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Die Seerechtskanzleien blicken in der HANSA-Umfrage auf das schwierige Schifffahrtsjahr 2011 zurück, bewerten das Verhalten der Banken, die Chancen des KG-Modells, die Entwicklung alternativer Finanzierungsquellen und den aktuellen Trend zur Konsolidierung der Branche

Was mit guter Hoffnung begann, endete spätestens seit dem zweiten Halb­jahr mit großer Enttäuschung: 2011 wird mit Sicherheit nicht[ds_preview] als gutes Schifffahrtsjahr in die Annalen eingehen. Nach dem Einbruch der Frachtraten orientierten sich auch die Charterraten im Frühsommer deutlich gen Süden. Vielen Einschiffsgesellschaften und kleineren Reedereien stand (und steht) das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals, so dass es zu mindestens zwei Dutzend Insolvenzen kam. Die zweite Restrukturierungsrunde führte bei manchen Marktteilnehmern nicht zum Erfolg, weil die wirtschaftliche Perspektive im harten Marktumfeld fehlte – und damit schlichtweg frisches Geld.

Die HANSA fragte die Seerechtskanzleien, wie sich nach dem zwischenzeitlichen Aufschwung das neuerliche Aufflammen der Krise (falls überhaupt von einem Überwinden dieser gesprochen werden durfte) auf ihre Tätigkeitsschwerpunkte auswirkte. Ein großes Thema hierbei war der Umgang der Banken mit notleidenden Kreditnehmern. Unterm Strich wurde deutlich, dass die Kreditgeber unter bestimmten Umständen noch immer bereit sind, Tilgungsstundungen zu verlängern. Dabei sei nicht die viel zitierte Drei-Jahres-Frist entscheidend, so die Anwälte unisono, sondern die individuelle Fortführungsprognose der Einschiffsgesellschaft bzw. des Reeders.

Noch verhielten sich die Banken dabei vergleichsweise moderat, da sie selbst kein ­Interesse hätten, Reeder zu werden. Allerdings sei ein Trend zur strengeren Begut­achtung der Kreditbeziehung seitens der Kreditgeber festzustellen – allein schon aufgrund zwingender regulatorischer Vorgaben. Dass eine schnelle Markterholung nicht absehbar ist, setze die Banken zusätzlich unter Druck.

Uneinheitlich sind die Einschätzungen zur Zukunft des KG-Modells. Während die Mehrheit der befragten Schifffahrtsanwälte kein baldiges Revival sieht, mahnte eine Minderheit, diese in Deutschland lange bewährte Finanzierungsform totzusagen. Dass unter den Anlegern ein massiver Vertrauensverlust herrscht, stand dabei indes nicht zur Debatte. Entscheidend sei nun, so die Mehrheitsmeinung, das vorhandene Know-how am Schiffsfinanzierungsstandort Deutschland zu bündeln, neue Wege zu beschreiten, ohne Altbewährtes völlig über Bord zu werfen, und insbesondere die exzellenten Netzwerke vor Ort und international zu nutzen.

Hinsichtlich alternativer Finanzierungsformen wurde überwiegend Enttäuschung geäußert. Weder institutionelle Investoren, Börsengänge, Anleihen oder Kredite chinesischer Banken hätten bisher in großem Stil frisches Geld in die vielfach klammen Schifffahrtsunternehmen gespült. Geduld sei bei diesem Thema gefragt. Ohnehin sei eine Professionalisierung und Konsolidierung der Branche vonnöten, bevor neue Kapitalgeber signifikant in den deutschen Schifffahrtscluster investieren.

Dass der 2011 begonnene Trend zu Zusammenschlüssen – man denke vor allem an die geplanten von E.R. Schiffahrt und Komrowski sowie Peter Döhle und Ernst Russ – im laufenden Jahr weitergeht, betrachten die befragten Anwälte als unausweichlich.

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Ahlers & Vogel

An unserer anwaltlichen Tätigkeit hat sich im Jahr 2011 durch die Schifffahrtskrise nichts Wesentliches geändert. Dies lag daran, dass der Aufschwung zum einen nur einen Teilbereich der Schiffe betraf und zum anderen nur einen relativ kurzen Zeitraum anhielt, so dass der Anstieg der Frachtraten sich nicht nachhaltig auf die Branche auswirken konnte. Die zuvor entstandenen Probleme konnten allenfalls etwas abgemildert, aber größtenteils nicht behoben werden.

Was die Kreditgeber betrifft, so ist deren Verhalten kritisch zu betrachten, wenn es auch nicht überraschend ist. Aus Sicht der Bankkunden ist es vielfach allerdings nicht nachvollziehbar, die durch Schiffshypotheken gesicherten Kredite fällig zu stellen und in letzter Konsequenz die betroffenen Schiffe zu verwerten. Dies führt häufig zu großen Verlusten, da der erzielte Erlös die Verbindlichkeiten nicht abdeckt. So gesehen erscheint das Verhalten der Banken sinnlos. Auf der anderen Seite verbleibt den Banken unter anderem wegen Basel II und Basel III nicht viel Handlungsspielraum zur Reduzierung ihrer Kreditausfallrisiken. Hinsichtlich der Interessen gilt immer: »Im Zweifel ist das Hemd näher als der Rock.«

Hinsichtlich Tilgungsstundungen ist für die Banken in der Regel die individuelle wirtschaftliche und finanzielle Prognose des Kreditnehmers entscheidend. Doch ­dies bietet nur wenig Hilfe, wenn der Beschäftigungsmarkt für das jeweilige Schiff schlecht ist. Über die wirtschaftliche Prognose kommt man hier zu keinem Ergebnis, es sei denn, der Kunde ist bereit, der Bank erhebliche Zugeständnisse zu machen. Viele Kunden können dies aber nicht.

In Bezug auf das KG-Modell scheinen sich alle Experten darüber einig zu sein, dass dieses in seiner bisherigen Form nicht mehr existieren wird. Für die Schifffahrtsbranche trifft dies sicherlich zu. Hinzu kommt, dass das Verhalten der Beteiligten in der öffentlichen Wahrnehmung wenig geeignet ist, wieder Vertrauen bei den Anlegern zu erlangen – was eine Grundvoraussetzung für den Erfolg des KG-Modells ist. Andere Verkehrskreise als die Schifffahrt scheinen dagegen weiter erfolgreich mit dem KG-Modell arbeiten zu können. Hierbei ist beispielsweise an Flugzeugfonds und Immobilienfonds zu denken. Entscheidend wird es sein, den Anlegern die Chancen und Risiken transparent zu machen und nicht mit dem Versprechen unrealistischer Renditen davon abzulenken, dass sie ein erhebliches unternehmerisches Risiko tragen und im schlimmsten Fall ihr Investment verlieren können. Damit einher geht ein Wandel im Typ des Anlegers. Ähnlich den institutionellen Anlegern wird man sich darauf einstellen müssen, es mit gut informierten und kritischen Anleger zu tun zu haben, denen gegenüber Rechenschaft abzulegen ist, aber mit denen auch Lösungsansätze gefunden werden können.

In Richtung alternativer Geldquellen wird sich auch weiterhin wenig tun. Zu

beobachten ist allerdings, dass chinesische Banken zunehmend in die Schiffsfinanzierung einsteigen. Dies löst aber nicht das Problem der geringen Eigenkapitalisierung von Gesellschaften.

