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Seit 2003 setzt die Hamburg Port Authority ein neues EDV-System zur Überwachung von Nassbaggern ein. Es wird ständig neuen Anforderungen angepasst und weiterentwickelt.

Die Hauptaufgabe des EDV-Systems ist die Überwachung aller baggertechnisch relevanten Prozessdaten wie Menge, Position und Baggertiefe sowie deren Dokumentation[ds_preview] und die Produktion von Daten zur Prüfung der Abrechnungsunterlagen. Das System besteht im Wesentlichen aus zwei Basiskomponenten:

An Bord des zu überwachenden Baggergerätes befindet sich das Erfassungssystem. Dieses ist auf einem Notebook installiert und mit der vertraglich vereinbarten Schnittstelle des Baggersystems verbunden. Das Erfassungssystem speichert die gesendeten Rohdaten und stellt den Datentransfer zur Datenauswertungssoftware sicher. Durch eine Historie-Funktion können z. B. bei Vertragsstreitigkeiten einzelne Bagger­umläufe auf Grundlage der Rohdaten nachvollzogen werden.

Der Datentransfer erfolgt in der Regel über eine Internetverbindung, aber auch eine Echtzeit-Online-Überwachung ist möglich. Die Auswertungssoftware liest die übertragenen Daten ein und erzeugt im Dialog mit dem Anwender die einzelnen Umläufe der Baggergeräte. Daraus erfolgt die Auswertung bis hin zur Erstellung der Unterlagen zur Überprüfung der Abrechnung programmgesteuert. Die Daten werden in einer Datenbank gespeichert, so dass der gesamte Datenbestand jederzeit für weitergehende Auswertungen zur Verfügung steht. Das Gesamtsystem (Abb. 1) ist modular aufgebaut. Änderungen und/oder Ergänzungen können zeitnah realisiert werden.

Das System eignet sich gleichermaßen sowohl für Schlick- als auch für Sandbaggerungen und kann mittels einfacher Konfiguration durch den Anwender ohne programmtechnische Eingriffe an die ver-

schiedenen Baggergeräte und -aufgaben angepasst werden. Im Winterhalbjahr 2004/05 wurden mit diesem System bis zu sechs Laderaum­saugbagger gleichzeitig mit einer Gesamtbaggerleistung von 8 Mio. m³ Schlick überwacht und abgerechnet. Dazu wurden aus 40 Mio. Datensätzen 2.500 Baggerumläufe generiert. Das System bewährte sich zwischenzeitlich auch bei Einsätzen anderer Verwaltungen, wobei die Hamburg Port Authority (HPA) die Überwachung als Dienstleistung von der Datenerfassung, der Auswertung, der Produktion abrechnungsrelevanter Daten bis hin zur Dokumentation anbietet.

1. Erfassungssystem

Das Erfassungssystem besteht aus mehreren Programmmodulen, die auf einem an Bord des Baggergerätes aufgestellten Notebook installiert sind. Die Aufgaben dieser Programmmodule sind:

• Aufzeichnung der Rohdaten in Textdateien und Visualisierung

• Redundante Aufzeichnung

• Fernsteuerung und Datentransfer

• Versenden von Informationen zum Aufzeichnungsstatus / Störmeldungen per SMS

Das Erfassungssystem ist so konfiguriert, dass bei einem Neustart des Notebooks oder bei einem manuellen »Reset« Datenaufzeichnung und Überwachung automatisch gestartet werden.

2. Aufzeichnung und Visualisierung

Das Hauptprogramm (s. Abb. 2) beinhaltet neben der Aufzeichnung der Rohdaten weitere Funktionen. Die erfassten Rohdaten lassen sich tabellarisch und grafisch darstellen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, sich Positionsdaten und eine Auswahl relevanter Parameter in einer Hafenkarte anzusehen.Um auch vor Ort eine Überprüfung der Baggerarbeiten zu ermöglichen, können Baggerfelder in der Hafenkarte angezeigt werden. Die Übernahme der Koordinaten für das Baggerfeld erfolgt automatisch durch Einlesen aus einer Textdatei oder manuell per Handeingabe. Die Baggerfelddaten werden im System archiviert. Einlesen, löschen, anzeigen oder ausblenden der Baggerfelddaten erfolgt über ein separates Eingabefenster (s. Abb. 3).

