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Ein breites Geschäftsfeld kennzeichnet die Firmenpolitik von Harren & Partner. Mit dieser Strategie will das Bremer Unternehmen weiter wachsen – künftig auch im Offshore-Ölgeschäft.

Unsere von Anfang an auf Diversifikation zielende Geschäftsentwicklungspolitik hat sich gerade in der zurückliegenden Krise als segensreich erwiesen und sich[ds_preview] ausgezahlt«, sagte Peter Harren unlängst bei einem Gespräch in Hamburg. »Auf diesem Weg werden wir fortfahren und uns gleichzeitig neue Geschäftsfelder erschlie­ßen«, kündigt der Reeder an. Peter Harren steht nach wie vor an der Spitze der 1989 von ihm gegründeten Unternehmensgruppe Harren & Partner, einem Fami­lien­un­ter­nehmen – und das soll es erklärtermaßen auch bleiben.

Die gegenwärtig betriebene Flotte besteht aus 59 Einheiten und setzt sich zusammen aus Containerfeedern, Bulkern sowie Heavy Lift und Multipurpose Carriern, Tankern und Dockschiffen. Sie wurde erst kürzlich mit der Übernahme von zwei modernen Schwergutschiffen, die Harren & Partner im Rahmen einer in Singapur erfolgten Versteigerung übernehmen konnten, aufgestockt. Dabei handelt es sich um die zwei erst 2009/2010 von der Peene Werft in Wolgast abgelieferten »Scan Espana« und »Scan Britannia«, die nun als »Palmina« und »Paloma« in dem Joint Venture K/S Kombi Lift der Reedereien J. Poulsen Shipping und Harren & Partner beschäftigt werden. Vor Dienstantritt waren sie jedoch erst einmal auf Reedereistandard getrimmt worden.

Die rund 140 m langen und 23 m breiten Einheiten verfügen über eine Krankapazität von 700 t. Über eine Heckrampe können besonders schwere und sperrige Ladungsteile auch rollend übernommen bzw. gelöscht werden. Die hohe Eisklasse E 3 ermöglicht zudem den ganzjährigen Einsatz in eisgefährdeten Gebieten.

Harren & Partner haben damit weiter in den derzeit stark umkämpften Schwergutmarkt investiert und setzen wie bisher auf Schiffe mit hoher Krankapazität, die sich ideal in die bisherige Flotte leistungsstarker und flachgehender Schwergutschiffe integrieren lassen. »Die langfristigen Perspektiven im Schwergut- und Projektmarkt für diese flexibel einsetzbaren Schiffe mit individuellen Ausstattungsmerkmalen schätzen wir unverändert als sehr aussichtsreich ein«, heißt es von Seiten der Reederei dazu.

Waren 1992 die ersten Neubauten der jungen Reederei, zwei Multipurpose-Frachter mit rund 4.000 tdw, noch für die europäische Küstenfahrt bestimmt, so wird die heutige Flotte weltweit eingesetzt. Mit der Übernahme von zwei Panamax-Bulkern im Jahre 2000 wurden die mit rund 70.200 tdw Tragfähigkeit bisher größten Schiffe in die Flotte integriert. Das Durchschnittsalter der Schiffe beläuft sich nach Unternehmensangaben auf 7,7 Jahre. Eine gewisse Sonderstellung unter den vielfältigen Aktivitäten nimmt der 1999 von Harren & Partner ins Leben gerufene Carribean Feeder Service (CFS) ein. Er ist heute immer noch der größte unabhängige Feederdienst in der Region, der mit derzeit 13 Schiffen jährlich etwa 300.000 TEU abfährt und 24 karibische Häfen bedient.

Alle Schiffsleistungen aus einer Hand

Kernbereich der weltweiten Unternehmensaktivitäten ist, wie es die Gruppe selbst sieht, das umfassende Shipmanagement sowohl eigener als auch fremder Tonnage im Rahmen des so genannten »Third Party Managements«. Dabei werden alle Dienstleistungen im Leben eines Schiffes aus einer Hand geboten. Das beginnt bei der Konzeption der Neubauten und reicht weiter über die Bauaufsicht, die technische und nautische Betreuung der fahrenden Flotte bis letztlich zum Verkauf des Schiffes. Dass alles reibungslos abläuft, dafür sorgen rund 2.000 Mitarbeiter an Bord und 160 an Land. »Insgesamt haben wir bei uns Mitarbeiter aus gut 20 Nationen. Wir arbeiten hervorragend zusammen und wir legen großen Wert auf ein gutes Unternehmensklima. Das fördert den Teamgeist und damit die Gesamtleistung«, sagt Peter Harren.