Die Bestrebungen, von der bisher häufig gewählten Aufteilung verschiedenster typischer Reedereiaufgaben auf diverse Einzelunternehmen mit begrenztem Risiko Abstand zu nehmen und das Schiffseigentum wieder stärker mit der schiffsbetrieblichen Verantwortung zu verknüpfen, sind ein positiver Ansatz. Dies erinnert ein wenig an frühere Zeiten, als die Schiffe tatsächlich noch demjenigen gehörten, der sich um sie zu kümmern hatte, und die Interessen einer Reederei nicht durch branchenfremde Investoren fremdbestimmt wurden. Wir werden daher zukünftig vermehrt Zusammenschlüsse und Restrukturierungen von Schifffahrtsorganisationen beobachten können.

Dr. Jan-Erik Pötschke, Ahlers & Vogel, Hamburg

Blaum Dettmers Rabstein

Auf den Container-, Mehrzweck- und Bulkermärkten hat sich das Neugeschäft im Jahr 2011 reduziert; hier stand die Stornierung und Rückabwicklung bestehender Verträge im Vordergrund. Hingegen ist die Zahl der Transaktionen auf dem Offshore-Sektor angesichts der positiven Entwicklung der dortigen Frachtraten deutlich gestiegen. Eine konstante Zahl neuer Abschlüsse konnten wir in der Kreuzfahrtbranche feststellen. Angesichts der angespannten Liquiditätslage zahlreicher Reedereigesellschaften bestand eine steigende Tendenz, eigene Forderungen aus bestehenden oder vergangenen Geschäftsbeziehungen zu Befrachtern oder Dienstleistungsunternehmen nachdrücklich und auch gerichtlich durchzusetzen. Auch die Auseinandersetzungen mit Haftpflicht- und Kaskoversicherern in Deckungsfragen nahmen an Schärfe zu.

Das Verhalten der Banken betreffend, so sind diese unter bestimmten Umständen noch immer bereit, Tilgungsstundungen zu verlängern. Allerdings kann die erforderliche Einstufung des Kredits als »nicht eindeutig notleidend« bei langfristigen Tilgungsaussetzungen nur in den seltenen Ausnahmefällen einer trotzdem klar positiven Fortführungsprognose erlangt werden. Ein entsprechendes Sanierungskonzept wird regelmäßig eine substantielle Beteiligung aus dem Gesellschafterkreis zur Bedingung haben, namentlich die Rückzahlung bereits vorgenommener Ausschüttungen sowie zusätzliche Nachschüsse in erheblichem Umfang. Alternativ wird zur Verbesserung der Liquiditätslage häufig die Aufnahme neuer zahlungskräftiger Gesellschafter erwogen, was allerdings bei geschlossenen Fonds angesichts der Prospektpflicht und der engen Zeitfenster im Sanierungsfall auf dem üblichen Vertriebsweg kaum praktikabel sein dürfte. Eine weitere Hürde bei der Kapitalbeschaffung ist, dass die Gesellschaft bereits unwiderruflich für die Tonnagesteuer optiert hat und unternehmerische Verluste neuer Anleger gegebenenfalls steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen sein werden.

Eine Zwangsversteigerung des Schiffes aus einem insolventen Fonds ist auch für die Banken erfahrungsgemäß ultima ratio. ­Dies gilt naturgemäß vor allem dann, wenn Darlehensverbindlichkeiten noch in einer Höhe bestehen, die durch den zu erwartenden Verkaufserlös nicht ansatzweise gedeckt ist. Aber auch bei weitergehend entschuldeten Schiffen ist davon auszugehen, dass die Zwangsversteigerung keine Selbstverständlichkeit werden wird, da Schiffswerte und Charterraten durch jeden Notverkauf weiter sinken.

Ob es für das KG-Modell in Form des klassischen Schiffsfonds ein Revival geben wird, ist derzeit nicht abzusehen. Das Vertrauen der Anleger in dieses Modell dürfte angesichts der dramatischen Entwicklungen der vergangenen Jahre und der steigenden Zahl von Insolvenzen nachhaltig beschädigt und allenfalls langfristig wieder herzustellen sein. Für zusätzliche Verunsicherung bei Anlegern sorgen die Vorgaben der EU-Kommission für die Fortsetzung des als staatliche Beihilfe eingestuften Tonnagesteuersystems, die für die deutschen Reedereien zumindest zu höheren Kosten führen werden. Auf eine besondere Form der Schiffsfonds-Wiederbelebung zielt das Konzept ab, Fondsanleger dazu zu bewegen, ihren insolventen Fonds so mit finanziellen Mitteln nachzurüsten, dass er das eigene Schiff aus der Zwangsversteigerung zurückerwerben kann. Ob sich genügend zahlungskräftige Anleger von diesem Konzept überzeugen lassen, ist noch unklar.

Zum Teil abgelöst wurde die ursprüngliche Beteiligungsform durch den sogenannten Zweitmarkt, der aber zwischenzeitlich auch durch die Krise in Mitlei-

denschaft gezogen wurde. Vereinzelt haben sich Emissionshäuser ein neues Geschäftsfeld in Form alternativer Anlageobjekte wie beispielsweise Schiffsequipment (Container) erschlossen.

Im Bereich der alternativen Finanzierungsquellen rechnen wir am ehesten mit dem Engagement von Private-Equity-Fonds, dem Einsatz von Mezzanine-Kapital und Krediten asiatischer Banken, während wir insbesondere die Optionen, Mittel institutioneller Investoren einzuwerben oder über die Börse Kapital zu sammeln, pessimistisch beurteilen.

Es liegt auf der Hand, dass der Weg zur Normalisierung der Märkte über die Konsolidierung der Tonnage-Angebots-Seite verlaufen wird. Wer diesem Prozess nicht zum Opfer fallen, sondern ihn aktiv mitgestalten will, beschäftigt sich derzeit mit »Kooperationsmodellen« im weiteren Sinne. Den Vorzug wettbewerbsrechtlich klarer Rahmenbedingungen genießen dabei die echten Zusammenschlussmodelle. Je loser die Kooperation, desto schwieriger bis unlösbar die wettbewerbsrechtliche Situation. Insofern versucht sich zurzeit manch einer an der Quadratur des Kreises.

Daja H. Böhlhoff, Blaum Dettmers Rabstein, Hamburg

Dabelstein & Passehl

Die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten beispielsweise wegen Stores oder Supplies, bei letzteren insbesondere die Anzahl der Arrestverfahren, hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Oftmals sind die Reedereigesellschaften ohne die Hilfe von Banken oder Kommanditisten nicht mehr in der Lage, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. In der Beratung der Reedereigesellschaften werden zunehmend alternative Finanzierungs­methoden und Steuermodelle geprüft und deren Umsetzung begleitet. Dabei werden – wie bereits 2010 – immer wieder gesellschafts- und insolvenzrechtliche Fragestellungen aufgeworfen. Restrukturierungsfragen sowohl von Einzel­-

finanzierungen als auch des Gesamtengagements der einzelnen Reedereigesellschaften treten vermehrt auf.

