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Das Thema »Green Shipping« ist in aller Munde, das betrifft auch den Bereich Megayachten. Eine Bestands-aufnahme von Branchenexperte Holger Hamann

In der Regel werden alle Yachten ab 30 m Länge nach Standards von IMO (International Maritime Organization) und MCA (Maritime Coastguard[ds_preview] Agency) gebaut, wobei MCA sich umwelttechnisch an der IMO orientiert. Ist eine Yacht in vollem Umfang nach IMO und MCA hergestellt, könnte man eigentlich schon sagen, dass wir hier eine »grüne« Yacht haben.

Allgemein sehe ich die Yachten als Vorreiter des Umweltschutzes. Hier pumpen die Eigner freiwillig Geld in ihren Neubau oder Umbau, um der Welt zu zeigen, was technisch möglich ist. Zudem verwenden die Yachten nur Light Fuel, also Diesel mit weniger als 500 ppm Schwefelanteil – ganz im Gegensatz zur Frachtschifffahrt und den Kreuzfahrtschiffen, wo nur Schweröl, also der Müll der Ölaufbereitung, zur Fortbewegung eingesetzt wird. Die Umweltschutzorganisation Aktionskonferenz Nordsee hat veröffentlicht, dass ein Kreuzfahrtschiff, welches eine Stunde am Kai liegt, soviel Russpartikel durch den Schornstein bläst wie 50.000 Autos, die mit 130 km/h fahren. Auf Yachten sind zusätzliche Partikelfilter, die im Anhang zu den Generatoren installiert werden, immer mehr im Kommen. Das bedeutet: null Partikelausstoß, wenn das Schiff im Hafen liegt. Ökologie und Umwelttechnik an Bord werden also immer bedeutender, gerade in dem nicht ganz so preissensiblen Segment wie Megayachten.

Yachten = Dreckschleudern?

Laut Zahlen von »Yachtblick« liegt die Gesamtgröße der Flotte an Megayachten derzeit bei etwa 5.400 Schiffen mit einer Länge von mehr als 24 m bzw. 3.033 Yachten über 30 m. Dagegen stehen rund 300 Kreuzfahrtschiffe und insgesamt 40.000 Containerschiffe, Tanker, Massengutfrachter etc. In ihrer Gesamtheit spielen Megayachten daher bei der Luftverschmutzung nur eine geringe Rolle. Hauptverursacher von Emissionen auf See ist die kommerzielle Schifffahrt.

Die Autoindustrie bietet hier einen recht guten Vergleich: Sind große und schnelle Autos per se unökologisch, weil PS-starke Motoren und Sonderausstattung eben der Umwelt nichts Gutes tun? Nimmt man aber einmal alle europa- oder weltweit fahrenden Autos zusammen, wer macht dann mehr Dreck: Die Klein- und Mittelwagenklasse, bei denen es weltweit mehr alte Dreckschleudern gibt als Neuwagen, oder die vergleichsweise wenigen Hightech-/Oberklasse-Fahrzeuge, wo zwar die Verbräuche tendenziell höher sind, aber immer alles daran gesetzt wird, die Abgase nach allen Regeln der Kunst sauber abzulassen?

Nichtsdestotrotz ist das grüne Potenzial auf Megayachten noch groß. So haben Germanischer Lloyd und RINA ein Konzept für ein Umweltzertifikat für Yachten erstellt. Schwerpunkte dabei sind unter anderem:

• Optimierung des gesamten Antriebssystems inklusive Stromerzeugung;

• strengere Emissionsreduzierung (Stickstoff, Schwefel, Rußpartikel) als nach IMO-Vorschrift;

• bessere Aufbereitung von Grau- und Schwarzwasser;

• ökologische Trennung und Entsorgung des gesamten Küchen- und Hausmülls auf Yachten;

• umweltfreundliche Alternativen zur Decksbeplankung;

• verträglichere Farben für den Aufbau und Antifouling.

