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Die Wyker Dampfschiffs-Reederei stellt die zweite Doppelendfähre mit VSP-Antrieb in Dienst. Klaus Nienaber beschreibt die Vorteile und Einsatzgebiete der Fähren

Ende Dezember 2011 taufte die Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) den Neubau einer Inselfähre, den die Neptun Werft in Rostock-Warnemünde[ds_preview] ihr zuvor übergeben hatte, auf den Namen »Schleswig-Holstein«. Sie ist ein fast identisches Schwesterschiff der von der Sietas-Werft zum 125-jährigen Reederei-Jubiläum im Juni 2010 in Fahrt gesetzten »Uthlande«. Die Mitte November 2011 in die Insolvenz geratene Werft in Hamburg-Neuenfelde hat gegenwärtig unter anderem drei größere Fähren gleichen Typs im Bau, von denen zwei in der ersten und die dritte in der zweiten Hälfte des Jahres an die dänische Reederei Nordic Ferry Services (NFS) geliefert werden sollen.

Bei der Volkswerft in Stralsund (P+S Werften) sind außerdem zwei Fähren für die Reederei Scandlines in der Fertigung, von denen Anfang Dezember letzten Jahres die erste aus der Schiffbauhalle gerollt wurde und per Schiffslift zu Wasser ging. Allen, oder genauer gesagt fast allen Neubauten gemeinsam ist die Typbezeichnung »Doppelendfähre«.

Als Fähre oder Fährschiff bezeichnet man im allgemeinen Sprachgebrauch ein Wasserfahrzeug, das Personen, Fahrzeuge, rollende Güter und teilweise auch Eisenbahn-waggons schwimmend über Gewässer transportiert. Diese Wasserfahrzeuge setzen die genannten Güter an das andere Ufer eines Wasserweges, Flusses oder Sees, vom Festland zu Inseln bzw. von Insel zu Insel oder über Meerengen über. Diese Fähren sind bei vergleichsweise geringem Verkehrsaufkommen oder großen Entfernungen eine Alternative zu Brücken- oder Tunnelbauwerken.

Fähren unterscheiden sich nach Einsatzgebiet, Betriebsart und Bautyp. Auf kurzen Strecken über Wasserwege setzt man gerne Doppelendfähren ein, bei denen der Schiffskörper nicht gewendet werden muss, wie es bei Hochseefähren wegen oft rauer See vorgezogen wird. Bei häufig beschränkten Tiefgangsverhältnissen bleibt es schwierig, die erforderliche Antriebskraft auf das Wasser zu bringen. Möglichst große Ruder direkt im Propellerstrahl optimieren die Kursstabilität der Schiffe. Die Transportaufgabe wird nach Personen-, Auto-, kombinierter oder Eisenbahnfähre unterschieden. Traditionell werden Eisenbahnfähren auch als Trajekt-Schiffe bezeichnet.

Doppelendfähren verringern Umkehrzeiten

Die Mehrzahl der Fähren auf den kurzen bis mittellangen Strecken ist als Doppelend-Fahrzeug ausgeführt. Bug und Heck sind symmetrisch gebaut, so dass die Fähre gleich gut vor- wie rückwärts fahren kann und in beide Fahrtrichtungen die gleiche Manövrierfähigkeit aufweist. Sinn einer Doppelendfähre ist es, dass zeitaufwändige Wendemanöver auf z. B. Flüssen, in Kanälen oder vor Häfen entfallen, was auf den gewöhnlich kurzen Fährstrecken Zeit und Treibstoff einspart sowie den Verkehrsfluss auf den Wasserwegen, aber auch der Straße stark vereinfacht.

Lange Zeit blieb es ein Problem, die Antriebskraft in beide Fahrtrichtungen effektiv auf das Wasser zu bringen. Bei extrem niedrigen Wasserständen war das, mit Propellern in beide Richtungen rein mechanisch wirkend, kaum zu schaffen. Mit der Erfindung von Zykloidal- (Voith Schneider), Ruder- (z. B. Schottel) sowie Azimut-Ruder-Propellern (z. B. Azipod) mit diesel-mechanischem und neuerdings auch mit diesel-elektrischem Antrieb wurde das deutlich besser.

Heute werden Doppelendfähren vorwiegend genutzt zur Querung von Flüssen, Kanälen, Meerengen und Seen. So versehen z. B. Flussfähren auf der Unterweser, die Elbfähre Glückstadt–Wischhafen, Inselfähren zu den nord- und ostfriesischen Inseln, die Bodensee-Fähre Konstanz–Meersburg sowie die Ostsee-Fähren auf der Vogelfluglinie effektiv ihren Dienst. Bei den Fähren über die offene See muss allerdings ein deutlich höherer Freibord vorgesehen werden, um dem möglichen Seeschlag entgegenzuwirken.

Flachwasser-Doppelendfähren für W.D.R.

