragung.

Als Argumente dafür werden die Risiken einer Schiffsbeteiligung angeführt, die bis hin zum Totalverlust führen können. Natürlich ist dieses Argument richtig, aber man muss sich die Frage stellen, ob die beteiligten Anleger Legastheniker sind. In den heute sehr umfangreichen Ausführungen der Prospekte zu den Chancen und insbesondere zu den Risiken einer solchen Anlage ist sehr detailliert dargestellt, wie risikobehaftet die Anlage ist. Wer sich aber als Anleger mit dem Prospekt über das Beteiligungsangebot nicht befasst, der hat unternehmerische Beteiligungen nicht verstanden und sollte besser in Bundesschatzbriefe oder ähnlich mündelsichere Papiere investieren. Aber da üblicherweise Gier das Hirn frisst, hat nur die nahezu steuerfreie Ausschüttung von 8 % ihren bleibenden Eindruck in den Hirnwindungen hinterlassen und alles andere verdrängt.

Um noch etwas mehr Panik auszulösen, wird dann in den Anwaltsschreiben noch auf schlecht recherchierte Presseveröffentlichungen verwiesen, die durchweg schon älter sind und belegen, dass in den Medien vor den Risiken der Kapitalanlage Schiff seit langem gewarnt wird. Danach erhält man sämtliche Adressdaten, um Kontakt mit der Kanzlei aufzunehmen. Teilweise erfolgt dies sogar mittels eines Fragebogens, um einen Informationsabgleich zu machen.

Das System bei dieser Art der Mandatsgewinnung liegt in der Masse der angeschriebenen Anleger. Wenn man einen Fonds mit einem größeren Volumen hat, kommt man schnell auf 1.500 Anleger und mehr. Wenn man davon nur 1.000 Anschriften zweifelsfrei über das Handelsregister ermitteln kann und diese anschreibt, entstehen zunächst Portokosten von 550 € plus ca. 20 € bis 50 € für den Handelsregisterauszug. Wenn von diesen 1.000 Anlegern nur ca. 200 auf das Anschreiben reagieren und es kommt zu einer Erstberatung in der Angelegenheit, dann sind in vielen Fällen erste Honorarforderungen von rund 100 € fällig. Es gibt auch Fälle, in denen der Erstkontakt kostenfrei ist, doch das ist die Minderzahl. Wenn es aber so kommt, wie beschrieben, dann hat der Anlegerschützer schon mal 20.000 € auf dem Konto, ohne großartig tätig gewesen zu sein. Das ist eine interessante Form der Honorarmaximierung, denn viele dieser Verfahren gehen ins Leere, weil die vermeintlichen Fehler, die diese Anlegerschützer meinen entdeckt zu haben, gar nicht durchsetzbar sind.

Die andere Variante der selbsternannten Anlegerschützer ist die Werbung im Internet auf Seiten, die sich mit der Schifffahrt beschäftigen. Wenn man die kleinen Werbebanner anklickt, dann gelangt man zu Internetseiten von Kanzleien, die dort exzessiv mit Negativberichten zum Thema Schifffahrt für ihre Dienstleistung werben. Es werden zum Teil an den Haaren herbeigezogene Argumente vorgebracht, weshalb Schadenersatzansprüche hergeleitet werden sollen. Ob die angeführten Punkte vor Gericht erfolgreich sein werden, ist schwer zu beurteilen. Aber ein ganz entscheidender Punkt ist in meinen Augen der Informationsgehalt eines Emissionsprospektes. Sämtliche Punkte, die die selbsternannten Anlegerschützer ins Feld führen, sind in den Prospekten sehr ausführlich dargestellt, und zwar im Bereich Chancen und Risiken der Anlage, und sämtliche Vertriebsprovisionen sind in den Investitionsberechnungen erklärt. Da seit längerer Zeit auch Beratungsprotokolle geführt werden, in denen üblicherweise der Verlauf eines Beratungsgespräches dokumentiert und vom Kunden unterschrieben wird, sehe ich die Erfolgsaussichten für solche Schadenersatzprozesse als nicht sehr hoch an.

Vielleicht ist ein Urteil des Amtsgerichts München im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz ganz aufschlussreich. Darin haben die Richter befunden: Auch wenn es mühsam sei, die Lektüre der Vertragsdetails sei jedem zuzumuten, egal, wie umfangreich sie ist. Wenn dieses Urteil Schule machen sollte, stellt sich nur noch die Frage: Wer schützt uns eigentlich vor den selbsternannten Anlegerschützern?

Michael Rathmann