Es ist deutlich zu erkennen, dass finanzierende Banken sich von bestimmten Partnern trennen und die Schiffe aufgrund der ihnen in den Darlehensverträgen zur Verfügung gestellten Mittel anderen Partnern in die Bereederung geben. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Reedereien, mit denen einerseits eine langfristige, strategische Zusammenarbeit gewünscht ist, und die andererseits durch einen positiven Track Record, insbesondere durch freiwillige Stellung von Liquidität bei Restrukturierungsverhandlungen, aufgefallen sind. Wenn bei diesem Prozess die Entscheidung gegen einen bestimmten Partner fällt und dieser über weitreichend entschuldete Schiffe ohne hinreichende Liquidität verfügt, ist eines der Mittel, die der Bank zu Verfügung stehen, die Fälligstellung. Sofern die Schiffswerte genügen, um die Banken zu befriedigen, ist diese Strategie zu erwarten. Bewerten kann man diese Vorgehensweise nicht. Sie ist aus der Perspektive der Banken, die ihr Exposure verringern wollen oder müssen, eine Option. Durch das Markt­umfeld im Sale-&-Purchase-Bereich dürfte sich die bisher verhältnismäßig geringe Anzahl insolventer Schiffsfonds erklären, da derzeit im Zweifel aus Sachzwängen (Market Value) heraus nachfinanziert wird. Die Restrukturierung war in der Vergangenheit im Wesentlichen von der Bereitschaft der Investoren und/oder der Reedereien zu weiteren Einschüssen abhängig. Hier sind die meisten am Ende der Kapazität, so dass wenig Raum für weitere Stundungen bleiben dürfte. Hinzu kommt die anhaltende Loan-to-Value-Problematik, die sich nun angesichts der dauerhaft schwachen Charterraten auch mit dem Hamburger Bewertungsmodell nicht mehr ohne Weiteres bewältigen lässt. Insoweit gehen wir zwar nicht davon aus, dass bereits gewährte Stundungen widerrufen werden, sofern die vereinbarten Bedingungen erfüllt werden. Neue Stundungen wird es aber ohne weitere Besicherung oder Einschüsse kaum geben und im Zweifel im Hinblick auf bankenrechtliche Vorgaben auch nicht geben können. Die Banken werden vermehrt die Engagements kündigen. Insgesamt wird vor allem die Frage der Querhaftung innerhalb von Reederei-Gruppen eine entscheidende Bedeutung sowohl für Banken als auch Investoren erhalten.

Hinsichtlich alternativer Finanzierungsquellen ist mit einer gewissen Ernüchterung zu konstatieren, dass diese jedenfalls nicht das erhoffte »Allheilmittel« sind. Als Unterstützung von asiatischer Seite – neben den »klassischen Methoden« (Nachverhandlung des Kaufpreises, nachrangige Sellers‘ Loans) – treten nunmehr immer häufiger auch chinesische Banken als vollwertige Darlehensgeber im KG-Modell auf, um den Bestellergesellschaften eine Übernahme bestellter Schiffe zu ermöglichen. Dies geschieht jedoch oft nicht ohne entsprechende Sachzwänge im Hinblick auf die nachteiligen Bestimmungen des Bauvertrages bzw. der entsprechenden Refund-Garantien, um aus strategischen Gründen eine Stützung vorzunehmen. Bond-Strukturen scheinen aufgrund der hohen Renditeerwartungen und der in der Struktur von Flottenfinanzierungen liegenden Spezifika nur schwer realisierbar. Institutionelle Anleger, das wurde auch in den vergangenen Jahren deutlich, haben ihre Schwierigkeiten mit der Fluktuation der Schifffahrtsmärkte und Renditeerwartungen.

Das KG-Modell mit einer breiten Emissionshausbasis wird wohl eher bis auf Weiteres eine geringe Rolle spielen, auch wenn große Einzelanleger auf diesem Wege immer noch gelegentlich investieren. Diese sind allerdings hochprofessionell und individuell beraten. Es wird wohl zukünftig, wie andernorts üblich, vermehrt die Reederei Darlehensnehmerin und nicht mehr die Einschiffsgesellschaft. Dies ist auch im Sinne der Strategie der Finanzierer, da die Zusammenarbeit mit ihren strategischen Partnern dadurch deutlich enger wird. Die deutsche KG-Struktur könnte hierfür als Matrix verwendet werden.

Um Zusammenschlüsse kommt die maritime Branche nicht herum, da viele Reedereien alleine nicht mehr die Kraft haben werden, die Finanzierungen zu halten und im Schiffsbetrieb vertretbare Preise zu erzielen. Bekannt aus dem Markt sind die Zusammenschlüsse E.R. Schiffahrt/Komrowski und Ernst Russ/Peter Döhle. Weiterhin ist aus der Branche zu vernehmen, dass erste Schritte von Reedern, vornehmlich kleinerer (Feeder-)Tonnage, zur Stärkung ihrer Verhandlungsposition im Wege von Genossenschaftsgründungen unternommen werden.

Dr. Jan Dreyer, Dabelstein & Passehl, Hamburg

DLA Piper

Im Jahr 2011 wurden wir zunehmend mit Mandaten in den Bereichen Restructuring, Asset Recovery und Verwertung/Vollstreckung beauftragt. Da die Kreditwirtschaft mehr und mehr durch gesteigerte Eigenkapitalkriterien und zurückhaltende Konjunkturprognosen beeinflusst wird, scheint in vielen Fällen das Handlungsprinzip »Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende« zu dominieren. Daher gehen wir davon aus, dass die Portfoliobereinigungen der schiffsfinanzierenden Institute 2012 weiter andauern werden.

Was das viel diskutierte Thema Tilgungsstundungen angeht, so geben in der Tat weder deutsche noch europäische Richtlinien bzw. Verordnungen explizit eine Drei-Jahres-Frist vor. Dieser Wert beruht nach unserer Kenntnis auf bankinternen Erfahrungswerten (»rule of thumb«) und wird in individuell zu betrachtenden Fällen gegebenenfalls verkürzt oder verlängert. Durch Regelwerke wie Basel III, Capital Requirements Directive (CRD) IV, die Solvabilitätsverordnung (SolvV) und § 10 des Kreditwesengesetzes (KWG) wird jedenfalls der Handlungsrahmen vorgegeben, in dem sich die Institute zu bewegen haben. Einige Banken ziehen die Grenzen aufgrund eigener Geschäftsphilosophie und in Anbetracht der Konjunkturprognosen für sich selbst sogar noch enger.  

Hinsichtlich des KG-Modells sehen wir für den Schifffahrtsbereich derzeit keine wesentlichen Potenziale. Anders kann dies durchaus für andere Asset-Klassen aussehen (wie etwa Real Estate, Offshore-Windkraft). Aus deutscher Sicht könnte sich als Finanzierungsalternative eventuell eine Renaissance des Schiffspfandbriefes (»Jumbo« oder »Standard«) anbieten. Darüber hinaus waren verstärkt Investitionen aus den USA und China zu beobachten, wenngleich der aktuelle Rückzug der China Development Bank aus dem Kreditengagement bei der HSH Nordbank auf eine gegenläufige Entwicklung jedenfalls in Bezug auf die Volksrepublik hindeutet. Die HSH Nordbank selbst nannte als Grund für den Rückzug der Chinesen die Herabstufung durch Moody’s im November 2011 sowie die in China um sich greifende Skepsis angesichts der europäischen Schuldenkrise.

Was die Asset-Klasse Schiff angeht, stellt sich zunächst die ganz grundsätzliche Frage, ob unter den gegenwärtigen globalen Marktbedingungen mittelfristig eine erhöhte Nachfrage nach Neutonnage zu erwarten ist. Dies dürfte für bestimmte Schiffstypen eher zutreffen als für andere. Nur wenn Zuversicht in die Nachfrageentwicklung nach Neutonnage herrscht, werden sich am Kapitalmarkt Modelle entwickeln und platzieren lassen, die den Renditeerwartungen der Investoren gerecht werden. Wir gehen zudem davon aus, dass auch über Anlageformen mit niedrigeren Renditeerwartungen, dafür höherer Sicherheit nachgedacht werden wird, um die im deutschen Markt derzeit auf dem Vormarsch befindliche »Sparstrumpfmentalität« zu bedienen.

