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Vier Schiffe des neuen Typs F 125 werden bis 2018 bei Blohm + Voss gebaut. Die knapp 150 m langen Fregatten unterscheiden sich deutlich von ihren Vorgängern und sollen auch zur Piraterie-Bekämpfung eingesetzt werden.

In Anwesenheit von zahlreichen Gästen aus Politik, Verteidigung, Marine und Industrie fand am 2. November vergangenen Jahres mit einem Festakt[ds_preview] im Baudock 12 der Hamburger Werft die Kiellegung der ersten Fregatte Klasse 125 (F 125) statt. Sie wird bei ihrer Taufe, nach jetziger Planung im Februar 2013, den Namen »Baden-Württemberg« erhalten. Nach dreijähriger Konstruktions- und Managementphase sowie dem Fertigungsbeginn am 9. Mai 2011 ist mit dem feierlichen Auslegen des ers­ten rund 290 t schweren Rumpfabschnitts das 2 Mrd. € teure Bauvorhaben der Deutschen Marine planmäßig fortgesetzt worden.

Auftragsvergabe und Bauprojekt

Der am 26. Juni 2007 mit dem Bundesamt für Wehrtechnik (BWB) geschlossene Bauvertrag sieht die Fertigung von vier Fregatten mit Ablieferung zwischen Anfang 2016 und Ende 2018 vor (siehe Tabelle oben). Auftragnehmer ist die aus ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und der Friedrich Lürssen Werft (FLW) bestehende Arbeitsgemeinschaft F 125 (Arge F 125). Blohm + Voss Naval ist mit der Abwicklung beauftragt. Die Aufgabenteilung in der Arge F 125 sieht vor, dass die Vorschiffe bei FLW gebaut, nach Hamburg verschifft und mit der von Blohm + Voss Shipyards (BVS) gefertigten hinteren Schiffshälfte vereint werden. BVS ist auch für die Endausrüstung, Funktionsnachweise und die Abgabe an den öffentlichen Auftraggeber zuständig.

»Bis zur Übergabe der ersten Fregatte an unseren Auftraggeber im März 2016 ist ein dicht gedrängtes, forderndes und höchst anspruchsvolles Programm zu absolvieren. In dessen Mittelpunkt stehen die Werftprobefahrt und der Funktionsnachweis, in denen das Schiff auf Herz und Nieren überprüft wird«, sagte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Vorsitzender des Vorstands von TKMS, in seiner Ansprache zur Kiellegung.

»Die Arge F 125 hat hierbei den Nachweis zu erbringen, dass die vom Auftraggeber geforderte hohe Qualität in allen Bereichen tatsächlich erreicht wird. Parallel zur ersten Fregatte folgen Bau, Ausrüstung und Übergabe der Fregatten zwei bis vier jeweils um ein Jahr zeitlich versetzt«, führte Atzpodien weiter aus. Nachdem der Schwerpunkt der Vorläuferprogramme bei den Fregatten F 124 in der Luftraumverteidigung und Verbandssicherung und bei den Korvetten K 130 in Aufklärung, Überwachung und Seezielbekämpfung gelegen habe, liege der Schwerpunkt des Vorhabens F 125 nunmehr in der Intensivnutzbarkeit der Schiffe, die es erlaube, ihre Einsatzdauer im Einsatzgebiet auf 24 Monate auszudehnen. »Neu ist auch das Zweibesatzungskonzept«, so Atzpodien, »mit dem turnusmäßig alle vier Monate innerhalb von nur 48 Stunden ein Besatzungswechsel im Einsatzgebiet durchgeführt werden kann.« Schließlich habe die F 125 ein auf den Schutz vor asymmetrischen Bedrohungen zugeschnittenes Fähigkeitsprofil, das angesichts einer steigenden Verwundbarkeit der internationalen Seewege bei einem weiter wachsenden Warenaustausch gerade für die Bundesrepublik Deutschland unverzichtbar sei. Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, erklärte in seiner Rede in Bezug auf Intensivnutzung und Besatzungskonzept: »Mit den Fregatten der Baden-Württemberg-Klasse schlagen wir auch konzeptionell ein völlig neues Kapitel auf. Ich spreche hier vom Konzept der Intensivnutzung mit zwei Besatzungen pro Schiff. Damit verbunden ist eine äußerst anspruchsvolle technologische Forderung aber auch Herausforderung für Ingenieure und Schiffbauer. Mit der Intensivnutzung und zwei Jahren operationeller Verfügbarkeit wollen wir konsequent die Einsatzorientierung unserer Marine optimieren, denn die Verweildauer der Schiffe in einem Einsatzgebiet soll künftig nicht mehr durch immer wiederkehrende lange An- und Abmarschzeiten eingeschränkt werden.« Dies stelle eine neue Art der Wertschöpfung dar. Mit dem Mehrbesatzungsmodell solle noch sorgfältiger mit dem höchsten Gut, den Menschen in der Marine, umgegangen werden, so Schimpf. »Wir bieten ihnen, indem wir die Besatzungen regelmäßig austauschen, ein Mehr an Planbarkeit, ein Mehr an Freiräumen und ein deutliches Weniger an Belastungen. Davon versprechen wir uns ein Mehr an Attraktivität für unsere Soldatinnen und Soldaten.«

