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Greenpeace hat zwar wieder einen umweltfreundlichen Motorsegler, aber die Chance für einen beispielhaften Antrieb vertan, meint Hans-Jürgen Reuß

Die »Rainbow Warrior« ist vom Germanischen Lloyd als Motorsegler für unbegrenzten Einsatz klassifiziert worden. Sie hat als Hilfsantrieb eine Dieselmotoren[ds_preview]­anlage erhalten, mit der über ein spezielles ZF-Getriebe, das zwei Eintriebe hat, ein Hybridantrieb zur Verfügung steht. So kann das Schiff im Langsamfahrtbereich mit entsprechend geringer Leistung diesel-elek­trisch angetrieben werden. Obwohl »hybrid« im technischen Bereich überwiegend im Zusammenhang mit umwelt­freundlich steht, ist das von Greenpeace gewählte Antriebskonzept keineswegs der umweltfreund­lichste Schiffsantrieb. Wie zu hören war, legte die Werft verschiedene Antriebs­konzepte vor, doch die Organisation blieb bei der spezifizierten, relativ konventionellen Lösung und setzte damit nicht auf vollen Umweltschutz bei der Antriebsanlage. Die Gründe hierfür lagen, wie zu hören war, unter anderem in den begrenzten finanziellen Mitteln, die für den Bau des Schiffes zur Verfügung standen. Jedenfalls ist man bei Greenpeace wie beim Motorenhersteller der Auffassung, dass die umweltfreundlichsten Motoren gewählt wurden und im Übrigen wolle man schließlich segeln und nicht motoren.

Kernstück der Antriebsanlage ist ein ZF-Getriebe vom Typ W 7610 NR PTI. Das Kürzel »PTI« in der Typbezeichnung steht für »power take-in« und weist auf einen zusätzlichen, zweiten Eintrieb hin. Damit kann, im Sinne des Hybridantriebs, über den einen Eintrieb die Leistung eines Dieselmotors als Hauptantrieb auf den Verstellpropeller übertragen werden und über den zweiten die eines Elektromotors. Für den Hauptantrieb wurde ein schnelllaufender Dieselmotor aus der Baureihe 3500 C von Caterpillar gewählt. Dieser Zwölf-Zylinder-Motor ist bei einer Drehzahl von 1.600 min-1 auf eine uneingeschränkte Dauerleistung von 1.425 kW eingestellt. Er arbeitet bei dieser Drehzahl mit dem besten Wirkungsgrad und bringt das Schiff auf seine Dienstgeschwindigkeit von 15 kn. Der Elektromotor wurde von der Elektromaschinenfabrik Franz Wölfer in Osnabrück geliefert. Er kann über das Getriebe eine Leistung von 315 kW abgeben.

Aufgrund der beengten Einbauverhältnisse für die Antriebsanlage musste ein äußerst kleinbauender Elektromotor gefunden werden. Wie es heißt, sind die Elektromotoren von Wölfer im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten deutlich kleiner. Daher haben ihre Rotoren nach Werks­angaben ein entsprechend geringes Trägheitsmoment. So bieten die Motoren bei niedrigem Anlaufstrom eine vergleichsweise große Beschleunigung. Hauptanwendungen dieser speziellen Motoren sind Containerladebrücken, bei denen sich ihr Mehrpreis innerhalb von zwei Jahren amortisieren soll. Als Schiffsantrieb kommen diese Vorteile kaum zum Tragen.

Für die Stromerzeugung an Bord des Schiffes stehen zwei Bordaggregate mit Caterpillar-Motoren als Antrieb zur Verfügung. Sie werden von Sechs-Zylinder-Motoren der Baureihe C 18 Acert angetrieben. Die Leistung der Generatoren beträgt jeweils 440 kVA bei einer Drehzahl von 1.500 min-1, entsprechend einer Frequenz von 50 Hz. Darüber hinaus steht ein Not- bzw. Hafenaggregat mit einem Caterpillar-Motor aus der Baureihe C 6.6 zur Verfügung, das eine Leistung von 156 kVA bei einer Drehzahl von 1.500 min-1 abgeben kann.

Wenn bei Langsamfahrt der Hauptmotor abgeschaltet wird, reicht die Leistung eines der beiden Bordaggregate aus, um den Elektromotor für den Schiffsantrieb mit voller Leistung zu fahren und eine Geschwindigkeit von immerhin noch 10 kn zu erreichen. Eine Umschaltung des Elektromotors auf Generatorbetrieb, die grundsätzlich möglich gewesen wäre, erfolgt bei dem gewählten Konzept nicht. Insofern kann der Propeller bei Fahrt unter Segel auch nicht als Antrieb der umgeschalteten E-Maschine genutzt werden. Dafür hätten Akkumulatoren vorgesehen werden müssen, um die elektrische Energie zu speichern. Die Akkus hätten dann auch den Elektroantrieb puffern können. Fazit: Ein optimaler Hybridantrieb sieht anders aus.
Hans-Jürgen Reuß