Eine Ausnahme in der Flotte ist die auch für exklusive Kreuzfahrten eingesetzte 48 m lange Expeditionsyacht »Hanse Explorer«. Auf ihr wird über die Kreuzfahrtidee hinaus der Nachwuchs für die eigene Flotte solide und praxisnah ausgebildet. Das ist das eigentliche Ziel des Schiffskonzepts im Rahmen der Unternehmensphilosophie. Keineswegs bereiten sich hier nur die kommenden Offiziere auf ihren Beruf vor. Die Ausbildungsgänge an Bord führen auch auf die Tätigkeiten Koch, Steward oder Schiffsmechaniker hin. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass die Brücke der »Hanse Explorer« genauso gebaut und ausgestattet ist wie auf den anderen Schiffen der Harren-Flotte. So wird eine ganz auf die Praxis abgestellte Ausbildung der Kadetten gewährleistet.

Hat in der Anfangszeit der Kern der Aktivitäten mehr oder weniger im Containerbereich gelegen (siehe CFS), so verlagerte sich das Geschäft in den folgenden Jahren deutlich hin zum Segment Schwergut und Projektladung. Beispielhaft dafür ist die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens K/S Combi Lift mit der dänischen Reederei J. Poulsen Shipping A/S zu nennen. Mit ihr haben Harren & Partner individuelle Konzepte für den Transport komplexer, auch größter Schwergut- und Projektladungen entwickelt, um sie nach den Wünschen der verladenden Industrie möglichst komplett vormontiert transportieren zu können.

Ergebnis dieser Bestrebungen war die gemeinsame Konzipierung einer besonders flexiblen neuen Schiffsklasse. Sie wurde als »Combi Dock«-Serie mit vier Einheiten auf der Lloyd Werft in Bremerhaven realisiert und bereits vor Fertigstellung vom Markt sofort nachgefragt. Bestes Beispiel dafür ist der auf der Lloyd Werft georderte Neubau »Combi Dock II«, der noch während seiner Bauphase entsprechend den Anforderungen eines mexikanischen Charterers umgebaut bzw. hergerichtet wurde. Die Schiffe sind so ausgelegt, dass sie die unterschiedlichsten Ladungen sowohl schwimmend als auch rollend oder mit Hilfe ihrer leistungsfähigen Schwergutkrane schnell und sicher aufnehmen können. Mit einem durchgängigen Laderaum, der sich horizontal wie vertikal nach Bedarf unterteilen lässt, bieten die Schiffe Stauraum aller Art.

Um neben der technischen Expertise auch die Befrachtungskompetenz für das Spezialsegment der Dockschiffe weiter auszubauen, hat die Harren-&-Partner-Gruppe zusammen mit ihrem dänischen Partner für das Projektgeschäft im Januar 2008 mit der Condock-Befrachtungsgesellschaft einen alteingesessenen Hamburger Spezialisten in die Gruppe integriert. Durch die gleichzeitige Übernahme der fahrenden Condock-Flotte konnte auch die eigene H-&-P-Flotte auf acht Dockschiffe vergrößert werden. Die dortigen Mitarbeiter verfügen als Befrachtungsmakler über breite Marktkontakte und die nötige Fachkompetenz, um nicht nur eine bestmögliche Beschäftigung der drei Condock-Schiffe der Gesellschaft zu gewährleisten, sondern auch wichtige Impulse für die »Combi Docks« zu geben, heißt es in einem Statement der Reederei.

»Das alles ist ein gutes Fundament, das es zu erhalten gilt«, erklärt Peter Harren dazu. »Aber obwohl auch die Projektmärkte in der nächsten Zeit von Überkapazitäten geprägt sein werden, sind die langfristigen Rahmenbedingungen doch vielversprechend. Allerdings gilt unser aktuelles Augenmerk gleichermaßen neuen Märkten, die viele Möglichkeiten bieten können und bei denen wir bereits jetzt gute Geschäftsansätze geschaffen haben.«

Neue Chancen im Ölgeschäft, neue Allianzen

Das große Stichwort dazu heißt Offshore. »Auf diesem Gebiet gibt es weltweit noch sehr viel zu tun. Die Herausforderungen dieses Marktes sind allerdings in finanzieller Hinsicht, aber auch von der technischen und organisatorischen Seite aus überaus anspruchsvoll. Dem stellen wir uns und sind davon überzeugt, auch in diesem Geschäft weltweit eine gute Positionierung zu erreichen, diversifiziert, so wie wir es bereits immer gehandhabt haben«, sagt Peter Harren. Es sei insgesamt ein riesiger und immer noch wachsender Markt.