Das Hauptprogramm verfügt über eine Historie-Funktion. Hierüber kann, basierend auf den aufgezeichneten Rohdaten, der Baggervorgang nachvollzogen werden. Bei Aktivierung der Historie-Funktion können Log-Dateien für einen bestimmten Zeitraum zur Darstellung ausgewählt werden. Der Aufzeichnungstakt (in der Regel 20 Sekunden) kann zur Beschleunigung des Ablaufes reduziert werden. Die Aufzeichnung der Rohdaten wird durch die Aktivierung der Historie-Funktion nicht unterbrochen.

2.1 Redundante Datenaufzeichnung

Die Erfassung der Daten erfolgt zusätzlich zum Hauptprogramm zeitgleich mit einem zweiten Programm. Sollte der seltene Fall eintreten, dass ein Aufzeichnungsprogramm die Aufzeichnung beendet, können die Daten des Redundanzsystems verwendet werden.

2.2 Fernsteuerung und Datentransfer

Der Erfassungsrechner kann durch eine Fernsteuersoftware vom Büro oder auch von jedem beliebigen Ort aus mit einem Internetzugang administriert werden. Durch diese Fernsteuersoftware ist es auch möglich, aktuelle Messwerte oder Positionsdaten im Büro des Auftraggebers anzuzeigen.

Der Datentransfer wird über eine Internetverbindung (UMTS/HSDPA) realisiert. Die Übertragung erfolgt zeitgesteuert automatisch auf einen Internet-FTP-Server. Ein Zusatzprogrammmodul überwacht die Funktion der Software für Fernsteuerung und Datentransfer, so dass jederzeit der Zugang zum Erfassungsrechner gewährleistet ist.

2.3 Versenden von Informationen zum Aufzeichnungsstatus und Störmeldungen

Ausfälle des schiffseigenen Bordrechners oder eine Unterbrechung des Datenstroms zwischen Bord- und Erfassungsrechner werden im Hauptprogramm signalisiert. Zusätzlich werden diese Störmeldungen per SMS an ein Handy gesendet. Zur Überprüfung der Funktionalität des Erfassungssystems auch an arbeitsfreien Tagen sendet dieses Programm auf der Grundlage eines Bereitschaftsplans regelmäßig per SMS Informationen über den Aufzeichnungsstand an ein Handy.

Neben der reiner Überprüfung der Funktionalität des Systems erfolgt auch eine Kontrolle baggerrelevanter Daten, wie z. B. Baggertiefe und Baggerposition innerhalb der vorgegebenen Grenzen (Baggerfeld). Abweichungen von den Vorgaben werden ebenfalls per SMS an das Baggerbüro gesendet.

3. Auswertung

3.1 Allgemein

Die Auswertungssoftware speichert die übertragenen Daten in einer relationalen Datenbank. Dabei werden Daten eines Projektes in einem Datencontainer abgelegt. Der Zugriff erfolgt über die Projektkennzeichnung. Damit hat der Anwender Zugriff auf alle projektrelevanten Daten.

Innerhalb eines Projektes können bis zu 256 Bagger mit jeweils bis zu 256 verschiedenen Messgrößen aufgezeichnet werden. Die Messgrößen sind durch den Anwender editierbar, eine Neuprogrammierung ist dazu nicht notwendig.

Aufgrund der eingesetzten Datenbankzugriffstechnik (ADO = ActiveX Data Objects) sowie der Struktur der relationalen Datenbank werden sehr hohe Ausführungsgeschwindigkeiten erreicht. Selbst bei Projekten mit einer Laufzeit von einem Jahr erfolgt der wahlfreie Zugriff auf die einzelnen Umläufe in weniger als einer Sekunde. Die grafische Darstellung benötigt maximal drei Sekunden.

3.2 Fehlerbehandlung bei der Übernahme der Rohdaten in die Auswertesoftware

Bereits vor dem Einlesen der Rohdaten in die Projektdatenbank erfolgt eine Fehler­behandlung. Dazu wird jeweils die komplette Rohdatendatei analysiert. Nur wenn alle Zeilen die vorgegebene Anzahl von Werten enthalten, werden diese in die Datenbank eingelesen. Ist die Datei fehlerhaft, kann sie mit einem speziellen Editor bearbeitet werden.

Beim Einlesen werden alle Daten einer Grundüberprüfung unterzogen. Fehlerhafte Daten werden in Fehlertabellen geschrieben und, wenn möglich, durch Mittelwertbildung korrigiert.

