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Der Einsatz privater Security-Anbieter an Bord stellt Kapitäne wie Reedereien vor vielfältige juristische Fragen und nicht selten ungeahnte Rechtsrisiken. Eine Einführung aus Sicht eines Praktikers im Kampf gegen Piraten.

Seit längerem finden in der Öffent­lichkeit Diskussionen über den Einsatz privater Sicherheitsdienstleister und deren bewaffneten Personals an Bord ziviler[ds_preview] Handelsschiffe statt. Dies führte zu immer größerer Unsicherheit bei Schifffahrtsunternehmen. Überwiegend besteht diese Unsicherheit fort. Sie betrifft vor allem die Frage des legalen Transportes von Schusswaffen an Bord von Handelsschiffen sowie deren Einsatz und Nutzung im Rahmen geltenden Rechts durch private Sicherheitsmit­arbeiter als Schutz gegen die aktuell am Horn von Afrika anzutreffende Piraterie.

Da bei jedem Einsatz eines bewaffneten privaten Schutzteams an Bord eines zivilen Handelsschiffes mehrere Gesetzgebungen, nationale wie internationale, betroffen sind und bei der Vielzahl der existierenden Flaggenstaaten eine Beleuchtung der einzelnen Gesetzmäßigkeiten den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, beschränkt sich dieser Beitrag im Folgenden ausschließlich darauf, auf die internationalen Seerechts­übereinkommen sowie das deutsche Waffenrecht Bezug zu nehmen.

Gerade bei den unter deutscher Flagge fahrenden Schiffen wird die Frage nach der Legalität des Einsatzes von bewaffneten Sicherheitsmitarbeitern derzeit durch sehr viele unklare Argumentationen begleitet – und Schifffahrtsunternehmen könnten sehr schnell in strafbare Handlungen verwickelt werden, sollten diese sich für einen nicht nach den Rechtsprinzipien agierenden Sicherheitsanbieter entscheiden, unabhängig, ob aus Deutschland oder der internationalen privaten Sicherheitswirtschaft. Hier kann bereits bestätigt werden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt und nach bestehender Gesetzgebung ein solcher Einsatz auch an Bord eines Handelsschiffes unter deutscher Flagge legal ist, solange die von der Bundesregierung angestrebte Zertifizierung von Sicherheitsunternehmen noch nicht umgesetzt wurde und sich alle Beteiligten an die bestehenden Vorgaben und Gesetzgebungen Deutschlands halten.

Zudem wird in dem nachfolgenden Artikel eine kurze Unterscheidung zwischen sogenannten Kriegs- und Sportwaffen erfolgen, da gerade diese Unterscheidung oftmals zu Missverständnissen bezüglich der Legalität von Schusswaffen an Bord von Handelsschiffen und deren Transport führen und auch entscheidende Auswirkungen auf die operative Umsetzung maritimer Schutzeinsätze haben.

Hoheitsrechte und Genehmigungspflichten sind zu beachten

Nach dem Seerechtsübereinkommen von 1994 bestehen Gebiete eines Staates aus drei Kategorien: dem Staatslandgebiet, dem Staatswassergebiet und dem Staatsluftgebiet. Interessant für den Bereich der maritimen Sicherheit sind in diesem Zusammenhang das Staatslandgebiet sowie das Staatswassergebiet. Unter dem Begriff Staatslandgebiet verstehen sich nicht nur die innerhalb der Landesgrenzen eines Hoheitsgebietes gelegenen Bereiche, sondern auch Handelsschiffe, die die Heimatflagge eines Staates auf hoher See führen. Somit gelten alle Handelsschiffe, die beispielsweise die deutsche Flagge in internationalen Seegebieten führen, als Hoheitsgebiet (Staatslandgebiet) des deutschen Staates. Demnach ist an Bord das geltende Recht Deutschlands anzuwenden.

Dies ist insofern ausschlaggebend, da hier dann bei einem Einsatz eines bewaffneten privaten Schutzteams an Bord eines deutsch geflaggten Schiffes auch das deutsche Waffenrecht zur Anwendung gelangt. Das bedeutet für jeden privaten Sicherheitsanbieter, gleich ob es sich hierbei um ein deutsches oder ein nicht in Deutschland ansässiges Unternehmen handelt, dass dieses über eine entsprechende Genehmigung zum Besitz und zum Führen von Schusswaffen (Feuerwaffen) verfügt, jedoch keine Kriegswaffen einsetzt.

