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Hagen Markus, Experte für Baumusterprüfungen von maschinenbaulichen Rohrleitungskomponenten beim Germanischen Lloyd, gibt einen Überblick über anzuwendende Regelwerke aus Sicht der Klassifikationsgesellschaft

Intakte Rohrleitungssysteme sind für den sicheren und zuverlässigen Betrieb von Seeschiffen unverzichtbar. Die Vielzahl von Schiffsbe- und antriebssystemen mit ihren[ds_preview] unterschiedlichen Medien, Betriebspara­metern sowie Installationsumgebungen machen eine Klassifizierung der Rohrsysteme notwendig. Die daraus abgeleiteten Mindestanforderungen hinsichtlich Materialauswahl und Güte, Dimensionierung sowie Umfang von zerstörungsfreien Prüfungen definiert die IACS-UR P2 (International Association of Classification Societies – Unified Requirements Pipes and Pressure Vessels, P2 Rules for piping design, construction and testing).

Die UR P2. 2 definiert drei Rohrklassen: I, II und III. Diese Einteilung basiert auf dem Medium, dem Betriebsdruck sowie der Betriebstemperatur (vgl. Abb. 1).

Der Berechnungsdruck PR ist in der Regel der in der Anlage maximal auftretende Betriebsüberdruck (Einstelldruck der Sicherheitsventile). Zu beachten ist, dass der Berechnungsdruck PR und nicht der Nenndruck PN der Komponente maßgeblich für die Anforderungen an die Materialgüte ist (Materialzertifikate gemäß EN 10204 3.1, 3.2 oder 2.2).

Die Mindestanforderungen an die klassische Rohrverbindungsart Schweißen ist in UR P2.5 bzw. P2.6 definiert. Sie beziehen sich auf Rohrleitungssysteme der Rohrklasse I und II sowie der Behandlung von schweißkritischen Stählen. Eine dieser Anforderungen legt fest, dass die Schweißverbindungen an Rohrleitungen der Rohrklasse I und II durch geprüfte Verfahren, Schweißzusätze sowie geprüfte Schweißer auszuführen sind. Diese Anforderung wird in den Vorschriften des GL durch entsprechende Zulassungen der Schweißbetriebe sowie der Schweißzusatzwerkstoffe abgedeckt.

UR P2.8, P2.9 und P2.10 definieren die Anforderungen an die Druckprüfungen von Rohrleitungssystemen und Armaturen, eine Forderung, die aus SOLAS II-1, Part C, Regel 26 abgeleitet ist. Rohrleitungssysteme der Rohrklasse I und II sowie Dampf -, Speisewasser-, Druckluft- und Brennstoffleitungen mit einem Berechnungsdruck PR > 3,5 bar unterliegen einer Druckprüfung mit dem 1,5-fachen Berechnungsdruck PR. Zu beachten ist, dass für Brennstoffleitungen für den Berechnungsdruck PR eine Temperaturabhängigkeit besteht (vgl. Abb. 2).

UR P2.10 spezifiziert den Mindestprüfdruck von 5 bar für Armaturen an der Außenhaut, die unterhalb der »load waterline« angeordnet sind. In IACS UR P2.7 sind die Arten der Rohrverbindungselemente, die für die Verbindungen von Rohrleitungen auf Seeschiffen anerkannt sind, spezifiziert.

Alternativ zur geschweißten Rohrflansch-Rohrmuffenverbindung bzw. zur Rohrschraubverbindung haben sich aufgrund von Montagevorteilen und Kosteneinsparungspotenzialen mechanische Verbindungselemente (Mechanical Joints) immer mehr durchgesetzt (vgl. Abb. 3). Neben der klassischen Rohrverschraubung für den Hochdruckbereich sind heute Rohrkupplungen und Pressverbindungen für den Niederdruckbereich Standard geworden.

UR P2.7.4 definiert Arten, Einsatzgrenzen und Prüfanforderungen. Die Tabelle »Application of Mechanical Joints« (aus UR P2.7.4, vgl. Abb. 4: Auszug aus den GL-Bauvorschriften) definiert den Anwendungsbereich abhängig von der Art des mechanischen Verbindungselementes, d.h. Rohrverschraubungen (Pipe Unions), Pressverbindungen (Compression Couplings) und Rohrkupplungen (Slip-on Joints). Des Weiteren sind die Anforderungen hinsichtlich der Flammenbeständigkeit in Abhängigkeit des Rohrsys­tems und Installationsortes festgelegt.