Am ehesten dürften sich nach unserer Einschätzung Entwicklungen im Bereich der Spezialschiffe, Kreuzfahrer und Tanker (medium, handy, liquid, gas, chemical) beobachten lassen. Speziell aus dem US-Markt dürfte die Schiffsfinanzierung in Deutschland einstweilen für institutionelle Anleger weiterhin als »Opportunity Market« angesehen werden. Von chinesischer Seite dagegen ist seit kurzem eine deutliche Zurückhaltung zu verspüren.

Konsolidierungsbewegungen werden im deutschen Markt nach unserer Einschätzung auch 2012 weiterhin stattfinden. Für sogenannte »Pool-Lösungen« sind nach Wegfall der einschlägigen EU-Freistellungsverordnung kartellrechtliche Risiken einzukalkulieren. Fusionen kleinerer und mittlerer Reedereiunternehmen werden aus unserer Sicht unausweichlich sein. Dass hierzu auf genossenschaftliche Modelle zurückgegriffen werden wird, halten wir für weniger wahrscheinlich. Carsten Grau, DLA Piper UK, Hamburg

Ehlermann Rindfleisch Gadow

Die Bilanz der Schifffahrts- und Schiffsfinanzierungsmärkte des Jahres 2011 fällt aus Sicht des Schiffsfinanzierungsanwalts düster aus. Noch ist kein Licht am Ende des Tunnels auszumachen. Während sich Teilbereiche der Schifffahrtsmärkte im Jahr 2010 positiv entwickelt hatten, hat sich diese Entwicklung 2011 weder in diesen Teilbereichen fortgesetzt, noch auf andere Bereiche ausgeweitet. Die Zahl der Insolvenzen von Einschiffsgesellschaften hat im Jahresverlauf spürbar zugenommen. Dies liegt zum einen daran, dass es den Geschäftsführungen von Einschiffsgesellschaften immer schwerer fällt, Restrukturierungskonzepte im Kreis der Gesellschafter durchzubringen. Die Marktaussichten sind derart schlecht, dass den Geschäftsführungen und Treuhandgesellschaften schlicht die Argumente fehlen, weshalb eine Restrukturierung sinnvoll und erfolgreich sein könnte.

Dies gilt umso mehr, als die meisten Restrukturierungen mit einer Kapitalerhöhung, mit Gesellschafterdarlehen oder Nachschüssen sonstiger Art verbunden sind. Teilweise wurden Gesellschaften bereits mehrfach restrukturiert, ohne dass die im Rahmen der Restrukturierung gemachten Versprechungen bzw. angestellten Prognosen eingetreten wären. Auch dies wirkt sich negativ auf die Bereitschaft der Gesellschafter aus, sich erneut an einer Restrukturierung zu beteiligen. Zum anderen trägt die Dauer der Schifffahrtskrise dazu bei, dass sich die Insolvenzen häufen. Die Liquiditätsreserven der Einschiffsgesellschaften sind endgültig aufgebraucht und die schwachen Chartermärkte verbessern diese Lage nicht. Von daher kommt neben der Überschuldung immer häufiger auch die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund zum Tragen.

Die Banken zeigten sich bisher trotz der schlechten Marktentwicklung und der düsteren Aussichten für das Jahr 2012 erstaunlich geduldig. Nur in wenigen Ausnahmefällen haben Banken Schiffe festsetzen lassen und der Zwangsversteigerung zugeführt. Auch von Banken initiierte Verkäufe, bei denen die Einschiffsgesellschaft mangels Alternativen und Liquidität zwecks Vermeidung einer öffentlichkeitswirksamen Insolvenz das Schiff freihändig verkauft und die Gesellschaft still liquidiert wird, haben bislang angesichts der Schwere und Dauer der Krise nur in verhältnismäßig begrenztem Umfang stattgefunden. Der Hauptgrund hierfür ist vor allem in den niedrigen Marktwerten zu sehen. Wo immer möglich, versuchen Banken Schiffsverkäufe auf dem gegenwärtigen Marktniveau zu vermeiden. Nur wenn sichergestellt ist, dass durch den Verkauf zumindest das Darlehen abgelöst werden kann, befürworten Banken den Verkauf. Zunehmend kaufen Banken Schiffe lieber selber oder begünstigen durch die Gewährung neuer Darlehen mit hohem Fremdkapitalauslauf den Ankauf der von ihnen finanzierten Schiffe zu Darlehenswerten. Der Grund hierfür ist, dass die schiffsfinanzierenden Banken Verluste und/oder Abschreibungen vermeiden und sich die Möglichkeiten, an einem künftigen Marktaufschwung zu partizipieren, nicht verbauen wollen. Dies hat dazu geführt, dass einige Banken über unterschiedlich ausgestaltete Beteiligungsstrukturen Schiffe in beachtlicher Anzahl über Beteiligungsstrukturen halten.

Finanzierungsstrukturen, welche eine Alternative zum altbewährten KG-Modell darstellen würden, sind bislang kaum sichtbar. Es scheint, als würde sich bei vielen KG-Initiatoren nur sehr langsam die Erkenntnis durchsetzen, dass selbst mit einer Erholung der Schifffahrtsmärkte nicht automatisch auch die Investitionslaune auf Investorenseite steigen wird. Es wird vielmehr befürchtet, dass bis zum Ende der Krise eine Reihe von Investoren durch Rückabwicklungen, Restrukturierungen und Insolvenzen viel Geld verloren haben werden. Angesichts dessen erscheint es unwahrscheinlich, dass sich der deutsche Eigenkapitalplatzierungsmarkt im Schifffahrtsbereich in der alten Form schnell wieder erholt.

2012 schlägt die Stunde derjenigen Investoren, die mutig genug sind, bei historischen Tiefständen im Bereich der Schifffahrt zu investieren, ohne Aussicht auf eine schnelle Erholung der Märkte und damit ohne Aussicht auf einen schnellen Return on Investment. Erste Investoren haben bereits in der zweiten Jahreshälfte 2011 Verträge gezeichnet und Investments getätigt. Der Einstieg von AMA Capital Partners bei Lloyd Fonds ist eines von wenigen, aber viel beachteten Beispielen.

Reeder und Bereederer, die Wachstum bzw. den Erhalt ihrer Flotte nicht mittels eigener Liquiditätsreserven bewerkstelligen können, werden gezwungen sein, entweder ihre Flotte zu verkleinern oder sich mit kapitalstarken Partnern oder Wettbewerbern zusammenzutun. Eine weitere Möglichkeit zur Generierung von Liquidität sind klassische Sale-and-Lease-Back-Transaktionen, die dadurch reederfreundlich gestaltet werden, dass der verkaufende und zurückcharternde Reeder die Bereederung des Schiffes behält und Rückkaufoptionen vereinbart.

Bislang haben nicht viele deutsche Reedereien die Zeit der Krise seit Deutlichwerden der eigenen Schwächen genutzt, diese Schwächen zu beseitigen. In technischer Hinsicht und auch im Hinblick auf die Befrachtungsleistung halten deutsche Reedereien dem internationalen Vergleich sehr gut stand. Viele deutsche Reedereien sind führend im Bereich der technischen Bereederung und der Befrachtung ihrer Schiffe. Die Schwächen der deutschen Reeder liegen eher auf anderen Gebieten, vor allem beim Financial Management und Reporting. In diesen Bereichen sind die deutschen Reedereien oftmals (noch) nicht führend. Kapitalstarke Investoren oder Kooperationspartner lassen sich aber nur gewinnen, wenn das Zielunternehmen keine Black Box ist und über ein gutes, aussagekräftiges Financial Reporting verfügt. Diese Erkenntnis setzt sich nunmehr marktweit durch und viele Reedereien sind im Begriff, auf diesem Gebiet nachzubessern.