Kriegswaffen fallen im deutschen Waffengesetz unter das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG). Das betrifft in der Regel Schusswaffen, die im Gegensatz zu Sportwaffen, und hier beginnt auch die entsprechende Unterscheidung, bei einmaliger Betätigung des Abzuges so lange schießen, bis das Magazin in der Schusswaffe geleert ist oder der Abzug der Waffe losgelassen wird. Diese Waffen werden als »vollautomatische Schusswaffen« bezeichnet. Darunter fallen beispielsweise auch Sturmgewehre des Modells AK-47, welche überwiegend von Piraten für Attacken auf die Schifffahrt genutzt werden, sowie auch zum Teil von nichtdeutschen privaten Sicherheitsdienstleistern, die in ihrem Heimatland keine Genehmigung zum Besitz von Schusswaffen innehaben und sich daher diese Waffen für die durchzuführenden Schutzeinsätze in Drittländern kaufen oder anmieten.

Sportwaffen gelten im Gegensatz dazu als halbautomatisch. Das bedeutet, dass bei diesen Waffen für jede einzelne Schussabgabe der Abzug jedes Mal erneut betätigt werden muss. Diese Sportwaffen ähneln inzwischen äußerlich in der Regel vollautomatischen Waffen und sind daher für den Außenstehenden nicht von den Kriegswaffen zu unterscheiden.

Die Effektivität dieser Waffensysteme steht dem der vollautomatischen in keiner Weise nach. Sie sind daher genauso geeignet, einen Piratenangriff abzuwehren, wie vollautomatische Schusswaffen. Diese Art Schusswaffen wird dann auch meistens ohne Probleme von jeder Luftfahrtgesellschaft, die dies so ausgewiesen hat, als Fracht transportiert. Für halbautomatische Schusswaffen können nach dem Nachweis körperlicher Eignung, entsprechender Sachkunde sowie eines entsprechenden »Bedürfnisses« (nach § 8 WaffG) für sportliches Schießen, aber auch für dienstliche Zwecke, eine deutsche Waffenbesitzkarte (WBK) oder, sofern erforderlich, auch zum Führen ein deutscher Waffenschein beantragt werden. Die zuständige Ordnungsbehörde prüft die Vergabe und erteilt diese Papiere. Mögliche dienstliche Zwecke schließen den Waffeneinsatz zum Schutz von Handelsschiffen und Privatyachten ein. Die auf diesen Genehmigungen einzutragenden Schusswaffen unterliegen sowohl bei der Wahl des Typs der Waffe Beschränkungen als auch hinsichtlich der Anzahl.

Da die Nutzung vollautomatischer Schusswaffen für private Sicherheitsanbieter derzeit nach dem deutschen Waffenrecht also noch verboten ist und auch verboten bleiben sollte (womit nicht nur der Einsatz an Bord eines Handelsschiffes gegen Dritte gemeint ist, sondern bereits der bloße Besitz und das An-Bord-bringen), verstoßen Sicherheitsanbieter und Schifffahrtsunternehmen, die gemeinsam den Schutz von Handelsschiffen durch Nutzung solcher Waffensysteme durchführen, gegen das deutsche Waffenrecht. Sie begehen damit nach deutschem Recht eine strafbare Handlung.

Hinzu kommt, dass auch die überwiegende Anzahl der Anrainerstaaten das Mitbringen und Besitzen dieser Kriegswaffen sowie das Befahren ihrer Territorialgewässer mit diesen verbieten. Ein entsprechender Einsatz würde deshalb nicht nur unter Verstoß gegen deutsches Recht stattfinden, sondern auch das geltende Recht des jeweiligen Anrainerstaates brechen. Dies gilt immer spätestens dann, wenn Küsten- und Binnengewässer zum Ein- und Auslaufen in und aus Häfen befahren werden, sprich internationale Seegebiete verlassen werden.

