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Häfen und Wasserstraßen müssen noch leistungsfähiger werden, um den Umweltzielen der Politik gerecht zu werden. Vor allem die Offshore-Windkraftindustrie braucht belastbare Verkehrskonzepte.

Fukushima und kein Ende: Der Super-GAU in Japan hat auch auf den Wasserbau in Deutschland Auswirkungen. Vor allem die[ds_preview] in der Folge der Reaktorkatastrophe in Gang gesetzte Energiewende stellt hohe Anforderungen an hiesige Wasserstraßen und Hafeninfrastruktur. Damit die von der Bundes­regierung und der EU gesetzten Energie- und Umweltziele erreicht werden können, müssen Häfen und Wasserstraßen bis 2020 deutlich leistungsfähiger werden.

Das machten Offshore-Industrie, Logistiker und Wasserbauexperten auf dem alle zwei Jahre stattfindenden dreitägigen Kongress der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) Mitte September vor rund 400 Teilnehmern in Würzburg deutlich. 60 Vorträge beleuchteten in der Residenzstadt die Zukunft von Häfen und Wasserstraßen, nahmen Logistik und Hafenplanung unter die Lupe und stellten in Simulationen die Einflüsse von Wasser, Wind und Wellen auf Wasserbauwerke dar.

Offshore braucht Häfen

Die Auswirkungen von Fukushima auf den Wasser- und Hafenbau wurden vor allem in Bezug auf die Windkraft diskutiert. So forderte Tilman Schwenke, Offshore-Wind-Manager von Mainstream Renew­able Power aus Berlin: »Wir brauchen Häfen, viele Häfen.« Schwenke steht mit seiner Forderung nicht allein, sondern stellvertretend für eine ganze Reihe von Offshore-Unternehmen, die nach Möglichkeiten suchen, die gewaltig wachsenden infrastrukturellen Herausforderungen zu meistern, welche mit dem Bau von Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee verbunden sind. Denn Wind, davon ist nicht nur Schwenke überzeugt, wird bei der Energiewende die entscheidende Rolle spielen.

Immer größere und leistungsstärkere Anlagen sind erforderlich, um den aus Wind gewonnenen Stromanteil den EU-Zielen entsprechend bis zum Jahr 2020 auf 20 bis 40 Gigawatt hochfahren zu können. Liegt die Leistung eines Windenergieparks auf See heute bei durchschnittlich 150 Megawatt (MW), werden künftig Anlagen mit insgesamt bis zu 500 MW im Meeresboden verankert werden, sagte der Windenergie-Experte auf dem HTG-Fachkongress für Hafentechnik, Schifffahrt und Logistik in Würzburg.

Für Transport und Logistik bedeutet das: Hafen- und Umschlaganlagen benötigen deutlich mehr Kapazitäten, um beispielsweise 700 t schwere Pfähle, so genannte Monopiles, auf Pontons schwimmend verladen und lagern zu können. Binnenwasserstraßen müssen aufgrund größerer Zulieferlasten eine durchgehend höhere Abla­detiefe (Fahrrinnentiefe) gewährleisten und Seehäfen müssen in den Ausbau ihrer Binnenschiffsterminals investieren, damit sie nicht zum Nadelöhr in der Versorgungskette werden.

Binnenschiffe als »Stiefkinder«

Ungeachtet dessen dringt auch die regionale Wirtschaft auf einen raschen Ausbau von Binnenschifffahrtswegen und Häfen. »Leider werden Binnenschiffe in unseren Häfen immer noch wie Stiefkinder behandelt«, konstatierte Rüdiger S. Grigoleit, Vorsitzender des Deutschen Seeverladerkomitees im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Laut Grigoleit fehlt es an dem übergreifenden Blick auf die Versorgungskette, der das System Wasserstraße und damit auch Deutschlands Binnenhäfen stärker in alternative Transportkonzepte einbindet: »Wir müssen anfangen, quer zu denken, wenn wir das Volumen bewältigen wollen, das uns 2020 blüht«, so Grigoleit im Rahmen der HTG-Podiumsdiskussion zu Verkehrskonzepten der Zukunft.

In Würzburg ging es konkret vor allem um die Donau und den Main. Den Unternehmen wie auch den Binnenschiffern müsse eine verlässliche Perspektive gegeben werden, erklärte der Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt, Professor Ralf Jahn. So dürfe es beim Ausbau des Mains keinen weiteren Verzug geben. »Das Nadelöhr zwischen Straubing und Vilshofen muss beseitigt werden«, forderte Jahn. »Hier, wie an den anderen Flüssen, die zugleich Wasserstraße sind, gilt es, die aktuellen Bedürfnisse der Schifffahrt mit den Erfordernissen eines verantwortungsvollen Umgangs mit Natur und Umwelt zu vereinen und widerstreitende Interessen miteinander zu versöhnen«, sagte Ministerial­direktor Reinhard Klingen, Vorstand der HTG und Abteilungsleiter Wasserstraßen und Schifffahrt im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Er unterstrich am Beispiel des Mains, wie wichtig es sei, Mittel zum Ausbau des Verkehrsträgers in den Haushalt einzubringen. Klingen: »Vom Kosten-Nutzen-Verhältnis des Main-Ausbaues kann jede Bahnstrecke nur träumen.«


Friedrich Oehlerking