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Im zweiten Teil seiner Überblicksdarstellung erläutert Rechtsanwalt weitere neue Regelungsgegenstände des Referentenentwurfs des Justizministeriums

Bereits erschienen in Teil 1

1. Einleitung

2. Personen der Schifffahrt

3. Stückgutfrachtverträge

3.1 Rechte und Pflichten der

Vertragsparteien

3.2[ds_preview] Haftung des Befrachters

3.3 Haftung des Verfrachters

3.4 Beförderungsdokumente

4. Reisefrachtverträge

Unter einem Reisefrachtvertrag versteht der Referentenentwurf (RE) einen Vertrag, in dem sich der Verfrachter verpflichtet, das Gut mit einem Schiff über See zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. Der Unterschied zum Stückgutfrachtvertrag besteht darin, dass sich der Verfrachter verpflichtet, das Gut mit einen bestimmten Schiff im Ganzen, einem verhältnismäßigen Teil eines bestimmten Schiffes oder in einem näher bezeichneten Raum eines bestimmten Schiffes auf einer oder mehreren bestimmten Reisen zu befördern, § 527 RE. Während der Verfrachter beim Stückgutfrachtvertrag weitgehend frei in der Organisation des Transportes ist, sind ihm beim Abschluss eines Reisefrachtvertrages enge Grenzen auferlegt. Dass der Gesetzgeber den Reisefrachtvertrag als Sonderfall ansieht, zeigt auch die Formulierung des § 527 S. 2 RE, wonach die Regelungen über den Stückgutfrachtvertrag weitestgehend entsprechend anwendbar sind. Liest man den § 527 S. 2 genau, stellt man jedoch fest, dass lediglich die §§ 481–511 RE für entsprechend anwendbar erklärt werden, nicht aber der die Befugnis der Vertragsparteien regelnde § 512 RE, von den gesetzlichen Haftungsvorschriften abzuweichen. Dies bedeutet aber keine weitergehende Einschränkung, sondern ist der Überlegung geschuldet, dass die Vertragsparteien des Reisefrachtvertrages keinerlei Einschränkungen unterworfen sein sollen, auch nicht denen des § 512 RE.

Ähnlich verhält es sich mit den Beförderungsdokumenten. Dadurch, dass die Vorschriften des Stückgutfrachtvertrages auch nicht entsprechend für den Reisefrachtvertrag anwendbar sein sollen, wird berücksichtigt, dass in der Praxis im Bereich des Reisefrachtvertrages andere Dokumente als für den Stückgutfrachtvertrag Anwendung finden; die bisher üblichen Vertragsmuster sollen weiter angewendet werden können.

Weitere Unterschiede zwischen Stückgutfrachtvertrag und Reisefrachtvertrag ergeben sich aus der Ladepflicht. Während der Verfrachter beim Stückgutfrachtvertrag grundsätzlich zu Ladung und Löschung verpflichtet ist – § 485 II RE –, liegen die entsprechenden Pflichten beim Reisefracht­vertrag grundsätzlich beim Befrachter, § 535 I 1 RE.

Neu ist die Regelung des § 532 RE, wonach der Befrachter den Reisefrachtvertrag jederzeit kündigen kann. § 532 RE lautet:

§ 532 Kündigung durch den Befrachter

(1) Der Befrachter kann den Reisefrachtvertrag jederzeit kündigen.

(2) Kündigt der Befrachter, so kann der Verfrachter, wenn er seine Rechte nach § 488 Absatz 2 Nummer 1 geltend macht, auch ein etwaiges Liegegeld verlangen.

Abs. II stellt klar, dass der Befrachter im Falle einer Kündigung auch ein Liegegeld verlangen kann, soweit er nicht einen Anspruch auf Fautfracht (auch: Fehlfracht) geltend macht.

