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Horst Köhler, der sich bis 2004 bei MAN Diesel & Turbo unter anderen mit Emissionen aus der Schifffahrt befasste und sein Arbeitsgebiet anschließend allgemein auf den

Klimawandel ausweitete, begründet, warum der menschengemachte Klimawandel real und nicht etwa Einbildung ist

Der Klimawandel ist keine Erfindung der Neuzeit. Es ist schon seit mehr als 150 Jahren bekannt, dass bei einer deutlichen[ds_preview] Erhöhung des Kohlendioxid-Gehaltes in der Atmosphäre die mittlere globale bodennahe Erdtemperatur zunimmt (1824 Fourier, 1860 Tyndall, 1896 Arrhenius), wobei schon ein Anstieg von 2 °C drastische Auswirkun-

gen auf die Menschheit, die Fauna und Flora hätte. Je nach Emissions-szenario prognostizieren Klimaforscher heute für das Ende dieses

Jahrhunderts +6 °C Erhöhung und einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu einen Meter. So ist es kein Wunder, dass so genannte -Klima-Leugner die drohende Gefahr herunterspielen oder sie sogar als Unfug abtun.

Klimawandel und Klimaschutz sind interessante, aber außerordentlich komplexe, interdisziplinäre Materien, deren volles Verständnis ein -vertieftes Studium erfordert. So ist es zu verstehen, dass es immer wieder Stimmen gibt, meist aus anderen Disziplinen oder von Nicht-Experten kommend, die den Wissensstand auf dem Gebiet der -Erforschung des Klimawandels anzweifeln, die Auswirkungen der -Klimaerwärmung verharmlosen oder die leugnen, dass es einen von Menschen gemachten, also anthropogenen Klimawandel überhaupt gibt. Meist werden dabei veraltete oder aus dem Zusammenhang -gerissene bzw. schlicht falsche Thesen verbreitet.

Derartige Meinungen verwirren nicht nur die Öffentlichkeit, sondern stellen die Arbeit von Tausenden von erfahrenen Forschern in Frage. Sie werten auch die langwierigen, komplizierten Beratungen der hochrangigen Klimaberater und Politiker von fast 200 Ländern ab, die jedes Jahr auf großen internationalen Konferenzen in aufreibenden Debatten versuchen, international wirksame Regeln zur Emissionsbegrenzung zu vereinbaren. Dass die Ergebnisse dieser Verhandlungen bislang eher dürftig sind, liegt nicht etwa an einer Verkennung oder gar Leugnung der menschenverursachten Klimaerwärmung, sondern daran, dass Schwellenländer andere politische und wirtschaftliche Ausgangssituationen als die Industrieländer haben und dass wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz einen sehr hohen finanziellen und technischen Aufwand erfordern.

So hat im Dezember 2011 in der HANSA auch der Wirtschaftsjournalist Dr. Klaus Peter Krause unter der provokanten Überschrift »Es gibt -keinen menschengemachten Klimawandel durch CO2« einen Artikel veröffentlicht, in dem er zum Schluss gelangt, dass es keinen Treibhaus-Effekt gebe, dass »die ganze Klimapolitik Unfug und ein groß -angelegter Schwindel« sei und dass es sich in Wahrheit nur um ein »verkapptes gigantisches Abzocke- und Konjunkturprogramm« handele. Die irreführenden Hauptaussagen dieses Autors werden im Folgenden widerlegt.

Falschaussage 1: Die geringen CO2-Gehalte der Luft können nicht

wie ein Treibhaus wirken und somit die Erde auch nicht erwärmen.

Wenn Klaus Peter Krause den CO2-Gehalt der Luft auf den Anteil Deutschlands herunterrechnet und angesichts des sich dann ergebenden winzigen Prozentsatzes mit vier Nullen hinter dem Komma den Leser provokativ fragt, was das mit dem Klimawandel zu tun habe, dann ist dies schlichtweg unseriös. Kleine Änderungen können in dem fragilen System »Erdatmosphäre« sehr wohl große Veränderungen -bewirken (übrigens: auch die Zunahme der menschlichen Körpertemperatur um »nur« 3 °C kann bekanntlich große Folgen haben), auch wenn noch nicht sämtliche Detailprozesse voll verstanden sind.

