Sicher ist sicher

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Nach endlosen Debatten und etlichen Pirateriegipfeln steht fest, was von vornherein absehbar war: Aus Mangel an Personal, Marineschiffen und Geld[ds_preview] überlässt der Staat die Piratenabwehr den Reedern. »Der Zug ist abgefahren in Richtung private Sicherheits­kräfte«, machte der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Hans-Joachim Otto, kürzlich deutlich.

Damit beginnt aber erst die eigentliche Arbeit für die Politik: Bisher haben die Behörden private Wachdienste für Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, weder ausdrücklich verboten noch erlaubt. Kein Wunder also, dass zwischen den Regierungs- und Oppositionsparteien eine verfassungs­rechtliche Debatte über das staatliche Gewaltmonopol und die Reform des Kriegs-

waffenrechts entbrannt ist. Doch Zeit für weitere Wortgefechte gibt es nicht mehr: Im Sinne von Reedereien, Sicherheitsdiensten und vor allem den Seeleuten sollten sich alle Beteiligten schleunigst einigen, wie die Schifffahrt mit der Piraterie umzugehen hat. Auch der Plan, behördliche Zertifizierungen für private Schutzleute durchzuführen, sollte schnell umgesetzt werden.

Zwar reden die Reeder nicht gern darüber: Aber schon auf jedem vierten Schiff, verlautet aus gut informierten Kreisen, fahren Hilfssheriffs mit und bewegen sich damit in einer rechtlichen Grauzone, die auch für ihre Auftraggeber gefährlich ist. Früher oder später wird Blut fließen – und sich dann die Frage nach der Legitimität des Einsatzes stellen. Zwischen Notwehr, Totschlag und Mord verläuft ein schmaler Grat. Auf der sicheren Seite kann nur sein, wer ein seriöses Unternehmen beauftragt und dessen Einsatz den Behörden gemeldet hat – für Fehl­-

ver­halten würde dann der Dienstleister haften. Aber was geschieht mit jenem, der eine Truppe aus schwarzen Schafen an Deck hat – Söldner ohne entsprechende Papiere, mit unregis­trierten Waffen? Unwissenheit oder Sparen am falschen Ende kann hier schnell nach hinten losgehen.

Bei nationalen Vorschriften darf es indes nicht bleiben. Je nach Vorfall können

Ge­setze von Flaggenstaat, Transitländern (der Waffentransport erfolgt häufig per Luft), Küsten- bzw. Hafenstaaten, dem Heimatland der Security-Firma oder den Her­kunfts­staaten der Sicherheitsleute berührt werden. Klare Leitlinien der Weltschifffahrtsorganisation IMO, hinter die sich alle Mitgliedsstaaten stellen, sind gefragt. Deren bislang publizierte Handlungsempfehlungen (»Best Management Practices«) reichen bei weitem nicht aus.

Ohnehin hat sich das Problem der Piraterie auf den Seehandelsrouten – längst nicht mehr nur um Somalia herum – zu einem derartigen Übel ausgewachsen, dass es wohl nur noch an der Wurzel, sprich: an Land kuriert werden kann. Auf See hat sich der Staat – nicht nur der deutsche – aus der Ver­antwortung gestohlen, weil der Kampf hier aussichtslos ist. Daher sind klare rechtliche Rahmenbedingungen für privaten Schutz das Mindeste, was die Schifffahrt erwarten kann. Die Politik ist weiter am Zug.


Nikos Späth