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Ein vermeintlicher Einsatz gegen Piraten, der im Februar vor der indischen Küste auf dem italienischen Tanker »Enrica Lexie« durchgeführt wurde[ds_preview], hat zu schweren diplomatischen Verstimmungen zwischen Italien und Indien geführt. An Bord des Tankers waren zwei italienische Soldaten, die zum Schutz des Schiffes abkommandiert worden waren. Nach Einbruch der Dunkelheit fuhr das kleine indische Fischerboot »St. Anthony« auf das Tankschiff zu. Die beiden Marinesoldaten gaben nach eigenen Angaben Warnschüsse ab, um eine weitere Annäherung zu vehindern. Sie sagten aus, in die Luft und ins Wasser geschossen zu haben. Tatsache ist jedoch, dass nach dem Vorfall zwei indische Fischer tot waren. Die indischen Behörden verhafteten daraufhin die italienischen Soldaten und ermitteln nun wegen Mordes gegen sie. Die italienische Regierung will dies nicht akzeptieren. Sie vertritt die Ansicht, das Verfahren solle in Italien stattfinden, denn der Vorfall habe sich auf einem Schiff ihrer Nation in internationalen Gewässern ereignet.

Einstweilen versucht Italien, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen. Über den Vatikan wurde der Erzbischof von Kerala-Vera­poly gebeten, den Familien beider Fischer Entschädigungen anzubieten, die dafür sorgen sollen, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Wo auch immer das Verfahren schließlich durchgeführt wird, Experten halten den Vorfall für bemerkenswert. Erstmals wird ein von Sicherheitskräften an Bord eines Schiffes verursachter Todesfall vor Gericht geklärt. Zu erwarten sind daraus Konsequenzen für den Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte auf Schiffen. So äußerte der frühere italienische Außenminister Franco Frattini Befürchtungen, der Vorfall könne den inter­nationalen Antipirateriekampf schwächen.

Beobachter meinen unterdessen, dies sei nicht der erste tödliche Zwischenfall bei der Begegnung zwischen Handelsschiffen mit bewaffneten Sicherheitskräften und mutmaßlichen Piraten. Nur seien solche Vorfälle bisher einfach nicht gemeldet worden. Abzuwarten bleibt auch, in welcher Form der Kapitän nach dem Zwischenfall in die Verantwortung genommen wird.