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Nur gemeinsam könnten Schiffsmanager, Charterer, Banken und Emissionshäuser durch das »erneut sehr tiefe Tal« gehen, appellierte NVzH-Vorsitzender Walter Collet beim traditionellen Schifffahrtsessen in Hamburg.

Einen Appell zur Zusammenarbeit der maritimen Branche bei der Überwin­dung der Schifffahrtskrise und zur zügigen Realisierung wichtiger Infrastrukturvorhaben wie[ds_preview] der Vertiefung des Elbefahrwassers und der Ertüchtigung des Nord-Ostsee-Kanals richtete der Vorsitzende des Nautischen Vereins zu Hamburg (NVzH), Walter Collet, an die mehr als 360 Teilnehmer des traditionellen Schifffahrtsessens 2012 am 7. Februar im Hotel Intercontinental. Dazu begrüßte er Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, der als Festredner die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Hamburg und die Bedeutung von Elb­vertiefung und Kanalausbau unterstrich.

Verdrängungswettbewerb um jeden Preis

Ausgelöst durch die Schifffahrtskrise hätten sich Partnerschaften zwischen Großreedern gebildet, die vor Jahresfrist nicht absehbar gewesen seien, konstatierte Collet vor den Mitgliedern des Vereins und den zahlreichen Gästen, darunter Repräsentanten des gesamten maritimen Clusters sowie aus Politik und Verwaltung. Im Gegensatz zu der gerade überwunden geglaubten Krise von 2009 seien derzeit jedoch die nötigen Ladungsmengen vorhanden. Allerdings lieferten sich die Containerreeder einen Verdrängungswettbewerb »um jeden Preis«. »Immer größer« laute die Devise. Das Szenario der immer größeren Schiffe, das in Hamburg bereits heute sichtbar sei und sich mit den in diesem Jahr erwarteten Neubauablieferungen noch verstärken werde, erhöhe den Druck auf die notwendige Vertiefung des Elbfahrwassers. Hinzu komme, so Collet, dass Hamburg seine Stellung als Feederhub nur mit einem funktionierenden und den heutigen Bedürfnissen angepassten Nord-Ostsee-Kanal halten könne. Nachdem kürzlich zu lesen gewesen sei, dass die Y-Bahntrasse nach jahrelangen Diskussionen und Versprechungen nicht mehr realisiert werde, mache der Gedanke Angst, dass es dem Elbe- und dem Kanalprojekt ebenso ergehen könnte.

Ladungsströme eigentlich intakt

Nachdem im Laufe des vergangenen Jahres die Fracht- und Charterraten nahezu in allen Segmenten der kommerziellen Schifffahrt mit großer Geschwindigkeit und in »beängstigendem« Umfang nachgegeben hätten, müssten jetzt erneut Wege gefunden werden, die aktuelle Krise abzuwettern, sagte der NVzH-Vorsitzende. Dies werde jedoch schwieriger sein als drei Jahre zuvor, als man mit Maßnahmen wie Slow Steaming und Kap-Umrundung statt Suez­kanal-Passage entgegengetreten war. Jetzt hätten die Banken noch größere Sorgen, die Schiffswerte verringerten sich mit daraus entstehenden vertraglichen Finanzierungsfolgen und der Neubauzulauf sei ungebrochen. Lösungen müssten in Zusammenarbeit mit Werften, Banken und Charterern gefunden werden.

»Durch dieses erneut sehr tiefe Tal kann man nur gemeinsam gehen«, appellierte Collet. Da das Motto »survival of the fittest« wieder der Maßstab sein werde, würden leider wohl auch einige Marktteilnehmer auf der Strecke bleiben. »Ob allerdings diejenigen, die sich qua ihres Marktanteils bereits als Gewinner fühlen, dies am Ende auch sind, wird man sehen.« Ohne genau zu wissen warum, erwarteten viele Unternehmen noch schlechtere Zeiten. Sie neigten zur Vorsicht bei Investitionen und neuen Projekten. Collet: »Es stellt sich die Frage, ob wir hier nicht einen Fehler machen und uns vom Orakel zwingen lassen, es zu erfüllen.« Schifffahrtskrisen und ein zeitlich begrenztes Überangebot an Schiffsraum habe es auch früher gegeben. Neu sei die Vertrauenskrise der Banken, die ihrer eigentlichen Aufgabe, der Versorgung der Wirtschaft mit Kapital, nicht mehr nachkommen. Hier bedürfe es einer Lösung. Abgesehen davon funktioniere die Globalisierung weiterhin: Die Ladungsströme seien »eigentlich intakt« und die Ladungsmengen vorhanden. »Deutsche Reeder behalten – trotz aller Schwierigkeiten – die Nerven und bemühen sich, ihre Flotten in Fahrt zu halten. Ich hoffe, dass die deutschen Reedereien, Banken, Emissionshäuser und Charterer diese Zeit gemeinsam durchstehen«, sagte Collet.
Jens Meyer