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Rund 40 % der benötigten 300 Mio. € zur Sicherung der Werftengruppe sollen durch private Investoren finanziert werden. Selbst im Rettungsfall droht aber Personalabbau

Für die in finanzielle Schieflage geratenen P + S Werften in Wolgast und Stralsund gibt es Hoffnung auf Rettung, die allerdings an[ds_preview] unterschiedliche Bedingungen geknüpft ist. Der Bund und das Land bewilligten jetzt ein Überbrückungsdarlehen in Höhe von 152,4 Mio. €, in denen die im Mai und Juni von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns geleisteten 50 Mio. € Sofort­hilfe aber bereits enthalten sind. Für den Kredit übernehmen Bund und Land jeweils zur Hälfte die Bürgschaft.

Die Landesregierung habe dem zugestimmt, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Das Geld soll verwendet werden, um den Zeitraum zu überbrücken, bis ein Sanierungsplan erstellt wird und bis die EU über die Genehmigung der notwendigen Umstrukturierung der P + S Werften entscheidet. Allerdings ist die Bereitstellung des Kredits an Bedingungen geknüpft: Zulieferer des Unternehmens müssen sich zur Beteiligung an der Rettung verpflichten und auch von den Beschäftigten wird ein Beitrag erwartet. Insgesamt sollen rund 40 % der Gelder zur Rettung der Werftengruppe von privaten Investoren aufgewendet werden, hieß es weiter. Dennoch droht auch im Falle der Sicherung der Verlust von Arbeitsplätzen.

Bei dem Schiffbaubetrieb müssen Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgen, die insgesamt fast 300 Mio. € an Kosten verursachen. »Ein Aus der Werft wäre für die Region eine Katastrophe«, stellte Wolgasts Bürgermeister Stefan Weigler klar. Der hohe Kostenaufwand zur Rettung der Werften gehe zwar zu großen Teilen zulasten der Steuerzahler, jedoch hätte die Insolvenz des Schiffbaubetriebes weitaus größere Folgen, waren sich verschiedene Politiker einig.

EU entscheidet über Werftenschicksal

Bereits Ende waren Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts­minister Harry Glawe (CDU) und Ministerpräsident Sellering nach Brüssel gereist, um in Gesprächen die Positionierung der EU-Kommission bezüglich der Werftenrettung auszuloten. Guido Fröschke von der IG-Metall ließ verlauten, dass er positive Signale empfangen habe, was die Unterredung in Brüssel beträfe. Letztlich entscheidet jedoch die EU über das Schicksal der P + S Werften. Brüssel hat zwar seine Bereitschaft zur Hilfe signalisiert, knüpft diese jedoch an die Bedingung, dass in erster Linie Klarheit über die privaten Geldgeber herrschen müsse, bevor sie die Unterstützung von Bund und Land genehmigen würde.

Auch Sellering sprach von positiven Signalen; über die Genehmigung eines Sanierungsplanes fällt die EU jedoch erst in den kommenden Monaten ein Urteil. »Vor uns liegen noch schwere Gespräche«, räumte der SPD-Politiker ein. Trotz der sofortigen Finanzspritze durch die Landesregierung soll die Rettung des Unternehmens Brüssel zufolge auch unter Einbeziehung der 1.750 Werftarbeiter erfolgen. Allerdings reiche ein Lohnverzicht der Beschäftigten nicht aus, machte die EU-Kommission deutlich. Neben Banken und dem Werftinhaber müssten auch die Angestellten investieren, schlugen daraufhin hiesige Politiker vor.

Zulieferer, Banken und Beschäftigte signalisieren Hilfsbereitschaft

Wichtige Zulieferer haben schriftlich ihre Bereitschaft erklärt, an der Sanierung der Werften mitzuwirken und dafür etwa 20 bis 40 Mio. € aufzubringen. Die Banken steuern nach Angabe Sellerings 32,6 Mio. € bei. Auch die bei P + S Beschäftigten haben ihre Hilfe in Aussicht gestellt, knüpfen diese aber an die Bedingung, dass sowohl sämtliche Arbeitsplätze erhalten als auch die Werftstandorte Stralsund und Wolgast bestehen bleiben. Durch den Verzicht auf Gehälter und unbezahlte Überstunden kommen dem Vernehmen nach weitere 68 Mio. € zusammen, hieß es. Darüber hinaus einigte sich das Unternehmen mit der Reederei Scandlines, in deren Auftrag es zwei RoPax-Fähren baut, auf einen Schadensausgleich in unbekannter Höhe für die zu späte Ablieferung der Schiffe.

Reduzierung der Belegschaft wohl unausweichlich

Der Erhalt aller Arbeitsplätze scheint derzeit selbst bei einer Rettung der Werften fraglich. Nach einem Bericht der »Ostsee-Zeitung« knüpft die EU ihre Zustimmung zu den Beihilfen an einen Stellenabbau. So heißt es in der »EU-Leitlinie über staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten«, dass Betriebe nur dann Beihilfen bekommen können, wenn sie entweder Vermögenswerte verkaufen oder bestehende Kapazitäten reduzieren. Auch Regierungssprecher Andreas Timm bestätigte, dass die EU einen Stellenabbau vorschreibe. Sogar eine Schließung der Werft in Wolgast wird nicht mehr ausgeschlossen, wenngleich sich Ministerpräsident Sellering nochmals nachdrücklich zur Erhaltung beider Standorte bekan­nte. »Ich wiederhole für Stralsund und für Wolgast: Ich möchte, dass in Brüssel klug verhandelt wird über ein Umstrukturierungskonzept, das Lösungen für beide Standorte vorsieht. Auch dann, wenn Kapazitätsbeschränkungen akzeptiert werden müssen«, so der Politiker.

Gründe für die Finanzprobleme

Ein Grund für die finanzielle Schieflage der 2010 zusammengelegten Werften sind u.a. hohe Konventionalstrafen, da die beiden Fähren »Berlin« und »Copenhagen« erst mit einem halben Jahr Verspätung an den dänisch-deutschen Auftraggeber Scandlines abgeliefert werden können – nach jetzigem Stand im September und November. Allein die verzögerte Auslieferung verursacht nach unbestätigten Angaben etwa 100 Mio. € an Zahlungen. Zusätzlich sei die Liquiditätslücke durch Altschulden der Peene- und Volkswerft sowie durch alte und neue Managementfehler entstanden, so Kritiker.

Die Werften verfügen aktuell nach eigenen Angaben über Aufträge in Höhe von 1 Mrd. €. Erst Anfang Juni wurde die erste Sektion des Neubaus Nr. 2.103 vom Typ ACV 36, das vierte von fünf eisgängigen Spezialfrachtschiffen, auf Kiel gelegt. Insidern zufolge ist es der Werft aber auch leicht gefallen, aufgrund der vorher erhaltenen staatlichen Bürgschaften den Reedern attraktive Angebote zu machen. Bereits im Jahr 2009 stand das Unternehmen nämlich schon einmal am Rande der Zahlungsunfähigkeit und konnte erst durch einen staatlichen Notkredit über 48 Mio. € und eine Landesbürgschaft von mehr als 300 Mio. € gerettet werden.
TWG