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Vom 19. bis zum 23. September 2011 fand in London die 16. Sitzung des Sub-committee on Dangerous Goods, Solid Cargoes and Containers (DSC 16) der IMO statt.

Auf der Tagesordnung von DSC 16 der International Maritime Organization standen im Wesentlichen die folgenden Themen:

• Beratungen zum IMDG Code[ds_preview]

• Beratungen zum IMSBC Code

• Überarbeitung des Code of Practice für Schiffe, die Holzdeckslast befördern

• Überarbeitung der Richtlinien für das Packen von Beförderungseinheiten

• Beratung zum Internationalen Übereinkommen über sichere Container (CSC)

• Beratung zum Problem des Betretens abgeschlossener Räume

Beratungen zum IMDG Code

Der IMDG Code (International Maritime Dangerous Goods Code) wird alle zwei Jahre an die technische Entwicklung angepasst. Auf Basis der Beschlüsse des UN Committee of Experts on the Transport of Dangerous Goods vom Dezember 2010 wurden von DSC 16 die Änderungen des IMDG Codes beschlossen, die mit dem Amendment 36 umgesetzt werden. Es wird ab dem 1.1.2013 angewendet werden können und am 1.1.2014 verbindlich in Kraft treten. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die wichtigsten Änderungen gegeben.

Die Gefahrgutliste des IMDG Codes wird erweitert um Eintragungen für Krillmehl (UN 3497), Iodmonochlorid (UN 3498), Kondensatoren (UN 3499), verschiedene Chemikalien unter Druck (UN 3500 bis UN 3505) und Quecksilber in Geräten und Gegenständen (UN 3506). Bei den Chemikalien unter Druck handelt es sich um Flüssigkeiten, Pasten oder Pulver, die mit einem Treibgas unter Druck gesetzt sind, aber zu anderen technischen Zwecken als Aerosole verwendet werden.

Der Abschnitt 2.9.3 mit den Regelungen zur Einstufung umweltgefährdender Stoffe ist neu gefasst worden. Inhaltlich wirkt sich diese Änderung insbesondere auf die Beurteilung der chronischen aquatischen Toxizität von Stoffen aus. Ebenfalls vollständig neu gefasst wurde das Kapitel 3.4 mit den Regelungen für gefährliche Güter in begrenzten Mengen. Diese Änderungen sind überwiegend redaktioneller Art und sollen der Klarstellung des Gewollten dienen. Eine inhaltliche Änderung erlaubt nun die Beförderung von Gütern der Klassifizierung 1.4S in begrenzten Mengen. In Kapitel 3.5 (freigestellte Mengen) wird ein neuer Unterabschnitt 3.5.1.4 eingefügt, durch den gefährliche Güter in sehr geringen Mengen (1 ml bzw. 1 g in einer Innenverpackung) vollständig von den Gefahrgutvorschriften freigestellt werden.

In Kapitel 4.1 wird ein neuer Unterabschnitt 4.1.1.19 eingefügt, durch den die Verwendung von Bergungsverpackungen für beschädigte Druckbehälter zugelassen wird. In diesem Kapitel sind auch einige Verpackungsanweisungen überarbeitet worden. Besonders zu erwähnen sind die neu gefassten Verpackungsanweisungen für Lithiumbatterien sowie die neuen Verpackungsanweisungen für Chemikalien unter Druck. Chemikalien unter Druck können auch in Tankcontainern befördert werden. Die Einzelheiten für die Beförderung dieser Stoffe in Tanks sind in Kapitel 4.2 in einer speziellen Tanksanweisung (T 50) geregelt.

In Kapitel 4.3 werden Regelungen zur Verwendung von flexiblen Bulkcontainern aufgenommen. Gefährliche Güter mit einem geringen Gefahrenpotenzial, die derzeit bereits in Schüttgutcontainern befördert werden dürfen, können zukünftig auch in flexiblen Bulkcontainern (FBC) befördert werden. FBC sind sehr große stabile Säcke mit grundsätzlich unbeschränktem Fassungsvermögen. Im Allgemeinen beträgt ihre Kapazität bis zu 15 t. FBC werden zukünftig zur Beförderung in Schiffsladeräumen bis zu einer Stapelhöhe von drei Lagen zugelassen. Für die Verwendung in Frachtcontainern sind sie nicht geeignet.

