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Der Bundesfinanzhof (Az.: VI R 84/10) hat sich erstmalig mit Fragen des 40-prozentigen Lohnsteuereinbehalts beschäftigen müssen.

Hintergrund des Rechtsstreits war § 41 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes. Hiernach dürfen Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, vom[ds_preview] Gesamtbetrag der anzumel-

denden und abzuführenden Lohnsteuer einen Betrag von 40 % der Lohnsteuer der auf solchen Schiffen in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigten Besatzungsmitglieder abziehen und einbehalten. Gemäß Satz 2 der Vorschrift ist weitere Voraussetzung, dass das Handelsschiff in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen ist, die deutsche Flagge führt und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben wird.

Die hierzu ergangenen Lohnsteuerrichtlinien sehen vor, dass der Lohnsteuerein­behalt durch Korrespondent- oder Vertragsreeder nur dann vorgenommen werden kann, wenn diese mit der Bereederung des Schiffes in ihrer Eigenschaft als Mitgesellschafter an der Eigentümergesellschaft beauftragt sind.

Die Klägerin des Rechtsstreits war eine Einschiffsgesellschaft in der Rechtsform einer KG. Sie betrieb das im deutschen Schiffsregister eingetragene Frachtmotorschiff »MS W« und fuhr unter deutscher Flagge. Die natürliche Person W (ein Mensch aus Fleisch und Blut und darum »natürlich«) ist der Komplementär dieser Einschiffsgesellschaft. In dieser Eigenschaft war er bis zum 31. Dezember 2001 für die Bereederung der »MS W« zuständig.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 übertrug die Einschiffsgesellschaft die Aufgaben der Bereederung auf eine neu gegründete Gesellschaft, der Bereederungs-KG. W ist Kommanditist und zugleich Geschäftsführer der Komplementärin der Bereederungs-KG, der S-GmbH. Die Bereederungs-KG erwarb von W einen Anteil an der Einschiffsgesellschaft in Höhe von nominal 1.000 DM. Nach dem Bereederungsvertrag war die Bereederungs-KG als Vertragsreeder u.a. für die Bemannung der »MS W« zuständig. Dabei konnte sie ihre Aufgaben entweder in eigenem Namen oder im Namen der Klägerin wahrnehmen. Für ihre Tätigkeit erhielt die Bereederungs-KG eine Vergütung seitens der Einschiffsgesellschaft. Zudem war in dem Vertrag vereinbart, dass die Kosten für die Heuerabrechnungen zu Lasten der Einschiffsgesellschaft gehen sollten.

Die Bereederungs-KG schloss mit weiteren Einschiffsgesellschaften, jeweils in der Rechtsform einer KG, entsprechende Bereederungsverträge ab. Danach war sie auch für die Bemannung der ebenfalls unter deutscher Flagge fahrenden »MS X«, »MS Y« sowie der »MS Z« (als solche bezeichnete Schwestergesellschaften) zuständig. Auch an diesen von ihr bereederten drei Gesellschaften beteiligte sich die Bereederungs-KG in geringem Umfang als Komplementärin neben W, der jeweils der Hauptkomplementär war.

Die Einschiffsgesellschaft meldete beim Finanzamt Lohnsteuer für die beschäftigten Seeleute an. Dabei verwendete sie auch nach dem 1. Januar 2002 weiterhin die ihr zugeteilte Steuernummer. Auch die Meldungen zur Sozialversicherung wurden unter dem Namen der Einschiffsgesellschaft abgegeben. Die anderen Schiffsgesellschaften meldeten die Sozialversicherungsbeiträge der bei ihnen tätigen Arbeitnehmer ebenfalls unter eigenem Namen bei der Sozialversicherung an. In den Heuerabrechnungen der beschäftigten Arbeitnehmer war anhand eines Zusatzes zur Personalnummer die betreffende Einschiffsgesellschaft erkennbar. Die Heuerscheine waren mit dem Firmenstempel der Einschiffsgesellschaft versehen und arbeitgeberseitig vom Komplementär W oder einer anderen vertretungsbefugten Person unterzeichnet.

Die Einschiffsgesellschaft kürzte nach Ansicht des Bundesfinanzhofs zu Unrecht den abzuführenden Lohnsteuerbetrag um 40 % nach § 41 a Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes. Die Kürzung hatte die Einschiffsgesellschaft auch für die Lohnsteuer der Seeleute vorgenommen, die zwar zum Abrechnungszeitpunkt auf dem Schiff der Einschiffsgesellschaft, der »MS W«, tätig waren, aber dort nicht zusammenhängend an 183 Tagen. Einige der Arbeitnehmer, die auf der »MS W« tätig waren, wurden auch an Bord der Schwestergesellschaften eingesetzt. Die Seeleute erhielten für diese Einsätze außerhalb der »MS W« ihre Heuer von der jeweiligen Schwestergesellschaft. Nach den Einsätzen erbrachten die Seeleute ihre Arbeitsleistung wieder auf dem Schiff der Einschiffsgesellschaft. Ein neuer Heuerschein wurde für keinen der Schiffswechsel ausgestellt.

Was sollte es für Probleme geben? Die bereits erwähnten Lohnsteuerrichtlinien sehen vor, dass der Lohnsteuereinbehalt durch Korrespondent- oder Vertragsreeder vorgenommen werden kann, wenn diese mit der Bereederung des Schiffs in ihrer Eigenschaft als Mitgesellschafter an der Eigentümergesellschaft beauftragt sind. Nun, zum einen wurde der Lohnsteuereinbehalt nicht von der Bereederungsgesellschaft vorgenommen. Der 40-prozentige Lohnsteuereinbehalt erfolgte durch die Einschiffsgesellschaft. Das Gericht stellte fest: Allein diese war Arbeitgeberin und nicht die Bereederungsgesellschaft oder sonstige dahinter stehende Gesellschafter. Die Bereederungsgesellschaft hat keine Heuerscheine im eignen Namen gezeichnet. Die hinter den Gesellschaften stehenden Gesellschafter ebenfalls nicht. Möglicherweise führt der Einsatz auf den Schiffen der Schwestergesellschaften sogar zu einem Arbeitgeberwechsel. Das notwendige zusammenhängende Beschäftigungsverhältnis erfordert ein Tätigwerden beim nämlichen Arbeitgeber. »Springer« sind in diesen Fällen unerwünscht.

Die Rückzahlung hätte vermieden werden können. So hätte es vertraglich Gestaltungen zur Lösung des Problems gegeben. Dies führte die Vorinstanz, das Niedersächsische Finanzgericht, aus, nämlich dass es nicht verkenne, dass die Einschiffsgesellschaft zusammen mit ihren Schwestergesellschaften und der Bereederungs-KG durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung die Anwendung des § 41 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes durch die Bereederungs-KG hätte erreichen können. Wie eine solche Gestaltung aussehen könnte, dazu äußert sich das Gericht nicht. Es reicht ein »Auch-Arbeitgeber«.

Klaus Voß