Seit über 126 Jahren sind die Fährschiffe der Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) fester Bestandteil des Erscheinungsbildes der Region um die nordfriesischen Inseln Amrum, Föhr und die umliegenden Halligen. Sechs moderne Passagier- und Autofähren bedienen ganzjährig die beiden Fährlinien Dagebüll–Wyk auf Föhr–Wittdünn auf Amrum und Schlüttsiel–Hooge–Langeneß–Wittdünn. Außerdem setzt die W.D.R. ein reines Fahrgastschiff, die »Rüm Hart«, von Wyk aus zu Ausflugsfahrten in See ein. Alle Schiffe wurden bei der Reederei 25 und mehr Jahre alt und entstammten Werften der Region, durchweg der Husumer Schiffswerft.

Jedes Jahr befördert die Reederei auf ihren beiden Fährlinien rund 1,8 Mio. Fahrgäste, 280.000 Pkw und 30.000 Lkw oder andere Lasteinheiten, im Ausflugsverkehr kommen weitere etwa 20.000 Passagiere hinzu. Das Unternehmen betreibt mit sieben Bussen auch den gesamten Linien- und Gelegenheitsverkehr auf den Inseln Föhr und Amrum. Alle Dienstleistungen werden von 170 Mitarbeitern der W.D.R. ganzjährig erbracht. Die Busse befördern dabei rund 790.000 Fahrgäste im Linien- und Gelegenheitsverkehr auf den Inseln.

Die W.D.R. ist ein privatwirtschaftlich organisiertes Versorgungsunternehmen der Inseln Föhr, Amrum und Umgebung. Die umfassenden Dienstleistungen werden ohne öffentliche Fördermittel erbracht. Größter Einzelgesellschafter ist die Reederei Norden-Frisia aus Norderney mit einem Anteil von knapp 34,9 %, gefolgt von der Stadt Wyk mit einem Anteil von 31,5 %.

Die restlichen Kapitalanteile gehören etwa 540 weiteren Gesellschaftern, davon vielen Familien und Einzelpersonen auf Föhr und Amrum. Mit dieser Eignerstruktur ist die W.D.R. als regionales Dienst­leistungsunternehmen für Verkehr und Logistik auf den Inseln und Halligen fest verankert.

Die im Frühsommer 2010 in Dienst gestellte »Uthlande« war die erste wirkliche Doppelendfähre der Reederei mit Voith-Schneider-Propellern (VSP) als Antrieb. Zuvor waren ähnliche Fähren immer im Wende­betrieb gefahren, was unter anderem durch die Anordnung der Maschinenanlage mit Propellern und Rudern nur an einem Schiffsende bedingt war. Die Entscheidung der W.D.R., nun eine reine Doppelendfähre mit VSP-Antrieb zu konzipieren, fiel unter anderem aufgrund der überaus positiven Erfahrungen der Reederei Norden-Frisia mit ihrer 2001 in Betrieb genommenen Fähre »Frisia IV«, welche ebenfalls mit vier Voith-Schneider-Propellern der gleichen Baugröße ausgestattet ist.

Alle Fährschiffe im Nordfriesischen Wattenmeer haben infolge der Tide stets mit extremen Tiefgangsbeschränkungen in diesem Flachwassergebiet zu kämpfen, zumindest wenn Ebbe herrscht. Der Tiefgang muss daher deutlich unter 2 m liegen. Hierbei ist es schwer, die optimale Antriebsleistung effektiv auf das Wasser zu bringen. Mit vier leicht modifizierten VSP gelingt das jedoch sehr gut.

Auf der »Uthlande« hat jeder der vier VSP eine Eingangsleistung von 470 kW. Damit wird eine Dienstgeschwindigkeit von 12 kn auf See erreicht. Da diese Geschwindigkeit bei fahrplanmäßiger Überfahrtzeit kaum benötigt wird, lassen sich die Geschwindigkeitsreserven nutzen, um verbrauchs- und emissionsoptimiert zu fahren. Verspätungen oder der Betrieb bei ungünstigen Wetterbedingungen können mit dieser Reserve durch kurzfristig höhere Geschwindigkeiten kompensiert werden, womit ein fahrplanmäßiger Schiffsverkehr sichergestellt werden kann.

Aufgrund der flachen Fahrrinne mit Tiefgängen von teils unter 2 m wurde der Neubau mit vier VSP vom Typ 16R5 EC/100-1 ausgestattet. Die senkrecht im Wasser operierenden Zykloidal-Flügel der VSP wurden deshalb von der normalen Länge von 120 cm auf 100 cm gekürzt. Die Propeller sitzen jeweils paarweise in Rezessen am Bug und Heck der Fähre. Dank ihres im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen geringeren Konstruktionstiefgangs von nur 1,75 m kann die »Uthlande« (3.300 BRZ) in den Fährhäfen von Dagebüll, Wyk und Wittdün auch bei extremem Niedrigwasser problemlos manövrieren (Maximaltiefgang 1,85 m bei 500 t Zuladung).

Mit bis zu 1.200 Passagieren in der Sommersaison und 75 Pkw liegt die Kapazität der 75,88 m langen und 16,40 m über Fender breiten Doppelendfähre nach Reedereiangaben deutlich höher als bei den bislang größten W.D.R.-Fähren »Nordfriesland« (2.287 BRZ) und »Rungholt« (2.268 BRZ). Allein durch die Anordnung einer fünften Fahrspur an Deck können 25 Pkw mehr transportiert werden. Durch die Doppelend-Bauweise entfallen die bisher nötigen, zeitaufwändigen Wendemanöver.