In Kapitel 5.5 wird ein neuer Abschnitt 5.5.3 mit Regelungen zur Verwendung von bestimmten Kühlmitteln mit Erstickungsgefahr aufgenommen. Diese Kühlmittel (Trockeneis, Stickstoff oder Argon) können in einzelnen Versandstücken zur Kühlung von Produkten enthalten sein, aber auch unverpackt als Kühlmittel in Frachtcontainern (beispielsweise zur Kühlung von Lebensmitteln) eingesetzt werden. Diese Kühlmittel verdrängen den Luftsauerstoff. Trockeneis, das unverpackt im Frachtcontainer eingesetzt wird, kann darüber hinaus zur Versprödung des Containers und zur Minderung seiner strukturellen Festigkeit führen. Der neue Abschnitt 5.5.3 legt nun für die Beförderung derartiger Sendungen die Bedingungen fest und enthält darüber hinaus Vorschriften zur Kennzeichnung der betreffenden Beförderung­seinheiten (Container oder Fahrzeuge) mit einem Warnkennzeichen sowie Anforderungen an die Dokumentation. Diese Beförderungseinheiten sind als Gefahrgut zu deklarieren und im Beförderungsdokument entsprechend zu bezeichnen. Bei Verwendung von Trockeneis lautet die Bezeichnung: »UN 1845 Carbon Dioxide, Solid, As Coolant«.

In Teil 6 des IMDG Codes werden die Prüf- und Zulassungsvorschriften für einzelne Typen von Gefahrgut­verpackungen geändert. Besonders zu erwähnen sind hier die diesbezüglichen Vorschriften für die neu eingeführten flexiblen Bulkcontainer (FBC) in Abschnitt 6.9.5.

Der Teil 7 des Codes wird eine vollständig neue Struktur erhalten. Inhaltliche Änderungen sind für die Stauung von Gütern der Klasse 1 vorgenommen worden: Anstelle der bisherigen 15 Staukategorien wird es nur noch fünf Kategorien geben. Ferner werden alle Regelungen zur technischen Ausstattung der Laderäume, die bereits in SOLAS Kapitel II-2 Regel 19 enthalten sind, im IMDG Code entfallen, um Doppelregelungen oder gar Inkonsistenzen aufzulösen. Ferner wird deutlicher unterschieden zwischen Stauvorschriften, die nur bei konventioneller Stückgutbeförderung anzuwenden sind, und anderen Regelungen, die auch bei der Beförderung von gefährlichen Gütern in Beförderungseinheiten (in Containern oder Fahrzeugen) gelten. Die neue Struktur des Teils 7 ist wie folgt:

• 7.1 General stowage provisions

• 7.2 General segregation provisions

• 7.3 Consigning operations concerning the packing and use of cargo transport units

• 7.4 Stowage and segregation on containerships

• 7.5 Stowage and segregation on ro-ro-ships

• 7.6 Stowage and segregation on general cargo ships

• 7.7 Shipborne barges on barge carrying ships

• 7.8 Special requirements in the event of an incident and fire precautions

• 7.9 Exemptions, approvals and certificates

Eine weitere Änderungen im IMDG Code, die besonders hervorzuheben ist, betrifft die Beförderung von Polymerkügelchen (Polymeric beads) UN 2211 und UN 3314. Diese Produkte geben geringe Mengen Pentandämpfe ab, so dass bei einer länger andauernden Beförderung in einem geschlossenen Container eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann. Diese Produkte müssen nach dem Inkrafttreten des 36. Amendments entweder in gasdichten Verpackungen oder in belüfteten Containern befördert werden.

Beratungen zum IMSBC Code

Der IMSBC Code (International Maritime Solid Bulk Cargo Code) ist am 1. Januar 2011 verbindlich in Kraft getreten. Der Code wird nun weiterentwickelt und alle zwei Jahre einer Aktualisierung unterzogen. Bei DSC 16 wurden Fragestellungen für die zum 1. Januar 2015 in Kraft tretenden Änderungen beraten. Im Mittelpunkt der Beratungen standen drei Themen­bereiche:

• die Problematik der Einstufung und Identifizierung von Ladungen, die breiartig werden können;

• die Erarbeitung von Kriterien für Stoffe, die nur bei der Beförderung als festes Massengut gefährliche Eigenschaften haben (material hazardous in bulk – MHB);

• die Identifizierung von Bulkladungen mit umweltgefährdenden Eigenschaften.

Das Breiartigwerden (liquefaction) bestimmter fester Massengüter ist ein bekanntes Phänomen, das insbesondere durch die in letzter Zeit vermehrt aufgetretenen Stabilitäts­unfälle bei der Beförderung von Nickelerz (nickel ore) und von feinkörnigem Eisenerz (iron ore fines) für allgemeine Aufmerksamkeit gesorgt hat. Der IMSBC Code führt drei Prüfverfahren auf, mit denen die Feuchtigkeitsgrenze für die Beförderung (transportable moisture limit – TML) bestimmt werden kann.

