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HANSA-Kolumnist Michael Rathmann hat die Untersuchung von André Menze vorab unter die Lupe genommen und sieht in ihr ein »probates Hilfsmittel«, mit dem manche Entscheidung oder Kalkulation leichter falle

Schiffsbetriebskosten und ihre Entwicklung sind in den vergangenen Jahren ein leidiges Thema für alle Beteiligten geworden. Mal war es die[ds_preview] Personalknappheit, die die Personalkosten explodieren ließ, dann waren es die Schmierstoffpreise oder die Versicherungsprämien, die sich infolge zunehmender Piraterie für bestimmte, davon betroffene Fahrtgebiete deutlich verteuerten. Einen genauen Überblick darüber, wie es kostenseitig um die verschiedenen Schiffs­klassen bestellt war, hatte man selten.

Einen ersten Vorstoß, Licht ins Dunkel der Schiffsbetriebskosten zu bringen, machte die HSH Nordbank und veröffentlichte 2005 erstmals eine Studie über die Entwicklung der Schiffsbetriebskosten. In fünfter Auflage erschien diese Studie zuletzt im Jahre 2009. Mit der Gründung der Abbaubank, die mit dem Ang­lizismus »Restructuring Unit« umschrieben wurde, um nicht gar so abschreckend zu klingen, hat man auf eine weitere Auflage der Studie verzichtet. Aus heutiger Sicht kann man das nachvollziehen, denn wer kaum noch Schiffe finanziert, der braucht auch kein weiteres Datenmaterial über Schiffsbetriebskosten zu sammeln.

In diesem Jahr kommt eine neue Schiffsbetriebskosten-Studie auf den Markt, die deutlich besser ist als das, was man in dieser Richtung bisher zu sehen bekam. André Menze, ein Consultant, der langjährig im Bereich der Schifffahrt tätig war und noch ist, hat in Zusammenarbeit mit der Naves Corporate Finance GmbH aus Hamburg Hunderte von Datensätzen durchgearbeitet und daraus eine lesenswerte Studie zur Er­fassung und Verarbeitung von Schiffsbetriebskosten erstellt.

Bei der Erhebung der Daten ist Menze akribisch vorgegangen. Im Gegensatz zur Studie der HSH-Nordbank, die sich eher verallgemeinernd mit den Daten aus rund 260 vorliegenden Jahresabschlüssen von Schiffsgesellschaften beschäftigte und daraus Wertermittlungen für die Auswertung machte, ist in der jetzt vorgelegten Studie auf viele Parameter geachtet worden, die eigentlich für eine aussagefähige Studie unabdingbar sind. Insgesamt wurden Daten von ca. 400 Schiffen untersucht, was sicherlich eine repräsentative Streuung darstellt.

Die Größenklassen, die untersucht wurden, sind verhältnismäßig eng gefasst. So ist beispielsweise ein Größensegment zusammengefasst worden mit Containerschiffen zwischen 2.300 und 2.899 TEU. Dies ist von der Spannweite her eine Größenklasse, deren Schiffe durchaus miteinander vergleichbar sind. Gleichzeitig wurden in der Auswertung Fakten berücksichtigt, die einfach dazugehören, wie das Alter der Schiffe, die Bauwerft, der Intake an Containern nominal und homogen. Angaben über die Anzahl der Kühlcontaineranschlüsse sind genauso berücksichtigt wie der Vergleich der Schiffsmaschinentypen, die auf den Schiffen zum Einsatz kommen, weil auch im Treibstoffverbrauch gravierende Abweichungen auftreten können.

Auch die eingehende Untersuchung der Personalkosten ist von großer Aussagekraft. Hier kommt es entscheidend darauf an, ob ein Schiff ausgeflaggt ist oder unter deutscher Flagge fährt. In dem Zusammenhang ist eine wichtige Frage, ob bei einer Reederei eine Flottenumlage bei den ausgeflaggten Schiffen erhoben wird, um Schiffe finanziell zu stützen, die unter deutscher Flagge fahren. Dieser Punkt ist bei großen Reedereien sehr wichtig, weil überwiegend deren Schiffe von dieser Problematik betroffen sind.

Die Reihe der Einzelparameter, die bei dieser Betriebskostenstudie berücksichtigt wurden, ließe sich fortsetzen, aber das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Trotz allen Lobes möchte ich dem Verfasser der Studie eine gut gemeinte, konstruktive Kritik mit auf den Weg geben. Dabei gehe ich zunächst positiv überzeugt davon aus, dass André Menze diese Studien fortsetzen wird, weil sie wirklich hilfreich sind.

Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass die Studie in zwei Teile aufgeteilt wäre. Auf der einen Seite ist es natürlich unerlässlich, den Weg der empirischen Untersuchung aufzuzeigen und dabei zu erläutern, weshalb die notwendigen Unterscheidungen gemacht werden. Dem Teil, der sich mit den unterschiedlichen Kostenpositionen und deren speziellen Unterscheidungskriterien befasst, die dann in die grafischen und tabellarischen Darstellungen einfließen, sollte ein reiner Auswertungsteil gegenüberstehen. In diesem zweiten Teil könnte man die Ergebnisse der Untersuchung sehen und kann daraus Vergleiche zu bestimmten Schiffstypen ziehen.

Die vorgeschlagene Zweiteilung der Studie würde die unterschiedlichen Charaktere der Leser berücksichtigen, die sich damit beschäftigen wollen, können oder beruflich müssen. Den einen Leser interessiert der Weg, der zur Auswertung in der Studie geführt hat. Dies ist der klassische Analytiker, der genau wissen will, was alles an Daten herangezogen wurde. Der andere Leser ist der Kurzzeitoptimierer, den nicht der Weg, sondern ausschließlich das Ergebnis interessiert. Dieser Lesertyp wird aber auch dankbar sein für die Erklärung zur Methodik der Studie. Denn hier kann er nachschlagen, wenn ihm der Wert einer Ermittlung nicht klar ist.

Die jetzt veröffentlichte Studie über die Schiffsbetriebskosten hat eine sehr hohe Qualität in der Aussage ihrer Werte, ist aber für den unbefangenen Leser unglaublich komplex, weil die Beschreibung der empirischen Ermittlung Hand in Hand geht mit den daraus gewonnenen Ergebnissen. Das erschwert dem statistisch nicht geschulten Leser das Verständnis für das Zahlenwerk.

Insgesamt möchte ich dem Verfasser meine Anerkennung aussprechen, weil denen, die mit der Thematik Schiffsbetriebskosten befasst sind, ein probates Hilfsmittel an die Hand gegeben wird, mit dem manche Entscheidung oder Kalkulation leichter fällt – und das zudem zu einem vergleichsweise sehr günstigen Preis.
Michael Rathmann