Eine weitere Verbesserung der Verkehrsstruktur ergibt sich durch die grundsätzliche Trennung von Fahrgast- und Autoverkehr. Alle Passagiere ohne Auto gelangen nicht mehr über das Fahrzeugdeck von und an Bord, sondern über von den Landmolen zugeführte barrierefreie Fußgängerrampen. Über separate Seiteneinstiege wird das Salondeck mit Restauration in dem Decksaufbau über dem Wagendeck erreicht. Fahrgäste aus den Autos gelangen über einen Lift auf das Salondeck. Der flexibel nutzbare Salon bietet 650 Personen Platz, was auch der Unterbringung im Winter entspricht. Das Sonnendeck darüber bietet vorwiegend im Sommer weitere 550 Sitzplätze.

Die Kommandobrücke der neuen Fähre ist in der Schiffsmitte hoch über dem Sonnendeck angeordnet und bietet gute Rundumsicht sowie speziell freien Blick in beide Fahrtrichtungen nach vorne und hinten. Für die Besatzung von je sechs Personen im nautisch-technischen sowie im Catering-Bereich stehen im Unterdeck Ruhe- und Aufenthaltsräume zur Verfügung.

In den Fährhäfen der Föhr-Amrum-Linie (FAL), in Dagebüll, Wyk und Wittdünn, haben die Hafenbetreiber auf den zugehörigen Terminals gegen die Witterung geschützte Rampen mit Warteräumen sowie in der Höhe verstellbare Zugänge zum Schiff geschaffen, die einen barrierefreien Zugang von Land auf das Schiff in Höhe Salondeck ermöglichen.

Das neue Flaggschiff »Uthlande« der W.D.R. war gerade ein Vierteljahr in Fahrt, als sich die Reederei im September 2010 entschied, den Auftrag für ein Schwesterschiff zu vergeben. Die Hamburger Sietas-Werft, die die »Uthlande« baute, hatte sich gerade gebunden, für eine dänische Reederei drei größere Doppelendfähren eines ähnlichen Typs zu fertigen, als Ende September 2010 die Neptun Werft in Rostock-Warnemünde, ein Tochterunternehmen der Papenburger Meyer Werft, überraschend den Auftrag zum Bau des Schwesterschiffes erhielt. Baubeginn für diese typgleiche Doppelendfähre war der 3. Februar 2011. Die Ablieferung von der Werft erfolgte am 2. Dezember und die Taufe auf den Namen »Schleswig-Holstein« am 30. Dezember 2011 im Binnenhafen in Wyk auf Föhr.

Neue Fähren für NFS

Ähnlich wie in Deutschland wurden auch in Dänemark in den vergangenen Jahren viele ursprünglich staatlich betriebene Fährlinien privatisiert. So kam die aus der Dänischen und Deutschen Bahn hervorgegangene Reederei Scandlines ebenso in private Hände wie die berühmte BornholmerFærgen, ursprünglich Bornholmstrafikken. Sie hielt seit 1866 als genossenschaftliche Privatinitiative unter unterschiedlichen Namen die Verkehrsverbindung von der dänischen Hauptstadt Kopenhagen zur Insel Bornholm aufrecht, geriet über Zuschüsse immer mehr in staatliche Abhängigkeit und stand 2004 dann zur Versteigerung.

Seit im Juli 2000 die Brücke über den Öresund in Betrieb ging, schrumpfte die reine Transitzeit von Kopenhagen nach Rönne auf etwa drei Stunden zusammen, was allerdings den Einsatz einer Hochgeschwindigkeitsfähre zwischen Ystad und Rönne voraussetzte. Das Massengeschäft in der Sommersaison entfiel für die traditionsreiche Fähre nach Bornholm immer mehr. Der Staat rettete die Fährlinie, an der immer viel »Herzblut« hing, noch einmal und firmierte sie ab Mai 2005 wieder als Bornholmstrafikken A/S. Die Fährroute wurde verkürzt. Der Frachtdienst ging von Kopenhagen weg, weiter südlich in den Hafen Köge, womit sich die Überfahrt nach Bornholm auf nur noch 92 sm und etwas über sechs Stunden Fahrzeit verringerte. Die Fährstrecke Ystad–Rönne (38 sm) war mit der Schnellfähre in eineindrittel bzw. zweieinhalb Stunden mit der normalen Frachtfähre zu schaffen. Wirtschaftlich erfolgreich war das Unternehmen damit aber noch immer nicht.

Im April 2007 wurde Nordic Ferry Services (NFS) durch je 50 % der Anteile von Clipper und BornholmerFærgen gegründet, wobei die Verwaltung von NFS von Bornholmer Færgen mit Hauptsitz in Rønne auf Bornholm wahrgenommen wurde. Im November 2007 kaufte Clipper Invest von Scandlines die Fährreedereien Sydfynske und 30 % von Mols Linien hinzu. Ab Januar 2008 verwaltete NFS Sydfynske und gliederte die Firmenstruktur in »Alstrafikken«, »Fanøtrafikken« und »Langelandstrafikken« entsprechend der Verkehre um diese Inseln neu. Im Oktober 2008 kam »Samsøtrafikken« hinzu.