Diese Verfahren sind allerdings nicht in gleicher Weise für alle Ladungen geeignet, außerdem führen sie teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bei den Beratungen wurde daher die Notwendigkeit gesehen, die Vorschriften diesbezüglich weiter zu entwickeln.

Erste Vorschläge zur Verbesserung der Probeentnahme­verfahren und zur verstärkten Kontrolle der Verladungen derartiger Massengüter durch die zuständigen Behörden der Ladehäfen wurden bereits formuliert und sollen bei DSC 17 im September 2012 weiter beraten werden. Ferner wurde eine Korrespondenzgruppe eingerichtet, die im kommenden Jahr insbesondere die technischen Einzelheiten der TML Bestimmung für iron ore fines untersuchen und ein verbessertes Prüfverfahren erarbeiten soll. Auf die Gefahren bei der Beförderung von »iron ore fines« wird im Rundschreiben DSC.1/Circ.63 besonders hingewiesen, das bereits von DSC 15 im September 2010 verabschiedet wurde. Die Ausführungen in diesem Rundschreiben wurden nun dahingehend präzisiert, dass unter iron ore fines Eisenerze mit einer Partikelgröße von bis zu 6,35 mm zu verstehen sind. Eine Synonymbezeichnung für diese Eisenerze ist »sinter feed«. Diese Erze können breiartig werden, wenn ihr tatsächlicher Feuchtigkeitsgehalt über dem TML liegt.

Zu den Kriterien für die Identifizierung von MHB-Stoffen war von DSC 15 im September 2010 eine Korrespondenzgruppe eingerichtet worden. Diese Gruppe hat einen umfassenden Kriterienkatalog ausgearbeitet, der von DSC 16 im Grundsatz angenommen wurde. Die Fertigstellung soll jetzt durch die Editorial and Technical Group (E&T) erfolgen, mit der Absicht, DSC 17 im September 2012 über das Ergebnis beschließen zu lassen.

Da es allgemein geübte Praxis ist, Laderäume, in denen zuvor feste Massengüter befördert wurden, auf See auszuwaschen, stellt sich die Frage nach dem Verbleib des Waschwassers. Die neu gefasste Anlage V des MARPOL-Übereinkommens, die am 1. Januar 2013 in Kraft treten wird, verbietet die Einleitung von Waschwasser, das Reste umwelt­gefährdender Stoffe enthält. Daher wird es erforderlich, die festen Massengüter mit umweltgefährdenden Eigenschaften zu identifizieren. Bei den Beratungen von DSC 16 wurden hierzu verschiedene Ansätze vorgestellt. Einvernehmen bestand insoweit, dass Stoffe, die aufgrund ihrer Ökotoxizität als »Meeresschadstoffe« einzustufen wären, wenn sie in verpackter Form befördert würden, bei der Beförderung als festes Massengut ebenfalls als umweltgefährdend einzustufen sind, so dass Waschwasser mit Resten dieser Ladungen nicht ins Meer eingeleitet werden darf.

Zur Diskussion steht aber noch, inwieweit ähnlich wie bei flüssigen Massengütern gemäß MARPOL Anlage II die CMR-Kriterien (Stoff ist krebs­­­erregend, erbgutverändernd oder reproduktionstoxisch) berücksichtigt werden sollen. Zu klären ist auch, wie die Bioakkumulation und Biodegradation anorganischer Stoffe beurteilt werden soll. Die Beratungen hierüber werden bei DSC 17 fortgesetzt werden.

Des Weiteren lag eine Vielzahl von Dokumenten zur Aufnahme weiterer Massengüter in den IMSBC Code vor. Diese Anträge konnten aus Zeitmangel nicht beraten werden. Die E&T-Gruppe wird sich mit dem Thema beschäftigen und aller Voraussicht nach zu DSC 17 im September 2012 eine Entscheidungsvorlage liefern.

Überarbeitung des Code of Practice für Schiffe, die Holzdeckslast befördern

Die Neufassung des Code of Practice for Ships Carrying Timber Deck Cargoes, 2011 (Timber Deck Cargoe Code – TDC), war bereits von DSC 15 fertig gestellt und dem Maritime Safety Committee (MSC 89) zur Annahme vorgelegt worden. Bei der Beratung im MSC wurden aber einige Unklarheiten festgestellt, die noch abzuarbeiten waren. Die Bereinigung dieser Unklarheiten ist nunmehr erfolgt, so dass die Versammlung der IMO auf ihrer kommenden 27. Sitzung den »2011 TDC« verabschieden wird.