Harren & Partners erste Schritte in diese Richtung haben sogar international Aufmerksamkeit gefunden: Gemeint ist die Gründung der Offshore Installation Group (OIG) mit Sitz in Singapur. Ziel ist die Erbringung von Offshore-Dienstleistungen für die Öl- und Gasindustrie. Dazu hat das Bremer Familienunternehmen mit der US-Investmentbank Goldman Sachs einen starken Partner an der Seite. Beide wollen zunächst 500 Mio. US$ in das neue Geschäft stecken. 70 % davon stellt ein Private-Equity-Fonds der Bank, die demnach Anteile in gleicher Höhe hält. 20 % liegen bei Harren & Partner, die zwei »Combi Dock«-Schiffe in das Unternehmen eingebracht haben, und weitere 10 % beim Management, was Peter Harren übrigens bei allen Unternehmen seiner Gruppe für wichtig hält. Auf diesem Wege könne die mitentscheidende Führungsebene noch besser in die Geschäftsentwicklung eingebunden werden, ist er überzeugt.

Als Spezialisten für das neu anzugehende Geschäftsfeld haben sich die beiden Partner das norwegische Unternehmen Global Mooring Services AS (GMS) an Bord geholt. Gleichzeitig hat sich OIG im Rahmen einer strategischen Allianz die Unterstützung von Kongsberg Oil & Gas Technologies, einem der führenden Unternehmen der Öl- und Gasbranche, gesichert. Als Kunden sieht OIG nicht nur die großen international tätigen Konzerne der Öl- und Gasindustrie, sondern auch die, die sich im Feld der im Offshore-Bereich zu erschließenden Erneuerbaren Energien engagieren.

Für sie will OIG alle notwendigen Dienstleistungen bei der Erschließung von neuen Öl- und Gasfeldern sowie bei der Installation anderer Anlagen, beispielsweise von Gezeitenkraftwerken, aus einer Hand anbieten. Damit sind Harren & Partner das erste deutsche Unternehmen, das in das Geschäft mit Offshore-Installationen eingestiegen ist, das bisher nur einige wenige besonders finanzstarke Firmen mehr oder weniger unter sich ausgemacht haben.

Im Blick sind jetzt, da die Fördermengen in den bisher bearbeiteten Gebieten wie etwa der Nordsee langsam zurückgehen, Installationen vor den Küsten entfernterer Länder wie Nigeria oder Angola, wo sich die Industrie nur auf eine schlecht ausgebaute oder kaum vorhandene Infrastruktur stützen kann.

Genau hier will OIG ansetzen, indem sie die nach ihrer Ansicht richtigen Schiffe zum Einsatz bringen kann. »Unsere Schiffe verfügen über dreimal so viel Decksfläche wie Schiffe anderer Anbieter in der Branche. Damit benötigen wir keine zusätzlichen Schwergutschiffe für den Transport des Equipments«, erklärt Peter Harren. »Rohrleitungen, voluminöse Kabeltrommeln, schlicht alles, was man auf See benötigt, um Öl und Gas zu gewinnen, haben die Schiffe an Bord. Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern wir können so auch länger in weiter entfernt gelegenen und tieferen Seegebieten operieren. Und während andere Schiffe meistens nach 24 Stunden einen Hafen anlaufen müssen, um Nachschub zu holen, sind unsere Schiffe mit ihren Kapazitäten für Installationsarbeiten weit draußen auf See optimal ausgerüstet. Wassertiefen bis 2.500 m sind nach wie vor äußerst anspruchsvoll, mit den richtigen Schiffen, dem richtigen Equipment und den entsprechenden Besatzungen allerdings kein Problem mehr.«

Herausforderung: Schiffbau für den Projektmarkt

Bei den Schiffen, von denen Harren spricht, handelt es sich zunächst um zwei von vier Einheiten aus der von der Lloyd Werft in enger Zusammenarbeit mit den Auftraggebern entwickelten und gebauten »Combi Dock«-Serie. »Combi Dock I« wurde bereits während seiner Bauzeit für spezielle Offshore-Arbeiten umgerüstet bzw. fertiggestellt und ging dann für knapp fünf Jahre unter Management von Harren & Partner für die mexikanische Ölgesellschaft Pemex als »Blue Giant« in den Golf von Mexiko, insbesondere beschäftigt bei auf Bohrinseln anfallenden Reparaturen. Neuer Name im neuen Geschäft ist »OIG Giant I«.

