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Mit einem neuen Achtzylindermotor will Scania in einer gut besetzten Leistungsklasse vorn dabei

sein.

Mit der Vorstellung der neuen Achtzy­lindermotoren im April dieses Jahres sind die Schiffsmotoren von Scania in beiden Ausführungen – mit[ds_preview] sechs und mit acht Zylindern – wieder auf demselben techni­schen Stand. Die konstruktiv überarbei­teten Sechszylinder-Reihenmotoren hatte das Unternehmen bereits im Jahr zuvor in den Markt eingeführt und Ende 2011 mit der Herstellung begonnen. Offizielle Premiere in der Öffentlichkeit hatten die Achtzylindermotoren auf einer Ausstellung im Mai in Southampton. Die ersten Motoren sollen im September ausgeliefert werden. Zurzeit sind mehrere Motoren mit unterschiedlichen Leistungseinstellungen in der Feld­erprobung auf schwedischen SAR-Booten.

Nach wie vor sind die Schiffsmotoren von Scania von den aktuellen Nutzfahrzeugantrieben abgeleitete Motoren. Insofern bilden die Anforderungen an den Umweltschutz im Straßenverkehr den Hintergrund für die Weiterentwicklung der Schiffsmotoren. Das Unternehmen hat 2011 rund 80.000 Nutzfahrzeuge und darüber hinaus rund 7.000 Dieselmotoren für industrielle Anwendungen und Schiffsantriebe verkauft. Rund 770 Motoren wurden als Haupt- oder Hilfsantriebe in Einheiten der Berufsschifffahrt eingebaut. Motoren für den Freizeitbereich vertreibt das Unternehmen über Yanmar. Dazu liegen keine Zahlen vor.

Gemessen am Umsatz ist das Geschäft mit Dieselmotoren für Scania ein kleines, aber feines Geschäft, mit dem nur etwa 1 % des Gesamtumsatzes erzielt wird. Im Vordergrund steht die Qualität, und die hat ihren Preis. Ähnlich wie bei anderen Nutzfahrzeugherstellern sieht man in der für die Straßenfahrzeuge erforderlichen Logistik deutliche Vorteile für den Servicebereich der Schiffsmotoren. Solange es nicht um klassifizierte Antriebe geht, sind Ersatzteile und andere Serviceleistungen schnell verfügbar.

Innermotorische Umweltschutzmaßnahmen gehen entweder mit einem erhöhten Kraftstoffverbrauch oder mit reduzierter Leistung einher. Um diesen Nachteil auszugleichen, wird – soweit möglich – der Hubraum der Motoren vergrößert. Lässt die Geometrie von Kurbelgehäuse und Kurbeltrieb keinen größeren Hub zu, bleibt nur ein größerer Kolbendurchmesser. Die Motoren werden »aufgebohrt«. Das erfolgte bei Scania erst mit den Nutzfahrzeugmotoren und nun auch bei allen Schiffsmotoren. Bei einem unveränderten Hub von 154 mm und einer von 127 auf 130 mm vergrößerten Bohrung entstand ein um 0,8 l größerer Hubraum, entsprechend rund 5 %. Die Sechszylindermotoren haben jetzt einen Hubraum von 12,3 l und die Achtzylindermotoren von 16,4 l.

Da für den Nutzfahrzeugbereich auch ein Fünfzylindermotor verfügbar ist, liegt die Frage nahe, ob und wann Scania den unteren Leistungsbereich um einen solchen Motor erweitert. Wie es offiziell heißt, befindet sich ein derartiger Schiffsmotor im Projektstadium, doch kann gegenwärtig weder gesagt werden, wann er auf den Markt kommen, noch welche Leistung er haben wird.

Für den uneingeschränkten Dauerbetrieb in der Berufsschifffahrt (ICFN) gibt Scania in seinen vorläufigen Datenblättern für den neuen Achtzylindermotor eine maximale Leistung von 552 kW an. Dazu gehören eine Drehzahl von 1.800 U/min und ein spezifischer Kraftstoffverbrauch von 203 g/kWh. Das entspricht einem absoluten Volllastverbrauch von 133 l/h. Die Kolbengeschwindigkeit ist mit nur 9,24 m/s als moderat zu bezeichnen.

Für die Verwendung der Achtzylindermotoren als Antrieb von Patrouillenbooten und anderen schnellen Schiffen mit ähnlichem Einsatzprofil hat Scania eine zeitlich begrenzte Leistung (IFN) von 736 kW bei einer Drehzahl von 2.300 U/min für eine Stunde innerhalb von zwölf Stunden freigegeben. Bei einem Gewicht des Achtzylindermotors einschließlich Wärmetauscher von 1,67 t ergibt sich, bezogen auf die Dauerleistung, ein Leistungsgewicht von 3,0 kg/kW und für die Spitzenleistung von 2,3 kg/kW.

Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an den Umweltschutz unterscheiden sich die Ausführungen der neuen Motoren deutlich. Um die Grenzwerte von Euro 6 zu erfüllen, benötigen die Nutzfahrzeugmotoren eine Abgasrückführung und einen SCR-Katalysator. Darüber hin­aus sind sie mit einem eigenen Common-Rail-Einspritzsystem ausgerüstet. Für den Schiffsantrieb ist weder eine Abgasnachbehandlung noch ein CR-System erforderlich. Die Motoren kommen mit einer Pumpe-Düse-Einspritzung aus, um die Auflagen von IMO Stufe 2 und ZKR Stufe 2 zu erfüllen. Für die Motorregelung hat Scania ein eigenes elektronisches Motormanagementsystem entwickelt.

An den unterschiedlichen Ausführungen der Motoren für die Straße und für das Wasser lässt sich wieder erkennen, wie weit die Bemühungen um den Umweltschutz bei der Schifffahrt hinter denen des Straßenverkehrs zurückliegen. Hier gibt es Handlungsbedarf.


Hans-Jürgen Reuß