Licht und Schatten

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Jahreswechsel sind Anlässe für Rück- und Ausblicke. Und wie so oft spricht man dabei über Licht und Schatten. Das trifft[ds_preview] auf das Jahr 2011 im Besonderen zu. Es begann erfreulich: Die Charterraten stiegen kräftig, und auch die Frachtraten waren nach der rasanten Erholung von 2010 anfangs noch auf erklecklichem Niveau. Mit Euro-Hiobsbotschaften und Rezessionsängsten zeigten ab Sommer auch in der Schifffahrt alle Pfeile gen Süden. Der Rückfall in den Krisenmodus kam so rasch, dass Cosco-Chairman Wei Jiafu 2011 als »schmerzhaftestes Jahr für die Weltschifffahrt überhaupt« bezeichnete. Und wenn AP-Møller-Chef Nils Andersen Maersk Line, immerhin der unbestrittene Marktführer, sogar die nächsten zehn Jahre als »unbefriedigendes Investment« sieht, gibt das zu denken. Zweifelsohne ist die Situation in Deutschland noch schwieriger als anderswo, weil sich hier unabhängig vom Schweinezyklus der Schifffahrt signifikante strukturelle Veränderungen vollziehen. Das altbewährte Finanzierungsmodell aus KG-Fonds und Vorfinanzierungen der Banken von bis zu 100 % wird es in der Form und dem Volumen künftig nicht mehr geben. Vielen angeschlagenen Schiffsfonds fehlte 2011 für eine erfolgreiche zweite Restrukturierungsrunde die Liquidität. Von Totalverlusten der Anleger, Zwangsversteigerungen und sogar Privatinsolvenzen kleiner Familienreeder war ab Herbst leider öfter die Rede.

Aber es gab zuletzt auch positive Nachrichten. Die immer wieder geforderte Konsolidierung, die dem Markt nur helfen kann, scheint zu beginnen. So ist die Zusammenlegung der Bereederungsaktivitäten der Hamburger Traditionshäuser E.R. Capital und Komrowski zu begrüßen – vor allem, weil sie proaktiv geschieht. Eine Allianz mit Vision ist doch stets besser als eine aus der Not heraus geschlossene. Zudem sieht es so aus, als würden die Linienreedereien ihren ruinösen Frachtratenkampf abmildern, indem sie mehr kooperieren, wie die Beispiele MSC und CMA CGM sowie die neugegründete »G6 Alliance« zeigen.

Gerade für den Standort D ist darüber hinaus erfreulich, dass sich die Politik der Branche wieder zugewendet und das maritime Bündnis mit neuem Leben gefüllt hat. Ab 2012 fließen die Lohnnebenkostenzuschüsse für deutsche Seeleute mit rund 58 Mio. € auf dem ursprünglichen Niveau. Allerdings ist die Rolle rückwärts in Berlin so überraschend wie die Sprunghaftigkeit der Politiker unverständlich. Aber immerhin waren die Volksvertreter so schlau, die Wirtschaft mit in die Pflicht zu nehmen. Der Eigenbetrag von 30 Mio. €, der im Dezember von den Mitgliedern des Verbands Deutscher Reeder durchgewunken wurde, ist gerade deshalb zu loben, weil nun auch Fahnenflüchtige finanziell ihren Teil zum Bündnis beitragen müssen.

Hoffnung gibt auch das Verhalten der Banken. Sie haben kein Interesse, selbst Reeder zu werden, und dürften sich mit Kreditfälligstellungen 2012 zurückhalten. Wie auf dem 15. HANSA-Forum im vergangenen November deutlich wurde, ist die viel zitierte Dreijahresfrist bei den Tilgungsstundungen kein starrer Zeitrahmen, sondern je nach wirtschaftlicher Prognose des einzelnen Schuldners flexibel handhabbar. Bei allen Sorgen sollte die Schifffahrt 2012 mit Zuversicht nach vorne schauen und neue Wege beschreiten. Die Stärke Deutschlands war immer, innovativ zu sein und aus den Umständen das Beste zu machen. Das gilt hoffentlich auch für die maritime Industrie. In diesem Sinne wünscht die HANSA ihren Lesern für das neue Jahr alles Gute, viel Erfolg und vor allem Gesundheit.