Durch wissenschaftliche Messungen (z.B. Eisbohrkerne, im Antarktis-Eis eingeschlossene Luftbläschen) und moderne Rechenverfahren kann das Klima zumindest bis zu 750.000 Jahre zurückverfolgt werden. Es war bestimmt durch eine zyklische Folge mehrerer Eis- und Warmzeiten (verursacht durch geo-astrophysikalische Vorgänge, wie Änderung der Erdbahn, Änderungen der Kontinente usw.) mit maximalen Temperaturunterschieden zwischen den Höhepunkten der Warm- und Eiszeiten von 8–10 °C. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre blieb in dieser langen Phase mit einem Minimum von etwa 180 ppm (Eiszeit) und einem Maximum von ca. 280 ppm (Warmzeit) vergleichsweise konstant; es gab sogar Phasen, in denen die CO2-Konzentration trotz eines unterschiedlichen Klimas weitgehend unverändert blieb. Da die ersten Menschen als Nomaden, Sammler und Jäger erst am Ende des hier betrachteten Zeitraumes existierten, hat der frühere CO2-Gang keine anthropogene Ursache, sondern ist ausschließlich eine Folge natürlicher Prozesse, d.h. des natürlichen Treibhauseffektes.

Seit rund 10.000 Jahren lebt der Mensch in einer Warmzeit-Epoche mit stabiler, wenig schwankender mittlerer Temperatur. Der natürliche Kohlenstoffkreislauf (natürlicher Treibhauseffekt) bewirkt eine bodennahe mittlere globale Erdtemperatur von 15 °C (gäbe es diesen Effekt nicht, wäre die Erde ein Eisball mit einer Temperatur von -18 °C). Doch in den vergangenen 250 Jahren, seit Beginn der Industrialisierung, -gerät das bis dahin stabile Klimasystem zunehmend aus den Fugen: Die globale Mitteltemperatur nahm in diesem kurzen Zeitraum bereits um 1 °C zu, während weitere 0,7 °C selbst dann erwartet werden, wenn die CO2-Emission sinken sollte. Auslöser ist die mittlerweile von durchschnittlich 280 auf knapp 400 ppm, also um etwa 40 %, gestiegene CO2-Konzentration, ein Wert, wie er zumindest in den letzten 600.000 bis 700.000 Jahren nie existiert hat.

Es gibt derzeit keine andere einleuchtende Erklärung der Wissenschaft als die, dass die – im Verlauf der Erdgeschichte einmalige – untypische Temperaturerhöhung durch die Menschheit gemacht ist. Die Menschheit produziert zu viel an zusätzlichen Treibhausgasen, von denen ein immer größer werdender Teil nicht mehr wie bisher durch natürliche Senken (Ozeane, Vegetation) aus dem Kreislauf verschwindet. Zu dem bisher bestimmenden natürlichen Treibhauseffekt addiert sich nun der anthropogene Treibhauseffekt. Bei weiterem Wirtschaftswachstum, bei gleich starkem Energieverbrauch und bei weiter zunehmender Weltbevölkerung ist ein Anstieg der globalen Temperatur bis zum Jahr 2100 um bis zu 6 °C möglich.

Spurengase beeinflussen also mit ihren »winzigen Anteilen« durchaus unser Klima, erst recht dann, wenn ihre Konzentration wie bei den Treibhausgasen, speziell beim CO2, stark ansteigt.

Falschaussage 2: Ein Vergleich des Erdklimas mit einer Seltersflasche, aus der die Kohlensäure beim Öffnen je nach Temperatur der Flasche unterschiedlich stark entweicht, zeigt, dass es auf der Erde zuerst wärmer wird und erst dann der CO2-Gehalt ansteigt.

