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Der Kongress »Wind & Maritim 2012« und in dessen Rahmen das 2. HANSA-Forum Offshore haben in Rostock Vertreter aus der Windenergiebranche und der maritimen Wirtschaft zusammengebracht.

Die Windenergie, sowohl an Land als auch auf dem Meer, spielt in der Energiepolitik der Bundesregierung sowie zahlreicher anderer Staaten[ds_preview] eine tragende Rolle, und auch die Gewinnung mariner Roh­stoffe wird künftig weltweit an Bedeutung ge­winnen. Dadurch bieten sich nicht nur der Windbranche, sondern auch den Werften und den auf maritime Technologien spezialisierten Unternehmen vielfältige Chan­cen – auch und gerade in Deutschland.

Mit der zweitägigen Zukunftskonferenz »Wind & Maritim 2012« gaben der Industrieverband Wind Energy Network (WEN) und der Schiffahrts-Verlag »Hansa« Akteuren der unterschiedlichen Branchen am 31. Mai und 1. Juni in Rostock die Möglichkeit, sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und sich enger zu vernetzen, um gemeinsam Synergien heben zu können. Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zeigten den rund 300 Teilnehmern in Fachvorträgen und Workshops zu Onshore- und Offshore-Wind sowie Meeres­technik auf, welche Perspektiven sich aus diesen Geschäftsfeldern ergeben.

Weitere Bemühungen notwendig

In der Offshore-Windenergie ist der Rückenwind, der die Branche voriges Jahr nach dem Ausrufen der Energiewende erfasst hatte, in den vergangenen Monaten leicht abgeflaut. Erste Insolvenzen von Marktteilnehmern, verspätete Netzanschlüsse und zögerliche Investitionsentscheidungen sind nur einige Belege dafür, dass sich der Ausbau offensichtlich nicht im anfangs erhofften Tempo umsetzen lässt. Die Gründe sind vielfältig – unter anderem tragen schwierige Finanzierungsbedingungen, fehlende Standardisierungen bei den Logistikkonzepten, technische Herausforderungen sowie ungünstige Wetterverhältnisse dazu bei, dass das politische Ziel von 10 Gigawatt (GW) installierter Leistung bis 2020 aus dem Blick zu geraten scheint. Die Konferenz machte deutlich: Weitere Bemühungen um inno­vative Entwicklungen und Techniken sind notwendig, um Kosten zu senken, Risiken zu minimieren und damit letztlich Investitionen wieder interessanter zu machen.

Ohne Kenntnisse und Erfahrungen aus der Schiffs- und Meerestechnik sei der Bau von Offshore-Windparks nicht denkbar, stellte WEN-Vorsitzender Andree Iffländer gleich zu Beginn der Veranstaltung fest. »Weil sich unsere Wirtschaftszweige immer mehr vernetzen, wächst auch das Interesse der Unternehmen, sich intensiver auszutauschen.« Die neu konzeptionierte Zukunftskonferenz als Nachfolgerin der Rostocker »Wind Energy Tage« sei nicht nur das Ergebnis dieser zunehmenden Vernetzung, sondern solle sie auch begleiten und beflügeln. Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Volker Schlotmann, der kurzfristig für den an diesem Tag in Brüssel um die Zukunft der P + S Werften kämpfenden Ministerpräsidenten Erwin Sellering eingesprungen war, betonte die Chancen, die sich gerade auch den Werften und Häfen böten. Wenn die Bundesregierung die Energiewende wirklich ernst meine, müsse sie nicht nur ihr Engagement beim Netzausbau steigern, sondern auch das 5 Mrd. € schwere KfW-Programm »Offshore-Windenergie« für den Ausbau der Hafeninfrastruktur und für den Schiffbau öffnen, so Schlotmann.