Überarbeitung der Richtlinien für das Packen von Beförderungseinheiten

Bereits bei DSC 13 sind die gefahrgutrelevanten Teile dieser Richtlinien überarbeitet worden. Da die Richtlinien aber eine gemeinsame Veröffentlichung von IMO, ILO (International Labour Organization) und UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) sind, musste noch eine Abstimmung mit den Gremien dieser Organisationen erfolgen, um diese Änderungen in Kraft zu setzen. Die ILO hat nun aber eine grundlegende Überarbeitung der Richtlinien sowie ihre Umwandlung in einen Code of Practice vorgeschlagen.

Dieser Code of Practice soll die konkreten Maßnahmen zur Ladungssicherung deutlicher darstellen als die bisherigen Richtlinien und somit eine Verbesserung der Ladungssicherung in Beförderungs­einheiten bewirken. Der Erarbeitung des Code of Practice wurde auch von Seiten der IMO zugestimmt; sie wird jetzt als gemeinsame Aufgabe von IMO, ILO und UNECE durchgeführt. Eine Expertengruppe wurde bereits konstituiert. Sie wird 2013 einen Vorschlag für einen neuen Code of Practice vorlegen, der dann von den Gremien der drei beteiligten Organisationen angenommen werden muss.

Beratung zum Internationalen Übereinkommen über sichere Container (CSC)

DSC 15 hatte im letzten Jahr Änderungen der Anhänge des CSC-Übereinkommens beschlossen, die am 1. Januar 2012 in Kraft treten werden. Ein Problem besteht aber darin, dass diese Änderungen nur dann konsistent angewendet werden können, wenn auch die Änderungen von 1993 zum CSC-Übereinkommen wirksam werden. Die Änderungen von 1993 betreffen aber das Übereinkommen selbst, das nur mit Ratifizierung durch ein bestimmtes Quorum von Vertragsstaaten geändert werden kann. Bei DSC 16 wurde jetzt ein Verfahren entwickelt, die zwischenzeitlich erforderlich gewordenen technischen Änderungen nicht durch Änderung des Textes im Übereinkommen, sondern durch Änderungen in den Anlagen des Überein­kommens umzusetzen.

Während Änderungen im Übereinkommen nur mit Zustimmung einer bestimmten Anzahl von Vertragsstaaten möglich sind, können Änderungen in den Anlagen auf Vorschlag des DSC vom Maritime Safety Committee beschlossen werden. Dieses neue Verfahren wurde von DSC 16 im Grundsatz verabschiedet. Da aber noch weiterer Änderungs­bedarf zu den Anlagen des CSC gesehen wurde, wurde die endgültige Umsetzung auf DSC 17 vertagt.

Beratung zum Problem des Betretens abgeschlossener Räume

Die Richtlinien zum Betreten abgeschlossener Räume sind von DSC 15 überarbeitet worden und liegen nun der Ende November 2011 tagenden 27. Versammlung der IMO zur Beschluss­­fassung vor. Noch zu klären ist allerdings die Frage, ob durch eine Änderung in SOLAS Kapitel III zusätzlich zu den Feuerlöschübungen und Rettungsbootsmanövern auch verpflichtende Übungen zum Betreten abgeschlossener Räume eingeführt werden sollen. DSC 16 hat sich dafür ausgesprochen, Übungen zur Rettung von Personen aus abgeschlossenen Räumen verbindlich vorzuschreiben. Diese Übungen sollen mindestens alle zwei Monate durchgeführt werden, im Schiffstagebuch dokumentiert werden und folgendes abdecken:

• Einsatz der persönlichen Schutzausrüstung

• Kommunikationseinrichtungen und Kommunikationsverfahren

• Einsatz der Rettungsausrüstung

• Durchführung von Rettungs- und Erste-Hilfe-Maßnahmen.

DSC 16 hat sich ferner dafür ausgesprochen, dass für alle Schiffe die Ausrüstung mit einem Sauerstoffmessgerät vorgeschrieben werden soll.

Dieser DSC-Beschluss wird dem Bulk Liquids and Gases (BLG) Subcommittee zur Stellungnahme zugeleitet. Unter Berücksichtung der Stellungnahme von BLG wird dann bei DSC 17 im September 2012 die abschließende Beratung zu diesem Thema erfolgen.

Uwe Kraft