Die Vorstellung, dass der CO2-Anstieg erst nach der Klimaerwärmung stattfindet, ist durch nichts belegbar, ganz abgesehen davon, dass das Klimageschehen auf der Erde weitaus komplizierter ist als der von Autor Krause angeführte Vergleichsvorgang des Ausströmens von Kohlendioxid aus einer geöffneten Mineralwasserflasche. Seit Jahrzehn-

ten machen die Klimatologen die Erfahrung, dass sie aktuell deutliche CO2-Erhöhungen messen, die Temperatur aber entsprechend der Berechnungen erst mit starker Verzögerung ansteigt.

Auch in der Uratmosphäre kurz nach der Entstehung der Erde war es nicht anders: Kohlendioxid war (neben Wasserdampf) als Folge des starken Frühzeit-Vulkanismus ein Hauptbestandteil der Luft; für Niederschläge war die Erde noch viel zu heiß. Nachdem sich dann vor -etwa zweieinhalb Milliarden Jahren nach einem extrem langen Dauerregen die Ozeane gebildet hatten, nahmen die Algen und Bakterien in den Meeren zunehmend große Mengen an CO2 auf und gaben dafür Sauerstoff an die Luft ab. Als direkte Folge nahm der atmosphärische CO2-Anteil langsam ab, und nur deswegen konnte sich auch die Erde langsam abkühlen.

Falschaussage 3: 96 % des CO2 produziert die Natur und nur 4 % sind anthropogenes CO2.

Es stimmt zwar, dass beim natürlichen Kohlenstoffkreislauf vergleichsweise gewaltige Mengen an CO2 freigesetzt werden, z. B. durch die tierische und menschliche Atmung, Vulkantätigkeit usw. Doch die Weltmeere und die Vegetation nehmen – bisher! – etwa genau so viel an natürlichem CO2 auf wie in die Atmosphäre abgegeben wurde. Es handelt sich also quasi um ein »Nullsummenspiel« trotz eines sehr großen Umsatzes. Deshalb hat die atmosphärische CO2-Konzentration über Jahrzehntausende, auch zu Lebzeiten unserer (damals noch wenigen) Vorfahren, die als Jäger und Sammler in Höhlen wohnten, kaum zugenommen. Erst als die Industrialisierung einsetzte, also ab etwa 1750, stieg CO2 merklich an. Die beachtliche Differenz von 120 ppm CO2 ist also der anthropogene Anteil – genauer genommen etwas weniger, weil der Anteil des CO2 aus der menschlichen und tierischen Atmung durch das rapide Bevölkerungswachstum auf heute sieben Milliarden Menschen gegenüber früher zugenommen hat.

Wie sicher sind nun die Aussagen der Wissenschaft? Die Beobachtungsdaten der zahlreichen weltumspannenden Wetterstationen und der wissenschaftlichen Satelliten zeigen, dass es auf der Erde in den vergangenen 100 Jahren, also solange man auf verlässliche meteorologische Aufzeichnungen der bodennahen Lufttemperaturen zurückgreifen kann, immer wärmer geworden ist. Dafür gibt es heute zahlreiche direkte Anzeichen wie das Abschmelzen von Gletschern, die Abnahme der Schneehöhen in Gebirgen, das globale Ansteigen des Meeresspiegels usw. Unter Wissenschaftlern, die sich mit der Materie intensiv befassen, herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass die gegenwärtige Klimaerwärmung seit Beginn des Industriezeitalters sehr wahrscheinlich (d. h. zu etwa 95 %) durch anthropogene Emissionen verursacht wird, und zwar primär durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, durch Landnutzungsänderungen und durch die Landwirtschaft.

Was allerdings die Auswirkungen des Klimawandels auf die folgenschweren Erdkatastrophen betrifft (Wirbelstürme, Starkregen, Überschwemmungen, Tsunamis, Dürren, Waldbrände), ist eine Prognose über Häufigkeit und Schwere des tatsächlichen Eintretens

solcher Ereignisse noch schwierig. Die Wissenschaft geht in einer

vorsichtigen Prognose zurzeit davon aus, dass die Intensität der Naturkatastrophen zunimmt, nicht aber ihre Häufigkeit.