Hemmnis Netzanbindung

Einig waren sich die Konferenzteilnehmer, dass die Verzögerungen und Verunsicherungen bei der Netzanbindung zu den größten Hemmnissen beim Ausbau der Offshore-Windenergie gehören. Die Branche kritisiert vor allem, dass die Haftungsfrage noch immer ungeklärt ist: Kommt es zu verspäteten Anschlüssen oder zu Netzausfällen, ist nicht hinreichend geregelt, wer für den Schaden einzutreten hat. In den vergangenen Monaten hat dies dazu geführt, dass verschiedene künftige Windparkbetreiber ihre endgültigen Investitionsentscheidungen vorerst aufgeschoben haben. »Die Wirtschaft braucht Sicherheit, um zu in­­ves­tieren«, stellte Jörg Kuhbier, Vorstands­vorsitzender der Stiftung Offshore-Wind­energie, in seinem Impulsreferat klar. Das Vertrauen habe einen Dämpfer erlitten und müsse rasch zurückgewonnen werden. Die von der Offshore-Stiftung moderierte AG Beschleunigung habe einen Lösungsvorschlag erarbeitet, der das Risiko fair auf Parkbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Stromkunden aufteile, sagte Kuhbier: »Das ist ein Vorschlag, der Akzeptanz finden und schnell umgesetzt werden kann.« Nun sei die Bundesregierung am Zug, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die jüngst ins Spiel gebrachte Variante, die Kosten für Offshore-Strom auf den Stromrechnungen separat auszuweisen, lehne er allerdings entschieden ab. »Ich halte es für unangebracht, eine bestimmte Branche als Sündenbock dastehen zu lassen.« Sobald die Haftungs- und die Finanzierungsfragen geklärt seien, könnten die Übertragungsnetzbetreiber dringend benötigte Netzzusagen für weitere Projekte erteilen. »Dann würden wir noch dieses Jahr einen weiteren großen Schritt in Richtung Ausbau der Offshore-Windenergie und Stärkung der maritimen Wirtschaft gehen«, so Kuhbier.

Auch Dr. Lorenz Müller, Leiter der Sparte Offshore-Projekte beim Ostsee-Netzbetreiber 50 Hertz, betonte, dass der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende im Ausbau der Stromnetze zu sehen sei. Sowohl auf dem Meer als auch an Land müssten jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Müller berichtete, dass derzeit allein für die Ostsee 21 Netzanschlussanträge vorlägen – sieben davon seien seit Anfang 2011 hinzugekommen. Die Erfahrungen aus dem Anschluss des Parks »Baltic 1« hätten gezeigt, dass es auf dem Markt der Kabel­anbieter nur wenige Unternehmen gebe und dass man mit erheblichen Lieferzeiten und eingeschränkten Verfügbarkeiten rechnen müsse. »Die Netzanbindung von Offshore-Windparks ist eine neue technologische Herausforderung«, so Müller. »Für künftige Projekte ist es wichtig, dass die Zeitpläne von Betreibern und Netzanbindungsunternehmen besser synchronisiert werden.«

20 Banken für einen Windpark

Als zweiter wesentlicher Grund für den schleppenden Ausbau ist neben der Netz­anschlussproblematik seit geraumer Zeit die Finanzierungsfrage zu nennen: Angesichts der unsicheren Finanzmarktlage sind die Banken nach wie vor zurückhaltend bei der Vergabe von Krediten. Einblicke in die Entscheidungspraxis aus Bankensicht gab Ulrich Winkelmann von der NordLB. Bis jetzt habe es in Deutschland drei Projektfinanzierungen für Offshore-Windparks gegeben, berichtete er – es sei davon auszugehen, dass diese Art der Finanzierung künftig an Bedeutung gewinnen werde. »Eine große Herausforderung ist die schiere Größe der Projekte«, so der Offshore-Spezialist. Bei Kosten von 1,6 bis 2 Mrd. € für einen Windpark auf See müsse 1 Mrd. € fremdfinanziert werden: Da die Banken derzeit bereit seien, 50 Mio. € pro Projekt zu verleihen, brauche man 20 Banken für den Bau eines Parks. Öffentliche Institutionen und Förderprogramme wie das KfW-Sonderprogramm »Offshore-Windenergie« seien daher momentan noch sehr wichtig. Als Gründe für das im Vergleich zu Onshore-Windprojekten deutlich höhere Risikoprofil führte Winkelmann die herausfordernden Umweltgegebenheiten an und die Tatsache, dass sowohl für die Technik als auch für Errichtungs- und Wartungskonzepte belastbare Erfahrungswerte fehlen. »Für die Zukunft wird viel davon abhängen, wie gut die Parks laufen: Das wird einen starken Einfluss auf die Finanzierungsbereitschaft und auf die Konditionen haben«, unterstrich Winkelmann.