Waffenverstöße an Bord – nicht nur der Flaggenstaat darf eingreifen

Wie bereits in der Vergangenheit mehrfach geschehen, würde dann der Anrainerstaat, in dessen territoriale Gewässer der Verstoß stattfand, rechtliche Schritte gegen den Kapitän sowie das an Bord befindliche Schutzteam einleiten. Dies geschah vor kurzem in Dubai, wo ein Handelsschiff mit zwei Sicherheitskräften und AK-47-Sturm­gewehren an Bord einlief und dort beide Sicherheitsmitarbeiter sowie der Kapitän festgenommen und von einem Gericht der Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) zu Haftstrafen verurteilt wurden. Inwieweit das Schiff ebenfalls beschlagnahmt oder gegen Zahlung einer Geldstrafe durch die betroffene Reederei wieder freigegeben wird, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Nun wäre die Frage, warum hier die Behörden in Dubai derart »hart« reagierten, wenn doch jenes Handelsschiff das Territorium eines fremden Staates war und nicht die UAE-Flagge ab Emirates führte? Dies liegt ebenfalls im Seerechtsübereinkommen begründet, das zwar keinem anderen als dem Flaggenstaat auf einem Handelsschiff oder dem Heimatstaat der straffällig gewordenen Personen die Strafverfolgung zugesteht, da nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen nur der Flaggenstaat hier die juristische Handhabe hat. Jedoch kann jeder Staat, in dessen Staatslandgebiet oder Staatswassergebiet eine Straftat begangen wird, dort tätig werden, sofern die Straftat direkt auf sein Hoheitsgebiet Bezug nimmt. Dazu gehören auch rechtliche Vorschriften des entsprechenden Staates. In diesem Fall stellen diese das Mitbringen von Kriegswaffen und Schusswaffen allgemein unter Strafe, sofern hierzu nicht vorher die ausdrückliche Genehmigung des Staates, in diesem Fall der Vereinigten Arabischen Emirate, eingeholt wurde. Da die Hafenanlagen in Dubai bereits zum Staatslandgebiet und die Küstengewässer zu den Staatswassergebieten dieses Landes gehören, lag die Strafverfolgung in diesem Falle eindeutig bei diesem Staat. Möglicherweise wird dann nach der geplanten Abschiebung der beiden Sicherheitsmitarbeiter in ihre Heimatländer auch dort noch ein Gerichtsverfahren gegen diese eröffnet.

Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass die überwiegende Zahl der Anrainerstaaten des Roten Meeres, des Golfs von Aden, des Arabischen Meeres, des Persischen Golfs und des Indischen Ozeans das Mitbringen von Kriegswaffen verbieten und unter Strafe stellen. Dies gilt selbst dann, wenn diese vorher deklariert wurden. So erlebten es vor einigen Wochen Mitarbeiter eines amerikanischen Sicherheitsunternehmens in Mosambik.

Wer Waffen mangelhaft deklariert, verliert

Was bedeutet dies im Umkehrschluss für ein Schifffahrtsunternehmen unter deutscher Flagge? Nach dem deutschen Waffenrecht muss jedes private Sicherheitsunternehmen, gleich welcher Nationalität, im Besitz einer Waffengenehmigung nach deutschem Waffenrecht sein, sobald es Waffen in den Geltungsbereich des deutschen Gesetzes einbringt, gleich ob als Import deklariert oder als Mitnahme zum eigenen Gebrauch. Diese Genehmigung muss vor dem Einbringen der Schusswaffen in den Geltungsbereich des Gesetzes bei den deutschen Behörden, in diesem Fall bei dem zuständigen Ordnungsamt, in dessen Bezirk der Grenzübertritt stattfindet, beantragt werden. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Mitnahmeerlaubnis. Zusätzlich muss das beantragende Sicherheitsunternehmen einen Herkunftsnachweis für diese Waffen sowie eine Mitnahmeerlaubnis des Heimatstaates bzw. des Staates beibringen, in dem diese Waffen ordnungsgemäß registriert sind. Zudem sind zollrechtliche Vorschriften zu beachten, die im Übrigen auch für Länder gelten, in denen später die eingesetzten Schutzteams von Bord des jeweiligen Schiffes gehen wollen. Schusswaffen vor dem Erreichen des nächsten Ausschiffungshafens über Bord zu werfen kann also nicht als adäquate und legale Maßnahme zur Umgehung gesetzlicher Bestimmungen angesehen werden.

Wird eine der vorstehenden Genehmigungen nicht beantragt oder nach Antragsstellung nicht erteilt, darf das betroffene private Sicherheitsunternehmen keine Schusswaffen (Feuerwaffen) in den Geltungsbereich des Gesetzes einbringen und dies betrifft dann in diesem Fall auch Handelsschiffe, die unter der deutschen Flagge fahren. Zuwiderhandlungen stellen einen Verstoß nach § 19 WaffG dar und werden in der Regel, je nach Schärfe des Verstoßes, mit Geldstrafe und/oder Freiheitsstrafe geahndet.

