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Die Situation in der Schifffahrt fordert Lösungen, die das Anlagegut Schiff für den Anleger erhalten und schützen kann. Aber nicht alle Vorschläge sind zielführend, sondern müssen im Feintuning weiter durchdacht werden, meint Michael Rathmann

Der erste Gedanke bei der Bezeichnung »Ocean 16« war ein weiteres Filmprojekt mit Georg Clooney in der Hauptrolle, aber hinter[ds_preview] der Bezeichnung verbirgt sich ein Sanierungskonzept aus dem Hause Lloyd Fonds, mit dem 16 Schifffahrts­gesellschaf­ten zusammengeführt werden sollen, um gemeinschaftlich der Krise in der Contai­nerschifffahrt zu trotzen. Der grundlegende Gedanke dieses Sanierungs­konzeptes ist eigentlich ein sehr guter, allein die geplante Durchführung sollte noch einmal überdacht werden, weil darin Punkte enthalten sind, welche dem Grundgedanken der Erhaltung des Wirtschaftsgutes Schiff für den Anleger und einer Teilnahme an der erfolgreichen wei­teren Entwicklung seiner Inves­tition ent­gegenstehen.

Die Zusammenführung von 16 Schifffahrtsgesellschaften auf der Grundlage einer langfristig neu strukturierten Finanzierung dient dem Zeitgewinn, um in der allseits erwarteten Phase der Markterholung die Chance zu erhalten, das eingesetzte Eigenkapital zu retten. Partner für die Finanzierung dieses Konzeptes ist die Shipping-Sparte der Deutschen Bank in London. Allerdings ist die Umsetzung in der Zusammenarbeit mit der Bank an Bedingungen geknüpft, die zu verschiedenen Problemen führen können. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand liegt eine endgültige Finanzierungszusage noch nicht vor.

Das Konzept basiert auf der Entscheidung der HSH Nordbank, Schifffahrts­gesellschaften, die in der sogenannten Abbaubank (Restructuring Unit) gelandet sind, keine weiteren Finanzierungen über das Jahr 2014 hinaus zu gewähren. Keine weiteren Finanzierungen ist gleichbedeutend mit der Fälligstellung der Finanzierungen Ende 2014. Damit widerspricht die HSH Nordbank zwar früheren eigenen Aussagen zum Thema Schiffsfinanzierung und Hilfeleistung für betroffene Schiffe, aber so richtig überrascht das keinen. Diejenigen in der Branche, die von dieser Problematik betroffen sind, wissen heute, welche Bedeutung man den Aussagen der HSH Nordbank beizumessen hat.

Der Not gehorchend, dass die HSH Nordbank bis heute jegliches Zugeständnis ab­gelehnt hat, wurde nun das Konzept ent­wickelt, die 16 Schifffahrtsgesellschaften in einer Dach­gesellschaft (Master-KG) zusammenzufassen. Die Anleger der bisherigen Einschiffsgesellschaften werden – entsprechend ihrem quotalen Anteil am gesamten Eigenkapital – Gesellschafter der neuen Dachfondsgesellschaft. Die Bewertung aller Schiffe erfolgt dabei auf der Basis von MSI-Daten (Maritime Strategies International – einem unabhängigen Analyse- und Informationsunternehmen für die Schifffahrt in London). Durch Einzelverkäufe werden die Schiffe dann in die übergeordnete Dachgesellschaft überführt. Die Kaufpreise basieren auf den MSI-Daten. Die benötigten Mittel für diesen Schritt stammen aus der bankseitigen Finanzierung. Dies erfolgt auf Flottenebene mit der Folge einer Überkreuzbesicherung aller Schiffe untereinander. D. h. im Klartext, dass jedes Schiff für die Verbindlichkeiten aller anderen Schiffe in dieser Finanzierungsform haftet. Die Finanzierung ist ausgelegt auf eine Dauer von sieben Jahren, und die Tilgung der Schiffskredite soll auf der Basis von »pay as you earn« erfolgen und ist damit an die Einnahmesituation der Schiffe gekoppelt.

Diese Idee ist vom Grundsatz her durchaus vorteilhaft, obwohl darüber das latente Damoklesschwert liegt, da in dieser Dachkonstruktion jedes Schiff auch für die Verbindlichkeiten jedes anderen Schiffes haftet. Die Zusammenführung der Schiffe ist im Ansatz der Entwicklung einer Flottenpoolung sehr ähnlich, welche mittlerweile von anderen Emissionshäusern ebenfalls angestrebt und durchgeführt wird. Aber wie so oft liegt das Problem in den Details der Durchführung.

Auf der Ebene der Dachgesellschaft soll dann eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden, um das notwendige Working Capital für den Betrieb der Schiffe sicherzustellen. Dabei wird davon ausgegangen, dass das erforderliche Betriebskapital für die gesamte Flotte von 16 Schiffen deutlich geringer sein wird, als dies in Summe auf der Basis der Einschiffsgesellschaften der Fall wäre.