Alles in allem zeigten die Vorträge am ersten Konferenztag, dass sich die Entwicklung aktuell in einer entscheidenden Phase befindet. So berichtete Dirk Briese, der Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Windresearch, dass hohe Risiken und ausstehende Lern­erfolge einzelne Marktteilnehmer bereits finanziell überfordert hätten. Eine Konzentration der Branche stehe bevor. Er bestätigte die Aussage Müllers, dass jetzt schnell wichtige Rahmenbedingungen erfüllt werden müssten, da andernfalls der Ausbau und damit die Offshore-Industrie insgesamt gefährdet seien.

Eine Studie des Instituts hatte kürzlich ergeben, dass es schon jetzt nicht mehr möglich ist, wie ursprünglich geplant bis 2020 eine installierte Leistung von 10 GW zu erreichen. Wahrscheinlich ist es, dass etwa 8 GW realisiert werden: Auch diese Prognose könnte jedoch deutlich unterschritten werden, sofern die Probleme beim Netzausbau fort­bestehen, die Finanzierungslage ungünstig bleibt, technische Schwierigkeiten nicht gelöst werden, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelte Förderung verringert wird und weitere Marktteilnehmer Insolvenz anmelden oder ins Ausland abwandern. In einem unter Annahme dieser Prämissen berechneten Worst-Case-Szenario kommt Windresearch auf einen Wert von nur noch 4 GW bis 2020.

Zugleich betonte Briese, welch enorme Potenziale sich entlang der Offshore-Wertschöpfungskette bieten, und zwar nicht nur in den Küstenländern, sondern quer durch das gesamte Bundesgebiet. Unter anderem sei die Nachfrage nach Transport- und Logistikdienstleistungen groß, erläuterte der Marktforscher und verwies auf den Bau von »Alpha Ventus«: Für Deutschlands ersten Offshore-Windpark waren die Komponenten aus 26 unterschiedlichen Orten in neun europäischen Ländern zugeliefert worden. Noch seien die Logistikkosten allerdings zu hoch, um konkurrenzfähig zu sein – unter anderem deswegen, weil sich bislang kein Errichterkonzept im Markt durchgesetzt hat. »Im Moment müssen individuelle Konzepte umgesetzt werden«, so Briese, »und das ist teuer.« Insgesamt könnten – und müssten – die Kosten um 30 % sinken.

Kein Engpass bei Errichterschiffen

Etwas Gutes haben die eingetretenen Verzögerungen indes: War vor einem Jahr noch ein Engpass bei Errichterschiffen befürchtet worden, hat sich zumindest diese Sorge vorerst nicht bewahrheitet. »Weil es beim Bau der Parks länger dauert, haben wir jetzt kein Schiffsproblem mehr«, stellte Briese fest. Einige Marktteilnehmer haben bereits Installationsschiffe in Auftrag gegeben bzw. in Betrieb genommen. So berichtete Michael Neumaier von der RWE Offshore Logis­tics Company über die Herausforderungen, denen sich die Entwickler bei Design und Konstruktion der in Korea bestellten Jack-up Vessels »Victoria Mathias« und »Friedrich Ernestine« zu stellen hatten. Schon in einer sehr frühen Phase habe man sich Gedanken über sehr viele Details machen müssen, erläuterte der Projektmanager. Vor allem beim Hubsystem und beim Antrieb ziehe jede kleine Änderung große Folgen nach sich, die sich dann deutlich bei den Kosten bemerkbar machten. Durch verschiedene Tests mit aufwendigen Simula­tions- und Rechenmodellen seien Schiffsdesign, Antrieb und die Leistung des DP-Systems immer weiter optimiert worden. Die Bauwerft DSME habe letztlich alle vertraglichen Anforderungen sogar übererfüllt.