§ 533 RE regelt die Voraussetzungen, unter denen der Befrachter vom Verfrachter verlangen kann, dass dieser nur einen Teil der vereinbarten Ladung befördern muss. § 533 RE regelt auch die Konsequenzen eines derartigen Verlangens. § 533 RE lautet wie folgt:

§ 533 Teilbeförderung

(1) Der Befrachter kann jederzeit verlangen, dass der Verfrachter nur einen Teil der vereinbarten Ladung befördert. Macht der Befrachter von diesem Recht Gebrauch, gebühren dem Verfrachter die volle Fracht, das etwaige Liegegeld sowie Ersatz der Aufwendungen, die ihm infolge der Unvollständigkeit der Ladung entstehen. Ist der Verfrachter nach dem Reisefrachtvertrag berechtigt, mit demselben Schiff anstelle der nicht verladenen Frachtstücke anderes Gut zu befördern, und macht er von diesem Recht Gebrauch, so ist von der vollen Fracht die Fracht für die Beförderung dieses anderen Gutes abzuziehen. Soweit dem Verfrachter durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht, kann er außerdem eine anderweitige Sicherheit verlangen. Ist die Beförderung der vollständigen Ladung aus Gründen unmöglich, die dem Risikobereich des Verfrachters zuzurechnen sind, steht dem Verfrachter der Anspruch nach den Sätzen 2 bis 4 nur insoweit zu, als tatsächlich Ladung befördert wird.

(2) Verletzt der Befrachter seine Pflicht, innerhalb der Ladezeit und einer vereinbarten Überliegezeit die vereinbarte Ladung vollständig zu verladen oder, wenn er zur Verladung nicht verpflichtet ist, deren vollständige Abladung zu bewirken, so kann der Verfrachter dem Befrachter eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer die Ladung vollständig verladen oder abgeladen werden soll. Wird die Ladung bis zum Ablauf der Frist nur teilweise verladen oder abgeladen, kann der Verfrachter die unvollständige Ladung befördern und die Ansprüche nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 geltend machen. § 489 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Der vorstehende Abs. II stellt zudem klar, dass der Verfrachter auch in dem Fall, in dem der Befrachter lediglich zur Abladung, nicht aber zur Beladung verpflichtet ist, mit der Beförderung beginnen kann, sofern die Abladung nicht in der vereinbarten Zeit bewirkt wird.

5. Personenbeförderungsverträge

Der RE sieht wenige Änderungen zum geltenden Recht im Bereich der Personenbeförderungsverträge vor; die Änderungen betreffen eine Ausweitung der Haftung sowie eine Anhebung der Haftungshöchstbeträge.* Neu ist die Regelung des § 538 II RE, wo neben der bisher geltenden Verschuldenshaftung eine auf 250.000 € SZR (entspricht zurzeit knapp 280.000 €) begrenzte verschuldens­unabhängige Haftung des Beförderers bei Vorliegen eines Schifffahrtsereignisses – etwa eines Zusammenstoßes – formuliert wird.

Recht deutlich fällt die Anhebung der Haftungshöchstbeträge aus, wie ein Vergleich des § 541 RE mit dem geltenden Recht zeigt. So wird der Höchstbetrag einer Haftung des Beförderers für den Tod oder eine Körperverletzung fast verdreifacht, auf nunmehr 400.000 € SZR. Sind Tod oder Körperverletzung auf Krieg, Terror oder Ähnliches zurückzuführen, beträgt der Haf­tungs­höchstbetrag immer noch 250.000 € SZR.

Bei Verlust, Beschädigung oder verspäteter Anlieferung von Kabinengepäck hebt § 542 RE den Haftungshöchstbetrag um knapp 20 % auf nunmehr 2.250 € SZR an. Der Haftungshöchstbetrag für Fahrzeuge einschließlich des darauf oder darin befindlichen Gepäcks beträgt nach dem RE nun 12.700 € SZR, eine Anhebung um etwa 43 %. Der Höchstbetrag bei sonstigem Reisegepäck beläuft sich nach dem RE auf 3.375 € SZR, auch dies ist eine Anhebung um knapp 20 %. Gemäß § 542 V RE fallen die Haftungshöchstbeträge weg, sofern es sich um den Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen handelt, auf die der Fahrgast mit eingeschränkter Mobilität angewiesen ist; der Rollstuhl des Gehbehinderten wird unabhängig von Haftungshöchstbeträgen ersetzt.

Für die Geltendmachung der vorbezeichneten Schäden gilt wie bisher eine Verjährungsfrist von zwei Jahren, § 607 Ziff. 3 RE. Ergänzend ist nunmehr § 550 RE zu beachten. Gemäß § 550 RE erlöschen die Ansprüche wegen Tod, Körperverletzung, Verlust oder Beschädigung innerhalb von drei Jahren ab dem Tag, an dem der Gläubiger von dem Schaden Kenntnis hatte oder hätte haben müssen bzw. fünf Jahre ab dem Tag, an dem der Fahrgast ausgeschifft wurde oder hätte ausgeschifft werden müssen.