Den Anlegern wird angeboten, sich an dieser Kapitalerhöhung zu beteiligen. Darüber hinaus sollen sie ihr Abfindungs­guthaben aus dem Verkauf der Schiffe als Eigenkapital in die Dachgesellschaft einbringen. Das Konzept geht davon aus, dass die erforderlichen Mittel auch durch Dritte finanziert werden können. Die neu geschaffene Gesellschaft soll zudem eine eigene, fest angestellte Geschäftsführung erhalten, die die Interessen aller Anleger vertritt. Das technische Management der einzelnen Schiffe soll möglichst einheitlich auf Basis kündbarer Managementverträge erfolgen.

Zu diesem Konzept ergeben sich einige Fragen, die gestellt werden müssen. Warum werden die Schiffe eigentlich verkauft? Von den 16 Schiffen sind elf sogenannte Kombimodelle, die beim Wechsel der Gewinn­ermittlungsart zur Tonnagesteuer einen Unterschiedsbetrag ermitteln und festschreiben mussten. Diese Unterschieds­beträge reichen bis an 50 % heran. Im Extremfall hat der Anleger also rund 50 % seiner ursprünglichen Kapitaleinzahlung mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern. Sollte aus der Veräußerung des Schiffes an die Dachgesellschaft also tatsächlich ein Abfindungsguthaben herauskommen, wird der Anleger es dringend benötigen, um seinen steuerlichen Pflichten nachkommen zu können, die durch den Verkauf ausgelöst wurden. Steckt hinter dem Verkauf vielleicht sogar die Absicht, den einen oder anderen Bereederer »loszuwerden«? Üblicherweise werden zu Beginn einer Einschiffsgesellschaft als Anlegermodell über die Laufzeit der Fondsgesellschaft Bereederungsverträge abgeschlossen, die nur aus einem wichtigen Grund aufgelöst werden können. Die Frage nach dem »Warum« des Verkaufes ist wegen der negativen Folgen für viele Anleger also durchaus berechtigt, denn die Einbringung der Schiffe gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen (einbringungsgebo­rene Anteile) würde diese negativen Folgen nicht auslösen.

Die Altersstruktur der 16 Lloyd-Fonds-Schiffe ist sehr unterschiedlich. Es gibt unter ihnen mehrere Schiffe, die älter als zehn Jahre sind und nach 15 Jahren nun die dritten Klassearbeiten vor sich haben. Bei diesen Schiffen ist zu prüfen, ob sie in der Lage sind, das heute von den Charterern geforderte Slow Steaming anstandslos zu erfüllen, oder ob dazu teure technische Umrüs­tungen der Maschinen nötig sind. Weiter stellt sich die Frage, ob bevorstehende Investitionen, die durch die Ballastwasser-Behandlung zwangsweise anstehen, überhaupt darstellbar sind. Bei den Schiffen selbst handelt es sich um Containerschiffe zwischen 1.700 und 5.000 TEU und Multi-Purpose-Schiffe. Hier ist außerdem fraglich, ob es sinnvoll ist, diese beiden Schiffstypen zusammenzulegen.

Und warum muss ein neues Management eingestellt werden? Dies verursacht zusätzliche Kosten für die Anleger, denn bislang wurden diese Schiffe schließlich auch gemanagt, üblicherweise jedoch durch die Bereederer, genau wie die Verwaltung durch die Treuhand des Emissionshauses erbracht wurde. Sicherlich gäbe es dafür kostengünstigere Alternativen.

Auch ein Wechsel in der Bereederung würde gegebenenfalls erhebliche Kosten nach sich ziehen. Ausweislich der Leis­tungsbilanz 2010 des Hauses Lloyd Fonds war die Performance der Schiffe zufriedenstellend. Sollte ein Bereederungswechsel angedacht sein, so wären die Folgekosten erheblich und würden in letzter Konsequenz den Anleger belasten, weil erhoffte Rückflüsse ausblieben.

Kritisch zu betrachten ist außerdem die Kos­tenstruktur bei der Umsetzung, die jedem Einzelschiffsfonds in Höhe von ca. 2,5 % des Schiffswertes entsteht. Hier liegen die Feinheiten im Begriff des »Schiffswertes«, denn vom Marktwert der einzelnen Schiffe ist nicht die Rede. Zwischen diesen beiden Werten kann allerdings eine große Diskrepanz bestehen, die ebenfalls zulasten der Anleger geht. Doch damit nicht genug: Kosten für die Bereitstellung der Bankfinanzierung sowie Provisionen für die Einwerbung von Drittinves­toren runden das Bild hierbei ab.

Generell ist die Idee dieses Rettungskonzeptes dennoch gar nicht schlecht – nur die Umsetzung wirft die Frage auf: Und was ist mit dem Anleger?

Michael Rathmann