Dass auch in Deutschland der Wandel vom traditionellen Schiffbau zu Spezialaufgaben für die Offshore-Branche gelingen kann, beweist seit einiger Zeit Nordic Yards. Im Auftrag von Siemens werden an den beiden Standorten in Warnemünde und Wismar derzeit drei Konverterplattformen für den Einsatz in der Nordsee gebaut. Darüber hinaus hat die Werftengruppe für künftige Aufträge ein eigenes Plattformkonzept inklusive Transport- und Installationskon­zept sowie mit dem »Nordic Heavy Installer« auch ein Errichterschiff der nächsten Generation entwickelt. Die Hauptziele waren es hier, ein größeres Wetterfenster, eine höhere Transitgeschwindigkeit und eine Verlagerung von möglichst vielen Montage­arbeiten vom Meer in den Hafen zu erreichen, erläuterte Guido Schulte, Leiter der Projektabteilung. Dazu soll unter anderem ein fahrbarer Portalkran beitragen, der auch bei höheren Windgeschwindigkeiten noch einsetzbar ist. Über eine große Einbuchtung im Achterschiff soll er die an Land komplett vormontierten Anlagen, die stehend transportiert werden, auf die bereits zuvor installierten Fundamente absenken. Die bisher auf See durchgeführte komplizierte Montage der Rotorblätter an die Maschinenhäuser würde somit entfallen. Mit diesem Schiffs- und Logistikkonzept ließe sich viel Zeit sparen, rechnete Schulte vor. Seinen Angaben zufolge könnten mit dem »Heavy Installer« jedes Jahr 91 Anlagen installiert werden – im Vergleich zu 67 Anlagen mit den bisher gängigen Mono-Vessel-Konzepten bzw. 63 Anlagen mit dem Feeder-Vessel-Konzept, bei dem die Komponenten einzeln ins Baufeld gebracht und dort auf die jeweilige Errichtereinheit umgeladen werden. Das größere Wetterfenster sei dabei noch nicht einkalkuliert, so Schulte.

2. HANSA-Forum Offshore

Der zweite Kongresstag stand ganz im Zeichen des 2. HANSA-Forums Offshore, das diesmal mit dem Untertitel »Maritime Technik für Energie und Rohstoffe aus den Ozeanen« thematisch noch breiter aufgestellt war als im vorigen Jahr. Entsprechend abwechslungsreich war auch das Spektrum der Fachvorträge: So stellte beispielsweise Aker Wirth Technologien und Geräte für den Tiefseebergbau vor, während Schottel über die Pläne des Unternehmens zur Energiegewinnung aus Tidenkraftwerken informierte. »Wir reden von Querschnittstechniken, die für Offshore-Wind, aber auch für Öl und Gas oder andere Bereiche nutzbar sind«, erläuterte Moderator Michael vom Baur, Inhaber der Beratungsfirma MvB Euroconsult und HANSA-Fachautor. Allem gemeinsam sei ein roter Faden: »Ohne Schiffe und ohne Schiffstechnik passiert da draußen garnichts.«

Ein weiteres Beispiel, wie hiesige Werften vom Bedarf nach Energie aus dem Meer profitieren können, präsentierte Jan-Kees Pilaar, Geschäftsführer von Blohm+Voss Repair. Unter anderem hatte sein Unternehmen bereits vor drei Jahren die Floating Production Storage and Offloading Unit (FPSO) »Maersk Curlew« modernisiert und außerdem die »Dan Swift« nach zweijährigem Umbau vom Kabelleger zum Accomodation Support Vessel abgeliefert. Seit Anfang dieses Jahres nun liegt die FPSO-Einheit »Enquest Producer« in Hamburg, wo sie für den weiteren Einsatz in der Öl- und Gasindustrie umgebaut, konserviert und modernisiert wird. Für die Werft sei dieses Geschäftsfeld ein wichtiges Standbein, weil Projekte wie diese langfristig angelegt seien und Kontinuität böten, machte Pilaar deutlich. In der Nordsee gebe es mehr als 20 FPSOs, die früher oder später überholt werden müssten – auch in Zukunft könnten europäische Schiffbauer daher auf weitere Umbauten hoffen, sofern sie über die notwendigen Fertigkeiten und Anlagen verfügten. Die gewonnenen Erfahrungen ließen sich dann bei Bedarf auch jederzeit in Projekte aus dem Bereich der Offshore-Windenergie übertragen.

