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Der Neubau in der Flotte der Hamburg Port Authority soll das »Aushängeschild« für den Einsatz umweltfreundlicher Technologien sein. Über Nachrüstungen der bestehenden Flotte wird nachgedacht.

Mit ihrem jüngsten Neubau, der anlässlich des 823. Hamburger Hafengeburtstages erstmals einer breiten Öffent­lichkeit vorgestellten Barkasse »Hafenkapitän« – Ersatz für[ds_preview] die gleichnamige ausgemusterte Vorgängerin –, setzt die Hamburg Port Authority (HPA) ihren Kurs des verstärkten Einsatzes umweltverträglicher Technologien konsequent fort. Dabei geht es um innovative Anwendungen, die bei Bewährung auch auf anderen HPA-Schiffen umgesetzt werden sollen und Modellcharakter für Wasserfahrzeuge privater Betreiber haben könnten.

Das galt allerdings nicht für den Taufakt für das neue HPA-Flaggschiff »Hafenkapitän«, denn die Taufpatin Sabine Stüben, Leiterin der Abteilung Marketing und Kommunikation der HPA, musste Mitte April an der Überseebrücke in Hamburg drei Anläufe nehmen. Als ihr zweiter Versuch, die obligatorische Sektflasche mittels der mechanischen Klappvorrichtung am Vorschiff zerschellen zu lassen, gescheitert war, zerschlug sie die Flasche kurzerhand selbst an der Reling des Täuflings.

Die Schiffswerft Hermann Barthel in Derben an der Oberelbe in Sachsen-Anhalt hat die Dienstbarkasse mit der Baunummer 166 in elfmonatiger Bauzeit fertiggestellt. Ende März wurde das Schiff an den Auftraggeber abgeliefert. Es ersetzt die 45 Jahre alte Vorgängerbarkasse, die ausgemustert und zum Verkauf ausgeschrieben wird.

Der am Lübecker Ufer im Hansahafen stationierte Neubau ist nach Angaben von HPA-Geschäftsführer Jens Meier Teil des Erneuerungsprogramms für die HPA-Flotte, von der einige Einheiten noch aus den 1940er Jahren stammen. Dass hier Handlungsbedarf bestehe, zeige zum Beispiel die Tatsache, dass die Vorgängerin einmal bei einem Hafengeburtstag ausgefallen sei, als sie dringend benötigt wurde, erläuterte Meier. Die neue Barkasse hat ihre erste Kontrollfahrt bereits einen Tag nach der Taufe absolviert. Da sie auch repräsentativen Zwecken dienen soll, ist sie für den HPA-Chef das »Aushängeschild auf dem Wasser«.

Wie der HPA-Aufsichtsratsvorsitzende und Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch klarstellte, ist der rund 1 Mio. € teu­re Neubau allerdings »kein Vergnügungsschiff« und der repräsentative Teil im Vergleich zu den Dienstfahrzeugen anderer Hafenstädte vergleichsweise hanseatisch zurückhaltend. Die neue Barkasse »Hafenkapitän«, die sich durch ein gelungenes Design auszeichne, erfülle wichtige Aufgaben im Hafen und symbolisiere gleichzeitig, dass sich Nachhaltigkeit im Hafen zu einem Standortfaktor entwickle, so Horch.

Mit dem Neubau können Kontrollfahrten durchgeführt, Gefahrentonnen ausgesetzt, Treibgut geborgen, Wasserbaustellen kontrolliert und bei Bedarf Wasserflächen abgesperrt werden, erläuterte Hafenkapitän Jörg Pollmann das Aufgabenspektrum des Schiffes, dessen Abmessungen sich nicht zufällig ergeben hätten, sondern das Ergebnis gründlicher gemeinsamer Planung von HPA und Bauwerft seien. Zur Ausrüstung dieses »Arbeitspferdes« gehöre unter anderem eine 360-Grad-Kamera des Typs WZ45 mit integrierter Infrarotbeleuchtung auf der Vorkante des Ruderhausdaches, die ein genaues Lagebild in die nautische Zentrale übermitteln kann und damit »das Auge draußen im Hafen« sei.

