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Die Verbände UVHH und ZDS ziehen eine positive Jahresbilanz. Der Hafen der Hansestadt wächst über dem Bundesschnitt. Investitionen in die Infrastruktur und die Hinterlandanbindung seien allerdings dringend notwendig

Der Hamburger Hafen hat sich von den Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich schneller erholt als erwartet. Für das[ds_preview] Gesamtjahr 2011 rechnet der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) mit einem Gesamtumschlag von 130 Mio. t und einem Containerumschlag von 9 Mio. TEU, was dem Vorkrisenniveau von 2006 entspricht.

In den ersten neun Monaten des Jahres erreichte der Hamburger Hafen ein Umschlagsergebnis von 99 Mio. t, ein Plus von 11 %. Damit wird das Niveau von 2008 nur knapp verfehlt. Dieser Erfolg ist laut dem UVHH zum einen auf das erfolgreiche Krisenmanagement der Hafenunternehmen, zum anderen auf die breite Dienstleistungspalette des Universalhafens Hamburg zurückzuführen.

Im Vergleich zum gesamtdeutschen Seegüterumschlag wächst der Hafen der Hansestadt stärker: Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) erwartet 2011 für alle deutschen Seehäfen ein Umschlagsplus von 6 % auf 290 Mio. t, gab ZDS-Präsident Klaus-Dieter Peters auf der Mitgliederversammlung im November bekannt. Für 2012 wird ein Wachstum um 2 % auf 296 Mio. t prognostiziert.

UVHH-Präsident Gunther Bonz sieht das gesamtwirtschaftliche Umfeld, vor allem in Europa, als Grund für die wahrscheinliche Abschwächung im Seehafenumschlag, der auch Hamburg 2012 treffen wird. Bei einem Gesamtumschlag von 135 bis 140 Mio. t geht der UVHH von 9,2 bis 9,3 Mio. TEU aus. Bonz: »Als Ursache hierfür werden die Schuldenkrise im Euro-Raum und der drohende globale Abschwung gesehen. Die Bundesregierung erwartet ein Wachstum von 1 %, die Wirtschaftsweisen gehen in einem jüngsten Gutachten von 0,8 % aus. Deutlich besser sehen die Prognosen für die Weltwirtschaft mit einem Anstieg von 4 % und für den Welthandel von 5,8 % aus.« Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum der wichtigsten Handelspartner des Hamburger Hafen liegen dabei noch über dem Durchschnitt: Asien +8,2 %, China +9,5 %, Indien +7,8 % und Russland +4,1 %.

Wachstum hängt von Hinterlandverbindungen ab

»Um diese Chancen zu nutzen, muss der Umschlag und der Weitertransport der Güter im Hafen und ins Hinterland effizienter gestaltet und am Bedarf orientiert ausgebaut werden. Hier sehe ich nach wie vor dringenden Handlungsbedarf und sowohl die Politik als auch die Wirtschaft in der Pflicht«, sagte Bonz. »Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.« So seien Verkehrsinfrastrukturprojekte heutzutage von viel zu langen Planungs- und Umsetzungszeiträumen geprägt und zudem von öffentlichen Haushalten und Legislaturperioden abhängig, kritisierte der UVHH-Chef.

Der Hamburger Senat hat sich indes klar zum Hafen bekannt und bereits zu Beginn seiner Amtsperiode wichtige Weichenstellungen vorgenommen, wie beispielsweise die Zusammenführung des Wirtschafts- und Verkehrsressorts und die Überarbeitung des Hafenentwicklungsplanes unter Einbeziehung der Hafenwirtschaft.

Der UVHH sieht in der schnellen Realisierung der zentralen Infrastrukturprojekte – allen voran die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe –, einer dauerhaften Sicherstellung einer bedarfsorientierten Hafenfinanzierung, in verlässlichen Rahmenbedingungen, in der Stärkung des Universalhafens sowie der Erhöhung der Wertschöpfung vor Ort (local content) u. a. durch Industrieansiedlungen die zentralen Themen für die Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens.

Verkehrsverlagerung durch SECA?

ZDS-Chef Peters wies besonders auf die erreichten Umschlagszahlen im Hinterlandverkehr hin, die das Vorkrisenniveau bereits in diesem Jahr wieder erreicht hätten, mit entsprechenden Belastungen der Schienen- und Straßeninfrastruktur, die 2008 bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Im Hamburger Hafen selbst werden bislang rund ein Viertel des Zu- und Ablaufverkehrs per Feederschiff abgewickelt. Vom verbleibenden Ladungsanteil entfallen im Container-Fernverkehr rund 70 % der Transportmenge auf die ebenfalls umweltfreundliche Schiene.