Das zweite Schiff, die ehemalige »Combi Dock IV«, wird gerade aufwendig bei der Lloyd Werft für seine neuen Aufgaben als »OIG Giant II« umgebaut. Die Umbau- bzw. Aufrüstungsmaßnahmen umfassen unter anderem den Aufbau eines Heli-Decks, die Installation eines Moonpool (quadratischer Einschnitt im Schiffsboden, 7,80 mal 7,40 m) zusätzliche Wohnquartiere für 60 Personen, weitere Generatoren zur Strom­erzeugung und zusätzliche Querstrahler, auch direkt unter dem Schiffsboden angeordnet (Retractable Thruster). Im Grunde genommen ist das Schiff jetzt eine Kopie des »Blue Giant«. Eine Besonderheit ist das Octopus-Onboard-System, das bereits auf der »OIG Giant I« installiert ist. Das System dient wesentlich der Dynamischen Positionierung (DP). Es misst die Geschwindigkeit und die Rollbewegungen des Schiffes, berechnet permanent die Kräfte, die auf das Schiff einwirken und gibt Alarm, wenn die Bewegungen zu stark für die gerade durchzuführenden Arbeiten werden. Auch die Wetter­vorhersage wird in die Berechnungen einbezogen, so dass es beispielsweise passieren kann, dass das System empfiehlt, die Arbeiten für einen gewissen Zeitraum einzustellen. »OIG Giant II« läuft nach dem abgeschlossenen Umbau gleich zu seinem ersten Einsatz in die Gewässer vor den Orkney Inseln an der Nordküste Schottlands aus, um zunächst drei Turbinen für ein Gezeitenkraftwerk zu installieren, mit dem die dortige hohe Strömungsgeschwindigkeit zur umweltfreundlichen Energieerzeugung genutzt werden soll. Insgesamt ist dort bis 2013 die Errichtung von 90 Turbinen geplant.

Nach derzeitiger Planung soll die OIG-Flotte bis auf sechs Einheiten wachsen. Außer »OIG Giant I« und »OIG Giant II« sind bereits zwei weitere Schiffe bei den P+S-Werften in Stralsund zur Lieferung für 2012/2013 bestellt (s. Kasten rechts). Darüber hinaus bestehen zwei zusätzliche Optionen. Die­se 170 m langen Schiffe basieren wesentlich auf dem von Harren & Partner entwickelten »Combi Dock«-Typ, werden aber noch mit speziellem Offshore-Equipment ausgerüstet, beispielsweise einem System zur Verlegung von so genannten Flex Pipes. Dazu Peter Harren: »Wir entwickeln und bauen die Schiffe nach Vorgaben des Marktes im Auftrag der OIG.«

Doch damit nicht genug. In konsequenter Fortführung des Offshore-Kurses sind Harren & Partner eine strategische Partnerschaft mit der kanadischen Nautilus Minerals Inc. eingegangen. Im Rahmen eines Joint Ventures wollen die beiden Unternehmen ein Schiff betreiben, das bei der Förderung von Massiv-Sulfiden in der Bismarcksee vor der Küste Papua Neuguineas zum Einsatz kommen soll. Ein von Harren & Partner erarbeiteter und vom Germanischen Lloyd bereits klassifizierter Entwurf für einen 208 m langen und 40 m breiten Neubau liegt vor. Das Schiff soll ebenfalls auf der P+S-Werft in Stralsund gebaut werden. Die Kosten im Endzustand einschließlich Spezialgerät liegen bei etwa 180 Mio. €. Die geplante Ablieferung ist 2013.

Von dem Schiff aus sollen die Geräte (ROV/Remote Operated Vehicles) für den Abbau der unter anderem kupfer- und goldhaltigen Massivsulfide in der 1.600 m tief liegenden Lagerstätte »Solwara 1« eingesetzt und ferngesteuert werden. Die abgebauten Erze werden an Bord gepumpt, dort entwässert und für den anschließenden Abtransport auf Bargen verladen. Ein aufwendiges, aber wohl lohnendes Verfahren, da in der Tiefsee-Lagerstätte der Anteil der zu gewinnenden Metalle gegenüber anderen Gewinnungsquellen relativ hoch eingeschätzt wird. Nautilus Minerals verfügt mit »Solwara 2–13« noch über weitere potenzielle Lagerstätten, von denen sich zwei besonders aussichtsreiche in der Nähe des Gebietes »Solwara 1« befinden. Peter Harren sieht hier ein neues lukratives Geschäftsfeld, an dem er mit seinem Unternehmen rechtzeitig teilhaben will.

Aber der Reeder hat noch weitergehende Pläne in Richtung Offshore. Er denkt an den Einsatz eines neuartigen Schwergutschiffes, spezialisiert für den Abbau nicht mehr benötigter Bohrplattformen, zunächst im Golf von Mexiko. »Hier baut sich ein rasch entwickelnder Bedarf auf«, schätzt er. Das fordert das Unternehmen heraus – und es bereitet sich darauf vor.


Hans Jürgen Witthöft