Wie Senator Horch und Meier wies auch Pollmann auf die besondere Umweltverträglichkeit des Neubaus hin, der gegenüber der ausgemusterten Barkasse einen um 14 % geringeren Brennstoffverbrauch und um 30 % niedrigere und damit noch unter den aktuell geltenden

Abgasnormen liegende Schadstoffemission aufweisen soll. Dazu trägt nach Angaben der Bauwerft Barthel die in Modellversuchen in Zusammenarbeit mit der Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam entwickelte widerstandsarme Rumpfform mit schwelloptimiertem Spiegel und Spritzleiste bei.

Als erstes Schiff der HPA verfügt der Neubau über eine 4 m2 große Solaranlage auf dem Ruderhausdach. Sie besteht aus 16 jeweils 84 x 67 cm messenden Paneelen des Typs S225 mit einer maximalen Gesamtleis­tung von 1.088 W. Gleichzeitig wird die Abwärme des Hauptmotors über einen Wärmetauscher für den Heizkreislauf genutzt und damit der Kraftstoffverbrauch reduziert. Weiterhin sorgen zusätzliche Wärmedämmungen, LED-Leuchten und der sparsame Motor für mehr Energieeffizienz.

Alle Schmierstoffe, die außenbords verwendet werden, sind biologisch abbaubar; die Hauptantriebswelle verfügt über eine Wasserschmierung. »Wenn sich das Solardach bewährt, werden wir weitere unserer Schiffe entsprechend nachrüsten«, so HPA-Chef Meier. Schon heute verfüge die gesamte Flotte über Anschlüsse für die Landstromversorgung.

Das 19,6 m lange, 4,8 bzw. 5,1 m breite, 2,50 m seitenhohe und 1,50 m tiefgehende Fahrzeug wurde in Stahlbauweise mit Aluminiumaufbau konstruiert. Die Fixpunkthöhe (bei gelegtem Mast) wird mit 3,8 m und die Verdrängung des für den Fahrt­bereich Zone 2 zugelassenen Fahrzeugs

mit 35,2 t angegeben. Der Antrieb des mit hydraulischem Flossenruder und THZ- 35-Bugstrahler ausgerüsteten Neubaus erfolgt durch einen 529 kW leistenden Dieselmotor des Typs MAN D2842 LE 403, mit dem über ein ZF-Schiffswendegetriebe (Typ 2000V) und einen fünfflügeligen Festpropeller mit einem Durchmesser von 1.000 mm eine Geschwindigkeit von 13 kn erreicht werden soll. Als Hilfsmotor wurde im Maschinenraum an Backbordseite ein vollgekapseltes Icemaster-Stromaggregat von Fischer Panda mit einer Leis­tung von 18,6 kW installiert, dessen Generator von einem wassergekühlten Vierzylinder-Dieselmotor des Typs Kubota V2403 angetrieben wird. Das über eine LS-Pumpe hydraulisch angetriebene Bugstrahlruder leistet 35 kW. Die Tankkapazität für Frischwasser wird mit 573 l, für Fäkalien mit 552 l und für Dieselkraftstoff mit 3.579 l angegeben.

Die Ausrüstung der Barkasse beinhaltet auch eine ausklappbare Heckplattform. Der um 360° drehbare Maxilift-Ladekran des Typs 200 D1 auf der Steuerbordseite am Heck kann bei maximaler Auslage von 4,2 m bis 500 kg heben. Zur Brückenausstattung des vollklimatisierten Schiffes gehören u. a. eine JMA 610-Alphatron-Radaranlage, Flussradar mit Radarpilot, zwei UKW- und eine Betriebsfunkanlage, GPS, AIS, Selbststeueranlage, Echolot und eine elektronische Seekarte.

Der aus einem Schiffsführer und einem Maschinisten bestehenden Besatzung steht eine geräumige Pantry zur Verfügung. Im Anschluss an das Steuerhaus auf dem Hauptdeck befindet sich ein rund 9 m2 großer, repräsentativer Aufenthaltsraum bzw. Salon, der auch von bis zu zehn Gästen für Präsentationen und Besprechungen genutzt werden kann. Zwei LCD-Monitore übertragen beispielsweise Radar- oder Kamera­bil­der, Videos oder Präsentationen.


Jens Meyer