Nicht zuletzt wird es aufgrund der durchwachsenen bis schlechten Aussichten in den Aktien- und Anleihemärkten von Seiten der Versicherer, Versorgungswerke, Family Offices und institutionellen Investoren eine verstärkte Nachfrage nach Investitionsmöglichkeiten in Sachwerte geben. Schiffe werden von dieser Entwicklung profitieren können, wenn entsprechende Strukturen geschaffen werden, die den Bedürfnissen der Investoren Rechnung tragen. Die Hauptbedürfnisse der Investoren sind neben der Steuerfreiheit des Investments und der Bekanntheit der Investmentstruktur die begrenzte Laufzeit und Renditesicherheit. Aufgeräumt werden muss mit der Befürchtung, dass institutionelle Investoren immer eine Rendite­erwartung von mehr als 10 % per annum haben. Dies ist keineswegs der Fall. Die Renditeerwartung ist von den Parametern, insbesondere vom Risikoprofil des Investments, abhängig und kann bei entsprechender Strukturierung auch merklich unter 10 % pro Jahr liegen.

Insgesamt steht zu befürchten, dass 2012 kein besseres Schifffahrts- und Schiffsfinanzierungsjahr wird als 2011. Weder von den Schifffahrtsmärkten noch von den schiffsfinanzierenden Banken kann man realistischerweise positive Impulse erhoffen. Diese werden eher von kapitalstarken Investoren kommen. Diese für die Schifffahrt neuen Investoren bestimmen die neuen Spielregeln. Der Schifffahrts- und Schiffsfinanzierungsstandort Deutschland muss in der Krise die Chance sehen und sich schnell auf diese neuen Strukturen und Spielregeln einstellen, um nicht wertvolle Marktanteile in zunehmenden Maße zu verlieren. Dr. Stefan Rindfleisch,

Ehlermann Rindfleisch Gadow, Hamburg

Fleet Hamburg

Die im Dezember 2011 gegründete Sozietät Fleet Hamburg LLP konzentriert ihr Geschäft auf die Beratung der maritimen Wirtschaft. Mit acht Anwälten betreut sie zahlreiche Reedereien, Versicherer, Zulieferer und sonstige Schifffahrtsunternehmen aus aller Welt im Tagesgeschäft ebenso wie bei akuten, dringenden Problemen. Das internationale Team von Fleet Hamburg und die engen Kontakte zu Kollegen in allen wichtigen Schifffahrtszentren erlauben die Vertretung der Mandanten nicht nur vor deutschen Gerichten und Schiedsgerichten, sondern auch in England und anderswo.

Das Jahr 2011 brachte viele Charterer in finanzielle Bedrängnis, bei einigen waren Insolvenzen und andere Schuldnerschutzverfahren in zahlreichen Jurisdiktionen die Folge. Vor diesem Hintergrund bestand bei unseren Mandanten erhöhter Beratungsbedarf bei der Durchsetzung und Sicherung ihrer Ansprüche unter Charter Parties. Die Rückabwicklung von Schiffbau- und -kaufverträgen sowie geleisteter Anzahlungen brachte nicht immer die erhoffte Erholung.

Sinkende bzw. ausbleibende Charterraten haben einige Mandanten wirtschaftlich derart nachhaltig belastet, dass wir verstärkt mit haftungsrechtlichen Fragestellungen, insbesondere der Geschäftsführerhaftung im Falle der Unternehmensinsolvenz, befasst waren. Notwendig war außerdem die Aufnahme von Verhandlungen mit den Kreditgebern über existenzsichernde Maßnahmen oder alternativ über einen gesteuerten Verkauf von Schiffen. Auch die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Aufbringung von Eigenkapital in der Schiffsfinanzierung haben uns im Jahr 2011 schwerpunktmäßig beschäftigt. Hierbei standen die Suche nach alternativen Kapitalquellen im Vordergrund sowie Restrukturierungsmaßnahmen in Gestalt von Stundungs- und Stillhaltevereinbarungen und unterschiedlich ausgestalteten Forderungsverzichten.

Dass Banken aus Anlass ausbleibender Kreditraten im Jahr 2011 zunehmend von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht haben, nachdem sie über einen langen Zeitraum liquiditätssichernde Stundungen und Stillhaltevereinbarungen gewährt hatten, spiegelt ihren Vertrauensverlust in die mittel- bis langfristige Erholung des Marktes wider. Teilweise mochte die Kündigung einer Bank auch dem Ziel zu dienen bestimmt sein, möglichen Haftungsrisiken wegen Insolvenzverschleppungsbeteiligung vorzubeugen. Nach unserer Erfahrung stand bei einer Kündigung des Kreditengagements und der sich anschließenden Insolvenz eines Schiffsfonds nicht die im Markt kolportierte Drei-Jahres-Frist im Vordergrund, sondern die individuelle Fortführungsprognose des jeweiligen Fonds. Der Kündigung waren in vielen Fällen intensive Verhandlungen über Sanierungskonzepte in Form einer engmaschigen Zusammenarbeit zwischen den Kreditgebern und der Geschäftsführung, den Gesellschaftern sowie weiteren Gläubigern des jeweiligen Fonds vorausgegangen, die darauf ausgerichtet waren, unter Rückgriff auf einen unabhängigen sachverständigen Dritten die Fortführungsoptionen sowie die hierfür erforderlichen, üblicherweise gemeinsam zu schulternden Voraussetzungen auszuloten. Die Kündigung erfolgte in diesen Fällen als ultima ratio, nachdem eine positive Fortführungsprognose für das Unternehmen nicht getroffen werden konnte und auch alternative Konzepte zur kurzfristigen Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten gescheitert waren.

Es steht zu erwarten, dass sich das ab März dieses Jahres geltende Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) auf die Bereitschaft der Gläubiger einschließlich der Banken zu gemeinsamen Sanierungsanstrengungen positiv auswirkt, da u.a. die Stellung der Gläubiger im Hinblick auf die Handlungsoption des Debt-Equity-Swap im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens deutlich verbessert wird.

Die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Einwerbung von Eigenkapital über das KG-Modell scheinen weniger ein strukturelles Problem zu sein, als vielmehr die Folge des Vertrauensverlusts der Anleger. Eine kurzfristige Neuauflage des KG-Modells halten wir insbesondere im Hinblick auf die anhaltende schwierige Marktsituation für eher unwahrscheinlich. Im Jahr 2011 konnte man aber auch beobachten, dass das KG-Modell durch andere Investoren genutzt wird. Chinesische Geldgeber, die zumeist strategische Ziele auf dem deutschen Markt verfolgen, engagieren sich auf diesem Markt ebenso wie branchenfremde amerikanische Investoren.

Dieser Trend wird nach unserer Einschätzung auch 2012 anhalten und sich noch verstärken. Eine ähnliche Entwicklung erwarten wir im Hinblick auf den Trend zur Konsolidierung der Branche.