Lösungen für den LNG-Transport

Angesichts steigender Energiepreise werden künftig vermehrt solche Öl- und Gasfelder in den Weltmeeren interessant, die bisher nicht ökonomisch ausgebeutet werden konnten. Dabei gehört es zu den glo­balen energiepolitischen Zielen, das bei der Ölförderung frei werdende Begleitgas, welches derzeit noch größtenteils abgefackelt wird, wirtschaftlich zu nutzen. Da sich zudem die neuen Offshore-Gasfelder nicht mehr durch Pipelines erschließen lassen, wird der Produktion von LNG (Liquefied Natural Gas) auf hoher See immer größere Bedeutung zukommen, wie aktuell das Projekt »Prelude« von Shell rund 200 km vor der australischen Küste eindrucksvoll belegt. Um das Gas transportieren zu können, wird es noch an der Förderstätte auf -162 °C abgekühlt, verflüssigt und dadurch um das 600-fache verdichtet. »Der LNG-Transfer ist ungleich komplizierter und gefährlicher als der Öltransfer«, machte Daniel Testa von der Technischen Universität (TU) Berlin beim HANSA-Forum deutlich. Gemeinsam mit drei Partnerunternehmen aus der Industrie hat die TU im Rahmen eines Forschungsprojekts ein Offshore-Verladesys­tem für LNG entwickelt, mit dem das Flüssiggas sicher vom Produktionsschiff auf das Transportschiff gepumpt werden kann. Im Zentrum stehen dabei eine spezielle Tandem-Verankerungstechnik sowie ein eigens konstruiertes Wellrohr, durch das auch große Relativbewegungen der beiden Schiffe

im Seegang überbrückt werden können. In einem weiteren Forschungsvorhaben soll ein flexibleres System erarbeitet werden, das eine Side-by-Side-Verladung ermöglicht. »Mit den technischen Errungenschaften aus den beiden Projekten stehen hervorragende Lösungen für den LNG-Transfer auf hoher See unter schwierigen Bedingungen zur Verfügung«, zeigte sich Testa überzeugt.

Um eine andere Form von Gas geht es

im SUGAR-Projekt (Submarine Gashydrat-Lagerstätten: Erkundung, Abbau und Transport), das vom Kieler Geomar-Forschungszentrum geleitet wird. Koordinator Prof. Dr. Klaus Wallmann berichtete in Rostock, dass in den Weltmeeren ein riesiges Po­tenzial an Methanhydraten vorhanden sei: Könne nur ein Teil davon gefördert werden, ließe sich daraus immer noch mehr Energie gewinnen als aus allen vorhandenen Erdgasvorräten zusammen. In einer ersten Projektphase hatten 30 Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft die Vorkommen erkundet sowie Techniken für Auffindung, Abbau und Transport entwickelt. In der aktuellen zweiten Phase geht es um die Erarbeitung ökonomischer Verfahren für die Gewinnung von Gas aus den Hydraten. Unter anderem ist dabei der Ansatz entstanden, die abgebauten Methanhydrate durch Kohlendioxidhydrate zu ersetzen: Dadurch werden einerseits die Sedimente stabilisiert, und andererseits kann auf diese Weise klimaschädliches CO2 im Meeresboden deponiert werden. Einen Heimatmarkt wird es zwar für deutsche Unternehmen in dieser Branche nicht geben, da die Methanhydrate auf bestimmte Druck- und Temperatur­bedingungen angewiesen sind, die es in der Nord- und in der Ostsee nicht gibt. »Wir können aber die benötigten Technologien für den Weltmarkt entwickeln«, sagte Wallmann. Das SUGAR-Projekt habe hierfür wichtige Vorarbeit geleistet: »Einige der beteiligten Firmen haben bereits weltweite Alleinstellungsmerkmale.« Ob es eines Tages tatsächlich zum großindustriellen Einsatz der neuen Techniken kommen werde, müssten die anstehenden Feldtests zeigen.

Chancen im Tiefseebergbau

Erhebliche Chancen bieten sich der deutschen Industrie auch im Tiefseebergbau. Angesichts steigender Metallpreise werden marine mineralische Rohstoffe wie Manganknollen, kobaltreiche Krusten und Massivsulfide wirtschaftlich immer interessanter, und auch die Bundesrepublik hat sich im so genannten Manganknollengürtel zwischen Hawaii und Mexiko schon zwei Lizenzgebiete gesichert – wenn auch vorerst zu Erkundungszwecken und nicht zum Abbau. Der Bedarf an entsprechenden Technologien sei trotzdem abzusehen, erläuterte Dr. Michael Wiedicke von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: »Und zwar unabhängig davon, ob Deutschland selbst in den Tiefseebergbau einsteigen wird oder nicht – andere Länder tun es auf jeden Fall.« Hier entstehe gerade ein Zukunftsmarkt, machte der Meeresgeologe deutlich, und die benötigte Kompetenz sei hierzulande vorhanden. »Jetzt ist der Zeitpunkt, sich zu positionieren, wenn man die Chance nicht verpassen will.


Anne-Katrin Wehrmann