Im April 2010 entschied sich die Reederei NFS, ab Oktober 2010 in »Færgen« umzufirmieren, um sich zukünftig alleine auf die innerdänischen Fährrouten zu konzen­trieren. Die entsprechenden Linien werden dann »Als Færgen«, »Fanø Færgen«, »Langelands Færgen«, »Samsø Færgen« und »Bornholmer Færgen« heißen. Im September 2011 erlangte NFS vom dänischen Transportministerium auch noch die Konzession für die Fährstrecken nach Bornholm für den Zeitraum 2011 bis 2017.

Bereits am 28. Juni 2010 erhielt Sydfynske als Tochter von NFS die Konzession für die Fährlinie Spodsbjerg auf Langeland und Tårs auf Lolland und bestellte konsequent zunächst zwei neue Doppelendfähren für diese innerdänische Route bei der Schiffswerft Sietas. Die Neubauten sollen Platz für jeweils 600 Passagiere und 120 Pkw bieten. Dies bedeutet eine Verdoppelung der bisherigen Kapazität mit der sehr veralteten Tonnage zwischen Langeland und Lolland.

Sydfynske reagierte damit unter anderem auf die zu erwartenden steigenden Verkehrszahlen im Zuge der geplanten »Festen Fehmarnbelt-Querung« von der dänischen Insel Lolland südlich zur deutschen Insel Fehmarn. Die Reederei gibt an, mehr als 40 Mio. € in diese beiden Neubauten zu investieren. Sie sollen umweltverträglich – unter anderem auch mit Biodiesel – betrieben werden.

Nach Angaben der Werft werden die Fähren bei knapp100 m Länge, 18,20 m Breite und 3,25 m Tiefgang um 1.400 t Tragfähigkeit erreichen. Auch hier werden über dem geräumigen Wagendeck Salons, Sonnendeck und die Kommandobrücke angeordnet sein. Der erste Neubau, der wohl »Langeland« heißen soll, lag im Dezember 2011 bei der Werft im Dock in der Endausrüstung. Das Schwesterschiff war im Rohbau weit vorangeschritten, als die Werft überraschend Insolvenz anmelden musste. Mit etwas zeitlichem Versatz soll zum Ende des Jahres eine dritte Doppelendfähre für den Verkehr nach Samsø geliefert werden.

Seit April 2010 verkehrt auf den Routen nach Bornholm unter anderem die umgebaute RoPax-Fähre »Hammerodde«. Sie erhielt ein zusätzliches Trailerdeck auf dem bisherigen Oberdeck hinten sowie erweiterte Passagier­einrichtungen mit einem neuen Ruheraum auf Deck 8 hinter der Brücke. Am Heck wurde ein sogenannter »Ducktail« montiert, der die Propulsion und Umweltverträglichkeit bei geringerem Brennstoffverbrauch verbessert.

Am 26. Juni 2011 wurde dann im Hafen von Rönne die neue Schnellfähre »Leonora Christina« mit Bornholmer Bier getauft. Dieser im australischen Henderson von der Austal-Werft gebaute Katamaran ist 112,60 m lang, 26,20 m breit und hat eine Tragfähigkeit von 1.000 t bei 4,90 m Tiefgang (inklusive Stabilisierungs-T-Foils). Die Fähre kann 357 Pkw bzw. 243 Pkw plus 300 m Lkw-Spur aufnehmen sowie 1.400 Passagiere in Flugzeugsesseln. Der Katamaran erreicht eine Geschwindigkeit von 37,6 kn bei 90 % MCR mit 4 x 9.100 kW Antriebsleistung aus vier MAN B&W 20V 28/33 D Dieselmotoren über Reintjes 7541 Getriebe auf vier Rolls-Royce KaMeWa 125 SIIINP Wasserstrahler.

Scandlines‘ neue Doppelendfähren

Eine feste Verbindung vom Norden zum Süden in Richtung Europa zu bekommen ist ein uralter Traum der Skandinavier. Der Bau einer Querung des Fehmarnbelts zwischen Dänemark und Deutschland ist mittlerweile ein europäisches Verkehrsprojekt, das stärker von den Skandinaviern herbeigesehnt wird als von den Kontinentaleuropäern, allen voran den Deutschen. Dieses Projekt sieht eine 19 km lange feste Querung sowie einen Ausbau der Schienen- ­­­ und Straßen-Hinterland-Anbindungen in Deutschland und Dänemark vor. Noch ist nicht klar definiert, ob es eine Hochbrücke oder ein Tunnel wird. Die Kosten wird auf jeden Fall überwiegend Dänemark tragen. Mautgebühren sollen die Dänen entschädigen, um das Projekt finanzieren zu können.