Dr. Ann-Kathrin Burchard, Fleet Hamburg

Lebuhn & Puchta

Unsere Tätigkeitsschwerpunkte haben sich im vergangenen Jahr – geringfügig – insoweit verschoben, als zunehmend auch insolvenzrechtliche Fragestellungen Gegenstand der anwaltlichen Beratung geworden sind. Dies gilt zum einen natürlich für Fragestellungen im Zusammenhang mit der Insolvenz der Beluga-Gruppe, wobei aber auch hier Fragestellungen zur Restrukturierung derjenigen Teile der Beluga-Gruppe im Vordergrund standen, für die ein wirtschaftliches Überleben möglich gemacht wurde. Aus unserer Sicht mussten vielfach ausländische Geschäftspartner der Beluga-Gruppe zu der Abwicklung bereits bestehender, wirtschaftlich aber nicht mehr durchführbarer Verträge beraten werden und andererseits rechtliche Möglichkeiten aufgezeigt werden, mit den Auffang- und Nachfolgegesellschaften trotz der parallel verlaufenden Abwicklung in der Insolvenz, neue, zum Teil auch langfristige Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Ein weiteres erhebliches Tätigkeitsfeld für unsere Kanzlei wurde durch die inländische anwaltliche Begleitung von ausländischen Insolvenzverfahren eröffnet. Da davon auch große Linienreedereien betroffen waren, entwickelte sich daraus ein Akzent unserer anwaltlichen Tätigkeit im Jahr 2011. Zum dritten haben wir eine Reihe von großen Schiffbauprojekten mit anwaltlicher Beratung begleitet, die zum Teil im Ausland und zum Teil im Inland, zum Teil bedingt durch die Finanzkrise, zum Teil aber auch durch technische Entwicklungen in der Abwicklung zwischen der Werft und dem Besteller in Schieflage geraten sind.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die bei den Einzelprojekten betroffenen Investitionssummen im Jahr 2011 überproportional stark angestiegen waren. Dadurch ergeben sich zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf unsere Tätigkeitsschwerpunkte, wohl aber eine weitere Konzentration auf eine kleinere Anzahl größerer Projekte. Daneben konnten wir unsere traditionellen anwaltlichen Beratungsangebote fortführen. Hier hat sich keine wesentliche Veränderung ergeben.

Aus den Vorjahren war bereits eine stetige Zunahme von Auseinandersetzungen zwischen Fondsgesellschaften (Eignergesellschaften) einerseits und den für sie tätigen Managementgesellschaften andererseits bekannt. Auch diese Entwicklung ist selbstverständlich mittelbar auf die tendenziell wirtschaftlich schlechteren Rahmenbedingungen für die Schifffahrt zurückzuführen, weist aber im Übrigen – aus der Sicht des beratenden und forensisch tätigen Rechtsanwalts – keine krisenspezifischen Besonderheiten auf.

Was das Verhalten der Banken betrifft, so ist die individuelle wirtschaftliche und finanzielle Prognose des Kreditnehmers maßgeblich davon beeinflusst, inwieweit der Kreditnehmer selbst durch eigene Maßnahmen und Bemühungen seine Kreditgeber veranlassen kann, in ihrer traditionell passiven Grundhaltung, was das operative Schifffahrtsgeschäft angeht, zu verharren. Die Schifffahrtskrise schlägt sich bei allen Marktteilnehmern – mehr oder weniger in ähnlicher Form und Intensität – nieder. Die in dieser Situation gestellte Prognose für die Zukunft wird in stärkerem Maße, als dies zu besseren Zeiten der Fall ist, von der Persönlichkeit des einzelnen Reeders oder reedernahen Dienstleisters beeinflusst. Der Aufrechterhaltung und Intensivierung von persönlichen Beziehungen zu inländischen und ausländischen Geschäftspartnern kommt überragende Bedeutung zu. Schließlich streben alle Marktteilnehmer auch in der Zeit der Krise jedenfalls den kleinsten gemeinsamen Nenner an, nämlich die Erhaltung des maritimen Clusters Deutschland, auch noch lange nach der Überwindung der gegenseitigen Krise. Hier kann es für keinen der Beteiligten »in Stein gemeißelte« Prämissen und Anforderungen geben. Nach unserer Einschätzung verhalten sich die Kreditgeber der Schiffsfonds nicht anders als die Schiffsfonds selbst. Es findet ein verschärfter Verdrängungswettbewerb statt. Aus der international ausgerichteten Beratungspraxis ist uns jedoch bekannt, dass ausländische Marktteilnehmer aus dem Bereich der Schifffahrt nach wie vor ein starkes Interesse an der geschäftlichen Tätigkeit in Deutschland haben. Dies gilt sowohl für ausländische Schifffahrtsunternehmen selbst wie auch für zugehörige »Dienstleister« wie Versicherungsunternehmen und Versicherungsmakler. Wir bewerten diese Beobachtungen mehr als Auswirkungen der Globalisierung und weniger als ein spezifisches, auf Deutschland beschränktes Krisengeschehen.

Aus unserer Sicht stellt sich einstweilen die Frage nach einem Revival des KG-Modells nicht. Das KG-Modell als solches ist nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Neugeschäft wurde auch 2011 im nicht unerheblichen Umfang seitens der Emissionshäuser platziert, möglicherweise aber überwiegend bei anderen Anlegerklassen als dies in der Vergangenheit der Fall war. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmenmodells können selbstverständlich alle Formen von alternativen Geldquellen erschlossen werden, denn »das KG-Modell« existiert keineswegs nur in der Form von Publikumsgesellschaften mit mehreren hundert einzelnen Anlegern.

Der Schifffahrtsstandort Deutschland hat, gerade mit Blick auf das zu Unrecht totgesagte KG-Modell, ein bemerkenswertes Maß an Flexibilität für Investitionen in Schiffe entwickelt. Dadurch wurde das schifffahrtsspezifische Know-how, das ohnedies über eine lange Tradition gewachsen und hier akkumuliert wurde (z. B. beim Schiffbau, der Schiffsfinanzierung, der Schiffsversicherung, der Schiffsbefrachtung etc.), um einen wesentlichen Erfolgsfaktor, nämlich Flexibilität und die Fähigkeit schifffahrtsspezifische Nischenmärkte zu besetzen, bereichert.

Hierfür hat nicht zuletzt das KG-Modell den entscheidenden Beitrag geleistet. Ob all dies allein durch Schifffahrtskredite chinesischer Banken nachhaltig infrage gestellt werden kann, erscheint uns bis jetzt zweifelhaft. Entscheidend war im vergangenen Jahr im Übrigen nicht, ob Finanzierungsquellen »alternativ« oder konventionell erschlossen werden konnten, sondern dass insgesamt erheblich weniger Kapital in den Bereich Schifffahrt geflossen ist.

