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Wird ein Schiffs zwischenerworben, um es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, stellen sich mehrere Fragen steuerrechtlicher Natur, beispielsweise hinsichtlich Abschreibungen und anderer Begünstigungen.

Streitig vor dem Finanzgericht Hamburg war zum einen die Frage, ob für ein Schiff bei Zwischenerwerb zwecks Wei­ter­ver[ds_preview]­äußerung eine Abschreibung nach § 7 des Einkommensteuergesetzes in Betracht ­kommt. Dies würde voraussetzen, dass das Schiff als Anlagevermögen dauernd / dauerhaft zur Nutzung in einem Geschäftsbetrieb bestimmt ist. Dies kann nur vor dem Hintergrund der konkret zu beurteilenden Zweck­bestimmung des Geschäftsbetriebs beantwortet werden. Erfolgt die Anschaffung zum Betrieb im internationalen Verkehr, wie üblich, liegen die Voraussetzungen unzwei­felhaft vor. Weiter war streitig, ob ein erzielter Veräußerungs­erlös im Rahmen einer Weiterveräußerung eines zuvor erwor­benen Schiffs als Betriebs­aufgabegewinn steuerrechtlich begünstigt werden kann. Die Beantwortung dieser Frage hängt im Kern von den gleichen Erwägungen ab, die für die Zuerkennung von Abschreibungen im dar­gestellten Sinne von Bedeutung sind.

Kläger des Verfahrens vor dem Finanzgericht Hamburg (Aktenzeichen: 2 k 209/09) war eine Kommanditgesellschaft (KG). Die­se erwarb am 09.11.1998 unter Einschaltung eines Treuhänders ein Seehandelsschiff. Zwei Monate später, am 11.01.1999, veräußerte die KG dieses Schiff an eine Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die es in der Folgezeit am Markt platzierte. Die KG erzielte anlässlich der Veräußerung an die Fondsgesellschaft einen Veräußerungsgewinn von ca. 3,5 Mio. Das Schiff wurde planmäßig am 12.03.1999 an die KG ausgeliefert und von ihr an 107 Tagen im internationalen Seeverkehr eingesetzt. Am 29.06.1999 übergab die KG das Schiff an die Fondsgesellschaft. Diesem Vorgehen lag den Angaben der Geschäftsführung in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht das Geschäftskonzept zugrunde, ein Schiff zu erwerben, dieses für den Betrieb auf See herzurichten und es sodann an eine Fondsgesellschaft zu übergeben. Hierbei wirke es sich günstig aus, wenn das Schiff bereits in Betrieb war, weil dann keine Risiken mehr hinsichtlich des Lieferzeitpunktes und der Inbetriebnahme bestünden. Diesen Vorstellungen war auch das Finanzierungskonzept gefolgt. Dort war bereits im Dezember 1998 der Übergabezeitpunkt des Seeschiffs auf die Fondsgesellschaft festgelegt. In einer »vorläufigen Investitions- und Finanzierungsrechnung« waren u. a. Emissions- und Vertriebs- sowie Projektierungskosten einbezogen, die nicht bei der KG, sondern nur bei der Fondsgesellschaft anfallen konnten. Auch die Regelungen über die Rückführung einer notwendigen Zwischenfinanzierung stellten auf die Übertragung des Schiffs an die Fondsgesellschaft zu einem festbestimmten Termin ab. Die Geschäftstätigkeit der Kommanditgesellschaft endete mit der Übergabe des Schiffs. Sie wurde drei Jahre und neun Monate nach der Übergabe an die Fondsgesellschaft liquidiert.

Das Finanzgericht versagte zunächst die geltend gemachte Abschreibung: »Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist das Schiff dem Umlaufvermögen zuzuordnen mit der Folge, dass Afa gem. § 7 EStG nicht gewährt werden können. Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass es für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut dazu bestimmt ist, auf Dauer dem Betrieb zu dienen, nicht in erster Linie auf die zeitliche Verwendung, sondern auf die vorgesehene Zweckbestimmung ankommt. Deshalb rechtfertigt auch die Tatsache, dass das Seeschiff nur relativ kurz, rund 100 Tage, im Seeverkehr eingesetzt wurde, allein nicht die Zuordnung zum Umlaufvermögen. Die Zuordnung zum Umlaufvermögen ist aber deshalb vorzunehmen, weil das Schiff nach seiner Zweckbestimmung dem Betrieb nicht auf Dauer dienen sollte.«

Eine begehrte ermäßigte Besteuerung kam ebenfalls nicht in Betracht, da sich der bei der Veräußerung an die Fondsgesellschaft realisierte Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn und nicht als Gewinn im Rahmen einer Betriebsaufgabe darstellt:

»Danach steht für den erkennenden Senat fest, dass die Klägerin das Schiff zu dem Zweck erworben hat, es für die spätere Erwerberin, die Fondsgesellschaft, in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, d.h. zunächst den Bauvertrag zu überwachen, die für den Betrieb erforderlichen Verträge über Charter, Personalgestellung, Versicherungen und dergleichen abzuschließen und das Schiff tatsächlich im Seeverkehr in Betrieb zu nehmen, um – wie von vorneherein mit dem Erwerber abgemacht – ein ›gebrauchtes‹, d.h. bereits im Seeverkehr eingesetztes Schiff zu veräußern. Damit diente das Schiff nach seiner Zweckbestimmung nicht dauerhaft dem Betrieb der Klägerin. Der zeitlich begrenzte Einsatz auf See war vielmehr Teil der Serviceleistung, die die Klägerin für den Erwerber erbracht hat. Diese Beurteilung wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin ausweislich des Emissionsprospektes der Erwerberin ihren aus dem Schiffsbetrieb erwirtschafteten Überschuss über eine Reduzierung des Kaufpreises an die Beteili-

gungsgesellschaft weitergeben sollte. Dies zeigt, dass die Klägerin auch kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Einsatz des Schiffes im Seeverkehr hatte. In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr Aussagen in einem Emissionsprospekt einer anderen Gesellschaft nicht zugerechnet werden könnten. Denn zum einen bestanden personelle Verflechtungen seitens der Kommanditisten – sowohl auf Seiten der Klägerin als auch auf Seiten der Erwerberin waren die H mbH Cie. KG und die I GmbH & Cie. KG zeitweilig als Kommanditisten beteiligt; ferner waren auf beiden Seiten Gesellschaften der Firmenfamilien … und … beteiligt – und zum anderen waren die Interessen und Vorgehensweisen zwischen Klägerin und Erwerberin abgestimmt.«

Anmerkung: Der Sachverhalt macht die Internationalität der Seeschifffahrt deutlich. Die Verkäuferin war in Asien ansässig, der Treuhänder agierte von Afrika aus, Bauherr des Schiffs war eine polnische Werft und am Ende der Kette stehen Deutschland und sein Steuerrecht. Die Entscheidung veranschaulicht ferner eindrucksvoll, dass man nicht genügend Augenmerk auf die Details steuerrechtlicher Gestaltung legen kann.

Klaus Voß