Grundsätzlich unterliegen mechanische Verbindungselemente einer Baumusterprüfung durch die jeweilige Klassifikationsgesellschaft. Der Prüfumfang ist in der UR P2.11 definiert. Dieser ist seit dem 1. Januar 2007 für Erstzulassungen aber auch für die Erneuerung bereits ausgestellter Baumusterprüfbescheinigungen verbindlich. Die Baumusterprüfung von mechanischen Verbindungselementen beinhaltet die Dokumentationsprüfung auf Basis der betreffenden Bauvorschriften bzw. Normen, die nach IACS UR P2.11 mindestens geforderten Produktprüfungen sowie die Besichtigung der Fertigungseinrichtungen gemäß Qualitätssicherungsstandard ISO 9001 zur Überprüfung des vom Hersteller implementierten Qualitätssystems.

Für den Anwender sind der Anwendungsbereich (Range of Application) sowie eventuelle Einschränkungen (Limitations) in der Baumusterprüfbescheinigung spezifiziert.

Der letzte und jüngste Abschnitt der UR P2 definiert die Anforderungen an das flexible Rohrverbindungselement Schlauchleitung. Auch hier gilt eine grundsätzliche Verpflichtung zur Baumusterprüfung. Die Zulassung von Metallschlauchleitungen basiert auf den Prüfungen gemäß ISO 10380. Die Produktprüfungen von nicht­metallischen Schläuchen erfolgt nach EN- bzw. SAE-Standards. Für die Verwendung in Brennstoff-, Schmieröl-, Hydrauliköl-, Lenz- und Seewassersystemen ist zusätzlich der Nachweis der Flammenbeständigkeit gemäß ISO 15540/15541 zu erbringen.

Die Baumusterprüfung der Schlauchware, im Wesentlichen Hydraulikschläuche, beinhaltet auch die Freigabe der zugehörigen Endarmaturen (führende Schlauchhersteller sind in der Regel auch Hersteller der Schlauch-Endarmatur). Hersteller von Schlauch­armaturen müssen den Nachweis der Impulsprüfung nach ISO 6802 bzw. 6803 mit zugelassener Schlauchware nachweisen.

In beiden Fällen, Schlauchware oder Schlauch-Endarmatur, wird in der Baumusterprüfbescheinigung das wesentliche Konstruk­tionsmerkmal einer Schlauchleitung, die impuls- und flammenwiderstandsgeprüfte Kombination aus Schlauch und Armaturentyp, spezifiziert.

Neben der Baumusterprüfung der Schlauchware und der Schlaucharmatur ist ein weiterer wichtiger Funktions- und Sicherheitsaspekt zu beachten: die Herstellung von Schlauchleitungen. Die GL-Bauvorschriften für Maschinenanlagen I-1-2, Abschnitt 11U, spezifizieren eine Verpflichtung zur Zulassung für Hersteller von Schlauchleitungen. Diese beinhaltet für metallische Schlauchleitungen eine Zulassung des Schweißbetriebes und für nichtmetallische Schlauchleitungen die Überprüfung der Fertigungsstätte hinsichtlich Lagerung, Verpressung sowie Endprüfung und Kennzeichnung. Des Weiteren muss der Fertigungsbetrieb über Druckprüfeinrichtungen sowie über Kennzeichnungswerkzeuge verfügen.

Die IACS UR P2 bildet den kleinsten gemeinsamen Nenner der Anforderungen an Rohleitungssysteme an Bord von Seeschiffen und ist die Basis für die Bauvorschriften der einzelnen Klassifikationsgesellschaften.

Durch die aktive Mitarbeit einzelner Klassifikationsgesellschaften in den Normungsgremien sowie durch vielfältige Kontakte zu den Herstellern im Rahmen der Baumusterprüfung von Komponenten, aber auch durch die Auswertung von Schadensereignissen an Bord von Seeschiffen, ist eine fortlaufende Anpassung an den Stand der Technik der UR P2 gewährleistet.

Autor: Hagen Markus

Experte Baumusterprüfung von maschinenbaulichen Rohrleitungskomponenten Germanischer Lloyd, Hamburg Abteilung MC-PC – Systemkomponenten

Tel. +49 40 / 361 49-287

hagen.markus@gl-group.com


Hagen Markus