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Fachkräftemangel, ein funktionierendes Finanzierungsumfeld, Innovationsförderung sowie Schiffssicherheits- und Meeresumweltschutzgesetze bestimmten die Diskussion auf dem Parlamentarischen Abend des VSM in Berlin

Traditionell fand Ende Januar in Berlin der Parlamentarische Abend und Jahresempfang des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) statt. Nachdem[ds_preview] vor einem Jahr das Thema »Schiffbau ist Me(e)hr – Mit neuen Produkten und schiffbaupolitischen Konzepten aus der Krise« lautete und eine notwendige Umstrukturierung der deutschen Schiffbauindustrie beschrieb, wird 2012 dem VSM zufolge unter dem Motto »Saubere Schiffe – sichere Energie« stehen.

Rückblickend auf 2011, habe das erste Halbjahr den deutschen Werften und Unternehmen der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie noch erfreuliche Auftragseingänge gebracht, die eine Trendwende signalisierten, sagte VSM-Vorsitzer Werner Lüken. Das zweite Halbjahr dagegen sei nur für einige Werften und die Zulieferindustrie positiv verlaufen. Trotzdem seien Schiffbau und Meerestechnik in Deutschland im ­europäischen Vergleich gut aufgestellt und bildeten den »Motor einer maritimen Wachstumsstrategie, die für die Bewältigung von Visionen der grünen Schifffahrt bis zur Energiewende offshore unverzichtbar ist«, betonte er. Schlagworte wie »Green Shipping« und »Blue Growth« stünden für solche realen Wachstumsperspektiven, wenn diese branchen-, ressort- und länderübergreifend mit konkreten Maßnahmen angepackt würden. Hier forderte Lüken industriepolitische Strategien, branchengerechte Rahmen­bedingungen und insbesondere den guten Willen und die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten. Die Empfehlungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Schiffbauindustrie »LeaderShip 2015« sei eine gute Grundlage für eine Weiterentwicklung zu einer »Partnership 2020«, einer Zusammenarbeit der Werften in ganz Europa.

Der Maritime Koordinator, Staatsekretär Hans Joachim Otto, wünschte sich umgekehrt eine Übertragung der Strategie »LeaderShip 2015« auf nationale Ebene. Der Werftindustrie stehe ein weiteres Jahr mit großen Herausforderungen bevor. Otto nannte drei Schwierigkeiten: Zum einen die Zurückhaltung der Banken, die im Verhältnis von Ertrag und Risiko kein positives Ergebnis mehr erwarteten, was sich für den Spezialschiffbau besonders deutlich darstelle. Zweitens sei der Preiskampf mit der asiatischen Konkurrenz nicht zu gewinnen, werde dort doch alles für eine Auslastung der heimischen Werften getan – mit hohen Subventionen und extrem niedrigen Lohnkosten. Und drittens werde der Fachkräftemangel für die deutschen Werften zu einem immer größeren Problem.

Förderung des dualen Studiums

Dem Fachkräftemangel sieht sich unter anderem auch die Fassmer-Werft gegen­übergestellt. In einem Impulsvortrag sagte Geschäftsführer Harald Fassmer dazu: »Innovative Produkte und Spezialschiffe in Kleinstserienfertigung bewirken einen steigenden ­Ingenieur- und Fachkräftebedarf. Die gewerbliche Ausbildungsquote liegt mit durchschnittlich 8 % auch weiterhin auf einem hohen Niveau. In den Unternehmen gibt es darüber hinaus die Bereitschaft, weitere Ausbildungsplätze zu generieren, wenn es gelingt, diese für das ­duale Studium an den Schiffbauhochschulen zu nutzen.« Um diese kostenintensive Ausbildungsform zu finanzieren, will sich der VSM nun für ein zeitlich befristetes Förderprogramm einsetzen.

Als Werft stelle sich Fassmer breit auf, um im schwierigen Marktumfeld zu bestehen, so Harald Fassmer weiter. Neben dem Kerngeschäft, der Entwicklung und dem Bau von Spezialschiffen, stellt sie als Zulieferer Rettungsboote her, Spindeln und Gondelverkleidungen für Windenergieanlagen sowie Karosserie- und Verkleidungskomponenten aus Faserverbundwerkstoffen für die Automobilindustrie.

Regulatorischen Druck aufrechterhalten

Neben der zügigen Umsetzung des europäischen Schiffbaurahmens zur Förderung von Innovationen forderte Harald Fassmer von der Industriepolitik die Weiterentwicklung und Durchsetzung von gesetzlichen Anforderungen für Schiffssicherheit, Meeresumwelt- und Klimaschutz: »Es ist nicht sinnvoll, den Stand der Schiffstechnik voranzutreiben, wenn dieser von der Seeverkehrswirtschaft nicht abgerufen wird. Der regulatorische Druck muss aufrechterhalten werden.«

Politische Hoffnungen gibt es in der Branche auch in Bezug auf Finanzhilfen:

Da trotz vorhandener Instrumente dem VSM zufolge weiterhin gravierende Finanzierungsengpässe für die Werften bestehen, gehören notwendige Anpassungen und ­Erweiterungen von Exportkreditversicherungen und Landesbürgschaften zu den Forderungen des Verbands. Eine direkte Stellung von Hermes-Avalgarantien ohne Zwischenschaltung von Banken wäre hilfreich. Zudem solle durch Rückverbürgungen des Bundes der Bürgschaftsspielraum der Länder erhöht werden, um so die finanziellen Spielräume zu vergrößern. Um auch weiterhin vom Ausbau der Offshore-Windenergie zu profitieren, werde beispielsweise eine 50-prozentige öffentliche Kredit-Restwertabsicherung und ein Sonderkreditprogramm des Bundes für die Projektfinanzierung von Spezialschiffen und Offshore-Strukturen benötigt.

In der anschließenden Podiumsdiskus­sion gab Eckardt Rehberg, Maritimer Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zu den Offshore-Ausbauplänen zu bedenken, dass bisher nur ein kommerzieller Windpark (»Baltic 1«) erfolgreich in Betrieb sei. Auch fragte er, was eigentlich mit den Errichterschiffen nach dem Errichten passiere. Allgemein könne der Status Quo der finanziellen Hilfen für die Branche nicht so schlecht sein könnte, da alleine die KfW Ipex-Bank mit Hermes-Deckungen einen Beitrag von rd. 2 Mrd. € geliefert habe. Die Werften nähmen die Kredite aber sehr unterschiedlich stark in Anspruch, denn ohne Kredite könnten sie einen Kostenvorteil von 4–5 % bieten. Hinzu komme, dass Modifizierungen außerhalb des EU-Rahmens schwierig umzusetzen seien. Torsten Staffeldt, Berichterstatter der FDP, fügte hinzu, dass der Europäische Gerichtshof Bürgschaften für Projekte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone versage, da diese theoretisch den inländischen Geschäften zugeordnet werden müssten.

Dr. Valerie Wilms, Berichterstatterin für maritime Politik von Bündnis 90 / Die Grünen, lehnte Zusagen zu weiteren Förderprogrammen ab, denn es sei schlicht und einfach kein Geld mehr da. Insbesondere Fördermittel für die Rohstoffexploration sollten zugunsten der Recyclingindustrie gestrichen werden. Den VSM forderte sie auf, Personal und Know-how abzustellen, um Regelungslücken bei Errichter- und Wartungsschiffen zu schließen.
VSM/KW