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Was ein »Erstjahr« im Sinne der Antragsregelung alter Fassung des § 5a Absatz 3 EStG ist, wird juristisch unterschiedlich beurteilt. Das Finanzgericht Hamburg hat seine Rechtsprechung zumindest dahingehend bekräftigt, wonach für die Tonnagegewinn-ermittlung keine Mindesthaltedauer gefordert ist.

Die Klägerin des gerichtlichen Verfahrens vor dem 6. Senat des Finanzge­richts Hamburg (Aktenzeichen: 6 K 131/10) war eine[ds_preview] 2001 gegründete GmbH & Co. KG, im folgenden Gründungs-KG genannt. Alleinige Kommanditistin war eine GmbH, die das Gericht als B-Reederei bezeichnet. Unternehmensgegenstand war laut Gesell­schaftsvertrag der »Betrieb eines Seeschiffs sowie alle damit im Zusammenhang stehen­den Geschäfte und Tätigkeiten und ggfs. auch die Veräußerung von Seeschiffen.«

Ebenfalls im Gründungsjahr schloss die B-Reederei einen Shipbuilding Contract über den Neubau eines Containerschiffs für eine noch zu benennende Gesellschaft ab, in dessen Folge die Gründungs-KG noch im Jahr 2001 als Abnehmerin benannt wurde. Spätester Liefertermin war ein genau bezeichnetes Datum im Jahr 2004. Das Gericht äußert sich hier nicht zu dem genauen Datum. Der 1. Juli 2004 soll hier angenommen werden.

Eine im Jahr 2003 zunächst beabsichtig­te Bareboat-Vercharterung des bestellten Schiffes wurde später fallengelassen; 2004 kam es zum Abschluss eines Time­charter-Vertrags. Vertragspartner war zunächst die Gründungs-KG.

Nachdem eine Tochtergesellschaft der B-Reederei Interesse an dem Schiff bekundet und ein Kaufangebot abgegeben hatte, wurde im avisierten Ablieferungsjahr 2004 ein Vertrag über die Weiterveräußerung des Schiffes unter Übergang des Chartervertrags geschlossen. Dies geschah, bevor das Schiff erstmals von der Gründungs-KG selbst im internationalen Verkehr eingesetzt wurde. Da sich das Gericht auch hier nicht zu einem genauen Datum äußert, soll der 1. Juni 2004 angenommen werden, also einen Monat vor dem werftseitigen Übergabetermin an die Gründungs-KG. Die Übergabe an die Erwerberin sollte dann etwa drei Monate nach Ablieferung an die Gründungs-KG erfolgen. Zwischenzeitlich setzte die Gründungs-KG das bereits veräußerte Schiff, nach Eintragung in das inländische Seeschiffsregister, für rund drei Monate im internationalen Verkehr ein, um bis zur Übergabe an die Erwerberin den Verpflichtungen aus dem Chartervertrag nachzukommen.

Die Gründungs-KG begehrt mit Antrag im Jahr 2004 die Tonnagegewinnermittlung, was das Finanzgericht Hamburg entgegen der Ansicht des Finanzamts bestätigte, obwohl der Bauvertrag bereits 2001 abgeschlossen worden war. Ein Rechtsmissbrauch aufgrund der gewählten Gestaltung sei infolge seiner Entscheidung vom 17. August 2011 (die HANSA berichtete) nicht auszumachen.

Nach der alten Antragsregelung des § 5a des Einkommensteuergesetztes kann der Antrag auf Tonnagegewinnermittlung mit Wirkung ab dem jeweiligen Wirtschaftsjahr bis zum Ende des zweiten Wirtschaftsjahres gestellt werden, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Steuerpflichtige durch den Gewerbebetrieb erstmals Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erzielt (Erstjahr). Die Finanzverwaltung betrachtet bekanntlich das Jahr des Abschlusses des Bauvertrags als Erstjahr, vorstehend also das Jahr 2001. Hiernach hätte der Antrag spätestens im Jahr 2003 und nicht erst im Jahr 2004 – dem Jahr der Infahrtsetzung durch die Gründungs-KG – gestellt werden müssen.

Dem folgt das Finanzgericht nicht. Mangels tatsächlichen Einsatzes des noch nicht existenten Schiffs in den Jahren 2001 bis 2003 kann nur die Frage gestellt werden, ob es dann auf die Absicht der Gründungs-KG ankommt. Dies wird mei­nes Erachtens zutreffend verneint.

Allein die Absicht der Gründungs-KG, ein eigenes oder gechartertes Schiff in einem inländischen Seeschiffsregister eintragen zu lassen und zur entsprechenden Beförderung von Personen oder Gütern einzusetzen, genügt dem Wortlaut der streitigen gesetzlichen Regelung zufolge nicht; vielmehr kommt es auf die tatsächliche Eintragung und die tatsächliche – aktuelle – Verwendung des betreffenden Schiffes an. Solange die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann nach dem Wortlaut und der Systematik der streitigen Bestimmung kein Erstjahr vorliegen.

Einzelne Neben- und Hilfsgeschäfte können – isoliert – nicht bereits zu Einkünften aus dem Betrieb von Schiffen im interna­tionalen Verkehr führen und damit die Antragsfrist in Gang setzen, denn die jeweiligen Vorgänge werden wegen ihres Bezugs zur Haupttätigkeit erst durch den Einsatz von Schiffen im inter­nationalen Handelsverkehr zu entsprechenden Neben- und Hilfsgeschäften. Demnach konnte der Antrag erstmalig überhaupt erst im Jahr 2004, dem Jahr der Infahrtsetzung, gestellt werden.

Zur gewählten Verkaufsgestaltung führt das Gericht in Fortführung seiner Rechtsprechung vom 17. August 2011 aus, dass die Tonnagebesteuerung eine bestimmte Mindestdauer für den Einsatz im internationalen Verkehr nicht voraussetzt, ebensowenig wie die Absicht des Steuerpflichtigen, das Schiff langfristig zu betreiben.

Demgegenüber betrachtet der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg (Aktenzeichen: 2 K 147/08) unter Berufung auf eine inzwischen gefestigte Meinung, als Erstjahr das Wirtschaftsjahr, in dem der Steuerpflichtige mit seiner auf die Erzielung derartiger gewerblicher Einkünfte gerichteten Tätigkeit begonnen hat. Hierunter fällt auch der als Hilfsgeschäft zu beurteilende Abschluss eines Bau- oder Kaufvertrags für ein zum Betrieb im internationalen Verkehr bestimmtes Handelsschiff – so nunmehr auch das Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 28. Februar 2012 mit dem Aktenzeichen 8 K 174/08. Jetzt bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof die Rechtslage beurteilt.

Klaus Voß