Die Betreibergesellschaft wollte ursprünglich Ende 2012 mit den Bauarbeiten beginnen; 2018 sollte die Querung in Betrieb ­gehen, aber erst am 3. September 2008 unterzeichneten Dänemark und Deutschland einen entsprechenden Staatsvertrag zur Verwirklichung des Vorhabens. Es wird also eine Bauverzögerung von etwa zwei Jahren eintreten. Die Baureife wird jetzt 2016 und die Inbetriebnahme für 2020 angestrebt.

Auf der »Vogelfluglinie«, der bisherigen schwimmenden Verbindung von Deutschland nach Dänemark über den Fehmarnbelt, verkehren heute vier Doppelendfähren, die jeweils im Duo noch von der Deutschen bzw. Dänischen Bahn in Auftrag gegeben wurden. 1997 kamen zunächst im Frühsommer die Fähre »Prins Richard« und im Herbst die »Prinsesse Benedikte« für die dänische Seite in Fahrt. Im Oktober 1997 folgten die »Deutschland« und die »Schleswig-Holstein« auf deutscher Seite.Alle vier Neubauten führen auf ihrem Rumpf das damals neu eingeführte Logo »Scandlines« mit dem Zusatz »Vogelflug­linie«. Nach ihrer Ablieferung galten diese Doppelendfähren als die größten ihrer Art in der Welt.

Prognostiziert man gegenwärtig die Fertigstellung der »Festen Fehmarnbelt-Querung« für 2020, so erkennt man, dass die vier damals neu konzipierten Fähren dann dem Ende ihrer Lebensdauer nahe kommen werden. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern haben die derzeit verwendeten vier Fähren nur noch ein Gleis zur Aufnahme eines Zuges vom Typ ICE TD oder IC3. Der Transport von Güterwaggons ist auf der Vogelfluglinie nicht mehr vorgesehen.

Die Schiffe sind mit symmetrischen Rümpfen als echte Doppelendfähren konzipiert worden. Rollende Ladung in Form von Lastwagen und Eisenbahnwaggons gelangt über landseitige Rampen über Bug oder Heck an und von Bord. Ein oberes Ladedeck für Pkw wird über die landseitige Doppelstockrampe erreicht. Ein Eisenbahnzug, 40 Lkw oder 156 Pkw auf 625 m Spurlänge können auf dem Hauptdeck ­sowie 118 Pkw auf dem oberen Wagendeck untergebracht werden. Auf zwei Einrichtungsdecks darüber ist die gesamte Restauration für maximal 1.200 Tagesgäste untergebracht.

Erstmals auf dieser Linie wurde mit den vier Fähren konsequent der Doppelend-Betrieb eingeführt. Die Fähren reduzieren die reinen Fahrzeiten deutlich, weil sie nicht mehr wenden müssen. Wenn sie mit dem Heck hinten in Deutschland starten, so legen sie auch mit dem Bug voran in Dänemark an und umgekehrt. Diese Fahrweise wird ermöglicht durch je vier um 360° voll drehbare, gegenläufige Doppel-Ruderpropeller, die jeweils paarweise unter Bug und Heck angeordnet sind. Sie werden zum Vortrieb in die gewünschte Richtung sowie zum Steuern genutzt. Ruder zum Steuern und Kurshalten sind nicht mehr vorhanden. Die an Bord benötigte Energie wird von je fünf Dieselmotoren (3 x MaK 8M32 + 2 x MaK 6M32) diesel-elektrisch erzeugt und je nach Bedarf über das elektrische Bordnetz verteilt. Die Ruderpropeller werden ebenfalls diesel-elektrisch betrieben.

Nach anfänglichen Einführungsschwierigkeiten beim Fahrpersonal als auch im Betrieb der Fähren funktioniert die Linie jetzt schon seit Jahren reibungslos. Die 10 sm lange Strecke über den Fehmarnbelt wird in 45 Minuten bewältigt, und die Umkehrzeit zwischen An- und Ablegen erfolgt in 15 Minuten. Auch bei leichten Verspätungen wird der Fahrplan durch eine Geschwindigkeitserhöhung wieder ausgeglichen. Die sehr knappen Zeiten zur Ent- und Beladung von bis zu 274 Pkw-Einheiten sind nur zu schaffen, wenn zügig und voneinander unabhängig in jeweils mindestens zwei Fahrspuren in zwei Ebenen ent- und beladen wird. An- und Ablegen erfolgt nahezu automatisch und von der Kommandobrücke gesteuert. Bei starken Seitenwinden müssen die Antriebspropeller die Fähren ins Fährbett drücken und dort halten können. Hier gab es erheblichen Bedarf zum Nachjustieren der Lenkungscomputer, damit es bis heute reibungslos funktionierte.

Neben der Vogelfluglinie und als Alternative zur »Festen Fehmarnbelt-Querung« betreibt Scandlines weiterhin und jetzt verstärkt die traditionsreiche Hauptstadt-Verbindungslinie von Kopenhagen über Gedser nach Rostock-Warnemünde und weiter nach Berlin. Hier werden derzeit die beiden Großer-Belt-Fährschiffe »Kronprins Frederik« und »Prins Joachim« (16.071 BRZ; max. 1.390 Pass. + 200 Pkw auf 625 m Pkw-Spuren, 1981/80 erbaut) eingesetzt. Die 26 sm lange Strecke wird in eindreiviertel Stunden mit 15 Minuten Umkehrzeit bewältigt. Die Einfahrt nach Gedser durch sehr flache Gewässer mit teilweise starken Querströmungen und engen Hafenverhältnissen ist sehr anspruchsvoll und erfordert optimale Manövrierfähigkeit der Fähren.