Aufgaben- und Einsatzprofil

Die Fregatte F 125 zählt aufgrund ihrer Konstruktion, Ausstattung und ihres vielseitigen Verwendungsprofils zu den modernsten Fregatten der Welt. Sie ist für Einsätze in der Bündnisverteidigung und Krisenprävention sowie für humanitäre Rettungsmissionen, Terrorismusbekämpfung und Abwehr asymmetrischer Bedrohungen ausgelegt. Neben dieser Missionsflexibilität waren die Forderungen nach einer Steigerung der Verfügbarkeit im Einsatzgebiet, die konsequente technische Umsetzung des Prinzips der Intensivnutzung sowie die Einsatzfähigkeit bei deutlich reduzierter Besatzungsstärke unter Berücksichtigung des Zweibesatzungskonzeptes bei der Entwicklung und Konstruktion der Fregatte F 125 ebenso entwurfsbestimmend. Die Anforderungen umfassen zum Beispiel die Fähigkeit zur:

• Durchführung maritimer Stabilisierungs­operationen,

• Herstellung einer Führungsfähigkeit auf Verbandsführerebene,

• automatisierten Abwehr asymmetrischer Bedrohungen,

• weitreichenden taktischen Feuerunterstützung von Landeinheiten,

• Abstützung des Einsatzes von Spezialkräften.

Das Konzept der für ein deutsches Marineschiff erstmalig realisierten Intensivnutzbarkeit beinhaltet im Wesentlichen:

• den Einsatz in Seegebieten weltweit,

• eine Einsatzdauer im Operationsgebiet von 24 Monaten,

• die Auslegung für 5.000 Seebetriebsstunden pro Jahr,

• die Ausdehnung der Betriebserhaltungsperioden auf 68 Monate ohne die bislang notwendigen Zwischeninstandsetzungen,

• die Reduzierung der Besatzungsstärke und Umsetzung eines Zweibesatzungskonzepts mit einem viermonatigen Ablösezyklus,

• die Auswahl von robusten, wartungsarmen technischen Systemen mit hoher Verfügbarkeit,

• die Optimierung von Betriebsabläufen

an Bord,

• die einfache Bedien- und Handhabbarkeit des Waffensystems.