Kapitänen wie Reedern droht eine Prozesskette

Zudem muss sich das betroffene Schifffahrtsunternehmen darauf einstellen, dass es sich selbst strafbar macht. Das gilt auch für den Kapitän des jeweiligen Handelsschiffes. Beide sind zumindest dem Vorwurf der Beihilfe einer strafbaren Handlung ausgesetzt. Dieser bezieht sich nämlich auf das unerlaubte Einbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des deutschen Gesetzes (Waffenschmuggel). Somit müssen beide damit rechnen, sich bei unerlaubtem Besitz und Führen von Schusswaffen durch die eingesetzten Sicherheitsmitarbeiter an Bord strafbar zu machen.

In besonderen Fällen sind wieder die Staaten gefragt einzuschreiten, deren Staatswassergebiete ein Handelsschiff mit bewaffneten Sicherheitskräften befährt. Wenn diese privaten Sicherheitskräfte dann keine sogenannte Flaggenstaatgenehmigung besitzen, hat das Konsequenzen. Dieser Fall trat in der Vergangenheit bereits mehrfach in Ägypten ein, wo private Sicherheitskräfte mit Kriegswaffen an Bord eines Handelsschiffes den Suezkanal befuhren. Von den dortigen Behörden wurden dann auch empfindliche Strafen gegen diese Sicherheitsfirmen ausgesprochen, da diese nicht nur keine Flaggenstaatgenehmigung besaßen, sondern zusätzlich Kriegswaffen an Bord mitführten, die auch nach ägyptischem Recht beim Befahren des Suezkanals auf einem Schiff eben nicht mitgeführt werden dürfen.

Diese wenigen Beispiele, die auch immer wieder in anderer Form auftreten, machen deutlich, dass mit fehlenden Genehmigungen zum Besitz und Führen von Schusswaffen an Bord von Handelsschiffen nicht zu spaßen ist. Vor allem dann nicht, wenn diese illegal mitgebrachten Waffen auch zur Verteidigung eingesetzt werden und Personen zu Schaden kommen, sei es nun berechtigt oder nicht.

Dementsprechend hat auch die Weltschifffahrtsorganisation IMO eine Richtlinie (Guideline) zur Auswahl für geeignete Sicherheitsunternehmen herausgegeben, um Schifffahrtsunternehmen bei dieser Auswahl zu unterstützen. Diese Guideline ist zwar sehr theoretisch und befasst sich überwiegend mit der Legalität des gesamten Einsatzes von bewaffneten Sicherheitskräften, zeigt aber auch die Schwierigkeiten auf, die ein solcher Einsatz mit sich bringt.

Planung aller Genehmigungen vor Einsatzbeginn nötig

Es ist nicht nur der Transport von Schusswaffen in das jeweilige Einsatzland zu regeln und bei den dortigen Behörden eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen, sondern dann sind auch bereits zu Beginn der Planung eines solchen Schutzeinsatzes für Handelsschiffe, deren Besatzungen und Ladungen die entsprechenden Parameter für einen legalen Einsatz von Schusswaffen unter deutscher Flagge zu erfüllen.

Zusätzlich wird in Zukunft die deutsche Regierung über die Bundespolizei See eine Zertifizierung für private Sicherheitsanbieter erlassen, die jedes in diesem Bereich tätig werdende oder bereits tätige Unternehmen erhalten muss, um bewaffnete Dienstleistungen im maritimen Bereich anzubieten. Dort werden dann hoffentlich auch die Thematik der zu nutzenden Schusswaffen für derartige Einsätze sowie die Regularien für deren Erwerb geregelt werden, damit in Zukunft für Schifffahrtsunternehmen wie Sicherheitsanbieter klare Vorgaben herrschen, aber auch mehr Handlungssicherheit gegeben ist.

Spätestens dann werden wahrscheinlich auch keine an solchen Schutzeinsätzen beteiligte Parteien, seien es nun Sicherheitsanbieter oder Reederein, fortgesetzt in einer Grauzone oder zuweilen im illegalen Bereichen agieren. Sie vermeiden hierdurch einen Ansehensverlust des privaten Sicherheitsgewerbes in der maritimen Industrie. Zudem würden dann ständig wiederkehrende Verstöße gegen nationale und internationale Gesetzgebung unterbleiben, die letztendlich nur die Umsetzung und Durchführung von Schutzmaßnahmen gegen die Piraterie zur See erschweren. Die Verstöße fördern außerdem nicht unbedingt das Vertrauen in diese Dienstleistung, in deren Anbieter sowie in die maritime Industrie insgesamt, die am Ende derartige Aufträge vergibt.

Autor:

Horst Rütten, CEO

i.b.s. Internationale

Bodyguard- & Sicherheitsagentur

Hamburg, Tel. +49 (0)40/30104115

ruetten@bodyguardagentur.com


Horst Rütten