Die Konsolidierung der Branche generiert einerseits auch Neugeschäft für den Sektor Schiffsfinanzierung und die beratenden Berufe. Gleichzeitig findet gerade auf den oberen und mittleren Managementebenen der Branche zweifellos eine Konzentration statt, die aber ihrerseits durch die überproportionale Expansion während der letzten 15 bis 20 Jahre zwangsläufig erforderlich gewesen wäre, auch ohne Schifffahrtskrise. Nach den Erfahrungen aus unserer anwaltlichen Beratungspraxis liegt hier der Schwerpunkt nicht auf der Suche nach neuen Modellen, sondern in der Rückbesinnung auf das im gleichen Zeitraum überproportional gewachsene, schifffahrtsbezogene Know-how sowie auf der Pflege und Intensivierung des – schon immer global gespannten – Netzwerkes aus langfristigen, durch Persönlichkeit und Beziehungen geprägten Geschäftskontakten.Ob dieses Netzwerk, soweit es vom Schifffahrtsstandort Deutschland ausgeht, am Ende auf Plattformlösungen, Genossenschaftsmodellen oder anderen Formen, in denen branchennahe Kräfte gebündelt werden können, stattfindet, ist nach unserer Einschätzung von nur sekundärer Bedeutung. Dr. Ulrich Stahl, Lebuhn & Puchta, Hamburg

Norton Rose

Die (Banken-)Krise hatte zwangsläufig Einfluss auf unsere Tätigkeit und hat diese nach wie vor. Jedoch haben wir unser Büro in Hamburg erst im Mai 2011 eröffnet, so dass dies weniger Einfluss auf Änderungen in bestehenden Arbeitsabläufen hatte, als vielmehr auf die Natur der Arbeit als solcher. In München, wo wir im Schiffsfinanzierungsbereich seit einigen Jahren aktiv sind, gab es zwar einen Rückgang der Tätigkeit bei neuen Finanzierungsprojekten, allerdings haben wir weiterhin einen stetigen Transaktionsfluss zu verzeichnen. Seit der Eröffnung in Hamburg haben wir auf der Bankenseite einige Neufinanzierungen, ­einschließlich Exportkredite, Mezzanine-­Finanzierungen, ebenso wie verschiedene Restrukturierungsprojekte und ein verbrieftes Betriebskapitaldarlehen beratend begleitet. In Verbindung mit unserer weit aufgestellten Praxis im Corporate-Bereich haben wir ferner bei einigen Unternehmenskäufen im maritimen Sektor mitgewirkt. Die stärksten Auswirkungen können wir in unserer in Hamburg sehr starken Praxis im Fondsbereich feststellen. Die Beratung neuer Fondsprojekte ist aufgrund des weiterhin rückläufigen Neugeschäfts zurückhaltend gewesen. Dafür beraten wir nach wie vor bei diversen umfangreichen Fondssanierungsprojekten. Im Rahmen der Krise hat im Fondsbereich aufgrund der zunehmenden Klagefreudigkeit von Anlegern auch unsere prozessrechtliche Unterstützung weiterhin zugenommen. Auch im Hinblick auf die gesetzgeberischen Aktivitäten auf nationaler wie EU-Ebene im Bereich des Finanzmarktaufsichtsrechts, die 2012 und 2013 in Kraft treten, beraten wir umfassend. Zusammen mit der Wirtschaftsprüfungs­gesellschaft BDO und dem Institut für ­Alternative Investments (IAI) bieten wir insbesondere zur Umsetzung der AIFM-Anforderungen die Einrichtung einer AIFM-konformen Compliance-Struktur an.

Weiterhin profitieren wir davon, Teil der Norton Rose Group zu sein, die über umfangreiche Expertise im Shipping an weltweiten Schlüsselstandorten für den maritimen Bereich verfügt. Das gibt uns die Möglichkeit, Mandate zu betreuen, welche die grenzüberschreitende Beratung in mehreren Jurisdiktionen voraussetzen. Diese Art von Tätigkeit ist wiederum eine weitere Facette der von uns angebotenen und ausgeführten Tätigkeiten. Dies zeigt sich einerseits in der zunehmend nachgefragten Beratung neuer Finanzierungsmöglichkeiten, die wir nicht auf nationale Optionen beschränken, sondern bei der wir gezielt die Expertise und Vernetzung unserer ausländischen Büros einbeziehen. Dies zeigt sich andererseits in der bankenseitig nachgefragten Unterstützung bei Schiffsarresten.

Hinsichtlich des Verhaltens der Kreditgeber lässt sich Folgendes festhalten: Soweit wir speziell die deutschen Banken betrachten, muss fairerweise gesagt werden, dass dies – abhängig von den einzelnen Umständen bei der jeweiligen Bank – ganz unterschiedlich war. Einige Banken sind eher von Ausfallrisiken, von der Notwendigkeit der Restrukturierung ihrer Bilanzen oder von Liquiditätsengpässen betroffen, womit diese Gesichtpunkte maßgeblich sind für ihr Verhalten. Die Nachfrage unseres Netzwerkes etwa bei der Schiffsarretierung hat je nach Bank durchaus zugenommen. Der Presse ist über die Ergebnisse der Banken in der gegenwärtigen Krise zu entnehmen, dass die Zukunftsprognosen positiv und die Bücher mit geringen Ausfallrisiken belastet sind. Teilweise rührt dies daher, dass eine nur sehr geringe Anzahl von gewichtigen Verwertungsmaßnahmen der von Darlehensnehmern begebenen Sicherheiten vorgenommen worden sind und keine der bedeutenden deutschen Schiffsfinanzierer verlautbart hat, seine Aktivitäten in der Schiffsfinanzierung einzustellen, wie dies in den meisten anderen europäischen Staaten der Fall ist. Insgesamt ist es aber schwierig, das Verhalten der Banken zu beurteilen, ohne auf die spezifischen Umstände der jeweiligen Bank einzugehen.

Den KG-Markt in seiner bisherigen Form wird es für längere Zeit nicht geben. Hier hängt viel davon ab, ob und wie schnell das Vertrauen der Investoren zurückkehrt, was wiederum von der Lösung der allgemeinen Staaten- und Bankenkrise abhängt. Sicherlich werden auch die Modelle differenzierter ausfallen müssen, wie wir dies derzeit bereits im Hinblick auf die Schaffung von Absicherungsstrukturen für den Retail-Investor sehen. Interessante Möglichkeiten können sich zudem im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie bieten, wenn der deutsche Gesetzgeber bereit ist, gesetzgeberische Modifikationen für das KG-Modell zu bieten, die größere Strukturen erleichtern. Wichtig ist aber auch, dass die über die Tonnagesteuer erzielte Attraktivität erhalten bleibt. Insofern wird es unseres Erachtens den KG-Markt weiterhin, aber in deutlich differenzierter Form als vorher geben.

Es steht eine begrenzte Anzahl von Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Im Shipping-Sektor werden all diese zurzeit austariert. Möglicherweise werden Beteiligungskapital von Anteilseignern und Fremdfinanzierung durch Banken die bevorzugten Finanzierungsmöglichkeiten darstellen. In jüngster Zeit gab es Beispiele für die Finanzierung über Private Equity. Hier gehen wir von weiteren Aktivitäten aus. Andere Marktteilnehmer werden verstärkt auf ihre Rücklagen zurückgreifen und wieder andere auf die Unterstützung durch Exportkredite hoffen. Der Weg über den Kapitalmarkt ist eine weitere Option, allerdings hängt hier viel vom Vertrauen in die Märkte ab. Die Ressourcen für neues Geld sind weltweit knapp. Sie existieren auf einigen Märkten, im Moment jedoch weniger in Europa und eher in den USA und im Fernen Osten. Die Frage ist zwar insofern auch die nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, aber noch weit stärker die nach der Bereitschaft der Geldgeber, in den Bereich Schiff zu investieren. Die unterschiedliche Verfügbarkeit in den Märkten kann dazu führen, dass diejenigen, die auf die Geldressourcen angewiesen sind, sich dorthin bewegen müssen. Dies wurde von anderen bereits so praktiziert. Die wesentliche Fragen hierbei werden die nach Liquidität und Preisgestaltung sein bzw. ob die Betroffenen bereit sein werden, den notwendigen Preis für frisches Geld zu zahlen.

