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In Industrie und Handel gibt es laut einer neuen Studie erhebliches Potenzial für die Fremdvergabe von Transport- und Logistikaufgaben an Dienstleister. Die Bereitschaft zum Outsourcing schwankt allerdings je nach Region.

Die Zeiten, da große industrielle Verlader ihren Transportbedarf weitgehend mit eigenen Fahrzeugen, Waggons oder auch Schiffen abdeckten, sind lange vorbei[ds_preview]. Mit der zunehmenden Konzentration auf die Kerngeschäftsfunktionen in den vergangenen Jahrzehnten sind immer mehr Aufträge im Bereich der Logistik extern vergeben worden. Somit wurden die Vor­aussetzungen für den Aufstieg und die zunehmende Verzweigung der Logistikwirtschaft geschaffen, deren Blüte durch die beschleunigte Globalisierung und den dadurch bedingten überproportionalen Verkehrsanstieg seit den 90er Jahren weiter begünstigt wurde. Inwieweit dieser Effekt anhalten und der Branche auch in Zukunft Rückenwind verleihen kann, bleibt ein Dauerthema für Marktforscher und Unternehmensberater. Einen recht optimistischen Ausblick liefert eine neue gemeinsame Studie der Großspedition Panalpina, der Unternehmensberatungen Capgemini Consulting und Heidrick & Struggles sowie der Penn State University in den USA. Für ihre »Third-Party Logistics (3PL) Study« befragten die Unternehmen eigenen Angaben zufolge 1.561 Manager aus Industrie und Handel rund um den Globus. Ergebnis: 64 % sagten, dass die Auftragsvergaben an firmenexterne Logistikdienstleister ausgeweitet werden sollen. Nur 24 % äußerten die Absicht, Fremdvergaben einzuschränken und die Tätigkeiten wieder einzugliedern. Das Bild fällt in den verschiedenen Regionen allerdings höchst unterschiedlich aus. Mit steigenden Outsourcing-Quoten dürfte demnach vor allem im asiatisch-pazifischen Raum sowie in Lateinamerika zu rechnen sein, wo sich 76 % bzw. 73 % der befragten Verlader für verstärkte Fremdvergaben aussprachen. Deutlich reservierter zeigten sich die Studienteilnehmer in Nordamerika und Europa mit 58 % und 57 % der Stimmen für weiteres Outsourcing.

Spezialisten im Vorteil

Die höhere Zustimmung in den asiatischen und südamerikanischen Wachstumsmärkten kommt nicht von ungefähr. Da hier in großem Umfang Industriekapazitäten aus dem Nichts aufgebaut werden, könne auch die Entscheidung zur Fremdvergabe der Logistik leichter getroffen werden als in entwickelten Märkten, wo die Industrie aus der Historie heraus über eigene Logistikaktivitäten verfüge, so die Autoren. Die Resultate ließen sich aber unterschiedlich interpretieren. Möglicherweise seien die Verlader in den gesättigten Märkten »defensiver« geworden und entscheiden sich häufiger für ein Insourcing, auch weil sie meinen, dadurch Ausfallrisiken minimieren zu können. Dagegen sprächen aber die steigenden Anforderungen, die sich aus der zunehmenden Komplexität der Wertschöpfungsketten für die Logistik ergäben. Spezialisierte Dienstleister mit einer klaren Ausrichtung seien hier definitiv im Vorteil gegenüber Verladern, für die die Transportlogistik nur ein Nebenschauplatz zu ihrem eigentlichen Geschäftszweck sei. »Alles in allem bestätigen die Ergebnisse die hohe Attraktivität der asiatisch-pazifischen und lateinamerikanischen Märkte für Logistikdienstleistungen und speziell für global aufgestellte Dienstleister«, so das Resümee der Autoren.

Allerdings, das zeigt die Untersuchung, sind die Möglichkeiten beim reinen Transport und Umschlag schon weitgehend abgegrast. Bei internationalen und nationalen Transporten über alle Verkehrsträger hinweg lägen die Outsourcing-Quoten im globalen Durchschnitt bereits bei 71 bis 78 %. Deutlich niedrigere Anteile messen die Experten in den Bereichen Warehousing/Lagerung (62 %), Spedition/Frachtmanagement (57 %) und Transportplanung (23 %). Will heißen: Dienstleister müssen ihre Systeme für solche eher dispositiven und konzeptionellen Aufgaben erweitern, wenn sie ein größeres Stück vom Kuchen abbekommen wollen. Das ist auch diversen Linienreedereien bewusst, die angesichts der hohen Volatilität und geringen Gewinnmargen im Containerverkehr immer wieder ihre Fühler nach neuen Geschäftsfeldern in der Logistik ausstrecken. Maersk, NOL/APL, OOCL und NYK sind nur einige der Adressen, die seit langem mit Tochter- oder Schwestergesellschaften ihren Fuß im Speditions- und Logistikmarkt haben. Sie wic­keln dabei nicht nur Luft- und Landfracht zusätzlich ab, sondern koordinieren auch Lieferanten, Warenabholungen und -übergaben entlang der gesamten Lieferkette. Die Planung und Konzeption von Transportketten rückt dabei immer mehr in den Vordergrund. »Alles dreht sich darum, unnötige Prozessschritte auszumerzen und Kosten einzusparen«, erklärt Peter Karel, der bei Panalpina für den Bereich Corporate Supply Chain Analytics zuständig ist. Weltweit müssten die Unternehmen ihre Lieferketten flexibler und effizienter gestalten, um im Wettbewerb bestehen zu können. Dazu müssten die Gesamtkosten der Lieferkette berechnet werden, d.h. inklusive Versorgungsschwankungen durch volatile Märkte, indirekte Kosten durch veraltete Lagerbestände, Kapitalkosten, Schäden und Verlust sowie entgangenen Verkäufen.

Allerdings trauen offenbar immer weniger Verlader diese Aufgaben nur einem einzigen führenden Dienstleister zu. Die zunehmende Komplexität und das wachsende Engagement in Schwellenländern erfordern laut 3PL-Studie den Schulterschluss zwischen globalen Logistikfirmen und lokalen Dienstleistern, die mit den örtlichen Besonderheiten (Regularien, Infrastruktur, Kultur etc.) vertraut sind. Mehr als die Hälfte der befragten Verlader betrachten ein solches Gespann als beste Service-Option. Weitere Informationen: www.3plstudy.com

Michael Hollmann