Schiffskonstruktion

Bei 149,52 m Länge, einer Breite von 18,80 m und 5,00 m Tiefgang hat die Fregatte F 125 eine Verdrängung von etwa 7.000 t. Die Silhouette ist geprägt durch das Zwei-Insel-Prinzip, das die Redundanz einsatzwichtiger Systeme sichert. Zwischen den beiden Mastsystemen befinden sich die beiden Starteranlagen für die Seezielflugkörper und die Stellplätze für zwei 20-Fuß-Container, in denen zusätzliche Ausrüstung untergebracht werden kann. Auf der Hauptdecksebene sind beidseitig je zwei Bootsnischen zur Aufnahme der vier schnellen Einsatzboote positioniert. Diese 10 m langen Boote können jeweils zwölf Personen aufnehmen und insgesamt 2 t Nutzlast tragen. Einsetzbar sind sie für Kontroll- und Überwachungsaufgaben sowie als Verbringungsmittel für Boardingpersonal und Spezialkräfte. Zwei 270-kW-Dieselmotoren ermöglichen eine Geschwindigkeit von 35 kn.

Der Vortrieb erfolgt über Wasserstrahlantriebe. Im Achterschiff der Fregatte F 125 ist ein Hubschrauberhangar vorhanden. Dieser ist ausgelegt für die Aufnahme, Wartung und Pflege von zwei Bordhuschraubern. Ein- und ausfallende respektive winkelig angeordnete Seitenwände bei Rumpf und Aufbauten, geschlossene Schanzkleider und verkleidete Bootsnischen reduzieren die Radarrückstrahlflächen und optimieren damit die Radarsignaturen. Über eine Abgaskühlung wird die Verringerung der Infrarot-Signatur erreicht.

Erstmals wird auf einer deutschen Fregatte eine sogenannte CODLAG-Antriebsanlage (auch CODELAG / Combined Diesel Electric and Gas Turbine) eingebaut. Diese Kombination aus Dieselmotoren, Elektromotoren und Gasturbine gehört zu den modernsten schiffstechnischen Anlagen der heutigen Zeit und verbindet die jeweiligen Vorteile der elektrischen und der mechanischen Antriebskomponenten. Zwei Elektromotoren und eine Gasturbine können dabei sowohl einzeln oder im Verbund die beiden Wellen antreiben. Vier MTU-Dieselmotoren des Typs 20V4000 mit einer mechanischen Leistung von je 3.015 kW treiben die Generatoren für das Antriebs- und Bordstromsystem an.

Die mit den beiden 4.500-kW-Elektromotoren erreichbare Höchstgeschwindigkeit liegt dann bei 20 kn. Für schnelle Fahrten kann die Gasturbine mit einer Leistung von 20 MW hinzugeschaltet werden. In dieser Schaltungsvariante erreichen die Fregatten Geschwindigkeiten bis zu 26 kn. Die Gasturbine vom Typ GE LM 2500 wird ebenfalls von MTU als Systemlösung geliefert. Ein vergleichsweise sehr leise und vibrationsarm arbeitendes Renk-Großgetriebe wurde speziell für die F 125 entwickelt. Es hat ein Gesamtgewicht von 137 t und ist ausgelegt für eine Übertragungsleistung von bis zu 29.000 kW. Durch die unabhängige Verfügbarkeit der einzelnen Antriebssysteme sind zudem bei Ausfällen Redundanzen vorhanden. Der Vortrieb geschieht über zwei Wellen mit Verstellpropellern. Die Abgasführung erfolgt durch die achteren Inselaufbauten. Mit einer Geschwindigkeit von 18 kn kann die Fregatte F 125 eine Fahrstrecke von 4.000 sm bewältigen.

Lediglich 120 Personen sind als Stammbesatzung notwendig. Das entspricht etwa einer Halbierung gegenüber den bisherigen Fregatten. Hinzu kommen 20 Personen Hubschrauberpersonal. Zudem ist weitere Einschiffungskapazität für 50 Spezialkräfte inklusive ihrer Ausrüstung vorhanden. Die Besatzungsunterkünfte zeichnen sich durch einen guten Unterbringungsstandard aus. Die Fregatten sind für eine deutliche Erhöhung der jährlichen Betriebszeit auf 5.000 Seebetriebsstunden gegenüber den bisher üblichen 2.000 Stunden ausgelegt. Sie haben eine Seeausdauer von 21 Tagen bei Kraftstoffversorgung in See.

