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Auch eine kurzzeitige Vercharterung mit anschließendem Verkauf des Schiffes berechtigt zur Inanspruchnahme der ermäßigten Steuer.

In mehreren Urteilen hatte sich das Finanzgericht (FG) Hamburg in letzter Zeit mit den Voraussetzungen der Tonnage­steuer zu befassen[ds_preview]. In einem jüngst entschiedenen Fall hat sich das Gericht gegen das Erfordernis einer Mindestbetriebsdauer bei Inanspruchnahme der Tonnage­steuer ausgesprochen (FG Hamburg, Urteil v. 17.8.2011, 2 K 42/11). Die Klägerin, eine Einschiffsgesellschaft, hat am 1.10.2002 ein Schiff erworben, übernommen und in Time-Charter verchartert. Am 5.12.2002 veräußerte sie das Schiff an eine Fonds-KG weiter, die in den Time-Charter-Vertrag eingetreten ist und die Finanzierungsverträge übernommen hat. Das Schiff wurde am 10.12.2002 an die Fondsgesellschaft übergeben. In diesem Zeitraum von 71 Tagen ist ein nicht unerheblicher Gewinn aus dem laufenden Schiffsbetrieb entstan­den; ein Veräußerungsgewinn ist demgegenüber nicht erzielt worden. Die Klägerin hat fristgemäß den Antrag gestellt, die Tonnagesteuer anwenden zu dürfen und auch alle sonstigen Anforderungen an die Anwendung der Tonnagesteuer erfüllt.

Das beklagte Finanzamt war der Auffassung, dass die Tonnagesteuer nicht angewendet werden dürfe. Der Gesetzgeber habe mit Einführung der Tonnagesteuer deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nur angewendet werden könne, wenn das Schiff langfristig von der Schifffahrtsgesellschaft betrieben wird. Dafür sei der Zeitraum von nur 71 Tagen eindeutig zu kurz.

Keine Mindestbetriebsdauer

Dem ist das FG Hamburg deutlich entgegengetreten. Aus dem »Tonnagesteuerpara­graphen« 5a des Einkommensteuergesetzes lässt sich nach Auffassung des Gerichts keine »Mindestbetriebsdauer« für Schiffe ableiten. Weder der Wortlaut des Gesetzes noch seine Entstehungsgeschichte enthalten Hinweise darauf, dass der Verkauf eines Schiffes die Anwendung der Tonnagesteuer verhindert. Ganz im Gegenteil: Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit des Schiffsverkaufs sogar explizit vor. Die Zehnjahresfrist, für die der Antrag gestellt wird, solle nur verhindern, dass Schifffahrts­gesellschaften durch jährlichen Wechsel in die Tonnagesteuer und zurück steuerliche »Rosinenpickerei« betreiben. Es soll nicht möglich sein, in Verlustjahren steuerlich entsprechende Verlustzuweisungen zu generieren, um dann in Gewinnzeiträumen nur die pauschale Tonnagesteuer zu zahlen. Betriebswirtschaftlich vernünftige Veräußerungen von Schiffen hingegen sollen damit nicht unterbunden werden.

Einzige Grenze für die Anwendung der Tonnagesteuer sei, so das FG weiter, die Regelung zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen, § 42 AO: Nur wenn es keine wirtschaftlichen Gründe für eine Veräußerung des Schiffes gibt, ist es möglich, die Anwendung der Tonnagesteuer zu versagen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass auch bei nur sehr kurzzeitigem Betrieb des Schiffes die Tonnagesteuer angewendet werden kann, solange wirtschaftliche Gründe die Veräußerung rechtfertigen. Das FG Hamburg nennt hier beispielsweise den Fall, dass ein Schiff zunächst der »normalen« Besteuerung unterworfen wird, um Verluste in der Anfangszeit steuerwirksam werden zu lassen. Wenn im Anschluss an die Verlustrealisierung das Schiff veräußert wird, weil die Schifffahrtsgesellschaft selbst nach Ablauf der Antragsfrist nicht mehr zur Tonnagesteuer optieren kann, so soll darin keine missbräuchliche Gestaltung liegen.

Entscheidend dürfte in vergleichbaren Fällen deshalb zukünftig sein, dass die Veräußerung aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Für die Praxis wird es ganz wichtig sein, dass diese wirtschaftlichen Gründe umfassend dokumentiert werden.

Handel wird nicht gefördert

Als Beispiel für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung führt das Finanzgericht in seinem Urteil einen Fall an, in dem die Option zur Tonnagesteuer ausschließlich und erkennbar zu dem Zweck erfolgt, hohe Veräußerungsgewinne pauschal mit dem Tonnagegewinn versteuern zu können. Auch in Zukunft werden Gewinne aus dem Handel mit Schiffen oder gar Gewinne aus dem Verkauf von Schiffbauverträgen nicht mit der pauschalen Steuer nach der Tonnage abgegolten sein.

Das hier besprochene, für die Schifffahrtsgesellschaften sehr erfreuliche Urteil grenzt das FG abschließend von seinem weniger erfreulichen Urteil vom 2.2.2010 und von einem Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 12.10.2010 ab. In beiden Fällen ist der Vertrag über den Weiterverkauf des Schiffes bereits vor seiner Übergabe an die Verkäufergesellschaft abgeschlossen worden. Das FG stellt die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Urteil vom 17.8.2011 und den beiden früheren Urteilen heraus: Entscheidend sei, dass der Zeitraum des Schiffsbetriebs nicht schon von vornherein feststeht, also nicht konkret und eng begrenzt ist. Wenn der Betrieb hingegen von vornherein zeitlich eng begrenzt sei, dann käme die Anwendung der Tonnagesteuer nicht in Betracht.

Ohne dass es für diesen Fall von Bedeutung gewesen wäre, gibt das FG Hamburg noch Antwort auf eine andere Frage, die gerade in Zeiten der Sanierung von Einschiffsgesellschaften wiederholt gestellt worden ist. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist eine Beendigung der Gewinnermittlung nach der Tonnage selbst dann möglich, wenn die Schifffahrtsgesellschaft bewusst den Wegfall der Voraussetzungen der Tonnagesteuer herbeiführt.

Die Finanzverwaltung hat zwischen­zeitlich gegen das Urteil Revision eingelegt

Az. des BFH: IV R 45/11).

Autor:

Lars Heymann

Mitglied der Geschäftsleitung

bei PKF Fasselt Schlage, Hamburg

Tel. +49 (0)40 35552 156

Lars.Heymann@pkf-fasselt.de

Lars Heymann