Scandlines glaubt an die Zukunft des Fährbetriebes zwischen Dänemark und Deutschland im östlichen Korridor etwas abseits der Haupt-Nord-Süd-Richtung über die Fehmarnbelt-Querung im Westen sowie die Königsroute von der Südspitze Schwedens bei Trelleborg nach Sassnitz auf Rügen bzw. Rostock im Osten. Um die Gedser-Rostock-Linie zu stärken und neu zu beleben wurden zwei innovative Neubauten bei der Volkswerft in Stralsund (P+S Werften) in Auftrag gegeben (je 1.600 m Spurlänge für max. 460 Pkw oder 90 Lkw + 1.500 Tagesgäste; ca. 20.000 BRZ).

Der erste Neubau dieses Duos wurde am Anfang Dezember 2011 aus der Schiffbauhalle der Volkswerft gerollt und über den Schiffslift ins Wasser abgesenkt. Er soll Ende März dieses Jahres auf den Namen »Berlin« ge­tauft und anschließend in Dienst gestellt werden. Das Schwesterschiff »Copenhagen« wird mit einem Monat Zeitversatz folgen.

Weltgrößte Doppelender für BCF

Seit Herbst 2007 versehen drei Doppelendfähren der »Super C-Class«-Serie ihren Dienst in den rauen kanadischen Gewässern vor Vancouver. Hier operiert die Fährreederei BC-Ferries (BCF = British Columbia Ferries). Sie bestellte nach einer weltweiten Ausschreibung die drei Neubauten im Spätsommer 2004 bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG). Am 24. Oktober 2007 kam mit der »Coastal Renaissance« die erste Fähre dieses Trios in Fahrt, die Schwesterschiffe folgten Anfang und Mitte des Jahres 2008. Für den Fährverkehr und die Infrastruktur der Region um Vancouver stellten die drei Neubauten eine wahre Renaissance dar. Betreiber und Werft bezeichneten die Schiffe als größte Doppelendfähren der Welt.

Die entsprechende Schiffsbeschreibung in der HANSA (1/2008, S. 18-25) verweist darauf, dass die Neubauten im Verkehr zwischen dem kanadischen Festland und Vancouver Island in der Strait of Georgia eingesetzt werden. Hier verlaufen die beiden wichtigsten BCF-Routen zwischen Horse­shoe Bay und Nainamo (Route 2) sowie Tsawwassen und Swartz Bay (Route 1). Beide Festlandhäfen befinden sich in der Nähe der Millionen-Metropole Vancouver.

Die Fahrzeiten betragen jeweils rund anderthalb Stunden und die Be- und Entladevorgänge nehmen ca. 25 Minuten in Anspruch, so dass beide Routen von 6 Uhr bis 22 Uhr in ein- bis zweistündigem Rhythmus bedient werden können. Über drei Millionen Fahrzeuge sowie nahezu zehn Millionen Passagiere werden jährlich so auf beiden Routen zusammen befördert.

Beide Routen besitzen ihre eigenen nautischen Herausforderungen. Horseshoe Bay und Nainamo sind jeweils in kleinen Buchten gelegen, in ihrer Nähe befinden sich große Yachthäfen in direkter Nachbarschaft der Fährterminals. Alle vier Anlaufhäfen werden zudem von anderen Fährlinien genutzt, so dass ständig unterschiedliche Fähren nahezu gleichzeitig an- und ablegen.

Im Zusammenhang mit diesen nautischen Herausforderungen sind deshalb drei herausragende Merkmale für die Schiffe von entscheidender Bedeutung:

1. Da die Doppelendfähren nicht wenden müssen, blockieren sie beim An- und Ablegen keine benachbarten Anleger.

2. Infolge ihrer geradlinigen Fahrweise minimieren sie das Unfallrisiko mit Freizeitbooten in den stark befahrenen und teils sehr engen Gewässern in Hafennähe.

3. Der Zeitgewinn infolge des direkten An- und Ablegens erlaubt bei gleicher Fahrtzeit die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit der Fähren.

Landschaftlicher, aber auch nautischer Höhepunkt auf der Route 1 ist die Passage durch den Active Pass, eine sehr enge, ­S-förmige Durchfahrt durch zwei Inseln vor Vancouver Island. Hier kann es durch tidebedingte Strömungen mit bis zu 9 kn Geschwindigkeit, Freizeitboote, Treibholz und entgegenkommende Fähren sehr schnell zu Behinderungen kommen.