Bewaffnung und Ausrüstung

Der auf der Back vorhandene 127-mm-Turm kann zur taktischen Feuerunterstützung von See an Land und zur Seezielbekämpfung eingesetzt werden. Mit reichweitengesteigerter Munition zur speziellen Bekämpfung von Landzielen werden mit einer hohen Treffgenauigkeit Entfernungen von bis zu 100 km erreicht. Zwei ferngesteuerte 27-mm-Nahbereichsgeschütze (Marineleichtgeschütz MLG 27) dienen der Abwehr terroristischer Angriffe wie zum Beispiel der Bekämpfung von schnellen agilen Seezielen (Speedboote).

Zur Bewaffnung gehören weiterhin acht Harpoon-Seezielflugkörper, die auf der freien Fläche zwischen den beiden Masten eingerüstet sind. Je ein Starter des Nächst­bereichs-Flugkörperabwehrsystems RAM (Rolling Airframe Missile) steht auf dem Hangar und dem Aufbau vor der Brücke. RAM dient zur Abwehr von Luftzielen in mittlerer, kurzer und kürzester Entfernung. Die vier Täuschkörperwurfanlagen MASS (Multi Ammunition Softkill System) bieten einen adäquaten Schutz gegen Seezielflugkörper. Die 32 omnispektral (ultraviolett, elektro-optisch, Laser, Infrarot, Radar) wirkenden Täuschkörper eines MASS-Werfers können zeitversetzt so abgefeuert werden, dass anfliegende Flugkörper von ihrem vorgegebenen Ziel schrittweise abgelenkt werden und ins Leere fliegen. Mit dem Infrarot-Überwachungssystem SIMONE (Ship Infrared Monitoring Observation and Navigation Equipment) verfügt die Fregatte F 125 über eine optische Sensorik, die eine lückenlose 360°-Echtzeit-Überwachung des unmittelbaren Umfelds bis nahe an die Bordwand heran erlaubt. Die Entwicklung und Integration des gesamten Führungs- und Waffeneinsatzsystems (FüWES) geschieht durch das von TKMS und Atlas Elektronik gegründete Konsortium Joint-ES-Team F 125 (JET). Das FüWES erfüllt unter anderem die Forderungen nach einer Datenaufbereitung zur Erstellung eines aktuellen Lagebildes und dem schnellstmöglichen und verzugslosen Einsatz von Sensor- und Waffensystemen. Hauptsensor ist ein Phased-Array-C-Band- Multifunktionsradar. Schiffsführung und Navigation erfolgen von der integrierten Brücke. Vorhanden sind je zwei Navigationsradare im X- und S-Band, Elektronische Seekarte, Wettersatellitenanlage und das Automatische Identifikationssystem (AIS).

Zusammenfassung

Die moderne und innovative Fregatte Klasse 125 ist in ihrer speziellen und konsequenten Ausrichtung auf Stabilisierungsoperationen ein vollkommen neuer Schiffstyp. Sie schließt mit ihren technologischen und betrieblichen Neuerungen eine Fähigkeitslücke der Deutschen Marine und da-

mit der Bundeswehr. Operationen an Land können durch Führungsfähigkeit und Wirkmöglichkeiten unterstützt werden. Das Konzept der Intensivnutzung erlaubt eine lang andauernde operationelle Verfügbarkeit im Einsatzgebiet. Die Nutzungsdauer der Schiffe ist auf 25 Jahre ausgelegt.

Anmerkung der Redaktion: Der vorliegende Beitrag erschien in ähnlicher Form in der Januar-Ausgabe von »Leinen los!«, der Verbandszeitschrift des Deutschen Marinebundes (DMB).