Freiwillige vor!

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Im Fall der »Costa Concordia« haben die Medien einmal wieder die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben. Nachdem die versammelte Weltpresse[ds_preview] im Januar pausenlos auf das Wrack vor der Insel Giglio starrte, ebbte die Berichterstattung im Februar langsam ab. Das Bundespräsidenten-Theater, die griechische Tragödie und andere kleine und große Krisen verdrängten die Bilder des halb versunkenen Kreuzfahrtschiffs von den Titelseiten. Hinterlassen haben die Schlagzeilen dennoch einen faden Beigeschmack. So viel schlechte Publicity auf einmal hat die erfolgsverwöhnte Branche zuvor noch nie erhalten.

Daher ist jetzt schnelles Handeln gefragt, um verlorenes Vertrauen wett zu machen. Denn Umfragen zeigen, dass die Lust am »Cruisen« sinkt, vor allem bei potenziellen Gästen, die noch nie auf einem der Fun- und Wellness-Dampfer waren. Auch wenn Stammgäste sich wohl kaum von der schrecklichen Havarie beeindrucken lassen werden, die in ihrer Fehlerverkettung (hoffentlich!) ein Einzelfall bleiben wird, so zeigen erste Buchungszahlen doch rückläufige Tendenzen – zumindest kurzfristig.

Zu begrüßen ist daher, dass die Reedereien offenbar die Zeichen der Zeit erkannt haben und Seenotrettungsübungen ab sofort vor dem Ablegen durchführen. Darauf hatten sich die großen Verbände PSA, CLIA und ECC kurz nach der »Concordia«-Katas­trophe geeinigt. Damit gehen sie über die SOLAS-Regelungen hinaus, die den Muster Drill innerhalb der ersten 24 Stunden nach Einschiffung vorschreiben.

Selbstverpflichtungen dieser Art sind der richtige Weg. Auch andere neuralgische Sicherheitspunkte sollte die Branche nun selbst auf den Prüfstand stellen und nicht erst warten, bis die IMO, respektive die EU, entsprechende Vorschriften erlässt. Zu diskutieren sein wird sicherlich über die Themen Konstruktion eines Kreuzfahrtschiffes und hier die Schiffsstabilität, den optimierten Einsatz von Rettungsbooten, Sicherheitsschulungen der Crew und schließlich auch die Versicherungssummen und Haftungshöhen der Kreuzfahrtreedereien.

Letztlich dürfte auch der drängende Fachkräftemangel in den Fokus der Debatte rücken. Er betrifft alle Bereiche der Schifffahrt – und gerade die Kreuzfahrt mit ihrer in der vergangenen Dekade rasant gewachsenen Flotte. Hier kann die Industrie mit verstärkten Ausbildungsanstrengungen gegensteuern. Trotz der Tragödie vor Giglio dürften die schwimmenden Hotels weiterhin als attraktive Arbeitsplätze gelten – so schnell lässt sich der Mythos der Ozeandampfer nicht versenken. Aus Anlass der Weltleitmesse Cruise Shipping Miami lässt die HANSA in dieser Ausgabe namhafte Experten zu den vielfältigen, im Raum stehenden Themen zu Wort kommen. Beleuchtet werden dabei vor allem der Aspekt nautischer Fehlerquellen im Zusammenspiel Mensch-Maschine, aktuelle Sicherheitsregularien für die Schifffahrt, welche vor dem Hintergrund der Havarie verschärft werden könnten, und mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf den Cruise-Markt. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre – und lassen Sie sich nicht die Lust auf die nächste Kreuzfahrt nehmen!