Antriebe

Innovationen wie Hybrid-Yachten sehe ich etwas skeptisch entgegen. Hier reichen in der Regel die gigantischen Batteriekapazitäten gerade einmal dafür aus, um ohne die Diesel in eine Bucht einzulaufen oder in den Hafen. Wenn man die Produktion und die Entsorgung solcher Mengen an Batterien sieht, dürfte aus Umweltgesichtspunkten eine Yacht vorzuziehen sein, die mit Dieseln nach Tier II ausgerüstet ist, auf der Partikelfilter installiert sind und die NOx-Reduzierung betreibt. Das halte ich für ökologischer als Hybrid.

Die umweltfreundlichste Antriebsart sehe ich entweder im Azipod-Antrieb – und dann, wie oben beschrieben, mit Tier II-Generatoren, Partikelfilter und NOx-Reduzierung – oder wenn Diesel mit einem geringen Schwefelanteil von unter 50 ppm gebunkert und vor der NOx-Reduzierung ein vorgeschalteter Katalysator installiert wird. Ist ein Azipod-Antrieb nicht möglich, eignet sich auch ein dieselelektrischer Antrieb mit Wellengenerator. So kann man bei langsamer Fahrt mit den Generatoren fahren, und wenn eine höhere Geschwindigkeit benötigt wird, werden die Hauptmaschinen eingeschaltet. Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass mehr Druck in Richtung Wasserstoff betrieben wird, denn heutzutage fahren ja schon U-Boote zu 100 % mit Wasserstoff.

Eine interessante und sicherlich umstrittene Frage ist: Was ist umweltfreundlicher – eine Segelyacht oder eine Motoryacht? Jeder wird sofort sagen: eine Segelyacht. Hier könnte man sicherlich einmal eine Studie erstellen, denn wenn man den Diesel- und Ölverbrauch einer Motoryacht der Herstellung und Entsorgung von 2.000 m2 Karbonsegeln gegenüberstellt, bin ich skeptisch, ob eine Segelyacht wirklich umweltfreundlicher ist.

Umwelttechniken

Bei der Abgasreinigung hat sich die Schweizer Firma Hug Engineering etabliert. Abgasreinigung ist eine schwierige und sensitive Angelegenheit. Man sollte darauf achten, nur erfahrene Hersteller an Bord zu nehmen. Es gibt genug Yachten, auf denen ganz neu auf dem Markt gekommene Systeme installiert wurden, was oftmals zu bösen Überraschungen führte.

Seit 2010 werden nur noch die neuen Abwasseraufbereitungsanlagen nach MEPC 159(55) installiert. Hier sollte darauf geachtet werden, nur solche zu verwenden, die von der Seeberufsgenossenschaft zertifiziert sind, da die Anlagen noch härteren Kriterien standhalten müssen. Ich habe selbst ein Projekt – eine Yacht mit mehr als 100 m Länge – begleitet, wo eine Anlage nach MEPC 159(55) nach zwei Jahren Versuchsphase ausgetauscht werden musste, weil sie selbst den einfachen, oben genannten Anforderungen nicht gerecht wurde.

Küchenabfälle und sonstiger Hausmüll sind schon immer ein Problem an Bord gewesen. Hier gibt es Crusher, Schredder, Verbrennungsöfen oder Kompaktoren. Auf größeren Yachten werden Kühlräume installiert, um den gesammelten Küchenabfall so herunter zu kühlen, dass keine Bakterien wachsen können. Neu auf dem Markt ist der Converter NV100 der Firma Deerberg Systems. Dieser schluckt gleichermaßen Papier, Pappe, Küchenabfälle, Plastik, Hartplastik, Dosen und sogar Klärschlamm, und zerkleinert alles in einem Aufbereitungsgang zu Staub, der trocken und steril ist. Energieaufwand: Für 40 kg Müll benötigt man rund 16 kWh. Allerdings kann man dafür den Kühllagerraum einsparen und die entsprechende Energieeinsparung gegen rechnen. Weitere Systeme kommen bald auf den Markt. Gesehen habe ich ein System, welches beispielsweise den anfallenden Müll in einen reißfesten Sack sammelt und über eine Vakuummaschine kompaktiert und desinfiziert. Bis zu 70 % weniger Abfall soll so entstehen. Und für 70 l Müll braucht man demnach nur 0,025 kWh. Auch hier kann der Kühllagerraum entfallen.

Holger Hamann