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Das Land ist nach den Auftragseingängen des ersten Halbjahres 2011 wieder die größte Schiffbaunation der Welt. Doch im Vordergrund steht nicht mehr die Masse, sondern vielmehr Hightech und hochwertiger Spezialschiffbau.

Nach den teilweise dramatischen Einbrüchen der Fertigung in Folge der weltweiten Wirtschaftskrise steigen die Bestellungen im Schiffbau wieder an. Im[ds_preview] Jahr 2010 wurden weltweit 2.780 Seeschiffe bestellt (2009: 1.599), davon 928 (605) in China, 464 (140) in Südkorea, 385 (281) in Japan und 173 (89) Schiffe in der EU. Insgesamt war der Auftragsbestand an Schiffen weltweit im vergangenen Jahr aber noch einmal von 9.226 Schiffen auf 7.822 zurückgegangen.

Für die südkoreanischen Werften verlief das erste Halbjahr 2011 sehr erfreulich. Nach Angaben des Ministry of Knowledge Economy (MKE) erhielten sie mit 8,9 Mio. CGT (compensated gross tons) fast doppelt so viele Aufträge wie im gleichen Vorjahreszeitraum – ihr Weltmarktanteil lag damit bei mehr als 50 %. Damit zogen sie an der Konkurrenz aus China vorbei, wo Aufträge über 5,2 Mio. CGT verzeichnet wurden. Wertmäßig ist die Differenz noch größer: Während bei koreanischen Werften zwischen Januar und Juni Aufträge in Höhe von 31,4 Mrd. US$ eingingen, summierte sich der Auftragswert in China auf deutlich geringere 8,8 Mrd. US$.

Spezialschiffe und Hightech

Bei vielen kleineren und mittelgroßen Schiffbauern ist die Situation nach wie vor angespannt, doch die großen Werften sind gut aufgestellt. Ihre Diversifikation scheint sich auszuzahlen. Schon seit längerem setzen die großen Werften auf Spezialschiffe und auf eine steigende Nachfrage bei Bohrschiffen, -inseln oder LNG-FPSO/(Floating Production Storage and Offloading)-Anlagen, die Erdgas fördern, verflüssigen, lagern und direkt auf See an Flüssiggastanker übergeben, sowie auf LNG-FSRU/(Floating Storage Regasification Units)-Anlagen, die Erdgas aufnehmen, verflüssigen, lagern und wieder in Gas umwandeln können.

Allein aus Brasilien erhielten die heimischen Werften dem MKE zufolge in der ersten Jahreshälfte 2011 Bestellungen über sieben Bohrschiffe im Wert von 4,6 Mrd. US$. Hinzu kamen weitere 21 Bohrschiffe, zwei FPSO- und zwei LNG-FSRU-Anlagen. Der im Juni 2011 erteilte Auftrag der norwegischen Höegh LNG an Hyundai Heavy Industries (HHI) ist der weltweit erste zur Lieferung von FSRU-Anlagen. Die beiden Einheiten, die 500 Mio. US$ kosten, sollen 2013/14 ausgeliefert werden.

Darüber hinaus verbuchten die Werften Orders über 97 Containerschiffe mit zusammen 4,6 Mio. CGT. Dabei stechen insbesondere Aufträge über 69 große Containerschiffe mit mindestens 8.000 TEU hervor. Bei Flüssiggastankern stiegen die Bestellungen auf 21 Einheiten mit insgesamt 1,7 Mio. CGT. Dagegen ist die Nachfrage bei Massengutfrachtern (39 mit 0,7 Mio. CGT) eher schwach. Impulse für den koreanischen Schiffbau dürften auch im zweiten Halbjahr 2011 von Bestellungen der großen Ölfirmen ausgehen. Dementsprechend sind die Aussichten für Flüssiggastanker und Offshore-Produktionsanlagen gut.

Großkonzerne dominieren

Die drei Schiffbauer HHI, Samsung Heavy Industries (SHI) und Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) vereinten 2010 zusammen 83,8 % des Auftragseingangs der sieben größten Werften auf sich. Die restlichen 16,2 % errangen STX Offshore & Shipbuilding und Hyundai Mipo Dockyard. Hyundai Samho Heavy Industries wird einen Teil der Aufträge von HHI ausführen.