Für die Schiffe der Coastal Class entwickelte die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft auch ein völlig neuartiges An- und Vortriebskonzept für große Doppelendfähren. Die effektivste Kraftübertragung in der Antriebsanlage stellen möglichst große, langsam drehende Propeller dar. Große ­Propellerdurchmesser erfordern große Tiefgänge, welche oft nicht möglich sind. Doppelendfähren mit einer wirkungsvollen Manövrierfähigkeit bei guter Kursstabilität bedingen an beiden symmetrischen Schiffs­enden starke Propeller mit großen Rudern davor bzw. dahinter. Dies war bis dato nicht gebaut worden, und es wäre auf rein mechanischem Übertragungsweg der Leistung von den Motoren zu den Propellern auch nicht möglich gewesen. Zur Auswahl standen:

• je eine Antriebswelle an jedem Schiffs­ende mit Festpropellern und Rudern;

• je eine Antriebswelle an jedem Schiffs­ende mit Verstellpropellern mit Segelstellungsfunktion und Rudern;

• jeweils zwei Ruderpropeller oder Pod-Strahler an jedem Schiffsende ohne Ruder.

Alle drei Konzepte wurden ausführlich simuliert und in Versuchsanstalten getestet. Lösung eins und drei erfordern rund 20 % mehr Leistung. Sie erschienen deutlich aufwändiger in den Gestehungskosten und erwiesen sich auch als weniger kursstabil.

Nachdem die Entscheidung zugunsten von Verstellpropellern mit Segelstellungsfunktion gefallen war, ermittelte die FSG in weiteren Modellversuchen bei der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) die optimale Segelstellung für den jeweils vorderen Propeller. Heraus kam: Ein Steigungswinkel von fast 90° bei nach vorne gerichteten Flügel-Austrittskanten produziert den niedrigsten Zusatzwiderstand. Hinzu kam, dass der jeweils vordere Propeller frei drehen können sollte – ein Stillstand erhöhte den Widerstand deutlich.

Ein weiterer, ausschlaggebender Vorteil im hydrodynamischen Gesamtkonzept stellte die hoch entwickelte Unterwasser-Rumpfform dar. Dank der Kompetenz auf diesem Gebiet und selbst entwickelter Berechnungsverfahren war es der FSG möglich, eine Reihe unterschiedlicher Rumpfformen in kürzester Zeit zu erstellen und zu bewerten. Hieraus ergab sich ein 160 m langer, 27,60 m breiter und 5,75 m tief tauchender Rumpf mit einem Blockkoeffizienten von gerade einmal 0,39.

Das dazugehörige Wellenbild zeigte unter Glattwasserbedingungen maximale Wellen­höhen von ca. 30 cm in 100 m Entfernung vom Schiff – eine gute Voraussetzung für die Umweltverträglichkeit der Fähren in der Region. Die Schiffsform zeichnet sich zudem durch sehr fein zulaufende Wasserlinien und Längsschnitte aus.

Hinsichtlich der Erzeugung der erforderlichen Vortriebsleistung war es ausdrücklicher Wunsch der Reederei, mechanische Schaltkupplungen zum Wechseln der Fahrtrichtung zu vermeiden. Man hatte schlechte Erfahrungen mit diesen Schaltkupplungen auf den Vorgängerschiffen gemacht, die allerdings noch diesel-mechanisch betrieben wurden. Die Reederei bevorzugte für die Zukunft die moderne diesel-elektrische Antriebsvariante.

Die insgesamt vier Dieselmotoren vom Typ MaK 8M32C leisten 4 x 4.000 kW. Sie wirken auf je einen Generator vom Typ VEM DRKSX 1138-12 WS mit 4.800 kVA elektrischer Leistung. Motoren und Generatoren sind jeweils auf einem gemeinsamen Grundrahmen schwingelastisch gelagert. Sie sind wasserdicht und brandgeschützt voneinander getrennt in unterschiedlichen Räumen angeordnet.

Je nach Bedarf wird die erzeugte elektrische Leistung über das Bordnetz an die unterschiedlichen Verbraucher verteilt. Jeder der zwei elektrischen Fahrmotoren (2 x 11.000 kW) kann mit 717 U/min laufen und überträgt seine Leistung über ein Untersetzungsgetriebe auf den treibenden Verstellpropeller, der mit 139,75 U/min arbeitet.

Mit einer Vermessung von 21.777 BRZ bei 160 m Länge über alles, einer Tragfähigkeit von 1.770 tdw, 2.020 m Pkw-Spurlänge bei doppelstöckiger Be- und Entladung sowie 1.650 Tagesgästen an Bord sind die Doppelendfähren der Coastal-Klasse größer als die Scandlines-Fähren auf der Vogelfluglinie.

Wie kommt die Antriebsleistung auf das Wasser?

Das letzte Beispiel der drei weltgrößten Doppelendfähren der BCF Coastal Class von FSG macht deutlich, dass die wirkungsvollste Kraftübertragung von der Antriebsanlage auf das Wasser über einzelne möglichst langsam drehende Propeller mit großem Durchmesser erfolgen kann. Mit großflächigen Rudern im Propellerstrom wird eine optimale Kursstabilität gewährleistet. Das geht natürlich nur, wenn das Schiff im tiefen Wasser fahren kann. Trotzdem bleibt die Anordnung von je einem Propeller mit Getriebe, Welle und elektrischem Fahrmotor sowie dem Ruder an beiden Schiffsenden eine sehr aufwendige Anlage.

