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Der ehemalige Kommandant einer deutschen Fregatte berichtet über seine Einsatzerfahrungen vor der somalischen Küste

Der Appell des erfahrenen Marineoffiziers Kay-Achim Schönbach an Ree­der und Kapitäne ist eindeutig: »Nehmen Sie die gesicherten Konvois[ds_preview] an!« Denn diese von Marineschiffen überwach-ten Korridore in den pirateriegefährdeten Gewässern vor der ostafrikanischen Küste und im Golf von Aden böten wirklich Schutz vor Überfällen. Vor Mitgliedern des Hafen-Klubs Hamburg sprach Schönbach über seine Tätigkeit als Kommandant der Fregatte »Mecklenburg-Vorpommern«, die im Rahmen der EU-Mission Atalanta vor der somalischen Küste eingesetzt war. Schönbach hatte das Kommando von Juni 2008 bis April 2010.

Der Kapitän zur See schilderte in der Öffentlichkeit wenig bekannte Begebenheiten aus dem täglichen Dienst der Bundeswehrsoldaten: »Wir überprüfen in dem Seegebiet auch Handelsschiffe daraufhin, ob sie gekapert worden sind und ob an Bord alles in Ordnung ist.« Mit solchen Kontrollen wollen die deutschen Soldaten verhindern, dass Piraten die Gewalt auf Schiffen übernommen haben, ohne dass die zu Geiseln gewordene Besatzung Gelegenheit hatte, einen Notruf abzusetzen.

Aber auch Schiffe, von denen bekannt ist, dass Piraten sich dort gewaltsam Zutritt verschafft haben, werden von den deutschen Marineschiffen, die der EU-Mission Atalanta unterstehen, weiterhin überwacht. Schönbach: »Wir machen von der Situation an Bord Foto- und Videoaufnahmen, um festzustellen, ob sich die Verhältnisse für die Geiseln verändert haben.« Solche Erkenntnisse leiten die Deutschen dann weiter. Die Informationen könnten sehr hilfreich bei weiteren Verhandlungen um die Freilassung der Besatzungen sein. »Wir konnten mit unseren Patrouillenfahrten aber auch Kaperungen verhindern«, erläuterte Schönbach weiter. Dabei seien Warnschüsse abgegeben worden. »Wir waren das erste deutsche Marineschiff, das seit dem Zweiten Weltkrieg in einem Einsatz wieder scharf geschossen hat.«

Schönbach beklagte sich über die mangelnde Bereitschaft von Schiffsführungen, auf einen Konvoi zu warten, dem sie sich anschließen könnten: »Der Druck auf die Reeder scheint dafür noch nicht groß genug zu sein«, sagte der Kapitän zur See.

Eine wirkliche Lösung des Piraterieproblems könne trotz aller Erfolge auf See und dem Rückgang erfolgreicher Kaperungen nur an Land gefunden werden. Der Kommandant stellte ferner klar, dass die EU-Mission Atalanta keineswegs die Aufgabe habe, die Piraterie in dem gesamten Seegebiet zu bekämpfen. Sie sei in erster Linie aufgestellt worden, Schiffe mit humanitären Hilfslieferungen nach Somalia vor Kaperungen zu schützen.
ew