Weiterhin sieht der ZDS der Einführung eines SECA in der Ostsee 2015 mit dem Grenzwert von 0,1% Schwefelgehalt im Kraftstoff mit Sorge entgegen. Nach einer Studie, die das Institut für Seeverkehr und Logistik (ISL) im Auftrag des ZDS erstellt hat, erwarten die Gutachter eine signifikante Verlagerung auf die Straße, da die Transportkosten um bis zu 40 % ansteigen würden. Dies bedeute bis zu 600.000 zusätzliche LKWs auf deutschen Straßen. Allein für deutsche Containerhäfen wird 2015 insgesamt mit einem Verlust von 820.000 TEU gerechnet.

Mehr Bundesmittel für Häfen

Die Aufstockung des Verkehrsetats 2012 um 1 Mrd. € auf 11 Mrd. € wird von der Seehafenwirtschaft begrüßt. Allerdings sei schon vor zehn Jahren der Bedarf von 12 Mrd. € von der Pällmann-Kommission festgestellt worden. Die bisherigen Bundesmittel reichten nicht aus, die seewärtigen Zufahrten und Hinterlandanbindungen bedarfsgerecht auszubauen.

»Die Tore der Schleusen in Brunsbüttel werden zurzeit wie vor 4.000 Jahren im Ägyptischen Reich auf Holzkufen bewegt, weil die Mittel für eine Sanierung nicht zur Verfügung stehen und deren Freigabe auf sich warten lässt«, beschrieb Bonz den Zustand der Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals (NOK). Nicht nur für den Hamburger Hafen wirken sich die Restriktionen im NOK deutlich aus. Für die Route von Hamburg nach St. Petersburg ergibt sich ein Distanzvorteil von 233 nm, via Skagen reduziert sich der Vorteil auf 99 nm.

Immer drängender wird die Elbvertiefung, deren Start weiterhin auf sich warten lässt. Bereits heute sind weltweit mehr 200 Containerschiffe mit Tiefgängen von über 13,5 m und einer Kapazität von 8.000 TEU und mehr im Einsatz, bis 2015 werden weitere160 Containerschiffe mit mindestens 10.000 TEU in Dienst gestellt. In Hamburg stieg die Anzahl der Anläufe außergewöhnlich großer Schiffe (AGF, Länge > 330 m, Breite > 45 m) 2010 bereits um 17 % auf 825. Aufgrund der Tiefgangsbeschränkungen auf der Elbe können diese Schiffe den Hafen nicht voll abgeladen anlaufen; zudem ist das Zeitfenster zum Ein- und Auslaufen sehr eng.

Elbvertiefung verzögert sich

Zwar läuft das Planfeststellungsverfahren und soll möglichst schnell zu einem Feststellungsbeschluss führen. Doch können Pläne, wonach bereits Anfang 2012 mit dem Ausbau begonnen werden soll, laut UVHH nicht realisiert werden. Erst müsse ein Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht bestritten werden, welches auch im Falle des Ausbaus der Weser angerufen worden ist. Außerdem wird die Elbvertiefung sehr wahrscheinlich teurer als geplant, wie Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch im Herbst einräumte: »Die Kosten sind gestiegen. Aber wir haben hier auch seitens des Hamburger Senats eine klare Position, dass wir hier nicht ein zweites Problem Elbphilharmonie haben«, so Horch damals gegenüber dem Radiosender NDR.

Ausbau als Universalhafen

Der UVHH sieht Hamburgs Zukunft weiter als Universalhafen. Nur mit einem breiten Angebot sei der Hafen krisenfest aufgestellt. Freie oder frei werdende Flächen, wie z.B. in Steinwerder, sollen für die Ansiedelung neuer Industrien genutzt werden. Für Zulieferer und Hersteller der Offshore-Industrie ist die wasserseitige Anbindung dem Unternehmensverband zufolge von großem Vorteil, sind sie doch auf den reibungslosen Transport ihrer als Schwerlast eingestuften Produkte angewiesen. Aber genau hier habe es in der Vergangenheit große Probleme gegeben, berichtete der UVHH von einem seiner Mitglieder. Die Genehmigungsverfahren für die anfallenden Schwerguttransporte seien aufwendig und in der Durchführung nicht immer erfolgreich gewesen, was unter anderem an nicht koordinierten Baumaßnahmen an Zufahrtsstraßen zu den betreffenden Terminals gelegen habe.