Die Doppelendfähren von Scandlines auf der Vogelfluglinie verwenden jeweils vier gegenläufige Doppel-Ruderpropeller ohne Ruder zum Vortrieb. Jeder Ruderpropeller kann um 360° gedreht werden und so seinen Schub in jede gewünschte Richtung lenken. Alle vier Aggregate können gleichzeitig zum Vortrieb genutzt werden. Die kontrollierte Steuerung aller vier Ruderpropeller gleichzeitig ist jedoch effektiv nur von einer automatisierten Steuerung zu leisten, denn die menschliche Reaktion kann dem koordinierten Arbeiten aller Aggregate in eine gewünschte Richtung nicht schnell genug die richtigen Signale geben. Nach anfänglichen Einführungsproblemen funktioniert dies jetzt aber seit fast 15 Jahren sehr gut und effektiv.

Einsatz von Voith Schneider Propellern

Bei geringeren Tiefgängen und kleineren schwimmenden Einheiten sind jedoch Voith Schneider Propeller meist die bessere Lösung. Dieser Schiffsantrieb, bei dem der Schub in der Größe und Richtung beliebig eingestellt werden kann, ohne dass die Drehzahl der Antriebsmotoren verändert wird, ermöglicht einwandfreies Fahren und Manövrieren in allen Betriebszuständen. Das Besondere am VSP ist seine horizontale Drehscheibe um eine vertikale Achse. Unter der Drehscheibe rotieren die senkrecht ins Wasser stechenden Propellerflügel, die wiederum um ihre senkrechte Drehachse verstellbar sind. Der Schub wird von diesen individuell schwingenden und ausbalancierten Flügeln erzeugt.

Hierbei erfolgt die Steuerung durch Einstellung der Steigung der einzelnen Flügel für die Richtungen voraus bzw. zurück oder seitlich. Diese Art der Steuerung erlaubt eine sehr feine Dosierung des Schubes sowie extrem schnelle Wechsel der Schubrichtung, ohne die Drehzahl an der Antriebswelle zu ändern. Wird das Schiff mit zwei oder mehr VSP ausgerüstet, so kann es sich in jede Richtung bewegen, z. B. auch traversieren (seitlich fahren).

VSP werden vorrangig dort eingesetzt, wo hohe Anforderungen an die Sicherheit und an die Manövrierfähigkeit von schwimmenden Objekten gestellt werden. Die Flügel des VSP bewegen sich auf einer Kreisbahn (Zykloide) und führen dabei eine zusätzliche, überlagerte Schwenkbewegung aus, die durch das »Normalschnittgesetz« definiert wird, das auf Ernst Schneider zurückgeht. Er erfand den VSP in den 1920er Jahren. Produziert wird dieser Antriebspropeller von der Firma Voith Turbo in Heidenheim.

Voith Schneider Propeller arbeiten mit geringen Drehzahlen, die normalerweise nur ca. 25 % der Umdrehungen von Schraubenpropellern mit vergleichbaren Größen und Leistungen betragen. Mit diesen geringen Umdrehungen sind hohe Momente verbunden, die zu einer robusten Konstruktion führen, welche allerdings als Nachteil ein erhöhtes Gewicht mit sich bringt.

VSP-Antriebe werden bis ca. 4.000 kW Leistungsaufnahme gebaut und weisen Flügelkreis-Durchmesser bis zu 4 m auf. Die Flügellänge wird mit bis zu 82 % des Flügelkreis-Durchmessers ausgeführt. Der ­Antrieb erfolgt vorwiegend direkt von Diesel- oder neuerdings vermehrt von Elektromotoren, die dann jedoch ausschließlich im diesel-elektrischen Betrieb laufen. Da der VSP gleichzeitig Antriebs- und Steuerkräfte erzeugt, sind zusätzliche Anhänge, wie z. B. Wellenböcke, Ruder, Gondeln bzw. den Kurs stabilisierende Anbauten, nicht erforderlich.

Die erste Anwendung des VSP in Doppel­endfähren erfolgte 1937 mit der »Lymington« in Großbritannien. Als »Sound of Sanda« war diese Fähre über 60 Jahre im Einsatz. Heute sind mehr als 420 Fähren mit VSP-Antrieben weltweit auf vielen bedeutenden Fährstrecken erfolgreich im Dienst. Hierzu gehören in Deutschland viele Doppelendfähren über Flüsse, Kanäle oder Meerengen. Selbst größte und leistungsstärkste Fähren dieser Art gehören dazu, obwohl die zuvor beschriebenen British Columbia Ferries in Kanada gerade eine neue Rekordmarke bei der Größe gesetzt haben, mit Verstellpropellern und Rudern an beiden Schiffsenden. Sie lösten die seit über zehn Jahren auf der deutsch-dänischen Vogelfluglinie fahrenden Scandlines-Fähren ab, die mit je zwei gegenläufigen Ruderpropellern an beiden Schiffsenden fahren. Relativ neu sind jedoch die VSP-Fähren in vergleichsweise flacher See im Gebiet der ost- und nordfriesischen Inseln sowie in dänischen Gewässern.


Klaus Nienaber