Von den Griechen lernen

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Juni 2012, eine Insel im ionischen Meer: Wolkenloser Himmel, die wärmende Sonne schmeichelt Haut und Seele, das Wasser ist kristallklar[ds_preview] wie eh und je, der Grillfisch mundet ebenso köstlich wie die feuerroten Tomaten, dazu ein Gläschen Weißwein…

Drei Takte langsamer verläuft das Leben auf Kefalonia, ebenso wie auf den anderen griechischen Inseln, und von Krise ist hier nichts zu spüren. Weit weg von Athen und erst recht Brüssel, nehmen die Menschen das wirtschaftliche Drama gelassen und mit Haltung, schließlich haben Sie osmanische und deutsche Schreckensherrschaft überlebt, so manche Unbillen der Natur – Erdbeben, Waldbrände, Unwetter – und viele von ihrer Regierung verzapfte Krisen. Zudem bleiben die Konstanten, die das Leben lebenswert machen, stets die gleichen: Sonne, Meer, Ruhe, Müßiggang, gutes Essen.

Freilich ist diese Urlaubsimpression nicht repräsentativ für die massiven Probleme des Landes und soll die etlichen persönlichen Tragödien, die sich zurzeit in Griechenland abspielen, keinesfalls verharmlosen. Aber was angesichts der aufgeregten Medienberichte hüben wie drüben erstaunt, ist doch der sehr entspannte Gemütszustand vieler (Insel-)Griechen. Vielleicht, weil viele von ihnen aus Seefahrerfamilien stammen und sturmerprobt sind, lassen sie sich nicht verrückt machen? Rente und Löhne werden gekürzt, Touristen bleiben aus. Na und? »Siga, siga«, immer mit der Ruhe! Uns oftmals sorgenvollen und gehetzten Deutschen würde etwas griechische Seele zuweilen gut tun. Während wir wirtschaftlich (mindestens das!) Europameis­ter sind und die Griechen auf dem Abstiegsplatz stehen, scheinen viele der Südländer kein schlechteres Leben zu führen. Anstatt sich vor zukünftigen Problemen zu fürchten, lebt man im Jetzt. Der Zusammenhalt von Familie und Nachbarschaft ist groß. Und Materielles ist zweitrangig. Bruttosozialprodukt und Kaufkraft sind demnach noch lange keine Glücksindikatoren. Vielleicht schon eher das Wetter?

Auf die Krise der Schifffahrtsindustrie bezogen, sind die Griechen daher gar keine schlechten Vorbilder. Erstens steht die Seefahrernation hier ausnahmsweise gut da: Ihren Reedern gehören 14 % der Weltflotte, Tendenz steigend. Sie sehen die Krise als Chance und investieren antizyklisch in Tonnage. Auch in der Vorkrisenzeit haben sie beispielsweise mit Börsengängen in New York durchaus gezeigt, dass sie innovativ und mutig sind. Man sollte die Griechen daher nicht unterschätzen, zumal sie – wie beschrieben – (Über-)lebenskünstler sind.

Lernen könnten die Deutschen von ihnen auch, das Glas halb voll statt halb leer zu sehen. Die Weltbevölkerung wächst und die Globalisierung schreitet fort: Mit dem steigenden Handel wird künftig mehr Schiffsraum benötigt denn je. Wenn sich die Reeder mit ihrem Orderverhalten nicht wieder selbst alles kaputt machen, sind die Aussichten in der Schifffahrt glänzend.

Es gilt nun, aus dem enormen Know-how am Standort D das Beste zu machen und neue Finanzierungswege zu beschreiten – in Metaphern gesprochen: über den Tellerrand zu schauen anstatt den Kopf in den Sand zu stecken. Und all das am besten mit etwas griechischer Gelassenheit, Lebensfreude und Optimismus. Vielleicht hilft uns dabei auch mal wieder die Sonne…

In diesem Sinne: Schönen Urlaub! Ihr