In Bezug auf die Restrukturierung der Branche muss jedes Modell auf das jeweilige Geschäftsmodell und die individuellen Umstände des Reeders oder Emissionshauses zugeschnitten sein und ist abhängig davon, welche Restrukturierungsziele hierdurch erreicht werden sollen. Restrukturierung kann damit beginnen, dass interne Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungsmaßnahmen getroffen werden, die zur Umgestaltung der Gruppenstruktur führen können. Hieraus kann sich alles Mögliche ergeben, vom geordneten Verkauf von Vermögensgegenständen, über Sale and Lease back bis hin zum Joint Venture oder gar der vollständigen Veräußerung des Unternehmens bzw. zu Unternehmenszusammenschlüssen – je nach dem, was sich im Einzelfall als ökonomisch am sinnvollsten für die Beteiligten ergibt. Generell können wir sagen, dass wir an der Beratung von Restrukturierungsmodellen beteiligt sind und die Tendenz zu Corporate-Strukturen vorhanden ist. Dennoch sei nochmals betont, dass hier besondere Kreativität gefragt ist, um individuelle Lösungen für individuelle Probleme zu finden.

Gordon Hall und Dr. Ludger C. Verfürth,

Norton Rose Germany, Hamburg

Taylor Wessing

Nachdem sich Ende 2011 der transportrechtliche Teil der Seerechtspraxis von Taylor Wessing selbständig gemacht hat, konzentriert sich Taylor Wessing neben der Beratung von Fondsstrukturen und Finanzierungsformen im maritimen Sektor weiterhin auf den maritimen Anlagenbau, insbesondere den klassischen Offshore-Bereich Öl und Gas, Offshore-Wind, auf Schiffbauverträge insbesondere des Spezialschiffbaus, der Marine und auf große Yachten. Im internationalen Schiffbau sind wir derzeit unter anderem befasst mit Schiffbauverträgen in Asien. Immer noch befinden sich hier Projekte in Schwierigkeiten, die vor der ersten Krise, teilweise noch im Jahr 2007, kontrahiert worden waren, sich über schwierige Zeiten bis heute gerettet haben, aber aufgrund der Entwicklungen der Märkte vor unüberwindbaren Finanzierungsproblemen stehen. Reedereien suchen hier nach Ausstiegsmöglichkeiten. Im Bereich Yachten sehen wir Interesse an Standardmodellen, die von deutschen Werften nicht bzw. nicht zu entsprechenden Preisen angeboten werden. Dies lenkt Geschäft beispielsweise nach Italien. Im Spezialschiffbau für die Offshore-Windindustrie haben wir uns wiederum mit Projekten für Errichterschiffe befasst, die allerdings nicht mit deutschen Werften kontrahiert worden sind.

Für die deutschen Werften sehen wir die Notwendigkeit, ihre Generalunternehmer-Risiken adäquat mit wichtigen Zulieferern bzw. Subunternehmern zu teilen und Kooperationen einzugehen. Viele deutsche Werften profitieren von ihrem Know-how aus dem Bereich des Offshore-Öl- und Gasgeschäfts (Oil Rigs und FPSOs), und dieses muss in Einklang gebracht werden mit den Interessen der Besteller von Spezialschiffen für die Offshore-Windindustrie. Nach wie vor ist es so, dass hier ­unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen. Die vertraglichen Vorstellungen von Energieversorgern und Bauunternehmen unterscheiden sich teilweise von den vertraglichen Konzepten, mit denen Werften üblicherweise umgehen. Vielfach wird hier auf allgemein zugängliche Standardverträge zurückgegriffen. Hierin sehen wir Risiken.

Was die klassische Schiffsfinanzierung angeht, sehen wir bei Anlegern weiterhin Zurückhaltung, in KG-Konzepte zu investieren, und bei Banken eher die Tendenz, Kreditrisiken abzubauen als sich in Neugeschäft zu engagieren. Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit im Fondsbereich bestand daher wie schon im Vorjahr darin, die Restrukturierung und Sanierung bestehender Investments zu begleiten, was auch verstärkt rechtliche Aspekte im Vorfeld einer möglichen Insolvenz betraf. Nach unserer Erfahrung hängt das Verhalten der Kreditgeber bei insolvenzgefährdeten Schiffsfonds stark vom Einzelfall ab. Wir sehen keine allgemeine Tendenz, dass Kredite grundsätzlich nicht prolongiert bzw. fällig gestellt werden. Wenn berechtigte Chancen auf einen erfolgreichen Turnaround und eine nachhaltig positive Fortführungsprognose bestehen, zeigen sich die Banken nach unserer Erfahrung trotz »Covenant Breaches« in der Regel bereit, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen mitzutragen. Allerdings üben Banken mittlerweile in Krisensituationen verstärkt Druck aus, den Verkauf von schlecht wirtschaftenden Schiffen zu betreiben, was damit jedenfalls bei Einschiffsgesellschaften auf eine »kalte« Liquidation außerhalb des Insolvenzverfahrens hinausläuft.

Tilgungsaussetzungen über einen Zeitraum von drei Jahren sind in der Praxis eher selten anzutreffen, wenngleich sie auch nicht völlig auszuschließen sind. Auch hier gilt, dass die Banken konkrete Schritte von einer sorgfältigen Einzelfallprüfung im Rahmen der rechtlichen Vorgaben abhängig machen. Üblicherweise werden keine regulatorischen Gründe als Argument gegen längerfristige Lösungen oder Prolongationen bestehender Stundungen angeführt, wenn die Bank von einer nachhaltig positiven Entwicklung überzeugt werden konnte. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Prüfungsanforderungen der Bank umso strenger werden, je länger Kredite gestundet werden sollen. Negativ zum Tragen kommt hier die hohe Volatilität der Charterraten, die es nicht einfacher macht, belastbare Prognosen über längere Zeiträume zu erstellen.

Wir haben im vergangenen Jahr Anfragen institutioneller Anleger aus dem Ausland erhalten, die an Investments in Tonnage interessiert sind. Insbesondere US-Fonds zeigen hier nach unserer Wahrnehmung zunehmend Interesse, entweder in bestehende Strukturen zu investieren oder eigene Portfolios zusammen mit deutschen Kooperationspartnern aufzubauen. Ob der Schiffsmarkt in größerem Maße für Private-Equity-Investoren interessant ist, bleibt abzuwarten. Häufig sind die länger angelegten Laufzeiten von Schiffholding-Gesellschaften nicht mit dem Investment-Life-Cycle von Private-Equity-Investoren in Einklang zu bringen. Wir erwarten daher eher kapitalmarktorientierte Refinanzierungen, z.B. über Bonds oder durch sogenannte SPACs (Special Purpose Acquisition Companies). Hierzu haben wir mehrfach Anfragen im vergangenen Jahr erhalten, bei denen allerdings damit zu rechnen ist, dass die kapitalmarktrechtliche Emission nicht in Deutschland durchgeführt wird.

In den bei uns bearbeiteten Fällen stand mandantenseitig die Chancen- und Risikostreuung durch die Bündelung von mehreren Schiffen unter einem Dach durch Einbringung bestehender Einschiffsgesellschaften in eine Holding-Gesellschaft im Fokus. Wegen der Komplexität der damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen Fragen und Finanzierungs- und Bewertungs­aspekten bleibt indessen fraglich, ob sich solche Lösungen in der Praxis durchsetzen werden. Das Vehikel einer Genossenschaft halten wir nur in bestimmten Sonderkonstellationen als alternative Investitionsstruktur für geeignet, das KG-Modell zu ersetzen. Daher sehen wir eher kapitalmarktorientierte Lösungen im Vordergrund, was – und hierauf wird es immer mehr ankommen – entsprechend Unternehmensgrößen voraussetzt.

Dr. Michael Baumhauer, Taylor Wessing, Hamburge