3.3 Bedienkomfort bei der Auswertung

Die Analyse eines Baggerumlaufs erfolgt im Dialog mit dem Anwender mit Hilfe einer frei konfigurierbaren Grafik (s. Abb. 4). Das System stellt automatisch die Prozessdaten eines Baggerumlaufs dar. Ein Umlauf ist in unterschiedliche Abschnitte (Leerfahrt, Baggerbetrieb, Vollfahrt, Entladung) unterteilt. Diese werden durch das Statussignal gekennzeichnet. Die Umläufe werden weitgehend, auch bei fehlerhaftem Statussignal, vom Schiff korrekt erkannt. Darüber hinaus kann es vom Anwender mit der Maus, unter Zuhilfenahme weiterer Prozess­parameter, nachbearbeitet werden. Tastatureingaben sind nicht erforderlich. Während der Analyse kann der Anwender Grafiken ein- und ausblenden, frei wählbare Bereiche vergrößern (Zoomfunktion) sowie Zeitbereiche wählen. Dabei werden die Rohdaten jedoch nicht verändert. Während der Datenanalyse können alle Änderungen mit einem Knopfdruck wieder rückgängig gemacht werden. Erst wenn alle Plausibilitäten erfüllt sind, kann der Umlauf in die Umlauf­datenbank über-

nommen werden.

3.4 Durchgängigkeit von der Rohdatenübernahme bis zur fertigen Abrechnung

Die Datenübernahme, Analyse, Auswertung und Berechnung erfolgen in einem Programm. Verschiedene Einsatzgebiete der Geräte erkennt das System automatisch. Dazu werden einzelne Baggeraufträge mit Baggerfeldbegrenzungen als Gauß-Krüger-Koordinaten in das System eingegeben. Ein Baggerauftrag kann mehrere Baggerfelder enthalten. Zu jedem Baggerfeld kann eine Min- und Max-Tiefe angegeben werden. Das System erkennt das Baggerfeld und damit den Baggerauftrag automatisch (s. Abb. 5 und 6).

Tiefenunterschreitung und Baggerungen außerhalb der Baggerfeldbegrenzung werden als Warnung ausgegeben. Der Verbringungsort wird ebenfalls automatisch vom System erkannt. Durch diese geografische Referenz ist es möglich, die einzelnen Umläufe dem Leistungsverzeichnis zuzuordnen und damit jederzeit den Abrechnungsstand zu erzeugen.

3.5 Ergebnis der Umlaufanalyse

Während der Umlaufanalyse werden in Abhängigkeit von den Einstellungen des Anwenders alle Berechnungen auf Basis der Prozessdaten durchgeführt. Dazu gehören unter anderem:

• Zeiten

• Mengen (Kubikmeter und Tonnage)

• Fahrstrecken

• auftragsspezifische Daten

Bei einigen Berechungen hat der Anwender die Möglichkeit, Korrekturen durchzuführen. So kann beispielsweise ein fehlerhafter Niveaumesser bei der Volumenberechnung per Mausklick ausgeschaltet werden. Für die Dokumentation stehen verschiedene Ausdruckformen zur Verfügung. Es können Listen mit den Ergebnissen aller Umläufe oder detaillierte Ansichten eines speziellen Umlaufs ausgegeben werden (Abb. 7).

3.6 Flexibilität des Gesamtsystems

Aufgrund der Datenhaltung in einer Datenbank lassen sich Auswertungen auch über alle Baggerumläufe bzw. deren Rohdaten erstellen. Diese können als Basis für eine Nachkalkulation dienen.

Durch den modularen Aufbau des Gesamtsystems sind Sonderleistungen und Modifikation für besondere Anwendungsfälle schnell zu realisieren.

Autoren:

Dipl.-Ing. Claudia Martensen,

Claudia.Martensen@hpa.hamburg.de

Dipl.-Ing. Wolfgang Bode,

Wolfgang.Bode@hpa.hamburg.de

Dipl.-Ing. Christian Jonas,

Christian.Jonas@hpa.hamburg.de

Dipl.-Ing. Jörg Voigt,

Joerg.Voigt@hpa.hamburg.de

alle: Hamburg Port Authority,

Einheit Wassertiefen,

Neuer Wandrahm 4, 20457 Hamburg


Claudia Martensen, Wolfgang Bode, Christian Jonas, Jörg Voigt