Noch immer befinden sich die drei großen koreanischen Werften zu über 50 % in staatlicher Hand. Ähnlich wie auch in Japan und in China entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg mit staatlicher Unterstützung gigantische Industriekonzerne (Chaebols), die sich auch im Schiffbau betätigten, der somit zu einer der Schlüsselbranchen für die staatliche Industriepolitik des Landes wurde. Nicht zuletzt trug er zum enormen wirtschaftlichen Aufschwung Südkoreas bei. Durch die wirtschaftliche Krise in Asien 1997 sah sich das Land allerdings vor der Herausforderung, diese Unternehmensgruppen zu entflechten.

Internationale Verflechtungen

Die großen koreanischen Schiffbauer setzen ihre Expansion im Ausland fort. DSME modernisiert in einem Joint Venture mit der russischen United Shipbuilding Corporation (USC) bis 2012 eine Werft in Swesda im Osten Russlands. Daneben hat sich DSME mit 30 % am angolanischen Schiffbauer Paenal beteiligt. STX baut seine Brasilien-Aktivitäten in der Hoffnung aus, Aufträge von Petrobras zu erhalten, und plant zudem für rund 1 Mrd. US$ eine Werft für USC in St. Petersburg zu errichten.

Nach den Plänen des MKE soll Südkorea von 2011 bis 2020 insgesamt 300 Mrd. Won (rund 200 Mio. €) in die Entwicklung umweltfreundlicher Schiffe mit geringeren Treibhausgasemissionen investieren. Davon sollen 194 Mrd. Won vom Staat aufgebracht werden.

Deutsche Zulieferindustrie

Die deutsche Zulieferindustrie hat eine starke Stellung auf dem koreanischen Markt. Da die koreanischen Werften in höherwertige Bereiche vorrücken, bieten sich deutschen Anbietern mit technisch und qualitativ anspruchsvollen Produkten und Lösungen auch in der Zukunft gute Chancen. Beispiele sind Lösungen zur Effizienzsteigerung bei Antriebssystemen, zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen oder der Behandlung von Ballastwasser.

Kürzlich hat beispielsweise der Weltmarktführer beim Guss riesiger Schiffsschrauben, die Mecklenburger Metallguss GmbH (MMG), einen Großauftrag an Land gezogen. »Wir werden die zehn größten Containerschiffe der Welt mit Schiffsschrauben ausrüsten«, sagte MMG-Geschäftsführer Manfred Urban. Es handelt sich dabei um Maersks Riesen der »Triple-E«-Klasse mit 18.000 Stellplätzen, welche die Dänen bei DSME bauen lassen. Die bisher größten Propeller des Zulieferers aus Waren an der Müritz, die auf den Schiffen der »Emma Maersk«-Klasse eingesetzt werden, wiegen 130 t und haben 9,6 m Durchmesser.

Fazit und Ausblick

Südkorea mit lediglich 50 Mio. Einwohnern konnte sich mit kostengünstiger und immer anspruchsvollerer Produktion gut zwischen den benachbarten Rivalen Japan und China platzieren. Die Konzentration auf wenige Schlüsselbranchen ermöglichte einen schnellen, imponierenden wirtschaftlichen Aufstieg des Landes. Doch besonders der Schiffbau zeigt, dass diese Konzentration in Krisenzeiten schnell die gesamte Volkswirtschaft in Mitleidenschaft stürzen kann. Staatliche Programme helfen dabei nur bedingt.

Wichtiger für Koreas Schiffbau ist die Weltkonjunktur, die jetzt wieder in eine schwierige Phase tritt. Eine Abkühlung der Weltkonjunktur führt zu weniger Welthandel und damit schnell zu einem rückläufigen Bedarf an Schiffen. Ein Land, das mehr als die Hälfte der weltweiten Schiffbauaufträge hat, kann sich in einer solchen Phase auch wenig gegenüber anderen Ländern profilieren.

Doch die Wirtschaft Südkoreas durchlebte in der Vergangenheit weitaus schwierigere Zeiten, aus denen sie zumeist gestärkt hervorging. Die Zukunft ist allerdings keineswegs einfach. In China wachsen riesige neue Werftkapazitäten heran – und Chinas Industriepolitik übernahm einige Erfolgsmodelle der Wirtschaftsplaner von Südkorea. Gleichzeitig nimmt jedoch die regionale Zusammenarbeit dieser Länder schnell zu, die nationale Zuordnung wird damit weniger wichtig. Dies zeigt sich auch in den vielen internationalen Beteiligungen, mit denen die südkoreanischen Schiffbauer ihre Zukunft sichern möchten.


Thomas Kiefer